Bearbeiten von „Belagerung von Schloss Hohentübingen durch die Franzosen

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Dies ist eine Chronologie der '''Belagerung von [[Schloss Hohentübingen]] durch die [[Franzosen]]''' im Jahre [[1647]] nach Originalquellen.<ref>Quellen  
 
Dies ist eine Chronologie der '''Belagerung von [[Schloss Hohentübingen]] durch die [[Franzosen]]''' im Jahre [[1647]] nach Originalquellen.<ref>'''Quellen'''
* Bericht des bayerischen Kriegskommissars Gottfried Schweigkel an seinen Vorgesetzten, den Kriegsrat und Generalkommissar Johann Bartholomäus Schäffer zu Ulm (veröffentlicht durch Bibliothekar W. Göz [1931] in: „Tübinger Blätter“ [22. Jahrgang, S. 37-43])
* Bericht des bayerischen Kriegskommissars Gottfried Schweigkel an seinen Vorgesetzten, den Kriegsrat und Generalkommissar Johann Bartholomäus Schäffer zu Ulm (veröffentlicht durch Bibliothekar W. Göz [1931] in: „Tübinger Blätter“ [22. Jahrgang, S. 37-43])
* „Gründ- und Ausführlichen Relation deßen, was sich zwischen der Vöstung Tübingen Belägerung, und Uebergaab, (...), verloffen, und zugetragen.“ (veröffentlicht durch Eifert & Klüpfel [1849] in: „Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universität Tübingen.“ [Anhang, S. 319-332]; Tübingen, Verlag Fues)
* „Gründ- und Ausführlichen Relation deßen, was sich zwischen der Vöstung Tübingen Belägerung, und Uebergaab, (...), verloffen, und zugetragen.“ (veröffentlicht durch Eifert & Klüpfel [1849] in: „Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universität Tübingen.“ [Anhang, S. 319-332]; Tübingen, Verlag Fues)
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"''Wahrer Vnd Eigendlicher Abris Der Statt Vnd Vestung Hochen Tübingen Wie Die Selben Von Ihr Excellenz MarckGraff D-Hocquincourt General Leutenant Den  4 ... Miniert Vnd Mit Acort Vbergeben Worden Anno 1647''"; Quelle: Tübinger Blätter
"''Wahrer Vnd Eigendlicher Abris Der Statt Vnd Vestung Hochen Tübingen Wie Die Selben Von Ihr Excellenz MarckGraff D-Hocquincourt General Leutenant Den  4 ... Miniert Vnd Mit Acort Vbergeben Worden Anno 1647''"; Quelle: Tübinger Blätter
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=== Montag, 1. (11.) März ===
=== '''Montag, 1. (11.) März''' ===


Bei der Brandstätte vom Mittwoch, dem 17. Februar, werfen die [[Franzosen]] in der Nacht eine kleine Schanze („Schänzlin“) auf. Nachgehend wird die Befestigung „mit überzwerch legenden Brettern“ abgesichert. So entsteht ein gedeckter Gang zum Weingarten hin, der die Mine besser erreichbar macht.
Bei der Brandstätte vom Mittwoch, dem 17. Februar, werfen die [[Franzosen]] in der Nacht eine kleine Schanze („Schänzlin“) auf. Nachgehend wird die Befestigung „mit überzwerch legenden Brettern“ abgesichert. So entsteht ein gedeckter Gang zum Weingarten hin, der die Mine besser erreichbar macht.
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Bei all diesen Arbeiten wird „ab dem Schloß Niemand hefftiger zugesezt“; es scheint, als ob die Besatzung mittlerweile eingesehen hat, dass sie gegen die feindliche Mine machtlos ist [58].
Bei all diesen Arbeiten wird „ab dem Schloß Niemand hefftiger zugesezt“; es scheint, als ob die Besatzung mittlerweile eingesehen hat, dass sie gegen die feindliche Mine machtlos ist [58].


