Lustnauer Tor: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Stadttor wurde im Spätmittelalter gebaut. 1829, als der Verkehr zugenommen hatte und das enge Tor nicht mehr nötig war, wurde der Abbruch beschlossen. Um Kosten zu vermeiden, verkaufte die Stadt das Tor an den Medizinprofessor Autenrieth, der die guten Steine als  Baumaterial für sein Wohnhaus nutzen konnte, das er unmittelbar daneben baute (heutiges [[Schimpfhaus]], umgebaut 1903). Im Haus daneben, Ecke [[Grabenstraße]], wohnte später der Komponist [[Friedrich Silcher]]. Dieses Gebäude wurde Ende der 1950er Jahre wegen der Verbreiterung der Kreuzung mit der Grabenstraße (heute [[Am Stadtgraben]]) abgebrochen.  
Das Stadttor wurde im Spätmittelalter gebaut. 1829, als der Verkehr zugenommen hatte und das enge Tor nicht mehr nötig war, wurde der Abbruch beschlossen. Um Kosten zu vermeiden, verkaufte die Stadt das Tor an den Medizinprofessor Autenrieth, der die guten Steine als  Baumaterial für sein Wohnhaus nutzen konnte, das er unmittelbar daneben baute (heutiges [[Schimpfhaus]], umgebaut 1903). Im Haus daneben, Ecke [[Grabenstraße]], wohnte später der Komponist [[Friedrich Silcher]]. Dieses Gebäude wurde Ende der 1950er Jahre wegen der Verbreiterung der Kreuzung mit der Grabenstraße (heute [[Am Stadtgraben]]) abgebrochen.  


 
Durch den Bau der südlich anschließenden [[Mühlstraße]] [[1885]]-87 entstand eine wichtige neue Nord-Süd-Achse mit Übergang in die [[Wilhelmstraße]]. Man legte Wert darauf, an der Mühlstraße und dem Platz Lustnauer Tor eine prominente und repräsentative Bebauung entstehen zu lassen. Das alte Haus des Evangelischen Dekanats verursachte nicht nur einen Verkehrsengpass, sondern war auch stilistisch nicht mehr "angemessen". Es wurde 1899 abgerissen und 1900 durch das schmalere [[Deutsches Haus|Deutsche Haus]] im "Nürnberger Stil" mit Erker und Treppengiebel ersetzt (Nr. 4). Die alte niedrige [[Wirtschaft zum Hanskarle]] (Nr. 3) versperrte die Einmündung der neuen [[Kaiserstraße]] ([[Doblerstraße]]). Das Gebäude wich 1904 dem nachfolgenden, viel höheren "Hanskarle" mit seinem romantisch-spitzen Fachwerkgiebel (eröffnet 1906, heute [[Kreissparkasse]]). Das wuchtige, aber schlicht gestaltete ehemalige Gymnasium wurde, wie oben erwähnt, 1903 zum [[Schimpfhaus]] mit seinen fast schon verspielten Fassadendetails unter anderem mit [[Jugendstil]]-Ornamenten umgebaut (Nr. 1). Das nördliche Eckhaus (Nr. 2) entstand vor 1819 und wurde 1902/03 in [[Neorenaissance]]-Formen umgestaltet mit polygonalem Eck-Erker und Haube sowie seitlichen Ziergiebeln. So gelang es tatsächlich, der etwas aufgeweiteten Kreuzung mit ihrer qualitätvollen Randbebauung einen damals modernen Platzcharakter zu verleihen, dessen Charme - nach einer Zeit der Geringschätzung - heute wieder gewürdigt wird. Die Häuser wurden alle behutsam und denkmalgerecht renoviert. Durch eine weitere Herausnahme des fahrenden Verkehrs könnte dem Platz gestalterisch eine zusätzliche Aufenthaltsqualität verschafft werden.
Durch den Bau der südlich anschließenden [[Mühlstraße]] [[1885]]-87 entstand eine wichtige neue Nord-Süd-Achse mit Übergang in die [[Wilhelmstraße]]. Man legte Wert darauf, an der Mühlstraße und dem Platz Lustnauer Tor eine prominente und repräsentative Bebauung entstehen zu lassen. Das alte Haus des Evangelischen Dekanats verursachte nicht nur einen Verkehrsengpass, sondern war auch stilistisch nicht mehr "auf der Höhe der Zeit". Es wurde 1899 abgerissen und 1900 durch das schmalere [[Deutsches Haus|Deutsche Haus]] im "Nürnberger Stil" mit Erker und Treppengiebel ersetzt (Nr. 4). Die alte niedrige [[Wirtschaft zum Hanskarle]] (Nr. 3) versperrte die Einmündung der neuen [[Kaiserstraße]] ([[Doblerstraße]]). Das Gebäude wich 1904 dem nachfolgenden, viel höheren "Hanskarle" mit seinem romantisch-spitzen Fachwerkgiebel (eröffnet 1906, heute [[Kreissparkasse]]). Das wuchtige, aber schlicht gestaltete ehemalige Gymnasium wurde, wie oben erwähnt, 1903 zum [[Schimpfhaus]] mit seinen fast schon verspielten Fassadendetails unter anderem mit [[Jugendstil]]-Ornamenten umgebaut (Nr. 1). Das nördliche Eckhaus (Nr. 2) entstand vor 1819 und wurde 1902/03 in [[Neorenaissance]]-Formen umgestaltet mit polygonalem Eck-Erker und Haube sowie seitlichen Ziergiebeln. So gelang es tatsächlich, der aufgeweiteten Kreuzung mit ihrer qualitätvollen Randbebauung einen damals modernen Platzcharakter zu verleihen, dessen Charme - nach einer Zeit der Geringschätzung - heute wieder gewürdigt wird. Die Häuser wurden alle behutsam und denkmalgerecht renoviert. Durch eine weitere Herausnahme des fahrenden Verkehrs könnte dem Platz gestalterisch eine zusätzliche Aufenthaltsqualität verschafft werden.


