Schimpfhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Schimpfhaus''' ist das Gebäude [[Am Lustnauer Tor]] 1, am sogenannten [[Schimpfeck]]. Der Name kommt von dem Geschäft für Papier und Bürobedarf [[Fritz Schimpf]], das in diesem Gebäude seit [[1903]] ansässig ist. Unmittelbar davor wurde das Haus im Auftrag von Schimpf umgebaut. Die Firma existierte in unmittelbarer Nähe, nämlich im Haus an der Ecke der [[Pfleghofstraße]] und der [[Hafengasse]] bereits seit [[1880]].
Das '''Schimpfhaus''' ist das Gebäude [[Am Lustnauer Tor]] 1, am sogenannten [[Schimpfeck]]. Der Name kommt von dem Geschäft für Papier und Bürobedarf [[Fritz Schimpf]], das in diesem Gebäude seit [[1903]] ansässig ist. Unmittelbar davor wurde das Haus im Auftrag von Schimpf umgebaut. Fritz Schimpfs war Nachfolger seines Onkels Fritz Schuler, der die Firma in unmittelbarer Nähe, nämlich im Haus an der Ecke der ''[[Pfleghofstraße]]'' und der ''[[Hafengasse]]'' bereits [[1880]] gründete.


== Architektur ==   
== Architektur ==   
Das Haus wurde nach dem Abriss des Lustnauer Tors 1829 im Auftrag des Medizinprofessors [https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Ferdinand_Autenrieth Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth] (1772—1835) im  klassizistischen Stil gebaut. Er verbrachte darin mit seiner Familie seine letzten Jahre. Danach war der Hauseigentümer dessen Sohn [https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Friedrich_Autenrieth Hermann Friedrich Autenrieth] (1799—1874), der darin viele Jahre seines Lebens verbrachte. Im Beletage wurde einmal der junge Kronprinz [[König Karl|Karl]] einquartiert. 1861 zog hier das Gymnasium ein. [[1901]] bis [[1903]] wurde es von dem [[Stuttgart]]er Architekten [[Josef Hennings]] umfangreich zum heutigen Schimpfhaus umgebaut und vergrößert, so dass es sich so gut wie nicht mehr erkennen lässt. Das Haus erhielt giebelartige Aufbauten und an der Westseite eine mehrstöckige hölzerne Veranda. Das im [[Jugendstil]] neugestaltete Haus weist neben dem [[Haus Lange]] (1902) und dem Haus ''[[Melanchthonstraße]]'' 16 wohl am deutlichsten charakteristische Merkmale dieses Stils in Tübingen auf.
Das Haus wurde nach dem Abriss des Lustnauer Tors 1829 im Auftrag des Medizinprofessors [https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Ferdinand_Autenrieth Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth] (1772—1835) im  klassizistischen Stil gebaut. Er verbrachte darin mit seiner Familie seine letzten Jahre. Danach war der Hauseigentümer dessen Sohn [https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Friedrich_Autenrieth Hermann Friedrich Autenrieth] (1799—1874), der darin viele Jahre seines Lebens verbrachte. Im Beletage wurde einmal der junge Kronprinz [[König Karl|Karl]] einquartiert. 1861 zog hier das [[Uhland-Gymnasium|Gymnasium]] ein. Nach dem Auszug des Gymnasiums in das neuerbaute Gebäude in der ''[[Uhlandstraße]]'' kaufte es Fritz Schimpf, der es ab [[1901]] von dem [[Stuttgart]]er Architekten [[Josef Hennings]] umfangreich zum Wohn- und Geschäftshaus — dem heutigen Schimpfhaus umbauen und vergrößern ließ, so dass es sich so gut wie nicht mehr erkennen ließ. Das Haus erhielt giebelartige Aufbauten und an der Westseite eine mehrstöckige hölzerne Veranda. Das im [[Jugendstil]] neugestaltete Haus weist neben dem [[Haus Lange]] (1902) und dem Haus ''[[Melanchthonstraße]]'' 16 wohl am deutlichsten charakteristische Merkmale dieses Stils in Tübingen auf. Fritz Schimpf, der eine Papier- und Tapetenhandlung sowie einen Ansichtskartenverlag betrieb, zog [[1903]] dorthin ein. Das Geschäft, das als ein Laden für Papier- und Bürobedarf inzwischen in der fünften Generation fortgeführt wird, existiert in dem Haus weiterhin. 1911 gründete sich im 1. Stock die [[Anthroposophische Gesellschaft Tübingen]].


