Zeit des Nationalsozialismus

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Tübingen gab in der Nazi-Zeit (1933-1945 = die Zeit des Nationalsozialismus vor und während des Zweiten Weltkrieges) leider trotz oder wegen der Universität ein schlechtes Beispiel.

In Tübingen versuchten einige mit Übereifer, den Ideen der Nationalsozialisten - und später ihren Erlassen - in Eigeninitiative zuvor zu kommen.


Übereifriges Rathaus

Bereits am 15. Mai 1933 beschloss der Gemeinderat, wohl als einer der ersten in Deutschland, den "Juden und Fremdrassigen" die Benutzung des Freibades zu verbieten.[1] [2]


Frühes Lösen der Geschäftsverbindungen zu Juden

Schon 1933 löste die Stadt ihre Verbindungen zu jüdischen Geschäftspartnern, ohne daß es dafür eine Anweisung aus Berlin gab. [3]


Juden und die Synagoge

1932 zählte die jüdische Gemeinde noch 127 Mitglieder. 1937 waren es nur noch 25 Mitglieder.[4]

Die Tübinger Synagoge in der Gartenstraße 33 wurde wie viele andere Synagogen in Deutschland auch in der Reichspogromnacht (umgangssprachlich: "Reichskristallnacht") vom 9. auf den 10. November 1938 von SS-Männern zerstört und dann auf Befehl des Kreisleiters niedergebrannt. Die Jüdische Gemeinde wurde 1939 aufgelöst, nachdem die verbliebenen Juden den Abriss ihrer zerstörten Synagoge selber bezahlen mussten.[5][6][7]

1941/42 wurden die letzten 14 verbliebenen Juden deportiert und in Vernichtungslager gebracht. Nur zwei Tübinger Juden überlebten.[8]

Hakenkreuzflagge auf der Stiftskirche

Der evangelische Pfarrer Karl Fetzer setzte sich anfangs für die "Deutschen Christen" ein und sorgte für die Beflaggung der Stiftskirche mit der Hakenkreuzfahne. [9]


SS-Schulen und Einrichtungen

Der Bau von SS-Schulen und Einrichtungen wurde wegen der sinkenden Studentenzahlen von der Stadt begrüßt. Man erhoffte sich Tübingen als "Stadt der NS-Schule".[10]

1934: Einweihung der Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps-Motorsportschule (NSKK) am Galgenberg in der Alexanderstraße 48[11][12]

1935: Bau der Sanitätsschule der SA und Fertigstellung der Burgholzkaserne[13][14]

1936: Eröffnung der Sanitätsschule der SA (das spätere Oberschulamt in der Keplerstraße) [15]


Oberbürgermeister Dr. Ernst Weinmann (Henker von Belgrad)

Der von 1939 bis 1945 amtierende Tübinger Oberbürgermeister Dr. Ernst Weinmann (Zahnarzt und SS-Sturmbannführer) war während des Krieges bei einer SS-Einsatzgruppe in Jugoslawien und wütete dort so, dass er den Beinamen "Henker von Belgrad" bekam. Als "Umsiedlungskommissar beim Militärbefehlshaber in Serbien" war er maßgeblich an der Deportation von Juden und der Verschleppung von Slowenen beteiligt. Er wurde deswegen in Jugoslawien zum Tode verurteilt. [16][17]

Universität und NSDS

Nach 1918 erwiesen sich Verbindungsstudenten und Teile der Professorenschaft als Propagandisten eines aggressiven Antisemitismus. Schon 1920 beschloss der Nationale Studentenbund, dem knapp ein Drittel der Tübinger Studenten angehörte, den Ausschluss von Juden. Die Hochschule selbst rühmte sich schon vor 1933, "judenrein" zu sein. Tatsächlich musste sie dann 1933 keinen jüdischen Lehrstuhlinhaber und nur wenige Assistenten und Privatdozenten entlassen, darunter den Physiker und späteren Nobelpreisträger Hans Bethe. Seit 1984 erinnert im Foyer der 1845 errichteten Neuen Aula eine Gedenktafel an elf ehemalige Tübinger Studenten, die wegen ihrer Verbindung zum Widerstandskreis des 20. Juli hingerichtet bzw. ermordet wurden.[18]

Erwin Weinmann (Bruder des Tübinger Oberbürgermeisters) war in Tübingen Medizinstudent und ab 1932 Fraktionsführer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes im Allgemeinen Studierendenausschuß (AStA) und Mitglied der SS. In der Zeit von 1942 bis Juli 1943 ist er als Chef des Sonderkommandos 4a für den Massenmord an Juden in der Ukraine verantwortlich. Neben Weinmann waren auch die Tübinger Studenten und Mitglieder des NSDS Eugen Steimle, Martin Sandberger, Erich Ehrlinger, Alfred Rapp, Walter Stahlecker, Rudolf Bilfinger Mitglieder des Reichsicherheitshauptamtes und als Leiter von SD-Sonderkommandos hauptsächlich für die Planung und Ausführung von Massenmord und Kriegsverbrechen in der ehemaligen Sowjetunion verantwortlich. (Siehe Weblinks)

Die Bevölkerung

Auf die Ausschaltung und Verhaftung der NS-Gegner wie auf die ersten judenfeindlichen Maßnahmen reagierte die Bevölkerung mit Schweigen, etliche begrüßten sie.[19]


Quellen

  1. www.tuebingen.de/1560_8019.html
  2. "Tübingen - Auf alten Wegen Neues Entdecken - Ein Stadtführer" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, S. 63 (3. Auflage von 2003)
  3. www.tuebingen.de/1560_8019.html
  4. "Tübingen - Auf alten Wegen Neues Entdecken - Ein Stadtführer" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, S. 97 (3. Auflage von 2003)
  5. de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_(Tübingen)
  6. www.tuebingen.de/1560_8026.html
  7. www.alemannia-judaica.de/tuebingen_synagoge.htm
  8. "Tübingen - Auf alten Wegen Neues Entdecken - Ein Stadtführer" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, S. 97 (3. Auflage von 2003)
  9. "Tübingen - Auf alten Wegen Neues Entdecken - Ein Stadtführer" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, S. 38 (3. Auflage von 2003)
  10. Tübingen - Historische Photographien einer Stadt (Wartberg Verlag, 2001, Seite 23)
  11. http://www.tuebingen.de/25_2525.html www.tuebingen.de/25_2525.html]
  12. Tübingen - Historische Photographien einer Stadt (Wartberg Verlag, 2001, Seite 23)
  13. www.tuebingen.de/25_2525.html
  14. www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/druckansicht.php?id_titlaufn=844220&bestand=17526&syssuche=&logik=
  15. Tübingen - Historische Photographien einer Stadt (Wartberg Verlag, 2001, Seite 23)
  16. www.tuebingen.de/1560_8019.html
  17. "Tübingen - Auf alten Wegen Neues Entdecken - Ein Stadtführer" (Verlag Schwäbisches Tagblatt, S. 63 (3. Auflage von 2003)
  18. http://www.tuebingen.de/1560_8028.html
  19. www.tuebingen.de/1560_8019.html


Weblinks