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: [[Bäckerei Gehr]], Filiale (früher Blumen Endriß)
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; Hausnummer 6
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: [[Nuna]] (Lebensmittel & Imbiss), geschlossen, davor [[Schuhhaus Frauendiener]]
; Hausnummer 7
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: Ehemals Buchhandlung [[Gastl]], derzeit leerstehend
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Datei:Stadttor Lustnauer Tor.jpg|mini|Lustnauer Tor (Lithographie von [[Ludwig August Helvig]])
Datei:Stadttor Lustnauer Tor.jpg|mini|Lustnauer Tor (Lithographie von [[Ludwig August Helvig]])
Datei:ScreenshotFacebookLustnauerTor1957.jpg|Blick auf die Verkehrssituation ca. 1957 - bemerkenswert: am Haus im Hintergrund in der Mitte steht "Messageries de la Presse" - ein französischer Kiosk.
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Aktuelle Version vom 12. Januar 2024, 19:26 Uhr


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Lustnauer-tor.jpg
Fußweg, Kreisstraße
OberflächeGlattes Kopfsteinpflaster, Asphalt
Höchstgeschwindigkeit50 km/h, 30 km/h
Einbahnstraßenein
Beleuchtetja
Bürgersteigbeidseitig, einseitig
Fahrräderverboten, erlaubt
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Abzweig der Doblerstraße, Oktober 2018
Schimpfhaus, April 2019

Das Lustnauer Tor war ursprünglich eines der fünf Stadttore der alten Stadtmauer Tübingens. Es war das wichtigste Tor, weil es den Weg nicht nur in Richtung Lustnau, sondern vor allem zur Hauptstadt Württembergs, Stuttgart, ermöglichte.

Bereits im 18. Jahrhundert entstand vor dem Tor am Anfang der Straße nach Stuttgart ein Vorplatz. Nachdem das Tor 1829 abgebrochen worden war, hat sich die Bezeichnung erhalten. Umgangssprachlich wird sie in Bezug auf den früheren Vorplatz verwendet, der im Laufe der Zeit zu einem Platz am Rande der Altstadt wurde, an dem sich mehrere Straßen kreuzen. Offiziell heißt der Platz Am Lustnauer Tor. Dazu zählen auch die beiden Gassen im Nordwesten, die an der Wurstküche vorbei zur Metzgergasse führen. An dem Platz beginnt die im 19. Jahrhundert auf dem Weg nach Lustnau angelegte Ausfallstraße Wilhelmstraße.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Buchhandlung Gastl. Das Fenster über dem Eingang an der Laterne ist nur aufgemalt (siehe auch Bildvergrößerung).

