Betzei: Unterschied zwischen den Versionen

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:"Gassenmaier war nicht mehr Müllergesell, sondern Diener des Korps »Rhenania«, das in der Betzei kneipte. In diesem Hause mit seiner Mutter wohnhaft, hatte Gassenmaier zunächst als Aushilfe bei den Kneipereien bedient und durch Unterwürfigkeit die Gunst der Studenten gewonnen. Bald darauf trug er, fest angestellt, die bunte Dienermütze, führte vormit tags die Korpshunde spazieren und war ein Faktotum, das den Vergnügungstaumel der wohlhabenden Burschen mitmachte. Plötzlich aber verlor er seine Stelle, weil er verdächtig war, einen betrunkenen Studenten bestohlen zu haben. Indessen beschäftigte ihn der Brauer Betz, dem er das Projekt eingeredet hatte, das Hölderlin-Haus vom Nachbar Spengler zu kaufen und umgebaut mit der Betzei zu vereinigen. Neben dem Turm sollte eine Veranda für die Studenten sein – das werde, wie Gassenmaier in Aussicht stellte, der Brauerei zum Aufschwung verhelfen. Recht ärgerlich war's nun für Gassenmaier wie für den Brauer Betz, daß Spengler sich weigerte, zu verkaufen.
:"Gassenmaier war nicht mehr Müllergesell, sondern Diener des Korps »Rhenania«, das in der Betzei kneipte. In diesem Hause mit seiner Mutter wohnhaft, hatte Gassenmaier zunächst als Aushilfe bei den Kneipereien bedient und durch Unterwürfigkeit die Gunst der Studenten gewonnen. Bald darauf trug er, fest angestellt, die bunte Dienermütze, führte vormit tags die Korpshunde spazieren und war ein Faktotum, das den Vergnügungstaumel der wohlhabenden Burschen mitmachte. Plötzlich aber verlor er seine Stelle, weil er verdächtig war, einen betrunkenen Studenten bestohlen zu haben. Indessen beschäftigte ihn der Brauer Betz, dem er das Projekt eingeredet hatte, das Hölderlin-Haus vom Nachbar Spengler zu kaufen und umgebaut mit der Betzei zu vereinigen. Neben dem Turm sollte eine Veranda für die Studenten sein – das werde, wie Gassenmaier in Aussicht stellte, der Brauerei zum Aufschwung verhelfen. Recht ärgerlich war's nun für Gassenmaier wie für den Brauer Betz, daß Spengler sich weigerte, zu verkaufen.


:Da brach eines Nachts Feuer im Hölderlin-Turm aus – der Dachstuhl brannte ab – ein Student, der oben wohnte, entging den Flammen, indem er am Blitzableiter abwärts rutschte, daß ihm die Hände bluteten. Auf diese Feuersbrunst folgten andere im Ammertal und wieder andere hier und dort – eine Epidemie von Brandstiftung schien zu grassieren, und die Stadt war derart besorgt vor neuen Einäscherungen, daß freiwillige Wachtposten, Studenten wie Bürger, nachts durch die Gassen patrouillierten. Plötzlich hieß es, man habe den Brandstifter – Gassenmaier sei es. Schon beim Brande des Hölderlin-Turms war er verdächtig gewesen, und Frau Spengler hatte, während die Lohe zum Himmel sprühte, vor den Nachbarn ge rufen: »'s Louile hat's tan – mei Häusle will er für den Betz!«<!--Das Gerede über Gassenmaier wollte nicht zur Ruhe kommen, und nun war er verhaftet. Es kam aber nichts weiter heraus, als daß Gassenmaier drohend zu Spengler gesagt hatte: »Wart no! Dir werd i den Hölderlin tanze lasse!« Verdächtig waren diese Worte, insofern sie irgendein Vorhaben in bezug auf den Hölderlin-Turm andeuteten.
:Da brach eines Nachts Feuer im Hölderlin-Turm aus – der Dachstuhl brannte ab – ein Student, der oben wohnte, entging den Flammen, indem er am Blitzableiter abwärts rutschte, daß ihm die Hände bluteten. Auf diese [[:Kategorie:Brände|Feuersbrunst]] folgten andere im [[Ammer]]tal und wieder andere hier und dort – eine Epidemie von Brandstiftung schien zu grassieren, und die Stadt war derart besorgt vor neuen Einäscherungen, daß freiwillige Wachtposten, Studenten wie Bürger, nachts durch die Gassen patrouillierten. Plötzlich hieß es, man habe den Brandstifter – Gassenmaier sei es. Schon beim Brande des Hölderlin-Turms war er verdächtig gewesen, und Frau Spengler hatte, während die Lohe zum Himmel sprühte, vor den Nachbarn ge rufen: »'s Louile hat's tan – mei Häusle will er für den Betz!«<!--Das Gerede über Gassenmaier wollte nicht zur Ruhe kommen, und nun war er verhaftet. Es kam aber nichts weiter heraus, als daß Gassenmaier drohend zu Spengler gesagt hatte: »Wart no! Dir werd i den Hölderlin tanze lasse!« Verdächtig waren diese Worte, insofern sie irgendein Vorhaben in bezug auf den Hölderlin-Turm andeuteten.