=== Dienstag, 02. (12.) März ===  
=== '''Dienstag, 02. (12.) März''' ===  
Vor einem Haus in der [[Neckarhalde]] laden die Franzosen 31 (21?) Pulverfässer „(ungleiches Inhallts)“ [59] von einem Munitionswagen ab. Bei Dunkelheit bringt man die Fässer in die Mine, „und (vermacht) solche nachgehends“. Es geschieht nichts, was darauf hindeutet, dass die Besatzung des Hohentübingen auf diese Vorgänge aufmerksam wird.
Vor einem Haus in der [[Neckarhalde]] laden die Franzosen 31 (21?) Pulverfässer „(ungleiches Inhallts)“ [59] von einem Munitionswagen ab. Bei Dunkelheit bringt man die Fässer in die Mine, „und (vermacht) solche nachgehends“. Es geschieht nichts, was darauf hindeutet, dass die Besatzung des Hohentübingen auf diese Vorgänge aufmerksam wird.
   
   
Noch in derselben Nacht verlegt Hoquincourt die übrig gebliebenen zwei Kanonen von der [[Haagtormühle]] zum [[Lustnauer Tor]], von wo aus sie mit den beiden am Sonntag, dem 14. Februar, angekommenen Halbkartaunen über die [[Neckarbrücke]] und hinaus „auf den großen Weerth“ ([[Wöhrd]]) [60] geführt werden. Dort, „nicht weit von der ordinari Fahrstraß“, schanzen in nur zwei Stunden zwangsverpflichtete Bauern eine „ordentliche“ Batterie [61]. Auch diese Arbeiten verursachen einiges an Aufruhr („ein zimmbliches geräusch“) und werden dennoch von Seiten der Bayern nicht behindert [62].
Noch in derselben Nacht verlegt Hoquincourt die übrig gebliebenen zwei Kanonen von der [[Haagtormühle]] zum [[Lustnauer Tor]], von wo aus sie mit den beiden am Sonntag, dem 14. Februar, angekommenen Halbkartaunen über die [[Neckarbrücke]] und hinaus „auf den großen Weerth“ ([[Wöhrd]]) [60] geführt werden. Dort, „nicht weit von der ordinari Fahrstraß“, schanzen in nur zwei Stunden zwangsverpflichtete Bauern eine „ordentliche“ Batterie [61]. Auch diese Arbeiten verursachen einiges an Aufruhr („ein zimmbliches geräusch“) und werden dennoch von Seiten der Bayern nicht behindert [62].


=== Mittwoch, 03. (13.) März ===  
=== '''Mittwoch, 03. (13.) März''' ===  
Die neue Batterie wünscht dem [[Schloss Hohentübingen]] an diesem Vormittag erstmals einen „guten Tag“.
Die neue Batterie wünscht dem [[Schloss Hohentübingen]] an diesem Vormittag erstmals einen „guten Tag“.
Gegen halb zwei nachmittags schickt Hoquincourt einen „Trommenschläger“ zu Verhandlungen auf das Schloss, „der hat Bayr. Commendanten ungefahr angezaigt:“ Pürck habe alle bisherigen Aufforderungen zur Übergabe verächtlich abgetan, da sei nun im Ernst verfahren und eine Mine fertig gestellt worden. Im Sinne löblichen Kriegsrechtes und der „Discretion der Hrn. Officieren“ entsprechend wolle man zu Bedenken geben, dass „es gewißlich einen wunderselzamen LufftSprung abgeben möchte“, wenn diese gezündet würde. Hoquincourt ermögliche nunmehr durch Stellung französischer Geiseln den Bayern die Besichtigung der fertigen Mine. Danach, so der Bote, stehe es der Besatzung frei, sich zu wehren „oder zue accordirn“ [63]. Pürck geht auf das erste Angebot ein und tauscht einen seiner „Lieutenanden (der sich in der Belägerung ruhmblich gehalten)“ samt Unteroffizier und Trommenschläger gegen den französischen „Capitain Lieuten.“ Höle sowie einen Corporal und einen Tambour der Franzosen aus [64].
Gegen halb zwei nachmittags schickt Hoquincourt einen „Trommenschläger“ zu Verhandlungen auf das Schloss, „der hat Bayr. Commendanten ungefahr angezaigt:“ Pürck habe alle bisherigen Aufforderungen zur Übergabe verächtlich abgetan, da sei nun im Ernst verfahren und eine Mine fertig gestellt worden. Im Sinne löblichen Kriegsrechtes und der „Discretion der Hrn. Officieren“ entsprechend wolle man zu Bedenken geben, dass „es gewißlich einen wunderselzamen LufftSprung abgeben möchte“, wenn diese gezündet würde. Hoquincourt ermögliche nunmehr durch Stellung französischer Geiseln den Bayern die Besichtigung der fertigen Mine. Danach, so der Bote, stehe es der Besatzung frei, sich zu wehren „oder zue accordirn“ [63]. Pürck geht auf das erste Angebot ein und tauscht einen seiner „Lieutenanden (der sich in der Belägerung ruhmblich gehalten)“ samt Unteroffizier und Trommenschläger gegen den französischen „Capitain Lieuten.“ Höle sowie einen Corporal und einen Tambour der Franzosen aus [64].
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Herzogl. Reskript an den Tübinger Obervogt u. den Obristen Fuchs wg. der Frucht- u. Viehvisitation bei den [[Universität]]sverwandten (Dr. Wurmbser, Dr. Zeller) (Senatsprotokolle UAT)
Herzogl. Reskript an den Tübinger Obervogt u. den Obristen Fuchs wg. der Frucht- u. Viehvisitation bei den [[Universität]]sverwandten (Dr. Wurmbser, Dr. Zeller) (Senatsprotokolle UAT)