Das alte Stadttor lag etwa dort, wo heute die Fußgängerampel über die Neue Straße führt. Eine Steintafel am Schimpfhaus erinnert daran. Auf dem Platz laufen Pfleghofstraße, Neue Straße, Österbergstraße, Doblerstraße zusammen, die Wilhelmstraße geht in die Mühlstraße über.

Die Stadtpläne zeigen die Entwicklung des Torvorplatzes zur wichtigen Kreuzung.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Stadttor wurde im Spätmittelalter gebaut. 1829, als der Verkehr zugenommen hatte und das enge Tor nicht mehr nötig war, wurde der Abbruch beschlossen. Um Kosten zu vermeiden, verkaufte die Stadt das Tor an den Medizinprofessor Autenrieth, der die guten Steine als Baumaterial für sein Wohnhaus nutzen konnte, das er unmittelbar daneben baute (heutiges Schimpfhaus, umgebaut 1903). Im Haus daneben, Ecke Grabenstraße, wohnte später der Komponist Friedrich Silcher. Dieses Gebäude wurde Ende der 1950er Jahre wegen der Verbreiterung der Kreuzung mit der Grabenstraße (heute Am Stadtgraben) abgebrochen.

Durch den Bau der südlich anschließenden Mühlstraße 1885-87 entstand eine wichtige neue Nord-Süd-Achse mit Übergang in die Wilhelmstraße. Man legte Wert darauf, an der Mühlstraße und dem Platz Lustnauer Tor eine prominente und repräsentative Bebauung entstehen zu lassen. Das alte Haus des Evangelischen Dekanats verursachte nicht nur einen Verkehrsengpass, sondern war auch stilistisch nicht mehr "angemessen". Es wurde 1899 abgerissen und 1900 durch das schmalere Deutsche Haus im "Nürnberger Stil" mit Erker und Treppengiebel ersetzt (Nr. 4). Die alte niedrige Wirtschaft zum Hanskarle (Nr. 3) versperrte die Einmündung der neuen Kaiserstraße (Doblerstraße). Das Gebäude wich 1904 dem nachfolgenden, viel höheren "Hanskarle" mit seinem romantisch-spitzen Fachwerkgiebel (eröffnet 1906, heute Kreissparkasse). Das wuchtige, aber schlicht gestaltete ehemalige Gymnasium wurde, wie oben erwähnt, 1903 zum Schimpfhaus mit seinen fast schon verspielten Fassadendetails unter anderem mit Jugendstil-Ornamenten umgebaut (Nr. 1). Das nördliche Eckhaus (Nr. 2) entstand vor 1819 und wurde 1902/03 in Neorenaissance-Formen umgestaltet mit polygonalem Eck-Erker und Haube sowie seitlichen Ziergiebeln. So gelang es tatsächlich, der etwas aufgeweiteten Kreuzung mit ihrer qualitätvollen Randbebauung einen damals modernen Platzcharakter zu verleihen, dessen Charme - nach einer Zeit der Geringschätzung - heute wieder gewürdigt wird. Die Häuser wurden alle behutsam und denkmalgerecht renoviert. Durch eine weitere Herausnahme des fahrenden Verkehrs könnte dem Platz gestalterisch eine zusätzliche Aufenthaltsqualität verschafft werden.

Was hier ist[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hausnummer 1 (Schimpfhaus)
Deutsche Bank – Investment & FinanzCenter
Fritz Schimpf – Schreibwaren, Bürobedarf, Geschenkartikel
Hausnummern 2 und 3
Kreissparkasse – ImmobilienCentrum (Nr. 2) und Filiale (Nr. 3)
Hausnummer 4 (Deutsches Haus am Lustnauer Tor)
Ina Apotheke
Esszimmer, Imbiss und Café
Frauenarzt Dr. Alexander Marmé
Hausnummer 5
Bäckerei Gehr, Filiale (früher Blumen Endriß)
Hausnummer 6
Nuna (Lebensmittel & Imbiss), geschlossen, davor Schuhhaus Frauendiener
Hausnummer 7
Ehemals Buchhandlung Gastl, derzeit leerstehend
Hausnummer 8
Wurstküche mit der Kellerkneipe s'Urige
Hausnummer 9
Salam, arabischer Imbiss

Historische Ansichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtplan von 1819
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