Eduard Spranger: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Eduard Spranger''' war ein Geisteswissenschaf(* [[27. Juni]] [[1882]] als ''Franz Ernst Eduard Schönenbeck''<ref>Alban Schraut: ''Biografische Studien zu Eduard Spranger.'' 2007, S. 352.</ref> in Berlin-Lichterfelde]]; † [[17. September]] [[1963]] in Tübingen)tler - Professor der Philosophie - der in der [[Nachkriegszeit]] ab [[1946]] bis [[1958]] in Tübingen lehrte, und sich auf interdisziplinäre Weise mit Psychologie, Pädagogik und Philosophie beschäftigte. Sein Wohnhaus liegt in der [[Rümelinstraße]] 12<ref>Vortrag von Prof. [[Steffen-Peter Ballstaedt]] am [[20. März]] [[2024]] über Eduard Spranger im Genealogischen Arbeitskreis Tübingen</ref>, sein Grab auf dem [[Stadtfriedhof]]. Nach ihm ist die
[[Datei:20240320 EduardSprangerAnfang20JH.jpg|mini|Eduard Spranger ca. 1920]]
[[Eduard-Spranger-Straße]] in der Nordstadt benannt. Er bekam [[1962]] die [[ Goldene Bürgermedaille]] der Stadt Tübingen verliehen. Anfang der 2020er Jahre wurden die auf ihn bezogenen Straßennamensschilder mit einem [[Knoten]] versehen, um auf seine Verstrickungen in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] aufmerksam zu machen.
[[Datei:BuergermedailleSpranger1962.JPG|mini|Verleihung der goldenen Bürgermedaille an Eduard Spranger (Mitte) durch Oberbürgermeister [[Hans Gmelin]] (rechts)  [[1962]]]]'''Eduard Spranger''' (* [[27. Juni]] [[1882]] als ''Franz Ernst Eduard Schönenbeck''<ref>Alban Schraut: ''Biografische Studien zu Eduard Spranger.'' 2007, S. 352.</ref> in Berlin-Lichterfelde; † [[17. September]] [[1963]] in Tübingen) war ein Geisteswissenschaftler, der in der [[Nachkriegszeit]] ab [[1946]] als ordentlicher Professor für historische Philosophie bis zur Emeritierung [[1950]] in Tübingen lehrte, und sich auf interdisziplinäre Weise mit Psychologie, Pädagogik und Philosophie beschäftigte. Für seine wissenschaftlichen Leistungen und die Zeit vor 1945 gibt es [http://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Spranger hier] einen ausführlichen Artikel bei Wikipedia.
 
==Zeit in Tübingen ==
Nach dem Krieg war er kurzzeitig in der kommissarischen Verwaltung der Berliner Humboldt-Universität tätig, nahm dann  aber den Ruf an die Universität Tübingen an, der wohl von [[Theodor Heuss]] und [[Carlo Schmid]] unterstützt oder angeregt wurde. Als Verehrer von Hölderlin hatte er da schon einen Bezug, den er beim ersten Besuch in Tübingen 1904 erstmals als "Wallfahrer" während des Studiums erfahren hat.<ref>[https://opendigi.ub.uni-tuebingen.de/opendigi/LXV198_51_1964#p=98&tab=struct Artikel in den Tübinger Blättern 1964 kurz nach seinem Tod]</ref> Sein Wohnhaus lag in der [[Rümelinstraße]] 12<ref>Vortrag von Prof. [https://de.wikipedia.org/wiki/Steffen-Peter_Ballstaedt Steffen-Peter Ballstaedt] am [[20. März]] [[2024]] über Eduard Spranger im Genealogischen Arbeitskreis Tübingen</ref>
Das Staatskommissariat für die politische Säuberung Tübingen-Lustnau beurteilte Spranger im Mai 1949 als „nicht betroffen“, er gilt als nicht belastet. Es wird festgestellt, dass er in keiner als verbrecherisch erklärten Organisation Mitglied war. Erstaunlich ist aber der Satz: „Es liegt auch keine materielle politische Belastung durch schriftstellerische oder Lehr- bzw. Vortragstätigkeit vor“, denn Spranger hatte den Nationalsozialismus mit zahlreichen Reden und Aufsätzen ideologisch unterstützt.
 
1948 wurde [[Iring Fetscher]] Assistent bei Eduard Spranger, bei dem er 1950 mit einer Arbeit über Hegels Lehre vom Menschen promoviert wurde.
 
