Fritz Kreß: Unterschied zwischen den Versionen

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== Erfindungen ==
== Erfindungen ==
Fritz Kreß hat 1927 außerdem ein in Deutschland (DRP) und im Ausland (AP) patentiertes Rechen-, Anreiß- und Schmiegegerät unter dem Namen ''Der Schiftapparat Kreß'' erfunden und von da an selbst vertrieben.<ref>Werbehinweis im Buch ''Der Zimmerpolier'', letzte Auflage 1959.</ref> Dabei handelt es sich um ein verstellbares rechtwinkliges Dreieck mit Skalen und Winkeln - sozusagen ein mechanischer "Pythagoras". Es half bei der Konstruktion von Dachstühlen und ermöglichte das Ermitteln und Anzeichnen der Dachhölzer, wie Schifter sowie Grat- und Kehlsparren, die in Plänen noch heute grundsätzlich nie in der wahren Länge und mit tatsächlichen Winkeln dargestellt sind. Das Ermitteln und Anzeichnen wird in der Sprache der Zimmerleute als „schiften“ bezeichnet, was den Namen für dieses Gerät erklärt. Allerdings wird es heute nicht mehr benötigt. Grund ist die Einführung der rechnerischen Schiftung, dazu die seit etwa 1990 immer mehr und ab ca. 2000 allgemein übliche Ermittlung der Maße per Computer durch CAD-Programme und schließlich die ab Mitte der 1980iger Jahre eingeführte vollautomatische Bearbeitung der Dachhölzer auf Spezialmaschinen ("Abbundmaschinen"). Damit wurde die Schiftung aus den Händen des Zimmermeisters immer mehr in die von Dienstleistern und Konstrukteuren verlegt. Heute wird die zeichnerische oder durch Taschenrechner unterstützte Schiftung in der Praxis eigentlich nur noch von Auszubildenden, also von Lehrlingen (im Handwerk offiziell noch so genannt) und Meisterschülern ausgeübt. Das führt leider auch zu einem Verlust an Know-how und zu einer eher montagebasierten Ausübung des Berufs. Der planerische Teil verlagerte sich weg vom Handwerker.
 
[[Datei:Schiftapparat.JPG|thumb|left|300px|Der Schiftapparat Kreß]]Fritz Kreß hat 1927 außerdem ein in Deutschland (DRP) und im Ausland (AP) patentiertes Rechen-, Anreiß- und Schmiegegerät unter dem Namen ''Der Schiftapparat Kreß'' erfunden und von da an selbst vertrieben.<ref>Werbehinweis im Buch ''Der Zimmerpolier'', letzte Auflage 1959.</ref> Dabei handelt es sich um ein verstellbares rechtwinkliges Dreieck mit Skalen und Winkeln - sozusagen ein mechanischer "Pythagoras". Es half bei der Konstruktion von Dachstühlen und ermöglichte das Ermitteln und Anzeichnen der Dachhölzer, wie Schifter sowie Grat- und Kehlsparren, die in Plänen noch heute grundsätzlich nie in der wahren Länge und mit tatsächlichen Winkeln dargestellt sind. Das Ermitteln und Anzeichnen wird in der Sprache der Zimmerleute als „schiften“ bezeichnet, was den Namen für dieses Gerät erklärt. Allerdings wird es heute nicht mehr benötigt. Grund ist die Einführung der rechnerischen Schiftung, dazu die seit etwa 1990 immer mehr und ab ca. 2000 allgemein übliche Ermittlung der Maße per Computer durch CAD-Programme und schließlich die ab Mitte der 1980iger Jahre eingeführte vollautomatische Bearbeitung der Dachhölzer auf Spezialmaschinen ("Abbundmaschinen"). Damit wurde die Schiftung aus den Händen des Zimmermeisters immer mehr in die von Dienstleistern und Konstrukteuren verlegt. Heute wird die zeichnerische oder durch Taschenrechner unterstützte Schiftung in der Praxis eigentlich nur noch von Auszubildenden, also von Lehrlingen (im Handwerk offiziell noch so genannt) und Meisterschülern ausgeübt. Das führt leider auch zu einem Verlust an Know-how und zu einer eher montagebasierten Ausübung des Berufs. Der planerische Teil verlagerte sich weg vom Handwerker.


