Bearbeiten von „Stolpersteine

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{{Banner|image=Stolpersteine in der Wöhrdstraße in Tübingen.jpg}}
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[[Datei:Gunter Demnig bei Stolpersteinverlegung Tübingen Uhlandstrasse 16.jpg|mini|Gunter Demnig bei der Verlegung der Stolpersteine für Adolf und Anne Dessauer in der Uhlandstr. 16 am 13.07.2020]]
[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Fürststraße 7 - Familie Erlanger.JPG|mini|Stolpersteine in der Tübinger [[Fürststraße]] 7: Familie Erlanger]]
[[Datei:Stolpersteinverlegung Tübingen Uhlandstrasse 16.jpg|mini|Vorbereitungen zur Stolpersteinverlegung am 13.07.2020 in der Uhlandstraße 16]]


Mit '''Stolpersteinen''' erinnert der Künstler Gunter Demnig [https://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_Demnig] (* 27. Oktober 1947 in Berlin) in vielen Städten an das Schicksal der Menschen, die im [[Aufarbeitung der Nazi-Zeit|Nationalsozialismus]] ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden:<ref name="elk-wue">Peter Steinle: [http://www.elk-wue.de/landeskirche/meldungen-landeskirche/detail/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=32905&tx_ttnews%5BbackPid%5D=68168&no_cache=1 ''26 Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus in Tübingens Südstadt. Gunter Demnigs Kunst gilt als weltgrößtes dezentrales Mahnmal.''] Pressemitteilung der Evangelischen Landeskirche Württemberg vom 25. November 2011.</ref><ref name="wiki">{{Wikipedia_de_dazu}}</ref> Am [[25. November]] [[2011]] wurden in der Tübinger [[Südstadt]] die ersten 26 Stolpersteine verlegt. Ein weiterer am [[31. Oktober]] [[2012]]. Und 29 weitere Stolpersteine wurden am [[10. Juli]] [[2018]] in der Tübinger [[Innenstadt]] eingesetzt.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Tübingen_Innenstadt "Stolpersteine in Tübingen Innenstadt" auf de.wikipedia.org]</ref>
Mit '''Stolpersteinen''' erinnert der Künstler Gunter Demnig [https://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_Demnig] (* 27. Oktober 1947 in Berlin) in vielen Städten an das Schicksal der Menschen, die im [[Aufarbeitung der Nazi-Zeit|Nationalsozialismus]] ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden:<ref name="elk-wue">Peter Steinle: [http://www.elk-wue.de/landeskirche/meldungen-landeskirche/detail/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=32905&tx_ttnews%5BbackPid%5D=68168&no_cache=1 ''26 Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus in Tübingens Südstadt. Gunter Demnigs Kunst gilt als weltgrößtes dezentrales Mahnmal.''] Pressemitteilung der Evangelischen Landeskirche Württemberg vom 25. November 2011.</ref><ref name="wiki">{{Wikipedia_de_dazu}}</ref> Am [[25. November]] [[2011]] wurden in der Tübinger Südstadt die ersten 26 Stolpersteine verlegt. Ein weiterer am [[31. Oktober]] [[2012]]. Und 29 weitere Stolpersteine wurden am [[10. Juli]] [[2018]] in der Tübinger [[Innenstadt]] eingesetzt.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Tübingen_Innenstadt "Stolpersteine in Tübingen Innenstadt" auf de.wikipedia.org]</ref>


Am [[13. Juli]] [[2020]] wurden weitere 26 Stolpersteine verlegt.<ref>[http://www.verein-juedische-kultur-tuebingen.de/?page_id=437 www.verein-juedische-kultur-tuebingen.de "Stolperstein-Initiative"]</ref> Mit Abschluss dieses dritten Projektes wird dann mit insgesamt 82 Stolpersteinen an fast alle jene ehemaligen Tübinger Jüdinnen und Juden mit einem Stolperstein erinnert sein, deren Namen auf dem [[Synagoge|Denkmal Synagogenplatz]] Tübingen am [[Synagogenplatz]] stehen.
Am [[13. Juli]] [[2020]] werden weitere 26 Stolpersteine verlegt.<ref>[http://www.verein-juedische-kultur-tuebingen.de/?page_id=437 www.verein-juedische-kultur-tuebingen.de "Stolperstein-Initiative"]</ref> Mit Abschluss dieses dritten Projektes wird dann an fast alle jene ehemaligen Tübinger Jüdinnen und Juden mit einem Stolperstein erinnert sein, deren Namen auf dem Denkmal [[Synagogenplatz]] Tübingen am Synagogenplatz stehen.


Jugendliche der Klassen 5 bis 12 der [[Geschwister-Scholl-Schule]] Tübingen haben sich vor den beiden Stolpersteinverlegung ein ganzes Schuljahr mit der Tübinger Vergangenheit während der Nazidiktatur beschäftigt und bei den Lebensbeschreibungen, die  Grundlage der Texte sind, mitgewirkt.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Tübingen_Innenstadt Deutsches Wikipedia: "Stolpersteine in Tübingen Innenstadt"]</ref>
Jugendliche der Klassen 5 bis 12 der [[Geschwister-Scholl-Schule]] Tübingen haben sich vor den beiden Stolpersteinverlegung ein ganzes Schuljahr mit der Tübinger Vergangenheit während der Nazidiktatur beschäftigt und bei den Lebensbeschreibungen, die  Grundlage der Texte sind, mitgewirkt.<ref>[https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Tübingen_Innenstadt Deutsches Wikipedia: "Stolpersteine in Tübingen Innenstadt"]</ref>
Am [[24. Juni]] [[2022]] wurden weitere 20 Stolpersteine in Tübingen im Gedenken an verfemte, verfolgte und ermordete Tübinger Bürgerinnen und Bürger eingesetzt.




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(fehlende bitte ggf. auf [https://www.openstreetmap.org OpenStreetMap.org] ergänzen)
(fehlende bitte ggf. auf [https://www.openstreetmap.org OpenStreetMap.org] ergänzen)
==Liste der Personen und Orte der Stolpersteine==


Die Tabelle ist teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Straßennamen.
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| rowspan="4" | {{Anker|B}} {{SortKey|Breuningstraße 30}}[[Breuningstraße]] 30<br />
| {{Anker|B}} {{SortKey|Beim Nonnenhaus 7}}[[Beim Nonnenhaus]] 7<br />
{{Coordinate||Latitude=48.52180182|Longitude=9.055992|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolperstein Eugen Waiblinger Tübingen.jpg|100px]]
| Waiblinger, Eugen (* 1927; gest. 1940)
|Eugen Waiblinger wurde am 2.06.1927 als gesundes Baby auf die Welt und wuchs mit seinen 5 oder 6 Geschwistern im Armenhaus 7 in Tübingen auf. Nach einer Hirnhautentzündung mit zwei Monaten erkrankte er an Epilepsie. am 2.5.1933 kam der fünfjährige in die Pflegeanstalt Stetten. Nach sieben Jahren und vier Monaten dort wurde der 13-jährige Junge am 13.09.1940 im Rahmen der "Euthanasie-Aktion T4" nach Schloss Grafeneck gebracht. Dort wurde er mit weiteren Bewohnern der Heil- und Pflegeanstalt Stetten noch am selben Tag grausam durch Gas ermordet. Die Familie erfuhr erst wenige Tage später vom Tod ihres Sohnes, welcher jedoch von den Verantwortlichen in Grafeneck feige als ein "natürlicher Tod" vertuscht wurde. Am 9.11.1940 wurde dann eine Urne mit der Asche nicht identifizierbarer verbrannter Leichen, aus dem Krematorium Grafeneck auf dem [[Stadtfriedhof]] Tübingen beigesetzt. Die Familie war im festen Glauben, dort ihren Jungen, aufgrund eines natürlichen Todes beerdigt zu haben.