=== Donnerstag, 04. (14.) März ===
=== '''Donnerstag, 04. (14.) März''' ===
Früh am Morgen werden die Sturmleitern in die Neckarhalde gebracht. Gegen sechs Uhr besichtigen Hoquincourt und seine Offiziere den beabsichtigten Angriffsort, dann bezieht eine starke französische Sturmkompanie die Stellungen im Burgweingarten. Die Söldner sind mit „Bickelhauben“, „Eyßerne Gablen“, „RinnSpießlen“, „Parthisanen“, „kurze Gewehr“ und Musketen bewaffnet.
Früh am Morgen werden die Sturmleitern in die Neckarhalde gebracht. Gegen sechs Uhr besichtigen Hoquincourt und seine Offiziere den beabsichtigten Angriffsort, dann bezieht eine starke französische Sturmkompanie die Stellungen im Burgweingarten. Die Söldner sind mit „Bickelhauben“, „Eyßerne Gablen“, „RinnSpießlen“, „Parthisanen“, „kurze Gewehr“ und Musketen bewaffnet.


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Falls die Söldner auf der Burg mitbekommen hätten, was in dieser Nacht im französischen Lager vorgeht, sie würden den schönen Reden ihrer Anführer vielleicht sogar Glauben geschenkt haben. Ein Bote des Turenne nämlich trifft bei Hoquincourt ein, mit dem Befehl, die Belagerung des [[Schloss Hohentübingen| Hohentübingen]] unverzüglich abzubrechen und sich dem Feind entgegen zu stellen, der mit 300 Mann bei Schorndorf gesichtet wurde. Hoquincourt handelt entschieden eigenmächtig [87], als er die Anweisung seines Vorgesetzten „ohne zweiffel“ mit der Rückmeldung „pariert“, ein Schreiben „von Hr. Crotio, Commendanten zu Schorndorff“ sei wenige Stunden vor der Botschaft Turennes bei ihm eingetroffen, auf Grund dessen „man nicht verspühret hette, daß Bayr. etwas nähers zu dem Pult zu trettem begehret“ [88]. Die Belagerung dauert demnach fort.
Falls die Söldner auf der Burg mitbekommen hätten, was in dieser Nacht im französischen Lager vorgeht, sie würden den schönen Reden ihrer Anführer vielleicht sogar Glauben geschenkt haben. Ein Bote des Turenne nämlich trifft bei Hoquincourt ein, mit dem Befehl, die Belagerung des [[Schloss Hohentübingen| Hohentübingen]] unverzüglich abzubrechen und sich dem Feind entgegen zu stellen, der mit 300 Mann bei Schorndorf gesichtet wurde. Hoquincourt handelt entschieden eigenmächtig [87], als er die Anweisung seines Vorgesetzten „ohne zweiffel“ mit der Rückmeldung „pariert“, ein Schreiben „von Hr. Crotio, Commendanten zu Schorndorff“ sei wenige Stunden vor der Botschaft Turennes bei ihm eingetroffen, auf Grund dessen „man nicht verspühret hette, daß Bayr. etwas nähers zu dem Pult zu trettem begehret“ [88]. Die Belagerung dauert demnach fort.