== Quellen ==
== Quellen ==

Version vom 17. September 2012, 22:23 Uhr

Fritz Kreß (* 28. März 1884 in Tübingen-Lustnau; † 1962 ebenda)[1] leitete eine von ihm gegründete Zimmereifachschule in Lustnau. Er schrieb mehrere in Fachkreisen sehr bekannte Bücher für Zimmerer.

Sein Name wird häufig mit Doppel-S geschrieben, da dieser auf den Büchern gerne in Großbuchstaben und damit mit einem Doppel-S an Stelle des "ß" geschrieben wird. Er selber schrieb seinen Namen aber mit "ß" (vgl. u.a. seine Vorworte und Verweise auf andere Werke von ihm).[2]

Leben

Fritz Kreß[3] wurde in der Dorfstraße 16 in Lustnau am 28. März 1884 geboren. Dieses Haus steht heute nicht mehr. Im Alter von 22 Jahren, laut Meisterbrief im März 1906, bestand er die Meisterprüfung im Zimmererhandwerk vor der Handwerkskammer Reutlingen. Noch im gleichen Jahr heiratete er die Lustnauerin Maria Barbara Necker und gründete seine Fachschule in Lustnau. 1907 erschien sein erstes Fachbuch: Der Zimmerpolier. Es folgten weitere Bücher. Er wurde in Fachkreisen sehr bekannt. 1962 starb er in Lustnau.[1]

Fritz Kreß war Praktiker und Autodidakt. Zimmermann war schon in der Schule sein Traumberuf. Er schwänzte oft in den letzten beiden Schuljahren und half stattdessen beim Aufrichten einer Treppe, eines Dachstuhls oder eines Fachwerkhauses gegen Taschengeld mit, das er aber den verarmten Eltern abliefern musste. Das berufswichtige Quadratwurzelziehen brachte ihm der Pfarrer bei, weil es der Lehrer vergessen hatte.[4] Schon als Lehrling wusste Kreß mehr als sein Polier. Das Schiften brachte er sich selbst bei, und im zweiten Lehrjahr überließ ihm sein nächster Meister die Abschiftung eines Dachstuhls, die er selbst nicht beherrschte.[5]

Kein Wunder also, dass die Stärke seiner Bücher und Aufsätze diese strikte Praxisbezogenheit ist. Dazu kam die systematische Erweiterung seines Horizontes durch Lesen, Wandern und Reisen. In vielen Gegenden Deutschlands, der Schweiz, Österreichs, der Tschechoslowakei und Ungarns [6] besuchte er Zimmerplätze und studierte die jeweilige Baukunst. Als Pionier im ersten Weltkrieg nutzte er die Zeit zur fachbezogenen Erkundung von Belgien und Nordfrankreich.1924 weilte er monatelang in Nordamerika, vor allem New York. Systematisch erforschte er den amerikanischen Holzbau und berichtete sofort darüber in Deutschland.[7] Er bringt neben sehr kritischen Äußerungen auch dies vor: „Nach kurzer Zeit der Betrachtungen kommt man zu der Ueberzeugung, daß wir deutschen Zimmerleute einer unverzeihlichen Holzverschwendung huldigen und daß wir eine Reihe veralteter Konstruktionen mitschleppen.“[8] In Deutschland wurde diese Ansicht später vom Reichsforschungsrat aufgegriffen und führte 1938 zu einer Auftragsarbeit über den Bau holzsparender Dachstühle für Siedlungs- und Wohnhäuser. Kreß übernahm seine Abhandlung als 10. Kapitel in den Zimmerpolier.

Fritz Kress war nun längst staatlich benannter, seit 1918 gerichtlich beeidigter Sachverständiger.[9] In der Hauptsache aber gab er Kurse, nicht nur in Lustnau, sondern auch in zahlreichen Städten, z. B. Stuttgart oder Neustrelitz.[10] Darüber hinaus hielt er unglaublich viele Vorträge. Im Jung-Zimmermann fasst er die Ergebnisse einer Vortragsreise zusammen, die ihn 1926 im Auftrag des Berufsverbandes „nach allen Richtungen hin“ durch Deutschland geführt hatte, mit dem Ziel, den allgemeinen Stand der Holzbauweise zu erkunden.[11] Später findet man ihn einmal im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft „Holz Berlin“ auf der Leipziger Messe mit einem Lichtbildervortrag.[12] Ein begehrter Fachmann also! Und aus dem Ausland, von Brünn und Prag, kamen Anfragen, ob er dort nicht „gleiche Schulen“ errichten wolle wie seine eigene.[13]