:»Den Hölderlin wollten Sie tanzen lassen? Wie stellen Sie sich das vor?« fragte der untersuchende Beamte. Und Gassenmaier redete sich heraus: Er hab gemeint, früher oder später werd's Hölderlin-Haus halt in e Kneip umgewandelt werden, wo Studenten ihre Luschtbarkeit hänt. Obwohl diese Deutung etwas Gewundenes hatte, war sie nicht zu widerlegen.
:»Den Hölderlin wollten Sie tanzen lassen? Wie stellen Sie sich das vor?« fragte der untersuchende Beamte. Und Gassenmaier redete sich heraus: Er hab gemeint, früher oder später werd's Hölderlin-Haus halt in e Kneip umgewandelt werden, wo Studenten ihre Luschtbarkeit hänt. Obwohl diese Deutung etwas Gewundenes hatte, war sie nicht zu widerlegen.
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[[Kategorie:Ehemalige Gastronomie]]
[[Kategorie:Ehemalige Gastronomie]]
[[Kategorie:Brände]]

Version vom 21. August 2014, 14:47 Uhr

Die Betzei rechts vom Hölderlinturm
Reuchlinscher Löwe in der Bursagasse 4

Die Betzei war ein nach ihrem Wirt, Dem Brauer Betz, benanntes Studentenlokal in Tübingen.

Sie lag am Neckar neben dem Hölderlinturm in der Bursagasse 4. Dort traf sich das Corps Rhenania von 1862 bis 1886.

Bruno Wille: Glasberg - Der Fuirlesreiter

Bruno Wille schrieb in seinem Buch Glasberg folgendes über die Bewohner der Betzei:

"Gassenmaier war nicht mehr Müllergesell, sondern Diener des Korps »Rhenania«, das in der Betzei kneipte. In diesem Hause mit seiner Mutter wohnhaft, hatte Gassenmaier zunächst als Aushilfe bei den Kneipereien bedient und durch Unterwürfigkeit die Gunst der Studenten gewonnen. Bald darauf trug er, fest angestellt, die bunte Dienermütze, führte vormit tags die Korpshunde spazieren und war ein Faktotum, das den Vergnügungstaumel der wohlhabenden Burschen mitmachte. Plötzlich aber verlor er seine Stelle, weil er verdächtig war, einen betrunkenen Studenten bestohlen zu haben. Indessen beschäftigte ihn der Brauer Betz, dem er das Projekt eingeredet hatte, das Hölderlin-Haus vom Nachbar Spengler zu kaufen und umgebaut mit der Betzei zu vereinigen. Neben dem Turm sollte eine Veranda für die Studenten sein – das werde, wie Gassenmaier in Aussicht stellte, der Brauerei zum Aufschwung verhelfen. Recht ärgerlich war's nun für Gassenmaier wie für den Brauer Betz, daß Spengler sich weigerte, zu verkaufen.
Da brach eines Nachts Feuer im Hölderlin-Turm aus – der Dachstuhl brannte ab – ein Student, der oben wohnte, entging den Flammen, indem er am Blitzableiter abwärts rutschte, daß ihm die Hände bluteten. Auf diese Feuersbrunst folgten andere im Ammertal und wieder andere hier und dort – eine Epidemie von Brandstiftung schien zu grassieren, und die Stadt war derart besorgt vor neuen Einäscherungen, daß freiwillige Wachtposten, Studenten wie Bürger, nachts durch die Gassen patrouillierten. Plötzlich hieß es, man habe den Brandstifter – Gassenmaier sei es. Schon beim Brande des Hölderlin-Turms war er verdächtig gewesen, und Frau Spengler hatte, während die Lohe zum Himmel sprühte, vor den Nachbarn ge rufen: »'s Louile hat's tan – mei Häusle will er für den Betz!«"[1]

Quellen