=== Freitag, 05. (15.) März ===
=== '''Freitag, 05. (15.) März''' ===
In der Frühe dieses Tages tritt eine Abordnung von bayerischen Unteroffizieren vor ihre Befehlshaber. Ihre Rede lautet, sie als gemeine Soldaten wüssten sich ihrer Pflicht wohl zu entsinnen, seien auch durchaus gewillt, ihren Teil weiterhin zu erfüllen ... man müsse aber doch sehen, in welchem Zustand sich die Schlosskapelle befinde, noch einige Treffer und sie würde zusammenfallen ... dann würde wieder gestürmt werden ... was sie nur tun sollten, sie stünden bald mit bloßen Händen da und könnten keinen weiteren Sturm abschlagen [89] ... und wenn der Feind mit Gewalt hereinkäme, dann gäbe es ganz sicher keine Schonung („quartier“) für die Gemeinen ... dann würden sie alle draufgehen ... es sei daher ihrer aller Meinung, dass man zu vorzeigbaren („reputierlichen“) Bedingungen die Übergabe anbieten solle - wenn allerdings der Feind sich nicht auf solche Bedingungen einlassen wolle, so erböten sie sich, bis zum letzten Blutstropfen kämpfen zu wollen.
In der Frühe dieses Tages tritt eine Abordnung von bayerischen Unteroffizieren vor ihre Befehlshaber. Ihre Rede lautet, sie als gemeine Soldaten wüssten sich ihrer Pflicht wohl zu entsinnen, seien auch durchaus gewillt, ihren Teil weiterhin zu erfüllen ... man müsse aber doch sehen, in welchem Zustand sich die Schlosskapelle befinde, noch einige Treffer und sie würde zusammenfallen ... dann würde wieder gestürmt werden ... was sie nur tun sollten, sie stünden bald mit bloßen Händen da und könnten keinen weiteren Sturm abschlagen [89] ... und wenn der Feind mit Gewalt hereinkäme, dann gäbe es ganz sicher keine Schonung („quartier“) für die Gemeinen ... dann würden sie alle draufgehen ... es sei daher ihrer aller Meinung, dass man zu vorzeigbaren („reputierlichen“) Bedingungen die Übergabe anbieten solle - wenn allerdings der Feind sich nicht auf solche Bedingungen einlassen wolle, so erböten sie sich, bis zum letzten Blutstropfen kämpfen zu wollen.


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Für die französische Seite verhandelt der schon bekannte Oberst Klug [94]. Von Hoquincourt „uff parole“ auf den Hohentübingen geschickt, spricht er mit Pürck vor dem [[Unteres Schlosstor|äußeren Schlosstor]] (s. Abbildung 2). Auf Anweisung seines Vorgesetzten verweigert Klug die Mitnahme der Geschütze, mit der Begründung, Hohentübingen sei keine Festung („realvöstung“), sondern nur eine fürstliche Residenz („Lusthaus“) [95]. Bei der Übergabe von Gravelingen und Dünkirchen [96] hätte man der abziehenden Besatzung nur die Mitnahme zweier Geschütze gestattet, obwohl diese Plätze ganz anders befestigt wären „alls hohen Tübingen“. Außerdem sei es allgemein Brauch, dass gefangene oder fahnenflüchtige Kriegsknechte bei einer Kapitulation wieder in den Sold ihres alten Dienstherren zurückkehren müssten. Die übrigen Punkte wolle der Generalleutnant bewilligen, doch müsse Pürck, sobald er den Accord unterschrieben in Händen halte, sogleich seine äußeren Posten abziehen. Dies geschieht noch am gleichen Abend, mit Inkrafttreten der Übergabe. Der Abzug der Bayern wird auf den 7./17. März festgelegt.
Für die französische Seite verhandelt der schon bekannte Oberst Klug [94]. Von Hoquincourt „uff parole“ auf den Hohentübingen geschickt, spricht er mit Pürck vor dem [[Unteres Schlosstor|äußeren Schlosstor]] (s. Abbildung 2). Auf Anweisung seines Vorgesetzten verweigert Klug die Mitnahme der Geschütze, mit der Begründung, Hohentübingen sei keine Festung („realvöstung“), sondern nur eine fürstliche Residenz („Lusthaus“) [95]. Bei der Übergabe von Gravelingen und Dünkirchen [96] hätte man der abziehenden Besatzung nur die Mitnahme zweier Geschütze gestattet, obwohl diese Plätze ganz anders befestigt wären „alls hohen Tübingen“. Außerdem sei es allgemein Brauch, dass gefangene oder fahnenflüchtige Kriegsknechte bei einer Kapitulation wieder in den Sold ihres alten Dienstherren zurückkehren müssten. Die übrigen Punkte wolle der Generalleutnant bewilligen, doch müsse Pürck, sobald er den Accord unterschrieben in Händen halte, sogleich seine äußeren Posten abziehen. Dies geschieht noch am gleichen Abend, mit Inkrafttreten der Übergabe. Der Abzug der Bayern wird auf den 7./17. März festgelegt.