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| rowspan="4" | {{SortKey|Breuningstraße 30}}[[Breuningstraße]] 30<br />
{{Coordinate||Latitude=48.51213|Longitude=9.053441|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Breuningstraße 30.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Breuningstraße 30 - Familie Zivi.jpg|100px]]
{{Coordinate||Latitude=48.51213|Longitude=9.053441|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Breuningstraße 30.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Breuningstraße 30 - Familie Zivi.jpg|100px]]
| Zivi, Else<br />(*1905; gest. überlebte)
| Zivi, Else
| Else Zivi flüchtete 1935 über Frankreich nach Palästina.<ref name="elk-wuert">[https://web.archive.org/web/20150923235752/www.elk-wue.de/landeskirche/meldungen-landeskirche/detail/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=32905&tx_ttnews%5BbackPid%5D=68168&no_cache=1 Peter Steinle: ''26 Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus in Tübingens Südstadt. Gunter Demnigs Kunst gilt als weltgrößtes dezentrales Mahnmal.'' Pressemitteilung der Evangelischen Landeskirche Württemberg vom 25. November 2011.]</ref>
| Else Zivi<ref name="elk-wuert">[https://web.archive.org/web/20150923235752/www.elk-wue.de/landeskirche/meldungen-landeskirche/detail/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=32905&tx_ttnews%5BbackPid%5D=68168&no_cache=1 Peter Steinle: ''26 Stolpersteine für Opfer des Nationalsozialismus in Tübingens Südstadt. Gunter Demnigs Kunst gilt als weltgrößtes dezentrales Mahnmal.'' Pressemitteilung der Evangelischen Landeskirche Württemberg vom 25. November 2011.]</ref>
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| Zivi, Josef<br />(*1881; überlebte)
| Zivi, Josef
| Josef Zivi flüchtete 1939 nach und ging Palästina<ref name="elk-wuert" />
| Josef Zivi<ref name="elk-wuert" />
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| Zivi, Ruth<br />(*1910; überlebte)
| Zivi, Ruth
| Ruth Zivi flüchtete 1936 nach und ging Palästina<ref name="elk-wuert" />
| Ruth Zivi<ref name="elk-wuert" />
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| {{SortKey|Brühlstraße4}}[[Brühlstraße]] 4<br />
{{Coordinate||Latitude=48.509606|Longitude=9.0512402|type=landmark}}
| Engelfried, Richard  (*1905; gest. 1940)
| Richard Engelfried wurde am 10.12.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
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| rowspan="5" | {{Anker|C}} {{SortKey|Christophstraße 1}}[[Christophstraße]] 1<br />{{Coordinate||Latitude=48.514939|Longitude=9.059134|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Christophstraße 1.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Christophstraße 1 - Familie Spiro.JPG|100px]]
| rowspan="5" | {{Anker|C}} {{SortKey|Christophstraße 1}}[[Christophstraße]] 1<br />{{Coordinate||Latitude=48.514939|Longitude=9.059134|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Christophstraße 1.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Christophstraße 1 - Familie Spiro.JPG|100px]]
| Spiro, Edwin<br />(*1903; gest. 1943)
| Spiro, Edwin <br />(*1903; gest. 1943)
| Edwin Spiro (* 10. Mai 1903; gest. 10. März 1943 in Auschwitz) wuchs in der Tübinger Christophstraße auf und wurde nach mehreren Wohnortswechseln in Cannstatt ein erfolgreicher Versicherungsbeamter, der sich ein Auto mit Chauffeur leisten konnte. Er wurde am Samstag, den 21. November 1935, eine Woche, nachdem eine Ausführungsverordnung zum sogenannten „Blutschutzgesetz“ erlassen worden war, durch einen Fellbacher Polizei-Oberkommissar und Polizeiwachtmeister in der Fellbacher August-Brändle-Straße verhaftet. Das Stuttgarter Landgericht verurteilte ihn am 28. Januar 1936 zu sechs Monaten Gefängnis, weil ihm zur Last gelegt wurde, dass er gegen das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verstoßen habe, laut dem „außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ verboten war.<ref name="Redies">Rainer Redies: [http://www.stolpersteine-cannstatt.de/node/68 ''Edwin Spiro: Rassenschande in Fellbach''].</ref> „Der Angeklagte unterhielt seit Herbst 1932 als Volljude ein Liebesverhältnis mit einer verheirateten Frau deutschen Blutes in Fellbach und setzte dieses auch nach Erscheinen des Gesetzes gegen Rassenschändung fort,“ hieß es dazu im Bericht im Schwäbischen Merkur vom 29. Januar 1936.<ref>''Schwäbischer Merkur.'' 29. Januar 1936. [http://www.stolpersteine-cannstatt.de/node/68 (Digitalisat)]</ref> In der Reichspogromnacht vom [[9. November]] [[1938]] wurde Edwin Spiro erneut verhaftet und ins KZ Welzheim verschleppt, wo er bis 31. Januar gefangen gehalten wurde. Am 20. Februar 1942 wurde er zum dritten Mal verhaftet und im KZ Welzheim gefangen gehalten, bis er am 2. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert wurde, wo er am 10. März 1943 umgebracht wurde. Im Rahmen der sogenannten Wiedergutmachung hat die Bundesrepublik Deutschland seiner Frau 3900 DM für erlittene Freiheitsentziehung und 3540 DM für Schaden im beruflichen Fortkommen ausgezahlt.<ref name="Redies" />
| Edwin Spiro (* 10. Mai 1903; gest. 10. März 1943 in Auschwitz) wuchs in der Tübinger Christophstraße auf und wurde nach mehreren Wohnortswechseln in Cannstatt ein erfolgreicher Versicherungsbeamter, der sich ein Auto mit Chauffeur leisten konnte. Er wurde am Samstag, den 21. November 1935, eine Woche, nachdem eine Ausführungsverordnung zum sogenannten „Blutschutzgesetz“ erlassen worden war, durch einen Fellbacher Polizei-Oberkommissar und Polizeiwachtmeister in der Fellbacher August-Brändle-Straße verhaftet. Das Stuttgarter Landgericht verurteilte ihn am 28. Januar 1936 zu sechs Monaten Gefängnis, weil ihm zur Last gelegt wurde, dass er gegen das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verstoßen habe, laut dem „außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ verboten war.<ref name="Redies">Rainer Redies: [http://www.stolpersteine-cannstatt.de/node/68 ''Edwin Spiro: Rassenschande in Fellbach''].</ref> „Der Angeklagte unterhielt seit Herbst 1932 als Volljude ein Liebesverhältnis mit einer verheirateten Frau deutschen Blutes in Fellbach und setzte dieses auch nach Erscheinen des Gesetzes gegen Rassenschändung fort,“ hieß es dazu im Bericht im Schwäbischen Merkur vom 29. Januar 1936.<ref>''Schwäbischer Merkur.'' 29. Januar 1936. [http://www.stolpersteine-cannstatt.de/node/68 (Digitalisat)]</ref> In der Reichspogromnacht vom [[9. November]] [[1938]] wurde Edwin Spiro erneut verhaftet und ins KZ Welzheim verschleppt, wo er bis 31. Januar gefangen gehalten wurde. Am 20. Februar 1942 wurde er zum dritten Mal verhaftet und im KZ Welzheim gefangen gehalten, bis er am 2. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert wurde, wo er am 10. März 1943 umgebracht wurde. Im Rahmen der sogenannten Wiedergutmachung hat die Bundesrepublik Deutschland seiner Frau 3900 DM für erlittene Freiheitsentziehung und 3540 DM für Schaden im beruflichen Fortkommen ausgezahlt.<ref name="Redies" />
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| rowspan="4" | {{Anker|F}} {{SortKey|Fürststraße 7}}[[Fürststraße]] 7<br />
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{{Coordinate||Latitude=48.51766|Longitude=0599009|type=landmark}}
| Marx, Edith
| Edith Marx <br />(*1929; Flucht 1933)
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| Marx, Ludwig
| Ludwig Marx <br />(*1890; Flucht 1933)
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| Marx, Paula
| Paula Marx <br />(*1900; Flucht 1933)
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| rowspan="4" | {{SortKey|Fürststraße 7}}[[Fürststraße]] 7<br />
{{Coordinate||Latitude=48.514681|Longitude=9.058969|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Fürststraße 7.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Fürststraße 7 - Familie Erlanger.JPG|100px]]
{{Coordinate||Latitude=48.514681|Longitude=9.058969|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Fürststraße 7.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Fürststraße 7 - Familie Erlanger.JPG|100px]]
| Erlanger, Fanny
| Erlanger, Fanny
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| {{Anker|G}} {{SortKey|Goethestraße9}}[[Goethestraße]] 9<br />
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| Majer, Julie (*1883; gest. 1963)
| Julie Majer war Lehrerin und seit 1928 Mitglied der KPD Wohlfahrtsorganisation "Rote Hilfe" und arbeitete in der "Interessengemeinschaft oppositioneller Lehrer". 1934 versteckte sie in ihrer Wohnung mehrere Wochen lang den von der Gestapo verfolgten Kommunist Bader. 1937 Bader wurde später beim Fluchtversuch über die Schweizer Grenze verhaftet und gab unter Folter die Namen der Helfer preis. Sie wurde kurz von der Gestapo verhaftet und bekam ein "gerichtliches Dienstverfahren". 1938 wurde sie mit einem Berufsverbot als Lehrerin belegt und bestritt bis Kriegsende ihren Lebensunterhalt als Wäscheschneiderin in verschiedenen Haushalten. 1945 erhielt sie wohl eine Wiedergutmachung. 1961 kam sie in ein Altersheim der Evangelischen Schwesternschaft in Herrenberg.
