Bearbeiten von „Ammer“
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[[File:Fluss Ammer in Tübingen - panoramio.jpg|mini|Geradliniger Unterlauf der Ammer vor der Renaturierung (zwischen [[Welzenwiler Straße|Welzenwiler]] und [[Nürtinger Straße]], 2014)]] | [[File:Fluss Ammer in Tübingen - panoramio.jpg|mini|Geradliniger Unterlauf der Ammer vor der Renaturierung (zwischen [[Welzenwiler Straße|Welzenwiler]] und [[Nürtinger Straße]], 2014)]] | ||
Im Tübinger Stadtgebiet war der Lauf des Flusses durchgehend begradigt. Um 2013 wurde ein Teilstück der Ammer im Zusammenhang mit der Erstellung eines Neubaugebiets in der [[Weststadt]] zwischen [[Rheinlandstraße]] und [[Rappstraße]] in einen kurvigen Verlauf zurückversetzt und renaturiert, was auch eine Revitalisierung bedeutet.<ref>[http://www.tuebingen.de/10115.html#10882 tuebingen.de zur Eröffnung des renaturierten Teilstücks der Ammer nebst neuer Fahrradstraße, 2014]</ref> Es wird manchmal "[[Ammerzonas]]" genannt. Im Frühjahr 2015 wurde der Unterlauf zwischen [[Stuttgarter Straße]] und [[Gartenstraße]] erst etwas, dann 2017 ab [[Goldersbach]]-Mündung vollständig renaturiert,<ref>Tagblatt 5. April 2017</ref><ref>[https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=7439 tuebingen.de/gemeinderat]</ref> auch als Beitrag zum besseren Hochwasserschutz für das neue Viertel [[Alte Weberei]]. Das letzte Stück direkt vor der Mündung in den Neckar war schon seit längerem auf diese Weise "entgradigt" worden. 2017 geschah dies auch mit dem Abschnitt im Bereich des [[Technisches Rathaus|Technischen Rathauses]]. | Im Tübinger Stadtgebiet war der Lauf des Flusses durchgehend begradigt. Um 2013 wurde ein Teilstück der Ammer im Zusammenhang mit der Erstellung eines Neubaugebiets in der [[Weststadt]] zwischen [[Rheinlandstraße]] und [[Rappstraße]] in einen kurvigen Verlauf zurückversetzt und renaturiert, was auch eine Revitalisierung bedeutet.<ref>[http://www.tuebingen.de/10115.html#10882 tuebingen.de zur Eröffnung des renaturierten Teilstücks der Ammer nebst neuer Fahrradstraße, 2014]</ref> Es wird manchmal "[[Ammerzonas]]" genannt. Im Frühjahr 2015 wurde der Unterlauf zwischen [[Stuttgarter Straße]] und [[Gartenstraße]] erst etwas, dann 2017 ab [[Goldersbach]]-Mündung vollständig renaturiert,<ref>Tagblatt 5. April 2017</ref><ref>[https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=7439 tuebingen.de/gemeinderat]</ref> auch als Beitrag zum besseren Hochwasserschutz für das neue Viertel [[Alte Weberei]]. Das letzte Stück direkt vor der Mündung in den Neckar war schon seit längerem auf diese Weise "entgradigt" worden. 2017 geschah dies auch mit dem Abschnitt im Bereich des [[Technisches Rathaus|Technischen Rathauses]]. | ||
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Der in der [[Altstadt]] zu sehende Bach ist nicht die Ammer selber, sondern ein bereits vor den Stadtgrenzen abzweigender Kanal. Dieser heißt '''[[Ammerkanal]]''' (siehe auch dort) und fließt auf seinen letzten zweihundert Metern als unterirdischer Kanal vom [[Markt am Nonnenhaus]] zur [[Neckarbrücke]], um dort in den Neckar zu münden. Der Kanal wurde zum einen als mittelalterlicher Abort und Schmutztransport gebaut und einmal die Woche