Evangelisches Stift
Das Evangelische Stift ist ein Studien- und Wohngebäude der evangelischen Landeskirche in Württemberg. Es wurde 1536 vonHerzog Ulrich gegründet, um nach der Reformation die theologische Ausbildung begabter Studenten zu evangelischen Pfarrern anzubieten. Traditionell liegt der Schwerpunkt auf einer philosophischen, sprachlichen und kirchenmusikalischen Ausbildung. Aus dem Stift sind viele bedeutende Theologen, Philosophen, Schriftsteller und andere Gelehrte hervorgegangen, die großen Einfluss auf die Entwicklung der schwäbischen, deutschen und europäischen Geistesgeschichte hatten.
Geschichte des Gebäude-Komplexes
Das Gebäude wurde 1264 als Augustiner-Eremiten-Kloster errichtet und 1547 als Ausbildungsstätte für Geistliche und Beamte umgenutzt.[1]
Die mittelalterlichen Gebäudeteile sind am aufstrebenden spätgotischen Chorabschluss der Klosterkirche noch deutlich erkennbar. Die meisten Gebäude stammen in ihrem Geschossaufbau jedoch aus dem 18. Jahrhundert. Das Kloster wurde mit Einführung der Reformation 1543 aufgehoben.[2]
Berühmte Stiftler
Bereits 1545 wurde das "Stift" zur Ausbildung evangelischer Geistlicher in Württemberg eingerichtet. Noch heute gibt es kostenlos Logis und Kost für Studenten und Studentinnen der evangelischen Theologie. Zwar reproduzierte sich in den vergangenen Jahrhunderten hier mehrheitlich der Pfarrerstand, doch fanden auch Bauern- und Handwerkerkinder durch das Stift Zugang zum akademischen Beruf.
Das Stift wurde vom schwäbischen Philologen und Dichter Nikodemus Frischlin (1547-1590) mit einem trojanischen Pferd verglichen, "dem viele berühmte und gelehrte Männer entsteigen". Der Tagblatt Redakteur "rot" meint, da dort seit mehr als zwanzig Jahren "auch Studentinnen wohnen, studieren und sich verlustieren, darf man auf die weiblichen Koryphäen nun gespannt sein."[2]
Die Disziplin im Stift war sehr hart, so dass viele Zöglinge nach Abschluss ihres Studiums keine Lust zum Pfarrberuf hatten - wie etwa das berühmte Dreigestirn Hegel, Hölderlin und Schelling. Doch argwöhnisch beäugt von der Obrigkeit wurden auch die Pietisten Bengel, Oetinger, Hofacker oder Preziger. Keiner Nachsicht erfuhr dort auch der Aufklärer David Friedrich Strauß mit seinem epochemachenden Werk „Das Leben Jesu“ (1835). Wer es am Tübinger Stift wagte, deutsche Verse zu schmieden und keine lateinischen, der konnte leicht seinen Stipendiats-Platz verlieren wie 1753 der Rhetorikprofessor Johann Faber.[3]
Wesentliche Impulse der 68-er Studentenbewegung und der folgenden Friedens- und Ökobewegung gingen vom Stift aus. Gründlich und aufwendig renoviert und restauriert wurden sämtliche Gebäude in den Jahren 1989 bis 1992. Jetzt hat jeder Stiftler sein eigenes Zimmer, gemeinsam sind nur noch Bibliothek und Speisesaal.[2]
Die folgenden Stiftler sind auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt:
- Ferdinand Christian Baur (1792–1860), Theologe, nach dem die Ferdinand-Christian-Baur-Straße benannt ist
- Johann Gottlieb Friedrich von Bohnenberger (1765–1831), Mathematiker, Physiker und Geodät, nach dem die Bohnenbergerstraße benannt ist
- Philipp Nicodemus Frischlin (1547–1590), Schriftsteller und Humanist, nach dem die Frischlinstraße benannt ist.
- Albrecht Goes (1908–2000), Theologe und Schriftsteller, nach dessen Namensvetter Julius Gös die mit "ö" geschriebene Gösstraße benannt ist
- Theodor Haering (1884–1964), Philosoph, nach dem die Haeringstaffel und das umstrittene Theodor-Haering-Haus benannt sind
- Wilhelm Hauff (1802–1827), Schriftsteller, nach dem die Hauffstraße auf dem Österberg benannt ist.
- Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), Philosoph, nach dem die Hegelstraße benannt ist
- Friedrich Hölderlin (1770–1843), Dichter, nach dem die Hölderlinstraße benannt ist.
- Johannes Kepler (1571–1630), Astronom, nach dem das Keplergymnasium und die Keplerstraße benannt ist.
- Eduard Mörike (1804–1875), Pfarrer und Dichter, nach dem die Mörikestraße beannt ist.
- Lucas Osiander der Jüngere (1571–1638), Theologe und Universitätskanzler, nach dem die Osianderstraße benannt ist
- Karl Christian Planck (1819–1880), Naturphilosoph, nach dem die Planckstraße benannt ist
- Gustav von Rümelin (1815–1889), Pädagoge, Politiker, Statistiker und Kanzler der Universität Tübingen, nach dem die Rümelinstraße benannt ist
- Friedrich Schelling (1775–1854), Philosoph, nach dem die Schellingstraße benannt ist
- Wilhelm Schickard (1592–1635), Theologe, Astronom und Universalgelehrter, nach dem das Wilhelm-Schickard-Institut für Informatik und die Wilhelm-Schickard-Schule benannt ist
- Friedrich Theodor Vischer (1807–1887), Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, nach dem die Vischersraße in der Südstadt benannt sind
- Bitte ergänzen (alphabetisch nach Nachnamen geordnet) -
Besichtigungsmöglichkeiten
Im Internet wird ein virtueller Rundgang angeboten.
Öffentliche Stiftsführungen
Treffpunkt: Sonntags, 15.30 Uhr an der Pforte des Evangelischen Stifts Dauer: ca. 1 Stunde Kosten: 3 Euro pro Person (ermäßigt 2 Euro) Keine Voranmeldung notwendig (Stand 13.11.2010 - Quelle: http://www.evstift.de/index.php?id=21
Weblinks
Quellen
- ↑ Der Außenhof - Allgemeines
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Alte Ansichten aus dem Kreis Tübingen. Das waren noch Zeiten...
- ↑ Ulrich Stolte: Die Region in der Literatur (1): Die Worte und die Württemberger. Stuttgarter Zeitung, 6. Januar 2009.
So sehen's die Altstadt-Tauben beim Hochflug
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