=== Samstag, 06. (16.) März ===
=== '''Samstag, 06. (16.) März''' ===
Ab 9 Uhr vormittags wird die [[Wöhrd]]-Batterie der Franzosen aufgehoben. Mit Stellböcken und Hebezügen hievt man das „grobe Geschüz“ von den Lafetten auf die Blockwägen, dort verbleibt es für diesen Tag und die folgende Nacht, bewacht von 12 Musketieren.
Ab 9 Uhr vormittags wird die [[Wöhrd]]-Batterie der Franzosen aufgehoben. Mit Stellböcken und Hebezügen hievt man das „grobe Geschüz“ von den Lafetten auf die Blockwägen, dort verbleibt es für diesen Tag und die folgende Nacht, bewacht von 12 Musketieren.


Proviant und Munition der Schlossbesatzung werden den Franzosen „überantwortett“. Das Ansuchen der Bayern, sie von Tübingen aus in die Winterquartiere der bayerischen Armee zu geleiten („convoyrn“), schlägt Hoquincourt aus. Zur Begründung richtet er aus, der Weg bis in das Bistum Salzburg und die Oberpfalz wäre zu weit. Derweil staunt der Oberst Klug angesichts gewaltiger Mengen von Kanonenkugeln, welche er im Zeughaus der Burg vorfindet und lässt sogleich 200 „ailffpfündige und halbe Carthaunenkuglen, auch was Ihme sonsten gedaugt, weckhnemmen“, darunter auch 14 Tonnen Pulver.
Proviant und Munition der Schlossbesatzung werden den Franzosen „überantwortett“. Das Ansuchen der Bayern, sie von Tübingen aus in die Winterquartiere der bayerischen Armee zu geleiten („convoyrn“), schlägt Hoquincourt aus. Zur Begründung richtet er aus, der Weg bis in das Bistum Salzburg und die Oberpfalz wäre zu weit. Derweil staunt der Oberst Klug angesichts gewaltiger Mengen von Kanonenkugeln, welche er im Zeughaus der Burg vorfindet und lässt sogleich 200 „ailffpfündige und halbe Carthaunenkuglen, auch was Ihme sonsten gedaugt, weckhnemmen“, darunter auch 14 Tonnen Pulver.


=== Sonntag, 07. (17.) März ===  
=== '''Sonntag, 07. (17.) März''' ===  
Der Abzug der bayerischen Soldaten verzögert sich durch die Fahndung nach ehemaligen französischen oder schwedischen Armeeangehörigen unter ihnen. Einige der Männer haben sich schon in der Nacht zuvor aus dem Staub gemacht [97], weitere werden jetzt von den Franzosen gegen ihren Willen festgehalten [98], wobei es zu ergreifenden Szenen kommt [99].
Der Abzug der bayerischen Soldaten verzögert sich durch die Fahndung nach ehemaligen französischen oder schwedischen Armeeangehörigen unter ihnen. Einige der Männer haben sich schon in der Nacht zuvor aus dem Staub gemacht [97], weitere werden jetzt von den Franzosen gegen ihren Willen festgehalten [98], wobei es zu ergreifenden Szenen kommt [99].