[[Walter Jens]] war von Spranger sehr angetan, er erschien ihm „wie die Inkarnation eines großen Jahrhunderts. “Er entdeckt bei ihm die besten preußischen Eigenschaften: „Fritzische Unerschrockenheit, die zarte Pedanterie Arnimischer Sätze, aktuarisch und graziös, den Berliner Bekennermut Fichtes und Fontanes märkischen Witz.“
 
Spranger war [[1948]] an der Konzeption des [[Leibniz Kolleg]]s in der [[Brunnenstraße]] beteiligt.  Auf Initiative der französischen Militärregierung wurde das Leibniz Kolleg am [[2. Februar]] [[1948]] eröffnet. Ziel war, der studierenden Nachkriegsgeneration ein neues, basisdemokratisches Verständnis zu vermitteln.
Er war Teilnehmer in einem so genannten [[Mittwochsclub]], der ca. 1950 nach der Berliner Mittwochsgesellschaft als Vorbild entstand, in dem Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete und andere Intellektuelle sich zu Vorträgen mit anschließenden Diskussionen trafen. 
 
Er war gut vernetzt und korrespondierte mit einer Vielzahl von Personen aus verschiedensten Bereichen, unter anderem mit [[Oswald Spengler]] und [[Albert Schweitzer]], der ihn auch in Tübingen besuchte.
 
Spranger wird 1950 emeritiert, hält aber bis 1958 gut besuchte Lehrveranstaltungen. Nachfolger auf seinem Lehrstuhl wird [[Otto Friedrich Bollnow]]. Auf Einladung Adenauers, vermutlich vermittelt durch Theodor Heuss, hielt Spranger 1951 die Festrede zum zweiten Jahrestag der Bundesrepublik Deutschland im Haus des Deutschen Bundestages zum Thema „Deutschland und Europa“.
 
1952 Erhalt des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband durch Theodor Heuss. Er bekam [[1962]] die [[Goldene Bürgermedaille]] der Stadt Tübingen verliehen.
 
Spranger stirbt 1963 im Alter von 81 Jahren, zur Trauerfeier im Festsaal der Universität erscheint viel Prominenz aus Bund und Land. [[Theodor Eschenburg]] und [[Kurt Georg Kiesinger]] halten eine Rede. Spranger ist auf dem [[Stadtfriedhof]] neben seiner Frau beerdigt Nach ihm ist die [[Eduard-Spranger-Straße]] in der Nordstadt benannt.
 
==Knoten am Straßenschild==
Anfang der 2020er Jahre wurden die auf ihn bezogenen Straßennamensschilder mit einem [[Knoten]] versehen, um auf seine Verstrickungen in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] aufmerksam zu machen.<ref>https://www.tuebingen.de/35727.html#/41582</ref>
Spranger war kein NSdAP-Mitglied, äußerte in privaten Briefwechseln auch Kritik an der nationalsozialistischen Regierung, war aber durchgehend bis 1945 als Professor an der Humboldt-Universität in Berlin tätig, außerdem reiste er 1937 im Auftrag der Regierung als wissenschaftlicher Leiter des Japanisch-Deutschen Kulturinstituts für ein Jahr nach Japan. In einem Buch von 2009 beurteilt Benjamin Ortmeyer Sprangers Rolle in der NS-Zeit so: "Ob mit oder ohne Überzeugung: Spranger unterstützte […] terminologisch den Nationalsozialismus […]"<ref>Benjamin Ortmeyer: Mythos und Pathos statt Logos und Ethos. 2009, S. 303 f. - ausführlicher dazu auch im Kapitel dazu im [https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Spranger#Zeit_des_Nationalsozialismus Wikipedia-Artikel]</ref>. Vom Staatskommissariat für politische Säuberung wurde er als „unbelastet“ eingestuft.


==Weblinks ==
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Aktuelle Version vom 25. April 2024, 14:02 Uhr

Eduard Spranger ca. 1920
Verleihung der goldenen Bürgermedaille an Eduard Spranger (Mitte) durch Oberbürgermeister Hans Gmelin (rechts) 1962

Eduard Spranger (* 27. Juni 1882 als Franz Ernst Eduard Schönenbeck[1] in Berlin-Lichterfelde; † 17. September 1963 in Tübingen) war ein Geisteswissenschaftler, der in der Nachkriegszeit ab 1946 als ordentlicher Professor für historische Philosophie bis zur Emeritierung 1950 in Tübingen lehrte, und sich auf interdisziplinäre Weise mit Psychologie, Pädagogik und Philosophie beschäftigte. Für seine wissenschaftlichen Leistungen und die Zeit vor 1945 gibt es hier einen ausführlichen Artikel bei Wikipedia.