Gründungen

Zimmereifachschule

Zeitschrift: ab 1908 Wegweiser für das Bauhandwerk, ab 1913 umbenannt in Wegweiser für das Baugewerbe (von Kreß bis 1920 redigiert).[14]

Verein württembergischer Bauhandwerksmeister, 1913.[15]

Veröffentlichungen

Fritz Kreß: Der Zimmerpolier, 11. Auflage, 1959
Fritz Kreß: Der praktische Zimmerer, 3. Auflage, 1940

Neben Buchpublikationen gibt es eine kaum überschaubare Vielzahl von Artikeln in Fachzeitschriften: z. B. von 1922 bis 1933 im Jung-Zimmermann, der zunächst Jugendbeilage zum Zimmerer war, den Kreß ebenfalls mit Artikeln belieferte; 1930 bis 1933 publizierte er zusätzlich im Zimmerpolier und ab 1934 nach dem Verbot dieser Fachblätter im noch verbliebenen und nun offiziellen Organ Der deutsche Zimmermeister, doch auch parallel dazu in dessen Monatsbeilage Der Zimmermann. Diese Beilage konnte schließlich ab 1936 selbstständig werden.


Bücher:

  • Der Zimmerpolier 1907 (lt. Vorwort von Kreß in der ersten Auflage), mit 505 Figuren auf 45 Tafeln, 9 Holzmodellen und 3 Abbildungen.Selbstverlag. Ab 1908 bei Otto Maier, Ravensburg. Letzte Auflage 1959. / Reprint: Bruderverlag, Karlsruhe 2001.
  • Der praktische Zimmerer (Ausgaben: 1. Auflage 1926, Lustnau, unter dem Titel Buch der Zimmerleute; ab 1937 als Der Jungzimmerer, Otto Maier, Ravensburg; ab 1940 als Der praktische Zimmerer. Weitere Auflagen nach 1940: 1943, 1949, 1950, 1951, 1954).
  • Die Kalkulation der Bauarbeiten, Teil II = Zimmer- und Treppenbauarbeiten (1. Aufl. Stuttgart, Karl Schuler Verlag 1919)[16]. 2. Aufl. 1922, Stuttgart, Wahl. 3. Aufl. 1923, Selbstverlag und im Buchhandel über Otto Maier, Ravensburg.
  • Der Geländerbauer (1. Aufl. 1921), Lustnau.
  • Der Treppenbauer (Deutsche Ausgabe 1922. Schweizer Ausgabe 1922), Lustnau.
  • Der Treppen- und Geländerbauer = Buch der Zimmerleute Band III (1. Aufl. 1922. Weitere Auflagen: ca. 1925, 1943, 1949, 1951, 1952. Nachdruck bei Schäfer, Hannover 1988).
  • Der Jungkamerad, ein Lehrbuch für Jungzimmerer, Auerdruck, Hamburg,1927/1928. Herausg.: Zentralverband der Zimmerer.
  • Tabellenbuch für den Zimmermann Otto Maier Verlag, Ravensburg (1. Aufl. 1937, 3. Aufl. 1951 ... 7. Aufl. 1985, Bruderverl. Karlsruhe).
  • Das technische und mechanische Rechnen des Zimmermanns, Otto Maier, Ravensburg (1. Aufl. 1950)./ Reprint: Bruderverl. Karlsruhe 1990.
  • Schalungen im Betonbau: Haeberlen, Kurt / Kreß, Fritz, Otto Maier Verlag, Ravensburg, 1959.
  • Der Maurerpolier: Karl Kreß und Hermann Gubler, Verlag "Wegweiser für das Bauhandwerk", 2 Bände, Lustnau-Tübingen 1909.

Bemerkung: Im Vorwort wird Fritz Kreß für die "gütige Mitarbeit, insbesondere Bearbeitung des IX. Teiles, Konstruktion der Leerbogen" gedankt. Höchstwahrscheinlich hat er aber das meiste selbst verfasst. Karl Kreß, angeblicher Architekt und "geprüfter Maurermeister", war in Wirklichkeit sein fünfzehnjähriger Bruder (geb. 1894). Und Hermann Gubler? Vermutlich auch kein Architekt und "langjähriger Fachlehrer"! Der Grund für diese Mystifikation ist wohl der, dass dem jungen Fritz Kreß die Autorschaft seines ersten Buches immer wieder nicht geglaubt wurde. Wie dann also der noch weiter gehende Sachverstand?