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Am Abend noch, nachdem die Bayern abgezogen sind, wird der Hohentübingen mit zwei französischen Halbkartaunen bestückt.
Am Abend noch, nachdem die Bayern abgezogen sind, wird der Hohentübingen mit zwei französischen Halbkartaunen bestückt.


=== Montag, 08. (18.) März ===
=== '''Montag, 08. (18.) März''' ===
Die Hauptmacht der Franzosen bricht gegen 8 Uhr nach [[Reutlingen]] auf. Ein Dragonerkapitän Bauck erhält vorerst den Befehl über das [[Schloss]], ihm unterstehen 40 Mann. Aus anderer Quelle heißt es: „Nur ein Lieutenant blieb mit 10 Dragonern als Besatzung im Schloss zurück“. (GEIGER 1897, S. 51)
Die Hauptmacht der Franzosen bricht gegen 8 Uhr nach [[Reutlingen]] auf. Ein Dragonerkapitän Bauck erhält vorerst den Befehl über das [[Schloss]], ihm unterstehen 40 Mann. Aus anderer Quelle heißt es: „Nur ein Lieutenant blieb mit 10 Dragonern als Besatzung im Schloss zurück“. (GEIGER 1897, S. 51)


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'''„Der Große Gott steüre den graußamen würg Schwerdt, und Lendere die bluet dürstige Gedanckhen der Menschen, Erfreue uns auch einmal mit dem erwünschten Edlen Frieden, Amen!“'''
'''„Der Große Gott steüre den graußamen würg Schwerdt, und Lendere die bluet dürstige Gedanckhen der Menschen, Erfreue uns auch einmal mit dem erwünschten Edlen Frieden, Amen!“'''