In den 1970er Jahren wollte die Stadtverwaltung unter [[Hans Gmelin]] das Haus, wie das rechts angrenzende Haus ''[[Wilhelmstraße]]'' 1, abreißen, um die Straßen autogerechter gestalten zu können. Gegen den Abriss wehrte sich Ende der 1970er Jahre erfolgreich eine Bürgerinitiative. In den frühen 1980er Jahren baute der bekannte Tübinger Architekt [[Heinrich Johann Niemeyer|Heinrich Niemeyer]] in seiner unverkennbaren Handschrift das Bürobedarfsgeschäft um, einschließlich des zeltdachartigen Anbaus, der die Anbindung der frei gewordenen, ursprünglich nicht als Schauseite gedachten hohen Seitenwand an den öffentlichen Raum geschickt gestaltet. Um eine Abbiegespur zum [[Österberg]] einrichten zu können, baute man gleichzeitig an der Platzseite einen Arkadengang, der den Bürgersteig aufnehmen konnte. Die dominierende Innenfarbe ist, wie oft bei Niemeyer, braun an Wand, Boden und Metallgeländern. Die in der Zeit der Verpönung des Jugendstils  entfernten Ornamente wurden [[1983]] wiederhergestellt. Der kleine Rundturm und das Dächlein auf dem Eck-Erker mit Spitze (siehe Abb. 1903) sind nicht mehr vorhanden.  
In den 1970er Jahren wollte die Stadtverwaltung unter [[Hans Gmelin]] das Haus, wie das rechts angrenzende Haus ''[[Wilhelmstraße]]'' 1 (in dem ursprünglich [[Friedrich Silcher]] wohnte) abreißen lassen, um die Straßen autogerechter gestalten zu können. Gegen den Abriss wehrte sich Ende der 1970er Jahre erfolgreich eine Bürgerinitiative. In den frühen 1980er Jahren baute der bekannte Tübinger Architekt [[Heinrich Johann Niemeyer|Heinrich Niemeyer]] in seiner unverkennbaren Handschrift das Bürobedarfsgeschäft um, einschließlich des zeltdachartigen Anbaus, der die Anbindung der frei gewordenen, ursprünglich nicht als Schauseite gedachten hohen Seitenwand an den öffentlichen Raum geschickt gestaltet. Um eine Abbiegespur zum [[Österberg]] einrichten zu können, baute man gleichzeitig an der Platzseite einen Arkadengang, der den Bürgersteig aufnehmen konnte. Durch den Umbau des Geschäftes ist im Erdgeschoss noch Platz für die Filiale der Deutschen Bank entstanden. Die oberen Stockwerke wurden zum Studentenwohnheim umgebaut. Die dominierende Innenfarbe ist, wie oft bei Niemeyer, braun an Wand, Boden und Metallgeländern. Die in der Zeit der Verpönung des Jugendstils  entfernten Ornamente wurden [[1983]] wiederhergestellt. Der kleine Rundturm und das Dächlein auf dem Eck-Erker mit Spitze (siehe Abb. 1903) sind nicht mehr vorhanden.  


1911 gründete sich im 1. Stock die [[Anthroposophische Gesellschaft Tübingen]]. <br>
== Bilder ==
Heute sind hier auch eine Filiale der [[Deutsche Bank|Deutschen Bank]] und in den oberen Geschossen ein Studentenwohnheim untergebracht.
 