geflutet. Außerdem wurden durch den Kanal westlich und östlich der Altstadt Wassermühlen angetrieben. Diese [[Mühlen]] wurden durch die [[1887]] fertiggestellte [[Mühlstraße]], der sie dort im Weg standen und durch die technische Revolution aufgegeben. Am Abzweig in den unterirdischen Verlauf befindet sich noch heute eine alte Schleuse, mit der man das Wasser wahlweise Richtung Neckar oder weiter zurück zur Ammer leiten konnte. | Der in der [[Altstadt]] zu sehende Bach ist nicht die Ammer selber, sondern ein bereits vor den Stadtgrenzen abzweigender Kanal. Dieser heißt '''[[Ammerkanal]]''' (siehe auch dort) und fließt auf seinen letzten zweihundert Metern als unterirdischer Kanal vom [[Markt am Nonnenhaus]] zur [[Neckarbrücke]], um dort in den Neckar zu münden. Der Kanal wurde zum einen als mittelalterlicher Abort und Schmutztransport gebaut und einmal die Woche geflutet. Außerdem wurden durch den Kanal westlich und östlich der Altstadt Wassermühlen angetrieben. Diese [[Mühlen]] wurden durch die [[1887]] fertiggestellte [[Mühlstraße]], der sie dort im Weg standen und durch die technische Revolution aufgegeben. Am Abzweig in den unterirdischen Verlauf befindet sich noch heute eine alte Schleuse, mit der man das Wasser wahlweise Richtung Neckar oder weiter zurück zur Ammer leiten konnte. | ||
Das [[Am Kleinen Ämmerle|Kleine Ämmerle]] war ein Abzweig von diesem Kanal nach Norden durch die [[Unterstadt]]. Es verlief vom [[Haagtor]] durch die Straßen mit den heutigen Namen [[Seelhausgasse]], [[Am Kleinen Ämmerle]] und [[Bachgasse]] und floss dann östlich der heutigen [[Stadtbücherei]] durch das sogenannte "[[Drecktörle]]" durch die [[Stadtmauer]] und im [[Stadtgraben]] zurück | Das [[Am Kleinen Ämmerle|Kleine Ämmerle]] war ein Abzweig von diesem Kanal nach Norden durch die [[Unterstadt]]. Es verlief vom [[Haagtor]] durch die Straßen mit den heutigen Namen [[Seelhausgasse]], [[Am Kleinen Ämmerle]] und [[Bachgasse]] und floss dann östlich der heutigen [[Stadtbücherei]] durch das sogenannte "[[Drecktörle]]" durch die [[Stadtmauer]] und im [[Stadtgraben]] zurück zum Ammerkanal. Es wurde 1568 zum ersten Mal erwähnt, im [[Stadtpläne|Stadtplan]] von 1819 ist es bereits nicht mehr eingezeichnet. In diesem Plan heißen aber alle drei betroffenen Gassen noch "Am Kleinen Ämmerle", womit diese zusammengenommen die längste Gasse der Stadt darstellten.<ref>Führung von [[Helmut Eck]] zur Langen Gasse in der Reihe "[[Kennen Sie Tübingen?]]", 12. September 2011</ref> - Ein weiterer Nebenkanal zweigte bereits vorm [[Haagtor]] nach Norden ab und bewässerte den Stadtgraben. | ||
== Weitere Bilder == | == Weitere Bilder == | ||
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==Möglicher historischer Verlauf der Ammer durch ein frühmittelalterliches Tübingen== | ==Möglicher historischer Verlauf der Ammer durch ein frühmittelalterliches Tübingen== | ||