== Anmerkungen ==  
== Anmerkungen ==
<references/>


2. ↑ Nachdem der Anführer der Protestantischen Union, Kurfürst Friedrich von der Pfalz, in der Schlacht am Weißen Berg (8. November 1620) geschlagen und der böhmische Aufstand beendet worden war, setzten die Parteigänger des „Winterkönigs“ ihren Kampf gegen Kaiser und Katholische Liga fort. Dabei erlitt der Markgraf von Baden-Durlach in der Nähe von Wimpfen gegen den Feldherrn der Liga - Tilly - und spanische Truppen unter Cordoba eine schwere Niederlage (6. Mai 1622). Tilly verdankte seinen Sieg nicht zuletzt dem Stillhalten der Württemberger.
2. ↑ Nachdem der Anführer der Protestantischen Union, Kurfürst Friedrich von der Pfalz, in der Schlacht am Weißen Berg (8. November 1620) geschlagen und der böhmische Aufstand beendet worden war, setzten die Parteigänger des „Winterkönigs“ ihren Kampf gegen Kaiser und Katholische Liga fort. Dabei erlitt der Markgraf von Baden-Durlach in der Nähe von Wimpfen gegen den Feldherrn der Liga - Tilly - und spanische Truppen unter Cordoba eine schwere Niederlage (6. Mai 1622). Tilly verdankte seinen Sieg nicht zuletzt dem Stillhalten der Württemberger.
Herzog Johann Friedrich [1608-1628] hatte sich zwar schon 1608 der Union angeschlossen, gebunden an den „Ulmer Vertrag“ (31. Juli 1620) verfolgte er jedoch zunächst eine weitgehende Neutralitätspolitik. Das unbeteiligte Württemberg litt zwischen 1622 und 1625 dennoch unter Durchzügen und Besatzungen katholischer Truppen. Während der „Kipper- und Wipperzeit" (1622-1623) nahm die Inflation stark zu, und auch, nachdem der „Münzverein“, eine Konsortium des schwäbischen, fränkischen und bayerischen Reichskreises, Gegenmaßnahmen ergriffen hatte, hielt die Teuerung weiter an. Ab 1626 traten immer wieder Seuchen auf, besonders verheerend 1635. Anfang des Jahres 1628 rückte eine Armee des kaiserlichen Feldherrn Wallensteins unter Graf Wolfgang von Mansfeld [1575-1638] mit 16.000 Mann in die protestantischen Gebiete des schwäbischen Kreises ein; ein Großteil davon entfiel auf Württemberg.  
Herzog Johann Friedrich [1608-1628] hatte sich zwar schon 1608 der Union angeschlossen, gebunden an den „Ulmer Vertrag“ (31. Juli 1620) verfolgte er jedoch zunächst eine weitgehende Neutralitätspolitik. Das unbeteiligte Württemberg litt zwischen 1622 und 1625 dennoch unter Durchzügen und Besatzungen katholischer Truppen. Während der „Kipper- und Wipperzeit" (1622-1623) nahm die Inflation stark zu, und auch, nachdem der „Münzverein“, eine Konsortium des schwäbischen, fränkischen und bayerischen Reichskreises, Gegenmaßnahmen ergriffen hatte, hielt die Teuerung weiter an. Ab 1626 traten immer wieder Seuchen auf, besonders verheerend 1635. Anfang des Jahres 1628 rückte eine Armee des kaiserlichen Feldherrn Wallensteins unter Graf Wolfgang von Mansfeld [1575-1638] mit 16.000 Mann in die protestantischen Gebiete des schwäbischen Kreises ein; ein Großteil davon entfiel auf Württemberg.  
Nach dem Tod Johann Friedrichs [18.07.1628] folgte die vormundschaftliche Regierung seiner zwei Brüder. Durch das Restitutionsedikt von 1629 verlor Ludwig Friedrich [1628-1631] mit 22 Klöstern (darunter auch [[Bebenhausen]]) ein Drittel des Herzogtums. Dazu kam unter dem Schutz katholischer Truppen die Gegenreformation ins Land. Wallenstein nahm Hauptquartier in Memmingen und überschwemmte im Sommer 1630 mit 28 (bzw. 31) Kompanien unter dem Obersten Ossa das Herzogtum.  
Nach dem Tod Johann Friedrichs [18.07.1628] folgte die vormundschaftliche Regierung seiner zwei Brüder. Durch das Restitutionsedikt von 1629 verlor Ludwig Friedrich [1628-1631] mit 22 Klöstern (darunter auch Bebenhausen) ein Drittel des Herzogtums. Dazu kam unter dem Schutz katholischer Truppen die Gegenreformation ins Land. Wallenstein nahm Hauptquartier in Memmingen und überschwemmte im Sommer 1630 mit 28 (bzw. 31) Kompanien unter dem Obersten Ossa das Herzogtum.  
Im gleichen Jahr trat Gustav Adolf von Schweden, in den Krieg ein, vorgeblich protestantische Interessen schützend. Die Schweden eroberten Norddeutschland, besiegten Tilly und drangen nach Süden vor. Da vereinten sich die evangelischen Reichsstände durch den „Leipziger Konvent" (Febr. 1631), unter ihnen auch der neue Herrscher von Württemberg, Ludwigs Bruder und Nachfolger Julius Friedrich [1631-1633]. Als aber der katholische Heerführer Graf Egon von Fürstenberg mit mind. 20.000 spanischen und italienischen Söldnern im Land einmarschierte, schickte der Herzog-Administrator seine rund 12.000 Mann zählende Landwehr wieder nach Hause, bevor es bei Tübingen zu einem Treffen kam. So ging der „[[Kirschenkrieg]]" unblutig zu Ende, brachte aber dem Land erneut eine Besatzungszeit mit viel Elend und Not.
Im gleichen Jahr trat Gustav Adolf von Schweden, in den Krieg ein, vorgeblich protestantische Interessen schützend. Die Schweden eroberten Norddeutschland, besiegten Tilly und drangen nach Süden vor. Da vereinten sich die evangelischen Reichsstände durch den „Leipziger Konvent" (Febr. 1631), unter ihnen auch der neue Herrscher von Württemberg, Ludwigs Bruder und Nachfolger Julius Friedrich [1631-1633]. Als aber der katholische Heerführer Graf Egon von Fürstenberg mit mind. 20.000 spanischen und italienischen Söldnern im Land einmarschierte, schickte der Herzog-Administrator seine rund 12.000 Mann zählende Landwehr wieder nach Hause, bevor es bei Tübingen zu einem Treffen kam. So ging der „[[Kirschenkrieg]]" unblutig zu Ende, brachte aber dem Land erneut eine Besatzungszeit mit viel Elend und Not.
1632 marschierte Gustav Adolf in Württemberg ein, dessen Kanzler Jakob Löffler [1625-1638] die Hilfe Schwedens erbeten hatte. Uneingeschränkt schloss sich das Herzogtum dem schwedischen König an, dafür erhielt Julius Friedrich in den von Schweden eroberten Gebieten seine Güter zurück und noch weitere als Entschädigung dazu. Im gleichen Jahr noch nahmen württembergische Truppen die Reichsstadt Rottweil ein und belagerten das im österreichischen Besitz befindliche Villingen. Als der Schwedenkönig in der Schlacht bei Lützen (16. November 1632) fiel, setzte sein Kanzler Oxenstierna den Kampf in Deutschland fort. Ihm gelang ein Zusammenschluss von vier Reichskreisen (Schwaben, Franken, Ober- und Kurrhein); der sog. „Heilbronner Bund“ trat 1633 an die Stelle der ehemaligen Union und ein junger Herzog Eberhard III. von Württemberg (1628/33-[[1674]]) war Mitglied dieses Bundes.
1632 marschierte Gustav Adolf in Württemberg ein, dessen Kanzler Jakob Löffler [1625-1638] die Hilfe Schwedens erbeten hatte. Uneingeschränkt schloss sich das Herzogtum dem schwedischen König an, dafür erhielt Julius Friedrich in den von Schweden eroberten Gebieten seine Güter zurück und noch weitere als Entschädigung dazu. Im gleichen Jahr noch nahmen württembergische Truppen die Reichsstadt Rottweil ein und belagerten das im österreichischen Besitz befindliche Villingen. Als der Schwedenkönig in der Schlacht bei Lützen (16. November 1632) fiel, setzte sein Kanzler Oxenstierna den Kampf in Deutschland fort. Ihm gelang ein Zusammenschluss von vier Reichskreisen (Schwaben, Franken, Ober- und Kurrhein); der sog. „Heilbronner Bund“ trat 1633 an die Stelle der ehemaligen Union und ein junger Herzog Eberhard III. von Württemberg (1628/33-[[1674]]) war Mitglied dieses Bundes.
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* ein Fähnrich vom Regiment Turenne
* ein Fähnrich vom Regiment Turenne