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| rowspan="9" | {{Anker|H}} {{nowrap|{{SortKey|Hechinger Straße 9}}[[Hechinger Straße]] 9}}<br />
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{{Coordinate||Latitude=48.514378|Longitude=9.060549|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Hechinger Straße 9.jpg|100px]]<br /><br />
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| Victor Nathan Marx, der erste Sohn von Blanda Marx und Liebmann Marx, wurde am 10. Juli 1903 in Baisingen geboren. Mit seinen Eltern zog er 1906 nach Tübingen in die Herrenberger Straße 46. Nach der Grundschule besuchte er die ersten beiden Klassen des Gymnasiums und dann die Oberrealschule. Von 1928 bis 1938 war er in Tübingen als Textilkaufmann tätig. Victor Marx heiratete in Würzburg am 29. Januar 1932 Marga Rosenfeld, die am 13. Mai 1909 in Aub bei Ochsenfurt geboren wurde. Am 12. Juli 1933 kam in Tübingen ihre Tochter Ruth zur Welt. Sie war „ein echter Sonnenschein für die ganze Familie“ (Lit. 4) in Zeiten, die alles andere als leicht gewesen sind. Da Victor ab September 1938 in Tübingen nicht mehr als Textilkaufmann arbeiten konnte, zog er mit seiner Frau nach Stuttgart zu seinem Vetter Lothar Marx, in eine Wohnung direkt neben der Synagoge. Seine Tochter Ruth hatte er schon früher zu seiner Mutter Blanda Marx nach Héricourt im Elsass in Sicherheit gebracht. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 und dem Brand der Stuttgarter Synagoge wurde Victor verhaftet und war im KZ Welzheim bis zum 8. Januar 1939 inhaftiert. Nach seiner Entlassung war er bei einer Baufirma im Auftrag der NS-Behörden mit dem Abbruch der Stuttgarter Synagoge bis zum 15. Oktober 1941 beschäftigt. Ab Sommer 1939 lebte die Familie wieder gemeinsam in Stuttgart. Victor, Marga und Ruth wurden am 27. November 1941 mit weiteren 1050 Juden aus ganz Württemberg auf dem Stuttgarter Killesberg versammelt. Von dort aus wurden sie am 1. Dezember 1941 in drei qualvollen Tagen im Güterzug nach Riga transportiert. Die Familie Marx wurde dort im Lager Jungfernhof untergebracht. Victor schreibt (Lit. 1 S. 210): „So kam der 26. März 1942. Im lager wurde uns gesagt, dass alle Frauen mit Kindern vom Jungfernhof wegkämen, und zwar nach Dünamünde. Dort seien Krankenhäuser, Schulen und massiv gebaute Steinhäuser, wo sie wohnen könnten. Ich bat den Kommandanten, auch mich zu verschicken, was er jedoch ablehnte, da ich ein zu guter Arbeiter sei. Erst Monate später haben wir erfahren, was mit unseren Angehörigen geschah. Ersparen Sie mir, darüber zu berichten.“ (Sie wurden noch am selben Tag im Hochwald von Riga erschossen.) Victor blieb im Lager Jungfernhof bis zu dessen Auflösung im August 1944. Von dort führte ihn sein Leidensweg zunächst per Schiff in das KZ Stutthof bei Danzig. Danach kam er im Viehwagen in das überfüllte KZ Buchenwald für kurze Zeit und weiter in dessen Nebenlager Rhemsdorf. Unter unsagbaren Leiden wurden sie per Fußmarsch, bei dem über tausend Häftlinge starben, in ein Vernichtungslager in Leitmeritz getrieben und zuletzt weiter nach Theresienstadt. Dort wurde Victor am 10. Mai 1945 von den Russen befreit. Victor schreibt (Lit. 3, S. 211) „Anfang Juli 1945 kamen wir mit einem Omnibus nach Stuttgart. Im Oktober 1945 kam auch meine jetzige Frau, Hannelore Kahn, geboren am 19. August 1922 in Stuttgart, zu mir. Wir haben am 25. November 1945 in Stuttgart geheiratet und sind sehr glücklich geworden. 1946 emigrierten wir nach den USA, und sind am 20. Mai 1946 in New York angekommen. Wir haben einen Sohn, Larry, der 18 Jahre alt ist und die Universität besucht. Ich war immer ein guter Jude mit starkem Gottvertrauen, ohne das ich diese schweren Jahre nicht überstanden hätte.“ Bevor Victor Marx Deutschland verließ, ließ er Ende 1945 auf dem [[Jüdischer Friedhof|jüdischen Friedhof in Wankheim]] der Tübinger Juden eine erste Gedenktafel für 14 Opfer anbringen. Die Inschrift lautet: „Dies sind die Opfer der Gemeinde Tübingen welche von den Nazi gemordet wurden.“ (Lit. 3, S. 229). Mit der Errichtung dieses Gedenksteins auf dem jüdischen Friedhof in Wankheim erinnerte Victor Marx als einer der Ersten an die Opfer des Nazi-Regimes, unter ihnen seine Frau Marga und seine Tochter Ruth.<ref>Franziska Beck, Charlotte Jautz, Ana Stevanovic: [http://www.tuebingen.de/147.html#434.441 ''Tübinger Bürger jüdischen Glaubens: Ruth Marx (1933–1942).''] In: ''Schwäbisches Tagblatt.'' 3. November 2008.</ref> Victors zweite Frau, Hannelore Kahn, die eine entfernte Verwandte aus Stuttgart war, hatte ebenfalls eine furchtbare Zeit in Riga im Lager Jungfernhof überlebt. Sie hat ihr ganzes Leben „von Verzweiflung zum Glück“ in einem berührenden Buch beschrieben, das ihr Sohn larry Marx 2014 herausgegeben hat (Lit. 4). In diesem Buch beschreibt Victors zweite Frau im ersten Teil ihre zunächst glückliche Kindheit in Stuttgart, die in einer liebevollen Familie behütet war. Doch mit den zunehmenden Schikanen nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde ihre Jugend zerstört. Sie beschreibt ausführlich ihre Deportation nach Riga, wo auch ihre Eltern umkamen. Es folgt die Schilderung der Qualen eines schrecklichen Lagerlebens über mehrere Jahre und Stationen, bis sie nach einem Todesmarsch in Köslin in Pommern durch die Russen am 10. Mai 1945 befreit wurde. Sie musste aber noch bis Anfang Oktober für die Russen arbeiten und kam erst am 10. Oktober 1945 nach Stuttgart zurück, wo sie ihren Mann Victor Marx schon am 25. November 1945 heiratete (Lit. 1, S. 212). Ihr Ehemann Victor hat im lager Jungfernhof dasselbe Schicksal erlebt, aber sie sind sich in dieser Zeit nie begegnet. Im zweiten Teil des Buches von Hannelore werden die Schwierigkeiten eines Neuanfangs in den USA thematisiert. Aber es gelang Hannelore sich des neuen Lebens in Freiheit zu erfreuen. Sie erlebte das Glück ihrer Ehe und ihres erfüllten Familienlebens nach der Geburt ihres Sohnes Larry 1946 und später eines Enkels Evan Marx. Die Familie lebte in New York nicht allein, sondern hatte vielfältige Kontakte zu ihren jüdischen Verwandten in den USA. Victor starb am 25. April 1982 mit 79 Jahren in New York. Seine zweite Frau Hannelore hat ihn lange überlebt. Sie feierte 2014 mit Ihrer Familie ihren 92. Geburtstag und ist erst vor kurzem gestorben. Victor Marx hat über sein leben in mehreren Briefen berichtet: In Lit. 4, sowie an Lilly Zapf am 7. Dezember 1964 (Lit. 1, S. 209–211) und am 22. April 1973 (Lit. 1, S. 211–212).