Erfindungen

Der Schiftapparat Kreß

Fritz Kreß hat 1927 außerdem ein in Deutschland (DRP) und im Ausland (AP) patentiertes Rechen-, Anreiß- und Schmiegegerät unter dem Namen Der Schiftapparat Kreß erfunden und von da an selbst vertrieben.[17] Dabei handelt es sich um ein verstellbares rechtwinkliges Dreieck mit Skalen und Winkeln - sozusagen ein mechanischer "Pythagoras". Es half bei der Konstruktion von Dachstühlen und ermöglichte das Ermitteln und Anzeichnen der Dachhölzer, wie Schifter sowie Grat- und Kehlsparren, die in Plänen noch heute grundsätzlich nie in der wahren Länge und mit tatsächlichen Winkeln dargestellt sind. Das Ermitteln und Anzeichnen wird in der Sprache der Zimmerleute als „schiften“ bezeichnet, was den Namen für dieses Gerät erklärt. Allerdings wird es heute nicht mehr benötigt. Grund ist die Einführung der rechnerischen Schiftung, dazu die seit etwa 1990 immer mehr und ab ca. 2000 allgemein übliche Ermittlung der Maße per Computer durch CAD-Programme und schließlich die ab Mitte der 1980iger Jahre eingeführte vollautomatische Bearbeitung der Dachhölzer auf Spezialmaschinen ("Abbundmaschinen"). Damit wurde die Schiftung aus den Händen des Zimmermeisters immer mehr in die von Dienstleistern und Konstrukteuren verlegt. Heute wird die zeichnerische oder durch Taschenrechner unterstützte Schiftung in der Praxis eigentlich nur noch von Auszubildenden, also von Lehrlingen (im Handwerk offiziell noch so genannt) und Meisterschülern ausgeübt. Das führt leider auch zu einem Verlust an Know-how und zu einer eher montagebasierten Ausübung des Berufs. Der planerische Teil verlagerte sich weg vom Handwerker.

Quellen

  1. 1,0 1,1 Schwäbisches Tagblatt, Ausgabe vom 21. Juni 2006, Seite 24, Rubrik: Tübingen
  2. Z. B. beim Verlagsvertrag mit Otto Maier Ravensburg am 3. August 1908, abgedruckt in Der Zimmerpolier, Vorwort zur 11. Auflage, 1959.
  3. Ausführliche Würdigung zum 70. Geburtstag in "Deutscher Zimmermeister" 1954, Heft 5, S. 102/103./ Kürzer in: "Tübinger Chronik", Nr. 73, 27. März 1954. Hier mit Fotografie.
  4. Biografisches Manuskript „Windschief und Krumm“, im Stadtarchiv Tübingen.
  5. Jung-Zimmermann, Jugendbeilage des Zimmerer, Hamburg, 2. Jahrgang 1923, S. 38/39: "Aus meiner Lehrzeit".
  6. Der Treppenbauer,1922, S. 15, Fußnote.
  7. Jung-Zimmermann 1924, „Auf Wanderschaft“, S. 24, S. 26-27, S. 30-31, S. 36.
  8. ebd. S. 31.
  9. Beeidigungsprotokoll vom 7. Dezember 1918 beim Amtsgericht Tübingen
  10. Jung-Zimmermann, 1929, S. 19/20.
  11. Jung-Zimmermann, 1927, S. 19-20 und S.29-30.
  12. Der Deutsche Zimmermeister, 1934, Nr.35, S. 386-393.
  13. Der deutsche Zimmermeister, 1934, Nr. 6, S. 69.
  14. Die Kalkulation der Bauarbeiten, 3. Aufl. 1923, Seite 96 und 218.
  15. Die Kalkulation der Bauarbeiten, 3. Aufl. 1923, Seite 104.
  16. Wortlaut am Ende des Vorwortes: "Lustnau-Tübingen, im Oktober 1919."
  17. Werbehinweis im Buch Der Zimmerpolier, letzte Auflage 1959.