==Quellen==
Quellen


Neben den in Anm. 1 genannten Quellen wurden verwandt:
Neben den in Anm. 1 genannten Quellen wurden verwandt:
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SCHÖN, T. (1906): "Geschichte von Hohentübingen. Dritter Teil: ”Von der Uebergabe des Schlosses an die Kaiserlichen bis zur Ueberweisung des ganzen Schlosses an die Universität (1634-1816)." in: Tübinger Blätter 3 / 4, S. 46-58
SCHÖN, T. (1906): "Geschichte von Hohentübingen. Dritter Teil: ”Von der Uebergabe des Schlosses an die Kaiserlichen bis zur Ueberweisung des ganzen Schlosses an die Universität (1634-1816)." in: Tübinger Blätter 3 / 4, S. 46-58


[[Jürgen Sydow|SYDOW, J.]] (Hrsg.) (1980) "Bilder zur Geschichte der Stadt Tübingen." in: Laupp'sche Buchhandlung, Tübingen
SYDOW, J. (Hrsg.) (1980) "Bilder zur Geschichte der Stadt Tübingen." in: Laupp'sche Buchhandlung, Tübingen


SYDOW, J. (1978): "Aus der Geschichte des Schlosses Hohentübingen." in: Sonderbeilage der Volksbank Tübingen anlässlich der 900-Jahr-Feier der Universitätsstadt Tübingen
SYDOW, J. (1978): "Aus der Geschichte des Schlosses Hohentübingen." in: Sonderbeilage der Volksbank Tübingen anlässlich der 900-Jahr-Feier der Universitätsstadt Tübingen
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[[Kategorie:Geschichte]][[Kategorie:Kriege]][[Kategorie:17. Jahrhundert]]
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