| Victor Nathan Marx, der erste Sohn von Blanda Marx und Liebmann Marx, wurde am 10. Juli 1903 in Baisingen geboren. Mit seinen Eltern zog er 1906 nach Tübingen in die Herrenberger Straße 46. Nach der Grundschule besuchte er die ersten beiden Klassen des Gymnasiums und dann die Oberrealschule. Von 1928 bis 1938 war er in Tübingen als Textilkaufmann tätig. Victor Marx heiratete in Würzburg am 29. Januar 1932 Marga Rosenfeld, die am 13. Mai 1909 in Aub bei Ochsenfurt geboren wurde. Am 12. Juli 1933 kam in Tübingen ihre Tochter Ruth zur Welt. Sie war „ein echter Sonnenschein für die ganze Familie“ (Lit. 4) in Zeiten, die alles andere als leicht gewesen sind. Da Victor ab September 1938 in Tübingen nicht mehr als Textilkaufmann arbeiten konnte, zog er mit seiner Frau nach Stuttgart zu seinem Vetter Lothar Marx, in eine Wohnung direkt neben der Synagoge. Seine Tochter Ruth hatte er schon früher zu seiner Mutter Blanda Marx nach Héricourt im Elsass in Sicherheit gebracht. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 und dem Brand der Stuttgarter Synagoge wurde Victor verhaftet und war im KZ Welzheim bis zum 8. Januar 1939 inhaftiert. Nach seiner Entlassung war er bei einer Baufirma im Auftrag der NS-Behörden mit dem Abbruch der Stuttgarter Synagoge bis zum 15. Oktober 1941 beschäftigt. Ab Sommer 1939 lebte die Familie wieder gemeinsam in Stuttgart. Victor, Marga und Ruth wurden am 27. November 1941 mit weiteren 1050 Juden aus ganz Württemberg auf dem Stuttgarter Killesberg versammelt. Von dort aus wurden sie am 1. Dezember 1941 in drei qualvollen Tagen im Güterzug nach Riga transportiert. Die Familie Marx wurde dort im Lager Jungfernhof untergebracht. Victor schreibt (Lit. 1 S. 210): „So kam der 26. März 1942. Im lager wurde uns gesagt, dass alle Frauen mit Kindern vom Jungfernhof wegkämen, und zwar nach Dünamünde. Dort seien Krankenhäuser, Schulen und massiv gebaute Steinhäuser, wo sie wohnen könnten. Ich bat den Kommandanten, auch mich zu verschicken, was er jedoch ablehnte, da ich ein zu guter Arbeiter sei. Erst Monate später haben wir erfahren, was mit unseren Angehörigen geschah. Ersparen Sie mir, darüber zu berichten.“ (Sie wurden noch am selben Tag im Hochwald von Riga erschossen.) Victor blieb im Lager Jungfernhof bis zu dessen Auflösung im August 1944. Von dort führte ihn sein Leidensweg zunächst per Schiff in das KZ Stutthof bei Danzig. Danach kam er im Viehwagen in das überfüllte KZ Buchenwald für kurze Zeit und weiter in dessen Nebenlager Rhemsdorf. Unter unsagbaren Leiden wurden sie per Fußmarsch, bei dem über tausend Häftlinge starben, in ein Vernichtungslager in Leitmeritz getrieben und zuletzt weiter nach Theresienstadt. Dort wurde Victor am 10. Mai 1945 von den Russen befreit. Victor schreibt (Lit. 3, S. 211) „Anfang Juli 1945 kamen wir mit einem Omnibus nach Stuttgart. Im Oktober 1945 kam auch meine jetzige Frau, Hannelore Kahn, geboren am 19. August 1922 in Stuttgart, zu mir. Wir haben am 25. November 1945 in Stuttgart geheiratet und sind sehr glücklich geworden. 1946 emigrierten wir nach den USA, und sind am 20. Mai 1946 in New York angekommen. Wir haben einen Sohn, Larry, der 18 Jahre alt ist und die Universität besucht. Ich war immer ein guter Jude mit starkem Gottvertrauen, ohne das ich diese schweren Jahre nicht überstanden hätte.“ Bevor Victor Marx Deutschland verließ, ließ er Ende 1945 auf dem [[Jüdischer Friedhof|jüdischen Friedhof in Wankheim]] der Tübinger Juden eine erste Gedenktafel für 14 Opfer anbringen. Die Inschrift lautet: „Dies sind die Opfer der Gemeinde Tübingen welche von den Nazi gemordet wurden.“ (Lit. 3, S. 229). Mit der Errichtung dieses Gedenksteins auf dem jüdischen Friedhof in Wankheim erinnerte Victor Marx als einer der Ersten an die Opfer des Nazi-Regimes, unter ihnen seine Frau Marga und seine Tochter Ruth.<ref>Franziska Beck, Charlotte Jautz, Ana Stevanovic: [http://www.tuebingen.de/147.html#434.441 ''Tübinger Bürger jüdischen Glaubens: Ruth Marx (1933–1942).''] In: ''Schwäbisches Tagblatt.'' 3. November 2008.</ref> Victors zweite Frau, Hannelore Kahn, die eine entfernte Verwandte aus Stuttgart war, hatte ebenfalls eine furchtbare Zeit in Riga im Lager Jungfernhof überlebt. Sie hat ihr ganzes Leben „von Verzweiflung zum Glück“ in einem berührenden Buch beschrieben, das ihr Sohn larry Marx 2014 herausgegeben hat (Lit. 4). In diesem Buch beschreibt Victors zweite Frau im ersten Teil ihre zunächst glückliche Kindheit in Stuttgart, die in einer liebevollen Familie behütet war. Doch mit den zunehmenden Schikanen nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde ihre Jugend zerstört. Sie beschreibt ausführlich ihre Deportation nach Riga, wo auch ihre Eltern umkamen. Es folgt die Schilderung der Qualen eines schrecklichen Lagerlebens über mehrere Jahre und Stationen, bis sie nach einem Todesmarsch in Köslin in Pommern durch die Russen am 10. Mai 1945 befreit wurde. Sie musste aber noch bis Anfang Oktober für die Russen arbeiten und kam erst am 10. Oktober 1945 nach Stuttgart zurück, wo sie ihren Mann Victor Marx schon am 25. November 1945 heiratete (Lit. 1, S. 212). Ihr Ehemann Victor hat im lager Jungfernhof dasselbe Schicksal erlebt, aber sie sind sich in dieser Zeit nie begegnet. Im zweiten Teil des Buches von Hannelore werden die Schwierigkeiten eines Neuanfangs in den USA thematisiert. Aber es gelang Hannelore sich des neuen Lebens in Freiheit zu erfreuen. Sie erlebte das Glück ihrer Ehe und ihres erfüllten Familienlebens nach der Geburt ihres Sohnes Larry 1946 und später eines Enkels Evan Marx. Die Familie lebte in New York nicht allein, sondern hatte vielfältige Kontakte zu ihren jüdischen Verwandten in den USA. Victor starb am 25. April 1982 mit 79 Jahren in New York. Seine zweite Frau Hannelore hat ihn lange überlebt. Sie feierte 2014 mit Ihrer Familie ihren 92. Geburtstag und ist erst vor kurzem gestorben. Victor Marx hat über sein leben in mehreren Briefen berichtet: In Lit. 4, sowie an Lilly Zapf am 7. Dezember 1964 (Lit. 1, S. 209–211) und am 22. April 1973 (Lit. 1, S. 211–212).
