Tübinger Wingolf
Tübinger Wingolf | |
|---|---|
| Studentenverbindung Vereinigung | |
| Adresse | Gartenstraße 38 72074 Tübingen |
| Telefon | 07071.24659 |
| Web | http://www.tuebingerwingolf.de |
Der Tübinger Wingolf ist eine nichtschlagende christliche Studentenverbindung, die Mensur und Duell ablehnt.[1] Der Wahlspruch ist „Di henos panta“ (Durch Einen [d.h. Jesus Christus] Alles!). Die Farben sind schwarz-weiß-gold (Burschenband), das Fuxenband ist schwarz-gold. Die Kopfcouleur ist schwarz (halbschlappe Form) mit schwarz-weiß-goldenem Steg.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Tübinger Wingolf ist Mitglied des Wingolfsbundes, des ältesten deutschen korporativen Dachverbandes, ausgehend vom Schleizer Konzil 1844, der seit langer Zeit europaweite Dimensionen hat mit je einer aktiven Verbindung in Estland und Österreich sowie einem Freundschafts- und Eintrittsverhältnis mit dem Falkensteinerbund in der Schweiz. Ziel der Wingolfsverbindungen war und ist, „das Studententum mit christlichem Geist zu durchdringen und zu verbessern.“[2]
Bestrebungen, auch in Tübingen einen Wingolf zu gründen, hatte es zwar seit 1840 mehrfach gegeben, sie waren aber nicht erfolgreich. So ist der Tübinger Wingolf nicht „aus einem Vereine zur Studentenverbindung geworden, sondern gleich als solche fertig hingestellt“:[3] Er wurde am 9. Juni 1864 von 13 norddeutschen Theologiestudenten, Wingolfiten aus Berlin, Bonn und vor allem Halle, die Professor Tobias Becks wegen nach Tübingen gewechselt waren, auf der Kalleehöhe auf dem Galgenberg gegründet. Ein Stein auf der Kalleehöhe mit den Jahreszahlen 1864-1989 erinnert an dieses Ereignis. Als Ziel hatten die Stifter formuliert, es sich zur Aufgabe zu machen, „ein vom christlichen Geiste durchdrungenes Gemeinschaftsleben darzustellen und damit auf eine entsprechende sittliche Charakterbildung bei den einzelnen zurückzuwirken. Dazu muß sie bei ihren Mitgliedern schon einen Keim persönlichen Glaubens an Christum … als Grundlage der Entwicklung voraussetzen.“[4] Über Jahre ist die Verbindung eine norddeutsche geblieben, württembergische Studenten haben erst spät zu ihr gefunden. Zur Pflege des Verbindungslebens mietete man sich in Lokalen in der Stadt ein, ehe in den 1890er Jahren die Pläne für ein eigenes Verbindungshaus gefasst und umgesetzt wurden. 1894 wurde das Haus in der Gartenstraße feierlich eingeweiht. Aufgrund der starken Belastung durch die stetig wachsende Zahl der Mitglieder – dazu trug die Zugkraft des Wingolfiten Adolf Schlatter, des vielleicht komplettesten Theologen seiner Zeit, ganz wesentlich bei – erfolgte bereits 1907 ein Umbau (dabei wurde u.a. auf die Turmspitze verzichtet) und 1930/31 noch einmal eine grundlegende Umgestaltung. Der in den 1920er Jahren starke Zulauf zu den Studentenverbindungen führte zur im Oktober 1928 vollzogenen Gründung der Tochterverbindung Wingolf Nibelungen zu Tübingen (Farben: violett-weiß-gold), die zunächst in der Gaststätte „Westbahnhof“ verkehrte und 1934 ein eigenes Haus erwerben konnte.
Beide Verbindungen wurden unter dem Druck des NS-Regimes 1936 aufgelöst, die Aktivitas des Tübinger Wingolfs holte am 30. Januar 1936 die Fahne ein. Nur einen Monat später war auch der Wingolfsbund aufgelöst.[5] Das Wingolfshaus kam am 1.10.1937 durch Verkauf an die Stadt Tübingen, die es der NSDAP überließ.
1950 erfolgte der Rückkauf des Hauses, das ab 1959 der Verbindung wieder voll zur Verfügung stand. Der Tübinger Wingolf hatte sich zuvor am 9. Juni 1948 neu gegründet, während der Wingolf Nibelungen nicht wieder erstand. Beide Philistervereine schlossen sich zum gemeinsamen Verband alter Tübinger Wingolfiten und Nibelungen zusammen. Die Tradition der Nibelungen wird äußerlich fortgeführt, indem die Chargierten während ihrer Amtszeit neben dem Band des Tübinger Wingolfs auch das Band des Wingolfs Nibelungen zu Tübingen tragen.[6] Zu den herausragenden Mitgliedern des Tübinger Wingolfs gehören die Theologen Adolf Schlatter und Paul Tillich, der langjährige Haller Landrat und danach baden-württembergische Finanzminister Hermann Müller und auch der spätere Tübinger Oberbürgermeister, Landrat und württembergische Landesminister Viktor Renner, der allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg der neu erstandenen Verbindung nicht wieder beigetreten war. Mit einem Festzug durch die Stadt zog die Verbindung 1964 zum 100. Stiftungsfest auf das Schloss, 2014 konnte der Tübinger Wingolf unter der Teilnahme von Alt-Bundespräsident Horst Köhler glanzvoll sein 150. Stiftungsfest feiern.
Im Juli 1982 spendete die Verbindung dem deutschen Schifffahrtmuseum in Bremen einen Stocherkahn. Die Studenten überbrachten das Geschenk auf dem Wasserweg.[7]
Weitere Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Couleurkarte mit dem Haus des Tübinger Wingolfs in der Gartenstraße, um 1900
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Martin Biastoch: Tübinger Studenten im Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung. Contubernium - Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Bd. 44. Sigmaringen 1996 ISBN 3-51508-022-8
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ tuebingerwingolf.de
- ↑ Geschichte des Wingolfs 1830 – 1994, Hannover 1998, S. 61
- ↑ „1864-1914 Festschrift zur Feier des fünfzigsten Stiftungsfestes des Tübinger Wingolfs“, Tübingen 1914, S. 9
- ↑ Statut vom 23. Mai 1864, vgl. „1864.1914 Festschrift zum fünfzigsten Stiftungsfest … , S. 11
- ↑ „1864-1954 Festschrift zum 90. Stiftungsfest des Tübinger Wingolfs“, Tübingen 1954, S. 40
- ↑ Werner Kratsch: Das Verbindungswesen in Tübingen. Eine Dokumentation im Jahre des Universitätsjubiläums 1977. Herausgegeben im Auftrag der Altherrenschaften der Tübinger Verbindungen von Werner Kratsch. Gulde Druck, Tübingen, 1977.
- ↑ Tübinger Stadtchronik von 1982
