Tübinger Lichtenstein

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Tübinger Lichtenstein, März 2012
Einfahrt zum Tübinger Lichtenstein während einer Entrümpelungsaktion

Der Tübinger Lichtenstein ist eine Studentenverbindung in der Schwabstraße 6.

Geschichte

Die Geschichte des Tübinger Lichtenstein geht zurück auf die Gründung eines Stiftskreises am 29. Juni 1873 auf den Stuben Neapel und Hohenheim durch 8 Stiftler (Feucht, Osiander, Feldweg, Reuss, Plieninger, Schüz, Eitle, Zeller). Zusammenkünfte fanden meist in der „Blunsenblase“ im Gasthaus Löwen statt.[1]

Bereits 1880 wurde die "Gesellschaft Lichtenstein" mit dem Motto "Freiheit, Freundschaft, Wissenschaft" bei der Universität angemeldet, womit einerseits anfangs eine deutliche Distanz zum damaligen Verbindungswesen aufgezeigt wurde, obwohl andererseits allmählich etliche Bräuche und Riten des Verbindungswesens auch in den Tübinger Lichtenstein aufgenommen wurden.

Im Juli 1913 bildeten einige Tübinger Verbindungen - unter ihnen auch Lichtenstein - als Reaktion auf den im Februar gegründeten Waffenring der schlagenden Verbindungen einen hiergegen gerichteten Lokalverband und erklärten den Waffenverruf, um von jenen nicht mehr belegt werden zu können.[2]

Nach der Machtergreifung Hitlers musste der Lichtenstein die die Gleichschaltung ebenso fürchten wie alle anderen Verbindungen, gab sich deshalb den Namen Landsmannschaft und schloss sich schließlich mit der ATV Arminia und der Verbindung Luginsland zur Kameradschaft York zusammen.[3]

Lichtenstein hatte ursprünglich die Farben blau-weiss und gehörte ab 1949 zum Schwarzen Bund.[4]

Im Jahr 1956 wurde das Tübinger Stocherkahnrennen von Mitgliedern des Tübinger Lichtenstein ins Leben gerufen. Die Lichtensteiner traten mit ihrem Kahn „Bluthund“ (heute Kahn #77) gegen sechs oder sieben weitere Studentenverbindungen an. Seither wird das Rennen regelmäßig durch den Verlierer des Vorjahres organisiert. Es zählt zu den Höhepunkten des Sommersemesters, bei schönem Wetter säumen zwischen 15.000 und 20.000 Zuschauer den Neckar.[5]

1975 wurde der Verein zur Erhaltung des Tübinger Lichtensteins e. V gegründet (VEL). Anfang der 90er Jahre wurde der Beschluss gefasst, Frauen aufzunehmen, und die Satzungen der Vereine wurden geändert. Heute ist das Haus von 18 Studenten und Studentinnen bewohnt, und es gibt Raum für zwei Alleinerziehende. Der Eintritt in den Verein ist nicht obligatorisch aber gewünscht, da nur so der Generationsvertrag aufrecht erhalten werden kann. Es gibt regelmäßige Aktivitäten im Haus, die z.T. Verbindungsstrukturen im weiteren Sinne folgen. Der Dialog zwischen Alten, Jungen Alten und Aktivitas hält an und die Identitätsfrage ist wohl ein immer wiederkehrendes Thema in diesem Haus, das weder eine Verbindung noch eine selbstverwaltete Wohngemeinschaft ist.

Verein gegen das studentische Vereinswesen

Es liegt nahe, dass sich Lichtenstein als "Verein gegen das studentische Vereinswesen" bereits von Anfang an von dem damals vorherrschenden herkömmlichen Verbindungswesen abgrenzen wollte. Der Spruch ist - und darin liegt sein Witz - schlichtweg ironisch gemeint. Insofern taugt er nicht als Argument, um zu entscheiden, ob der Lichtenstein eine Studentenverbinduung oder ein Studetenwohnheim ist.

Beim Lichtenstein handelt es sich laut Gesprächen mit Lichtensteinern und der Satzung des Hauses Lichtensteinum um keine Studentenverbindung, auch wenn er verbindungsähnliche Strukturen aufweist und von der Mehrheit der Tübinger Studtenten in seiner Außenwirkung als solche angesehen wird. Gegründet wurde der Lichtenstein als "Verein gegen das studentische Verbindungswesen".