 
==Bilder==
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Datei:Zur Erinnerung an das Kinderfest 1902 (PK F Schuler Nachf TPk206).jpg|Links hinten das noch nicht umgebaute Schimpfhaus [[1902]]
Datei:Zur Erinnerung an das Kinderfest 1902 (PK F Schuler Nachf TPk206).jpg|Links hinten das noch nicht umgebaute Schimpfhaus [[1902]]

Version vom 17. Juni 2022, 17:24 Uhr



Schimpfhaus
Schimpf-Haus in Tübingen 2019.jpg
AdresseAm Lustnauer Tor 1
72074 Tübingen
ArchitektJosef Hennings
Schimpfhaus im Herbst 2018

Das Schimpfhaus ist das Gebäude Am Lustnauer Tor 1, am sogenannten Schimpfeck. Der Name kommt von dem Geschäft für Papier und Bürobedarf Fritz Schimpf, das in diesem Gebäude seit 1903 ansässig ist. Unmittelbar davor wurde das Haus im Auftrag von Schimpf umgebaut. Fritz Schimpfs war Nachfolger seines Onkels Fritz Schuler, der die Firma in unmittelbarer Nähe, nämlich im Haus an der Ecke der Pfleghofstraße und der Hafengasse bereits 1880 gründete.

Architektur

Das Haus wurde nach dem Abriss des Lustnauer Tors 1829 im Auftrag des Medizinprofessors Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth (1772—1835) im klassizistischen Stil gebaut. Er verbrachte darin mit seiner Familie seine letzten Jahre. Danach war der Hauseigentümer dessen Sohn Hermann Friedrich Autenrieth (1799—1874), der darin viele Jahre seines Lebens verbrachte. Im Beletage wurde einmal der junge Kronprinz Karl einquartiert. 1861 zog hier das Gymnasium ein. Nach dem Auszug des Gymnasiums in das neuerbaute Gebäude in der Uhlandstraße kaufte es Fritz Schimpf, der es ab 1901 von dem Stuttgarter Architekten Josef Hennings umfangreich zum Wohn- und Geschäftshaus — dem heutigen Schimpfhaus umbauen und vergrößern ließ, so dass es sich so gut wie nicht mehr erkennen ließ. Das Haus erhielt giebelartige Aufbauten und an der Westseite eine mehrstöckige hölzerne Veranda. Das im Jugendstil neugestaltete Haus weist neben dem Haus Lange (1902) und dem Haus Melanchthonstraße 16 wohl am deutlichsten charakteristische Merkmale dieses Stils in Tübingen auf. Fritz Schimpf, der eine Papier- und Tapetenhandlung sowie einen Ansichtskartenverlag betrieb, zog 1903 dorthin ein. Das Geschäft, das als ein Laden für Papier- und Bürobedarf inzwischen in der fünften Generation fortgeführt wird, existiert in dem Haus weiterhin. 1911 gründete sich im 1. Stock die Anthroposophische Gesellschaft Tübingen.

In den 1970er Jahren wollte die Stadtverwaltung unter Hans Gmelin das Haus, wie das rechts angrenzende Haus Wilhelmstraße 1 (in dem ursprünglich Friedrich Silcher wohnte) abreißen lassen, um die Straßen autogerechter gestalten zu können. Gegen den Abriss wehrte sich Ende der 1970er Jahre erfolgreich eine Bürgerinitiative. In den frühen 1980er Jahren baute der bekannte Tübinger Architekt Heinrich Niemeyer in seiner unverkennbaren Handschrift das Bürobedarfsgeschäft um, einschließlich des zeltdachartigen Anbaus, der die Anbindung der frei gewordenen, ursprünglich nicht als Schauseite gedachten hohen Seitenwand an den öffentlichen Raum geschickt gestaltet. Um eine Abbiegespur zum Österberg einrichten zu können, baute man gleichzeitig an der Platzseite einen Arkadengang, der den Bürgersteig aufnehmen konnte. Durch den Umbau des Geschäftes ist im Erdgeschoss noch Platz für die Filiale der Deutschen Bank entstanden. Die oberen Stockwerke wurden zum Studentenwohnheim umgebaut. Die dominierende Innenfarbe ist, wie oft bei Niemeyer, braun an Wand, Boden und Metallgeländern. Die in der Zeit der Verpönung des Jugendstils entfernten Ornamente wurden 1983 wiederhergestellt. Der kleine Rundturm und das Dächlein auf dem Eck-Erker mit Spitze (siehe Abb. 1903) sind nicht mehr vorhanden.

Bilder

Siehe auch