Friedrich List
Daniel Friedrich List (* 6. August 1789 in Reutlingen; † 30. November 1846 in Kufstein) war ab 1817 Inhaber des ersten deutschen Lehrstuhls für Staatsverwaltungspraxis an der Universität Tübingen und einer der bedeutendsten deutschen Wirtschaftstheoretiker des 19. Jahrhunderts. Er gilt als Begründer der modernen Volkswirtschaftslehre.
Friedrich List arbeitete nach seiner Ausbildung zum Substitut im mittleren württembergischen Verwaltungsdienst und absolvierte dann von 1811–1814 eine Aktuarsausbildung im Oberamt Tübingen. Seine Frau Karoline, geb. Seybold, entstammte einer Tübinger Professorenfamilie.
Schon früh kritisierte er in Denkschriften bestehende Missstände und forderte eine grundlegende Reform der Verwaltung. Er beschäftigte sich außerdem intensiv mit der wirtschaftlichen Krise in den Ländern des Deutschen Bundes. In England war die Industrialisierung bereits fortgeschritten und billige Waren überschwemmten den deutschen Markt. Friedrich List setzte sich für Zölle auf englische Waren ein und für die Abschaffung der Zollgrenzen zwischen den 38 Staaten des Deutschen Bundes.
List hatte keinen Universitätsabschluss, besuchte aber als Gasthörer regelmäßig Vorlesungen und Seminare in Tübingen. Er schlug vor, für höhere Staatsbeamte künftig ein Universitätsstudium vorzuschreiben. Diese Reform wurde 1817 verwirklicht, nachdem Wilhelm I. württembergischer König geworden war. Die neu gegründete „Staatswirtschaftliche Fakultät“ in Tübingen war die fünfte neben Theologie, Philosophie, Medizin und Rechtswissenschaft. Es war die erste wirtschaftswissenschaftliche Fakultät im deutschsprachigen Raum. Friedrich List wurde Professor für Staatsverwaltungspraxis.
Anlässlich der Frühjahrsmesse in Frankfurt 1819 gründete Friedrich List zusammen mit Kaufleuten den „Allgemeinen deutschen Handels- und Gewerbsverein“ – einen Vorläufer der heutigen Industrie- und Handelskammern. Als kommissarischer Geschäftsführer führte er Gespräche mit den einzelnen Staaten, mit Politikern, Unternehmern und Beamten, um für die Zollunion zu werben. Der württembergische König untersagte dem Tübinger Professor diese Nebentätigkeit. List bat daraufhin um seine Entlassung.
1820 wurde Friedrich List in die Zweite Kammer des württembergischen Landtags als Abgeordneter der Stadt Reutlingen gewählt, jedoch wegen seiner „Reutlinger Petition“, in der er Rechtsprechung, Verwaltung und Finanzwirtschaft sehr scharf kritisierte, zu zehn Monaten Festungshaft verurteilt – wegen „Ehrenbeleidigung und Verleumdung“ der Regierung und der staatlichen Behörden. Um der Haft zu entgehen, gab er die deutsche Staatsbürgerschaft auf und verließ Deutschland.
List ging in die Vereinigten Staaten und wurde erfolgreicher Unternehmer. Als amerikanischer Staatsbürger und Konsul kam er nach einigen Jahren zurück, um sich für den Ausbau des deutschen Eisenbahnnetzes, die deutsche Zolleinigung und die nationale Einheit zu engagieren. Er war Herausgeber, Korrespondent und Mitarbeiter vieler Zeitungen und Zeitschriften. Er schrieb ein Standardwerk der Nationalökonomie: „Das nationale System der politischen Ökonomie“. Aber öffentliche Ämter blieben ihm verschlossen. Erst 1841 wurde er rehabilitiert.
Als Journalist, Publizist und Autor hat Friedrich List Wirtschaftspolitik zu einer öffentlichen Angelegenheit gemacht. Er ist ein „Kritiker der klassisch-liberalen Außenhandelsdoktrin und Theoretiker der wirtschaftspolitischen Staatsintervention“. (https://www.deutsche-biographie.de/sfz70536.html#ndbcontent). Er gehört zu den einflussreichsten Nationalökonomen des 19. Jahrhunderts.
Nach ihm ist in Tübingen die Liststraße benannt.
In seiner Geburtsstadt Reutlingen gilt er als einer ihrer bedeutendsten Söhne, ein großes Bronzestandbild steht auf dem Listplatz vor dem Hauptbahnhof. Es wurde 1861 von dem Bildhauer Gustav Adolph Kietz geschaffen, von dem auch das einige Jahre später entstandene Uhland-Denkmal in Tübingen stammt.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Artikel in Wikipedia über Friedrich List
- Biografie von Friedrich List auf www.reutlingen.de
- Über die Gründung der Staatswirtschaftlichen Fakultät in Tübingen 1817 / Seite des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften an der Universität Tübingen
- Artikel in der Deutschen Biographie über Friedrich List
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Brecht, Roland: Friedrich List: Bürger, Patriot und Visionär. Stuttgart 2024