Ein Lebensbundprinzip besteht beim Haus Lichtenstein nicht. Es wird nur gewünscht, dass Studierende, die im Haus gewohnt haben nach ihrem Studium in den Verein zur Erhaltung des Tübinger Lichtensteins e. V. eintreten. Das Modell, das alte Verbindungshaus ohne "klassische" Aktivitas aber mit Alt-Herren-Vereinen weiter zu betreiben, ist in Tübingen einzigartig, und auch von anderen Universitätsstädten bisher nicht bekannt.

Rothenburger Verband schwarzer Verbindungen

Laut anderen Quellen[6] war der Lichtenstein eine Verbindung, denn er war eine der 17 Verbindungen die den Rothenburger Verband schwarzer Verbindungen (RVSV) am 3. Augut 1919 als Verband schwarzer Verbindungen mit unbedingter Satisfaction und freigestellter Verabredungsmensur gegründet hatten. Lichtenstein Tübingen trat Anfang 1922 aus dem RVSV aus und wurde im Februar 1928 wieder aufgenommen. Am 8. Oktober 1933 wurde der RVSV mit Wirkung zum 15. Februar 1933 aufgelöst, als er aus noch 12 Verbindungen bestand.

Gemeinschaft Deutscher Hochschulverbindungen

Im Mai 1952 kam es zur Gründung der Gemeinschaft Deutscher Hochschulverbindungen (GDH). Gründungsmitglied war unter anderem Lichtenstein. In der Präambel der formulierten Grundsätze für die GDH heißt es: "Die GDH ist ein freier Zusammenschluss studentischer Verbindungen und Vereinigungen an deutschen Hochschulen. Die ihr angehörenden Verbindungen und Vereinigungen sind entschlossen, unter Verzicht auf unzeitgemäße Gebräuche und überholte Formen die Kerngedanken des deutschen Verbindungswesens zu verwirklichen und weiterzutragen, insbesondere den Gedanken der sich selbst führenden Gemeinschaft von Studenten, die unter Mithilfe Alter Herren zu einwandfreier Haltung und politischem und sozialem Verantwortungsbewußtsein erziehen wollen." Weiter unten heißt es: "Sie will ... mit allen gleichgesinnten akademischen Verbindungen zusammenarbeiten, die willens sind, das studentische Gemeinschaftsleben in unserer Zeit so zu gestalten, wie Staat und Volk es von der jungen Akademikerschaft erwarten. Sie will dazu beitragen, dass keine sozialen Unterschiede entstehen, und lehnt deshalb auch einen restaurativen Ehrbegriff ab."

Zwar wurde die GDH bereits Mai 1954 wieder aufgelöst, nichts desto Trotz bekannte sich Lichtenstein einst zu diesen Grundsätzen. Beschlüsse wurden auch bei Lichtenstein mit Mehrheit gefasst, also war die Mehrheit der damaligen Mitglieder für die Mitgründung einer solchen Gemeinschaft. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich Lichtenstein auch nach dem 2. Weltkrieg als Teil des Tübinger Verbindungswesens gesehen hat. Gleichzeitig wird eine Abgrenzung zu überholtem Verbindungsritus vorgenommen. Vielleicht schließt sich hier der Kreis zur Gründung Lichtensteins.

Überlassungsvertrag

Ab 2007 gab es zunehmende Spannungen über das Selbstverständnis des Tübinger Lichtenstein mit Teilen der Aktivitas und der Mehrheit der Mitglieder des Bundes Alter Tübinger Lichtensteiner (BATL e.V.). Ende des Jahres 2008 sollte deshalb der Überlassungsvertrag für das Haus zwischen BATL e.V. und dem gemeinnützigen Verein zur Erhaltung des Lichtensteinerhauses (VEL e.V.) gekündigt werden. Nachdem eine größere Gruppe die Aktivitas verlassen hatte, konnte der Überlassungsvertrag weiterbestehen und es begann die komplette Außenrenovierung, Dachstockisolierung sowie Garten– und Hofpflege weitgehend durch die Aktivitas.[1]

Weitere Bilder

Weblinks

Quellen

  1. 1,0 1,1 Chronologie des Tübinger Lichtenstein.
  2. Jahresbericht der Virtembergia 1914, UAT 192/41.
  3. Im Universitätsarchiv Tübingen finden sich unter der Bestandsnummer UAT S 163 neben Semesterbildern, Gästebüchern und Semesterprogrammen sogar zwei Bierzipfel.
  4. Archiv der Verbindung Normannia.
  5. Stocherkahnrennen auf Wikipedia.
  6. Gladen: Geschichte d. stud. Korporationsverbände, Bd. 1, S. 228 ff.