Zeit in Tübingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Krieg war er kurzzeitig in der kommissarischen Verwaltung der Berliner Humboldt-Universität tätig, nahm dann aber den Ruf an die Universität Tübingen an, der wohl von Theodor Heuss und Carlo Schmid unterstützt oder angeregt wurde. Als Verehrer von Hölderlin hatte er da schon einen Bezug, den er beim ersten Besuch in Tübingen 1904 erstmals als "Wallfahrer" während des Studiums erfahren hat.[2] Sein Wohnhaus lag in der Rümelinstraße 12[3]

Das Staatskommissariat für die politische Säuberung Tübingen-Lustnau beurteilte Spranger im Mai 1949 als „nicht betroffen“, er gilt als nicht belastet. Es wird festgestellt, dass er in keiner als verbrecherisch erklärten Organisation Mitglied war. Erstaunlich ist aber der Satz: „Es liegt auch keine materielle politische Belastung durch schriftstellerische oder Lehr- bzw. Vortragstätigkeit vor“, denn Spranger hatte den Nationalsozialismus mit zahlreichen Reden und Aufsätzen ideologisch unterstützt.

1948 wurde Iring Fetscher Assistent bei Eduard Spranger, bei dem er 1950 mit einer Arbeit über Hegels Lehre vom Menschen promoviert wurde.

Walter Jens war von Spranger sehr angetan, er erschien ihm „wie die Inkarnation eines großen Jahrhunderts. “Er entdeckt bei ihm die besten preußischen Eigenschaften: „Fritzische Unerschrockenheit, die zarte Pedanterie Arnimischer Sätze, aktuarisch und graziös, den Berliner Bekennermut Fichtes und Fontanes märkischen Witz.“

Spranger war 1948 an der Konzeption des Leibniz Kollegs in der Brunnenstraße beteiligt. Auf Initiative der französischen Militärregierung wurde das Leibniz Kolleg am 2. Februar 1948 eröffnet. Ziel war, der studierenden Nachkriegsgeneration ein neues, basisdemokratisches Verständnis zu vermitteln.

Er war Teilnehmer in einem so genannten Mittwochsclub, der ca. 1950 nach der Berliner Mittwochsgesellschaft als Vorbild entstand, in dem Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete und andere Intellektuelle sich zu Vorträgen mit anschließenden Diskussionen trafen.

Er war gut vernetzt und korrespondierte mit einer Vielzahl von Personen aus verschiedensten Bereichen, unter anderem mit Oswald Spengler und Albert Schweitzer, der ihn auch in Tübingen besuchte.

Spranger wird 1950 emeritiert, hält aber bis 1958 gut besuchte Lehrveranstaltungen. Nachfolger auf seinem Lehrstuhl wird Otto Friedrich Bollnow. Auf Einladung Adenauers, vermutlich vermittelt durch Theodor Heuss, hielt Spranger 1951 die Festrede zum zweiten Jahrestag der Bundesrepublik Deutschland im Haus des Deutschen Bundestages zum Thema „Deutschland und Europa“.

1952 Erhalt des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband durch Theodor Heuss. Er bekam 1962 die Goldene Bürgermedaille der Stadt Tübingen verliehen.

Spranger stirbt 1963 im Alter von 81 Jahren, zur Trauerfeier im Festsaal der Universität erscheint viel Prominenz aus Bund und Land. Theodor Eschenburg und Kurt Georg Kiesinger halten eine Rede. Spranger ist auf dem Stadtfriedhof neben seiner Frau beerdigt Nach ihm ist die Eduard-Spranger-Straße in der Nordstadt benannt.

Knoten am Straßenschild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang der 2020er Jahre wurden die auf ihn bezogenen Straßennamensschilder mit einem Knoten versehen, um auf seine Verstrickungen in der Zeit des Nationalsozialismus aufmerksam zu machen.[4] Spranger war kein NSdAP-Mitglied, äußerte in privaten Briefwechseln auch Kritik an der nationalsozialistischen Regierung, war aber durchgehend bis 1945 als Professor an der Humboldt-Universität in Berlin tätig, außerdem reiste er 1937 im Auftrag der Regierung als wissenschaftlicher Leiter des Japanisch-Deutschen Kulturinstituts für ein Jahr nach Japan. In einem Buch von 2009 beurteilt Benjamin Ortmeyer Sprangers Rolle in der NS-Zeit so: "Ob mit oder ohne Überzeugung: Spranger unterstützte […] terminologisch den Nationalsozialismus […]"[5]. Vom Staatskommissariat für politische Säuberung wurde er als „unbelastet“ eingestuft.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alban Schraut: Biografische Studien zu Eduard Spranger. 2007, S. 352.
  2. Artikel in den Tübinger Blättern 1964 kurz nach seinem Tod
  3. Vortrag von Prof. Steffen-Peter Ballstaedt am 20. März 2024 über Eduard Spranger im Genealogischen Arbeitskreis Tübingen
  4. https://www.tuebingen.de/35727.html#/41582
  5. Benjamin Ortmeyer: Mythos und Pathos statt Logos und Ethos. 2009, S. 303 f. - ausführlicher dazu auch im Kapitel dazu im Wikipedia-Artikel