| 2011-11-25
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| {{SortKey|Hegelstraße3}}[[Hegelstraße]] 3<br />
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| Frank, Gottlob (*1884; gest. 1970)
| Gottlob Frank war im Widerstand und der SPD. Nach Verletzung durch prügelnde NSDAP-Mitglieder bereits am 17.06.1932 wurde er als erster Sozialdemokrat am 24.03.1933 in KZ-Haft auf den Heuberg genommen. Entlassen wurde er am 19.05.1933.
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| {{SortKey|Herrenberger Straße 11}}[[Herrenberger Straße]] 11<br />
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| Hilb, Johanna  (* 1861; gest. 1945)
| Johanna Hilb ist am 17.9.1861 in Haigerloch als erstes Kind der Familie Jacobi geboren. Sie hatte drei Schwestern und drei Brüder. Ihr Vater Jacobi war 21 Jahre lang Lehrer an der jüdischen Schule in Haigerloch. Der Vater unterstütze, obwohl durchaus orthodox, als erster Haigerlocher Jude seine Frau darin, nicht die übliche Perücke zu tragen. Nach der Pensionierung ihres Vaters, Johanna war da 17 Jahre alt, zog die Familie 1878 nach Tübingen in die [[Neckargasse]] 2, dem Rumpff'schen Haus, wo ihr Vater nun ein Tabakgeschäft führte. Noch heute zeigt die Bemalung des Hauses den Schriftzug "Rumpff Cigarren". Später zogen sie in die Neckargasse 11 und betrieben dort ein Textilwarengeschäft. Die Familie galt als wohlhabend. Johannas Vater war Gründer einer der jüdischen Tübinger [[Tübinger Studien- und Familienstiftungen|Stiftungen]], der sogenannten Jacobi-Stiftung, die caritativen Zwecken diente. In Tübingen heiratete Johanna am 8.7.1889 den Kaufmann Josef Hilb, der ebenfalls aus Haigerloch stammte. Danach wohnten sie vermutlich in Ludwigsburg. Ihr Mann war dort Inhaber eines Geschäfts für Weiß- und Handarbeitswaren. Johanna und Josef Hilb bekamen keine Kinder. Josef Hilb verstarb bereits am 13.1.1900 mit 48 Jahren. Sie zog nach einem halben Jahr zurück nach Tübingen zu ihren Eltern. Im Jahr darauf verstarb auch Johanns Vater. Danach wohnte sie 24 Jahre mit ihrer Mutter Friedericke in der Herrenbergerstraße 11 1/2, bis zu deren Tod 1925. Beide Eltern liegen auf den [[Jüdischer Friedhof Wankheim|jüdischen Friedhof in Wankheim]] begraben. Am 26.8.1937 verkaufte Johanna im Zuge der Zwangsenteignung ihr Haus an den Tübinger Kaufmann Georg Hoffmann und floh nach 58 Tübinger Jahren am 10.10.1937 zunächst zu ihrer Schwester Jeanette Lewysohn nach Berlin. Vor dort aus flohen beide am mai 1939 weiter nach London. Um sie bei Kriegsausbruch in Sicherheit zu bringen, wurde wie von ihrer Nichte nach Buckland Common geholt. dort lebten die beiden Schwestern zusammen in einem kleinen Haus, das sie Hedgerose nannten. Johanna starb mit 84 Jahren am 5.10.1945, sie hat also den Zusammenbruch des Hitleregimes noch erlebt. Ihre Schwester starb acht Jahre später.
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| Marx, Blanda<br />(*1878; gest. 1942)
| Marx, Blanda<br />(*1878; gest. 1942)
| Blanda Marx, geborene Schwarz, wurde am 8. Dezember 1878 in Rexingen geboren. Ihr Vater, Hermann Schwarz, war vom Beruf ein Handelsmann und ihre Mutter Ernestine, geborene Löwengart, war Hausfrau (Lit. 3 S. 230). Blanda heiratete in Rexingen am 26. November 1902 den Viehhändler Liebmann Marx, der am 16. Februar 1870 in Baisingen bei Rottenburg geboren wurde. 1906 zog er nach Tübingen und kaufte ein Ziegelei-Anwesen in der Herrenberger Straße 46, um dort einen Viehhandel zu betreiben. Blanda und Liebmann hatten zwei Söhne: Victor wurde am 10. Juli 1903 und Egon am 26. November 1904, beide in Baisingen geboren. Das dritte Kind des Ehepaars, die Tochter Meda Marx, wurde nur wenige Wochen alt. Sie wurde am 11. Januar 1906 in Baisingen geboren und starb bereits kurz nach der Geburt am 16. Februar 1906. Auch der Vater Liebmann Marx wurde nicht sehr alt: er verstarb am 10. September 1923 in Tübingen im Alter von 53 Jahren. Er ist auf dem Wankheimer Friedhof beerdigt (Grabstein Nr. 121 Lit. 3, S. 209). Über Blandas Leben ist uns nichts berichtet. Als Beruf ist Hausfrau angegeben. es ist daher anzunehmen, dass sie das typische leben einer jüdischen Mutter und Hausfrau der damaligen Zeit führte. Das heißt, sie führte den Haushalt und kümmerte sich um die Erziehung und Bildung ihrer Söhne. nach dem Gymnasialbesuch erlernten Victor und Egon den Beruf des Textilkaufmanns. Blanda lebte nach dem frühen Tod ihres Mannes zunächst weiter in der Herrenberger Straße 46, bis sie am 3. Februar 1934 zu ihrem zweiten Sohn Egon nach Héricourt im Elsass flüchtete. Dort wurde sie im Oktober 1942 verhaftet und kam in die französischen Gefängnisse Lure und Drancy. Am 6. November 1942 wurde sie nach Auschwitz deportiert und dort ermordet (Lit. 2, S. 57). Für Blanda Marx´ ersten Sohn Victor Marx, seine Frau Marga Marx, geborene Rosenfeld, und ihre Tochter Ruth Marx wurden bereits im Jahr 2011 Stolpersteine in Tübingen vor ihrem Wohnhaus in der Hechinger Straße 9 in der Südstadt verlegt.
