Schmalspurbahn
Schmalspurbahnen, Feldbahnen oder Lorenbahnen waren früher in mehreren Tübinger Betrieben anzufinden, insbesondere in Sägereien, Steinbrüchen, Kiesgruben. Sie dienten dem Transport forstwirtschaftlicher und industrieller Rohstoffe wie Holz, Gestein, Kies, Ton und Sand. Der Materialtransport erfolgte meist mit von Hand geschobenen Kipploren.
Baustelleneisenbahnen
Ferdinand Schmid gründete 1889 das Baugeschäft Schmid in der Sindelfinger Straße und investierte in eine eigene Dampflokomotive und mehrere Kipploren. Mit der firmeneigenen Schmalspurbahn übernahm er den Erdtransport bei der Neckarregulierung und mehreren Bachregulierungen.[1]
Sägewerke
Derendingen
Am Derendinger Magazinplatz steht noch heute eine alte Schmalspurlore aus dem Sägewerk von Wurster & Dietz. Solche Loren waren in fast jedem alten Sägewerk zu finden. In der Regel nur per Hand geschoben dienten die immer flachen Loren zum Transport des beim ersten Gatterdurchlauf mit erst zwei parallelen Kanten gesägten Stämme vom hinter dem Gatter zurück vor das Gatter für das Schneiden der anderen Kanten (dann erst viereckig). Desweiteren benutzten manche Sägewerke diese Wagen um die fertigen Hölzer aus der Sägehalle (hier im Bild) zum Lagerplatz zu transportieren.[2]
Ofterdingen
Zwei alte Kipploren stehen in Ofterdingen auf dem Gelände der Holzfirma Rainer Röcker an der Mössinger Straße.[3] Da ihre Mulden nachträglich durch eine Seitenwand erhöht wurden, ist es denkbar dass damit früher Schüttholz, das heißt als Brennholz genutzte kleine Bretterreste, oder Sägemehl transportiert wurde.
Steinbrüche
Reusten
Eine Kipplore erinnert am Steinbruch in Ammerbuch-Reusten an 15-20 Häftlinge des KZ-Außenlagers Hailfingen-Tailfingen, die in der Zeit des Nationalsozialsmus im Schäferschen Steinbruch Zwangsarbeit verrichteten. Dort bauten sie Muschelkalk ab und verluden die Steinbrocken von Hand in Loren. Diese schoben die Häftlinge zu einer Steinmühle, in sie zu Schotter zerkleinert wurden. Der Schotter wurde beispielsweise ind Straße zum Nachtjägerflugplatz von Hailfingen-Tailfingen verbaut.[4]
Breitenholz
Ab 1910 bis in die 1970er Jahre wurde im Steinbruch zwischen den Ammerbucher Ortsteilen Breitenholz und Entringen Gips abgebaut, der mit einer Schmalspurbahn zum am Bahnhof Breitenholz gelegenen Gipswerk gebracht wurde.[5][6]
Das Gipswerk baute den im Gipskeuper vorkommenden Rohgips ab. Der Abbau erfolgte teilweise untertage; transportiert wurde der Rohgips mit Hilfe einer Werksbahn (Feldbahnspurweite 600 mm) zum Brennofen. Der fertige Gips wurde über ein etwa 1,5 km langes Feldbahngleis zum Bahnhof Breitenholz gebracht, woher auch die zum Heizen benötigte Kohle kam.[7]
Die Schemazeichnung zeigt den Gleisverlauf. Die beiden Gleise zur Anlieferung von Rohgips und Kohle führten über Rampen ins Obergeschoss des Gipswerks. Die beladenen Wagen wurden mit Hilfe von Seilwinden hochgezogen. Die Gipsgrube selbst bestand aus zwei Sohlen, zu denen je ein Gleis führte. Auf der unteren Sohle sind ehemalige Stollenmundlöcher des bergmännischen Abbaus erkennbar. Der Betrieb wurde in den 70er Jahren eingestellt. Die ehemalige Gipsgrube wird seitdem als Deponie genutzt und ist inzwischen weitgehend verfüllt.[7]
Die Breitenholzer Schmalspurbahn hatte eine Spurweite von 600 mm. Dort wurden folgende Fahrzeuge eingesetzt:[8]
Hersteller | Nummer | Antrieb | Lieferant |
---|---|---|---|
J.A. Maffei | Dampf, B-Kuppler | Um 1920 | |
Deutz | 55724/53 A2L514F | Diesel | Stuttgarter Gipsgeschäft, Stuttgart-Untertürkheim für Werk Entringen-Breitenholz |
Diema | 4571/50 | Diesel, 28PS | Stuttgarter Gipsgeschäft, Stuttgart-Untertürkheim für Werk Entringen-Breitenholz |
Diema | 2741/64 DS 30 | Diesel, 12 PS | Max Hohl, Baumaschinen Stuttgart Degerloch |
Diema | 2266/59 DL8 | Diesel Stollenlok | Stuttgarter Gipsgeschäft, Stuttgart-Untertürkheim für Werk Entringen-Breitenholz |
Oberursel | unbekannt | Diesel |
Siehe auch
- Foto der Gmeinder Lok Typ 10/12 Baujahr 1939 der ehemaligen Baufirma Walker in Tübingen[9]
- Foto der Schmalspurbahn im Gipswerk am Bahnhof Breitenholz[10]
- Foto der Kipploren in Ofterdingen[3]
Einzelnachweise
- ↑ Gebr. Schmid GmbH & Co. Bauunternehmung KG, Sindelfinger Straße 25, Tübingen.
- ↑ Siehe auch: Magazinplatz: Alte Eisenbahn
- ↑ 3,0 3,1 Loren fuhren einst durch Ofterdingen
- ↑ Eine Lore wider das Vergessen: In Reusten wird an die Qualen der KZ-Häftlinge erinnert
- ↑ Hannes Weik: Landschaftsführer auf Spurensuche in Ammerbucher Gipsgruben - Ausflüge in die Erdgeschichte, Schwäbisches Tagblatt 27. Juli 2009.
- ↑ Neun Fotos der Schmalspurbahn im Jahr 1971 auf Schmalspuralbum - Fotogalerie Schmalspur- und Feldbahnen international.
- ↑ 7,0 7,1 Ein kleines Gipswerk auf Wikipedia.
- ↑ Gipswerk Entringen, früher Schwäbische Gipsverkaufsstelle Stuttgart GmbH.
- ↑ Die Loks der Feldbahn Speyerdorf
- ↑ Modellbauer Andreas Grüner baut das Gipswerk Entringen nach