Gestützt auf die Deutung der bisherigen archäologischen Funde in der Unteren Stadt, stellt Sören Frommer die These auf, dass der Verlauf der Ammer vor der Mitte des 13. Jahrhuderts zwischen [[Schlossberg]] und [[Schnarrenberg]] deutlich weiter südlich zu verorten ist als der heutige.<ref>A.Schneider,S.Frommer,B.Kulessa "Archäologisches Stadtkataster Baden-Württemberg" Band 41.1 | Gestützt auf die Deutung der bisherigen archäologischen Funde in der Unteren Stadt, stellt Sören Frommer die These auf, dass der Verlauf der Ammer vor der Mitte des 13. Jahrhuderts zwischen [[Schlossberg]] und [[Schnarrenberg]] deutlich weiter südlich zu verorten ist als der heutige.<ref>A.Schneider,S.Frommer,B.Kulessa "Archäologisches Stadtkataster Baden-Württemberg" Band 41.1 Hrsg. Landesamt f. Denkmalpflege im Regieungspräsidium Stuttgart u. Universität Tübingen 2018, S.144ff</ref>. Er nimmt aufgrund einer linear ausgeprägten Fehlstelle zwischen den Fundpunkten an, dass die Ammer etwa 4 m unter dem heutigen Bodenniveau entlang der Linie [[Madergasse]], [[Fruchtkasten]], [[Johanneskirche]] und dann im leichten Bogen nach Norden unter dem heutigen [[Museum]] geflossen sein könnte. Entlang der beiden Ufer habe es bereits vor einer intensiveren Bebauung des Sattels zwischen [[Österberg]] und [[Schloß]] eine frühmittelalterliche Siedlung gegeben, wahrscheinlich sogar frühstädtischen Charakters. | ||
Hypothetisch spricht Frommer von einem Tübingen als einer versunkenen Stadt, da ein Geländestreifen entlang der beschriebenen Linie ab der Mitte des 12. Jahrhunderts auf ca. 200 m Breite offensichtlich aufgeschüttet wurde. Eventuell könnten verheerende Hochwasser dazu geführt haben. Diese wären plausibel durch eine zweifache Absperrung des Ammertales aufgrund einer schon viel früher als bisher angenommen errichteten ersten Stadtmauer | Hypothetisch spricht Frommer von einem Tübingen als einer versunkenen Stadt, da ein Geländestreifen entlang der beschriebenen Linie ab der Mitte des 12. Jahrhunderts auf ca. 200 m Breite offensichtlich aufgeschüttet wurde. Eventuell könnten verheerende Hochwasser dazu geführt haben. Diese wären plausibel durch eine zweifache Absperrung des Ammertales aufgrund einer schon viel früher als bisher angenommen errichteten ersten Stadtmauer. Ebenso wäre es möglich, dass ein Anstieg des Grundwassers (ausgelöst durch Höherverlegung der Vorfluter[https://de.wikipedia.org/wiki/Vorflut]) zu mit massiven Schlammablagerungen verbundenen Überschwemmungen geführt hat. Dass die Stadt diese von ca. 1150 bis 1250 sich vollziehenden Vorgänge sogar gestärkt überlebte, zeugt nach Frommer von ihrer schon damaligen wirtschaftlichen Potenz<ref>dorts.S.158f</ref>. | ||
Die Hochwasser-Katastrophen könnten nämlich ein geplantes großes Infrastrukturprojekt veranlasst haben: Die Verlegung des natürlichen Ammerlaufes an den Schnarrenberghang, gleichzeitig mit dem (Wieder)aufbau einer vervollständigten Stadtmauer und dem Ausbau des [[Ammerkanal]]s. | Die Hochwasser-Katastrophen könnten nämlich ein geplantes großes Infrastrukturprojekt veranlasst haben: Die Verlegung des natürlichen Ammerlaufes an den Schnarrenberghang, gleichzeitig mit dem (Wieder)aufbau einer vervollständigten Stadtmauer und dem Ausbau des [[Ammerkanal]]s. | ||
==Quellen== | ==Quellen== | ||
[[File:Kulturlandschaft-Ammertal NSG Baden-Wuerttemberg.jpg|mini|Kulturlandschaft Ammertal bei Poltringen]] | [[File:Kulturlandschaft-Ammertal NSG Baden-Wuerttemberg.jpg|mini|Kulturlandschaft Ammertal bei Poltringen]] | ||
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