| Blanda Marx, geborene Schwarz, wurde am 8. Dezember 1878 in Rexingen geboren. Ihr Vater, Hermann Schwarz, war vom Beruf ein Handelsmann und ihre Mutter Ernestine, geborene Löwengart, war Hausfrau (Lit. 3 S. 230). Blanda heiratete in Rexingen am 26. November 1902 den Viehhändler Liebmann Marx, der am 16. Februar 1870 in Baisingen bei Rottenburg geboren wurde. 1906 zog er nach Tübingen und kaufte ein Ziegelei-Anwesen in der Herrenberger Straße 46, um dort einen Viehhandel zu betreiben. Blanda und Liebmann hatten zwei Söhne: Victor wurde am 10. Juli 1903 und Egon am 26. Februar 1904, beide in Baisingen geboren. Das dritte Kind des Ehepaars, die Tochter Meda Marx, wurde nur wenige Wochen alt. Sie wurde am 11. Januar 1906 in Baisingen geboren und starb bereits kurz nach der Geburt am 16. Februar 1906. Auch der Vater Liebmann Marx wurde nicht sehr alt: er verstarb am 10. September 1923 in Tübingen im Alter von 53 Jahren. Er ist auf dem Wankheimer Friedhof beerdigt (Grabstein Nr. 121 Lit. 3, S. 209). Über Blandas Leben ist uns nichts berichtet. Als Beruf ist Hausfrau angegeben. es ist daher anzunehmen, dass sie das typische leben einer jüdischen Mutter und Hausfrau der damaligen Zeit führte. Das heißt, sie führte den Haushalt und kümmerte sich um die Erziehung und Bildung ihrer Söhne. nach dem Gymnasialbesuch erlernten Victor und Egon den Beruf des Textilkaufmanns. Blanda lebte nach dem frühen Tod ihres Mannes zunächst weiter in der Herrenberger Straße 46, bis sie am 3. Februar 1934 zu ihrem zweiten Sohn Egon nach Héricourt im Elsass flüchtete. Dort wurde sie im Oktober 1942 verhaftet und kam in die französischen Gefängnisse Lure und Drancy. Am 6. November 1942 wurde sie nach Auschwitz deportiert und dort ermordet (Lit. 2, S. 57). Für Blanda Marx´ ersten Sohn Victor Marx, seine Frau Marga Marx, geborene Rosenfeld, und ihre Tochter Ruth Marx wurden bereits im Jahr 2011 Stolpersteine in Tübingen vor ihrem Wohnhaus in der Hechinger Straße 9 in der Südstadt verlegt.
| 2020-07-13
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| Marx, Victor Nathan
| (Marx, Victor Nathan)
| '''Bereits 2011 wurde der Stolperstein in Tübingen in der Hechinger Straße 9 verlegt.''' Victor Nathan Marx, der erste Sohn von Blanda Marx und Liebmann Marx, wurde am 10. Juli 1903 in Baisingen geboren. Mit seinen Eltern zog er 1906 nach Tübingen in die Herrenberger Straße 46. Nach der Grundschule besuchte er die ersten beiden Klassen des Gymnasiums und dann die Oberrealschule. Von 1928 bis 1938 war er in Tübingen als Textilkaufmann tätig. Victor Marx heiratete in Würzburg am 29. Januar 1932 Marga Rosenfeld, die am 13. Mai 1909 in Aub bei Ochsenfurt geboren wurde. Am 12. Juli 1933 kam in Tübingen ihre Tochter Ruth zur Welt. Sie war „ein echter Sonnenschein für die ganze Familie“ (Lit. 4) in Zeiten, die alles andere als leicht gewesen sind. Da Victor ab September 1938 in Tübingen nicht mehr als Textilkaufmann arbeiten konnte, zog er mit seiner Frau nach Stuttgart zu seinem Vetter Lothar Marx, in eine Wohnung direkt neben der Synagoge. Seine Tochter Ruth hatte er schon früher zu seiner Mutter Blanda Marx nach Héricourt im Elsass in Sicherheit gebracht. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 und dem Brand der Stuttgarter Synagoge wurde Victor verhaftet und war im KZ Welzheim bis zum 8. Januar 1939 inhaftiert. Nach seiner Entlassung war er bei einer Baufirma im Auftrag der NS-Behörden mit dem Abbruch der Stuttgarter Synagoge bis zum 15. Oktober 1941 beschäftigt. Ab Sommer 1939 lebte die Familie wieder gemeinsam in Stuttgart. Victor, Marga und Ruth wurden am 27. November 1941 mit weiteren 1050 Juden aus ganz Württemberg auf dem Stuttgarter Killesberg versammelt. Von dort aus wurden sie am 1. Dezember 1941 in drei qualvollen Tagen im Güterzug nach Riga transportiert. Die Familie Marx wurde dort im Lager Jungfernhof untergebracht. Victor schreibt (Lit. 1 S. 210): „So kam der 26. März 1942. Im lager wurde uns gesagt, dass alle Frauen mit Kindern vom Jungfernhof wegkämen, und zwar nach Dünamünde. Dort seien Krankenhäuser, Schulen und massiv gebaute Steinhäuser, wo sie wohnen könnten. Ich bat den Kommandanten, auch mich zu verschicken, was er jedoch ablehnte, da ich ein zu guter Arbeiter sei. Erst Monate später haben wir erfahren, was mit unseren Angehörigen geschah. Ersparen Sie mir, darüber zu berichten.“ (Sie wurden noch am selben Tag im Hochwald von Riga erschossen.) Victor blieb im Lager Jungfernhof bis zu dessen Auflösung im August 1944. Von dort führte ihn sein Leidensweg zunächst per Schiff in das KZ Stutthof bei Danzig. Danach kam er im Viehwagen in das überfüllte KZ Buchenwald für kurze Zeit und weiter in dessen Nebenlager Rhemsdorf. Unter unsagbaren Leiden wurden sie per Fußmarsch, bei dem über tausend Häftlinge starben, in ein Vernichtungslager in Leitmeritz getrieben und zuletzt weiter nach Theresienstadt. Dort wurde Victor am 10. Mai 1945 von den Russen befreit. Victor schreibt (Lit. 3, S. 211) „Anfang Juli 1945 kamen wir mit einem Omnibus nach Stuttgart. Im Oktober 1945 kam auch meine jetzige Frau, Hannelore Kahn, geboren am 19. August 1922 in Stuttgart, zu mir. Wir haben am 25. November 1945 in Stuttgart geheiratet und sind sehr glücklich geworden. 1946 emigrierten wir nach den USA, und sind am 20. Mai 1946 in New York angekommen. Wir haben einen Sohn, Larry, der 18 Jahre alt ist und die Universität besucht. Ich war immer ein guter Jude mit starkem Gottvertrauen, ohne das ich diese schweren Jahre nicht überstanden hätte.“ Bevor Victor Marx Deutschland verließ, ließ er Ende 1945 auf dem Wankheimer Friedhof der Tübinger Juden eine erste Gedenktafel für 14 Opfer anbringen. Die Inschrift lautet: „Dies sind die Opfer der Gemeinde Tübingen welche von den Nazi gemordet wurden.“ (Lit. 3, S. 229) Victors zweite Frau, Hannelore Kahn, die eine entfernte Verwandte aus Stuttgart war, hatte ebenfalls eine furchtbare Zeit in Riga im Lager Jungfernhof überlebt. Sie hat ihr ganzes Leben „von Verzweiflung zum Glück“ in einem berührenden Buch beschrieben, das ihr Sohn larry Marx 2014 herausgegeben hat (Lit. 4). In diesem Buch beschreibt Victors zweite Frau im ersten Teil ihre zunächst glückliche Kindheit in Stuttgart, die in einer liebevollen Familie behütet war. Doch mit den zunehmenden Schikanen nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde ihre Jugend zerstört. Sie beschreibt ausführlich ihre Deportation nach Riga, wo auch ihre Eltern umkamen. Es folgt die Schilderung der Qualen eines schrecklichen Lagerlebens über mehrere Jahre und Stationen, bis sie nach einem Todesmarsch in Köslin in Pommern durch die Russen am 10. Mai 1945 befreit wurde. Sie musste aber noch bis Anfang Oktober für die Russen arbeiten und kam erst am 10. Oktober 1945 nach Stuttgart zurück, wo sie ihren Mann Victor Marx schon am 25. November 1945 heiratete (Lit. 1, S. 212). Ihr Ehemann Victor hat im lager Jungfernhof dasselbe Schicksal erlebt, aber sie sind sich in dieser Zeit nie begegnet. Im zweiten Teil des Buches von Hannelore werden die Schwierigkeiten eines Neuanfangs in den USA thematisiert. Aber es gelang Hannelore sich des neuen Lebens in Freiheit zu erfreuen. Sie erlebte das Glück ihrer Ehe und ihres erfüllten Familienlebens nach der Geburt ihres Sohnes Larry 1946 und später eines Enkels Evan Marx. Die Familie lebte in New York nicht allein, sondern hatte vielfältige Kontakte zu ihren jüdischen Verwandten in den USA. Victor starb am 25. April 1982 mit 79 Jahren in New York. Seine zweite Frau Hannelore hat ihn lange überlebt. Sie feierte 2014 mit Ihrer Familie ihren 92. Geburtstag und ist erst vor kurzem gestorben. Victor Marx hat über sein leben in mehreren Briefen berichtet: In Lit. 4, sowie an Lilly Zapf am 7. Dezember 1964 (Lit. 1, S. 209–211) und am 22. April 1973 (Lit. 1, S. 211–212). Für Victor, Marga und Ruth Marx wurden in Tübingen bereits im Jahr 2011 Stolpersteine vor ihrem Wohnhaus in der Hechinger Straße 9 in der Südstadt verlegt. Im Loretto Areal gibt es eine Ruth-Marx-Straße, welche an die achtjährige Ruth Marx erinnert, den „Sonnenschein“.
| '''Bereits 2011 wurde der Stolperstein in Tübingen in der Hechinger Straße 9 verlegt.''' Victor Nathan Marx, der erste Sohn von Blanda Marx und Liebmann Marx, wurde am 10. Juli 1903 in Baisingen geboren. Mit seinen Eltern zog er 1906 nach Tübingen in die Herrenberger Straße 46. Nach der Grundschule besuchte er die ersten beiden Klassen des Gymnasiums und dann die Oberrealschule. Von 1928 bis 1938 war er in Tübingen als Textilkaufmann tätig. Victor Marx heiratete in Würzburg am 29. Januar 1932 Marga Rosenfeld, die am 13. Mai 1909 in Aub bei Ochsenfurt geboren wurde. Am 12. Juli 1933 kam in Tübingen ihre Tochter Ruth zur Welt. Sie war „ein echter Sonnenschein für die ganze Familie“ (Lit. 4) in Zeiten, die alles andere als leicht gewesen sind. Da Victor ab September 1938 in Tübingen nicht mehr als Textilkaufmann arbeiten konnte, zog er mit seiner Frau nach Stuttgart zu seinem Vetter Lothar Marx, in eine Wohnung direkt neben der Synagoge. Seine Tochter Ruth hatte er schon früher zu seiner Mutter Blanda Marx nach Héricourt im Elsass in Sicherheit gebracht. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 und dem Brand der Stuttgarter Synagoge wurde Victor verhaftet und war im KZ Welzheim bis zum 8. Januar 1939 inhaftiert. Nach seiner Entlassung war er bei einer Baufirma im Auftrag der NS-Behörden mit dem Abbruch der Stuttgarter Synagoge bis zum 15. Oktober 1941 beschäftigt. Ab Sommer 1939 lebte die Familie wieder gemeinsam in Stuttgart. Victor, Marga und Ruth wurden am 27. November 1941 mit weiteren 1050 Juden aus ganz Württemberg auf dem Stuttgarter Killesberg versammelt. Von dort aus wurden sie am 1. Dezember 1941 in drei qualvollen Tagen im Güterzug nach Riga transportiert. Die Familie Marx wurde dort im Lager Jungfernhof untergebracht. Victor schreibt (Lit. 1 S. 210): „So kam der 26. März 1942. Im lager wurde uns gesagt, dass alle Frauen mit Kindern vom Jungfernhof wegkämen, und zwar nach Dünamünde. Dort seien Krankenhäuser, Schulen und massiv gebaute Steinhäuser, wo sie wohnen könnten. Ich bat den Kommandanten, auch mich zu verschicken, was er jedoch ablehnte, da ich ein zu guter Arbeiter sei. Erst Monate später haben wir erfahren, was mit unseren Angehörigen geschah. Ersparen Sie mir, darüber zu berichten.“ (Sie wurden noch am selben Tag im Hochwald von Riga erschossen.) Victor blieb im Lager Jungfernhof bis zu dessen Auflösung im August 1944. Von dort führte ihn sein Leidensweg zunächst per Schiff in das KZ Stutthof bei Danzig. Danach kam er im Viehwagen in das überfüllte KZ Buchenwald für kurze Zeit und weiter in dessen Nebenlager Rhemsdorf. Unter unsagbaren Leiden wurden sie per Fußmarsch, bei dem über tausend Häftlinge starben, in ein Vernichtungslager in Leitmeritz getrieben und zuletzt weiter nach Theresienstadt. Dort wurde Victor am 10. Mai 1945 von den Russen befreit. Victor schreibt (Lit. 3, S. 211) „Anfang Juli 1945 kamen wir mit einem Omnibus nach Stuttgart. Im Oktober 1945 kam auch meine jetzige Frau, Hannelore Kahn, geboren am 19. August 1922 in Stuttgart, zu mir. Wir haben am 25. November 1945 in Stuttgart geheiratet und sind sehr glücklich geworden. 1946 emigrierten wir nach den USA, und sind am 20. Mai 1946 in New York angekommen. Wir haben einen Sohn, Larry, der 18 Jahre alt ist und die Universität besucht. Ich war immer ein guter Jude mit starkem Gottvertrauen, ohne das ich diese schweren Jahre nicht überstanden hätte.“ Bevor Victor Marx Deutschland verließ, ließ er Ende 1945 auf dem Wankheimer Friedhof der Tübinger Juden eine erste Gedenktafel für 14 Opfer anbringen. Die Inschrift lautet: „Dies sind die Opfer der Gemeinde Tübingen welche von den Nazi gemordet wurden.“ (Lit. 3, S. 229) Victors zweite Frau, Hannelore Kahn, die eine entfernte Verwandte aus Stuttgart war, hatte ebenfalls eine furchtbare Zeit in Riga im Lager Jungfernhof überlebt. Sie hat ihr ganzes Leben „von Verzweiflung zum Glück“ in einem berührenden Buch beschrieben, das ihr Sohn larry Marx 2014 herausgegeben hat (Lit. 4). In diesem Buch beschreibt Victors zweite Frau im ersten Teil ihre zunächst glückliche Kindheit in Stuttgart, die in einer liebevollen Familie behütet war. Doch mit den zunehmenden Schikanen nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurde ihre Jugend zerstört. Sie beschreibt ausführlich ihre Deportation nach Riga, wo auch ihre Eltern umkamen. Es folgt die Schilderung der Qualen eines schrecklichen Lagerlebens über mehrere Jahre und Stationen, bis sie nach einem Todesmarsch in Köslin in Pommern durch die Russen am 10. Mai 1945 befreit wurde. Sie musste aber noch bis Anfang Oktober für die Russen arbeiten und kam erst am 10. Oktober 1945 nach Stuttgart zurück, wo sie ihren Mann Victor Marx schon am 25. November 1945 heiratete (Lit. 1, S. 212). Ihr Ehemann Victor hat im lager Jungfernhof dasselbe Schicksal erlebt, aber sie sind sich in dieser Zeit nie begegnet. Im zweiten Teil des Buches von Hannelore werden die Schwierigkeiten eines Neuanfangs in den USA thematisiert. Aber es gelang Hannelore sich des neuen Lebens in Freiheit zu erfreuen. Sie erlebte das Glück ihrer Ehe und ihres erfüllten Familienlebens nach der Geburt ihres Sohnes Larry 1946 und später eines Enkels Evan Marx. Die Familie lebte in New York nicht allein, sondern hatte vielfältige Kontakte zu ihren jüdischen Verwandten in den USA. Victor starb am 25. April 1982 mit 79 Jahren in New York. Seine zweite Frau Hannelore hat ihn lange überlebt. Sie feierte 2014 mit Ihrer Familie ihren 92. Geburtstag und ist erst vor kurzem gestorben. Victor Marx hat über sein leben in mehreren Briefen berichtet: In Lit. 4, sowie an Lilly Zapf am 7. Dezember 1964 (Lit. 1, S. 209–211) und am 22. April 1973 (Lit. 1, S. 211–212). Für Victor, Marga und Ruth Marx wurden in Tübingen bereits im Jahr 2011 Stolpersteine vor ihrem Wohnhaus in der Hechinger Straße 9 in der Südstadt verlegt. Im Loretto Areal gibt es eine Ruth-Marx-Straße, welche an die achtjährige Ruth Marx erinnert, den „Sonnenschein“.
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| Egon Elajahu Marx wurde am 26. November 1904 in Baisingen geboren. Er ist der zweite Sohn von Blanda Marx und der jüngere Bruder von Victor Marx. Die Familie lebte ab 1906 in Tübingen in der Herrenberger Straße 46. Egon und Victor besuchten in Tübingen die Realschule (heute Kepler-Gymnasium). Sie absolvierten in Stuttgart und Offenbach eine kaufmännische Lehre. Danach betrieben sie in dem elterlichen Haus in der Herrenberger Straße 46 gemeinsam ein eigenes Geschäft für Aussteuerware, speziell für Federbetten. (Lit. 2) Außerdem engagierte sich Egon Marx politisch: Ab 1926 war er Mitglied der SPD. zusätzlich war er Gründungsmitglied und Bannerträger beim Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Bei der Tübinger Arbeiterwohlfahrt war er ebenfalls Gründungsmitglied und wirkte dort als Schriftführer. Im Juni 1933 konnte Egon Marx mit Hilfe des Tübinger Polizeidirektors einen Pass und eine reguläre Auswanderungsgenehmigung für das Oberelsass erhalten. Er wurde von einem Flüchtlingskomitee in Mulhouse aufgenommen und musste nun erst die französische Sprache erlernen. Arbeit fand er als Vertreter in Belfort, sein Wohnsitz war im 10 km entfernten Héricourt. Dorthin folgte ihm am 3. Februar 1934 seine Mutter Blanda Marx. Die erhoffte Rettung wurde das für sie nicht: Sie wurde dort im Oktober 1942 verhaftet und am 6. November 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die Hochzeit ihres Sohnes hatte sie jedoch mitfeiern können: Egon Marx heiratete am 4. Juni 1939 die französische Jüdin Odette Weiler aus Genf. Als ehemaliger Deutscher wurde Egon nach Kriegsbeginn interniert, er konnte sich jedoch 1940 als Kriegsfreiwilliger für die Fremdenlegion melden. Am 4. Januar 1941 wurde er aus dem Kriegsdienst nach Lyon entlassen. Seine Frau Odette war schon am 14. Juli 1940 aus dem Elsass ausgewiesen worden und zu ihren Eltern nach Genf gezogen. Dort lebte Egon mit falschen Papieren, bis er 1943 verhaftet wurde. Dieser Verhaftung konnte er aber entkommen. Bis Kriegsende lebte er versteckt im Untergrund und war aktiv in der französischen Widerstandsbewegung (Maquis) tätig. 1945 kehrte er mit seiner Familie und seinen Schwiegereltern nach Héricourt in seine, längst von den Deutschen geplünderte Wohnung, zurück. Dort konnte er 1951 als einziger aus Deutschland stammender Jude ein eigenes Textilgeschäft eröffnen. Egon und Odette hatten zwei Söhne: Alain Marx, geboren am 12. Oktober 1943, und Yves Marx, geboren am 14. Dezember 1945. Alain studierte politische Wissenschaft und Yves war im Textilwarengeschäft seines Vaters tätig. Er sollte der Nachfolger seines Vaters in diesem Geschäft werden, war aber um 1965, beim Militär eingezogen als der Vater völlig unerwartet am 28. Oktober 1965 in Héricourt gestorben ist. Mit seiner Ehefrau Odette ist er im jüdischen Friedhof von Belfort beerdigt (mündliche Auskunft). Sein Geschäft (unter der Adresse: Etablissement E. Marx, 16, Vaubourg de Besançon Héricourt) existiert heute nicht mehr.
| Egon Elajahu Marx wurde am 26. November 1904 in Baisingen geboren. Er ist der zweite Sohn von Blanda Marx und der jüngere Bruder von Victor Marx. Die Familie lebte ab 1906 in Tübingen in der Herrenberger Straße 46. Egon und Victor besuchten in Tübingen die Realschule (heute Kepler-Gymnasium). Sie absolvierten in Stuttgart und Offenbach eine kaufmännische Lehre. Danach betrieben sie in dem elterlichen Haus in der Herrenberger Straße 46 gemeinsam ein eigenes Geschäft für Aussteuerware, speziell für Federbetten. (Lit. 2) Außerdem engagierte sich Egon Marx politisch: Ab 1926 war er Mitglied der SPD. zusätzlich war er Gründungsmitglied und Bannerträger beim Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Bei der Tübinger Arbeiterwohlfahrt war er ebenfalls Gründungsmitglied und wirkte dort als Schriftführer. Im Juni 1933 konnte Egon Marx mit Hilfe des Tübinger Polizeidirektors einen Pass und eine reguläre Auswanderungsgenehmigung für das Oberelsass erhalten. Er wurde von einem Flüchtlingskomitee in Mulhouse aufgenommen und musste nun erst die französische Sprache erlernen. Arbeit fand er als Vertreter in Belfort, sein Wohnsitz war im 10 km entfernten Héricourt. Dorthin folgte ihm am 3. Februar 1934 seine Mutter Blanda Marx. Die erhoffte Rettung wurde das für sie nicht: Sie wurde dort im Oktober 1942 verhaftet und am 6. November 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die Hochzeit ihres Sohnes hatte sie jedoch mitfeiern können: Egon Marx heiratete am 4. Juni 1939 die französische Jüdin Odette Weiler aus Genf. Als ehemaliger Deutscher wurde Egon nach Kriegsbeginn interniert, er konnte sich jedoch 1940 als Kriegsfreiwilliger für die Fremdenlegion melden. Am 4. Januar 1941 wurde er aus dem Kriegsdienst nach Lyon entlassen. Seine Frau Odette war schon am 14. Juli 1940 aus dem Elsass ausgewiesen worden und zu ihren Eltern nach Genf gezogen. Dort lebte Egon mit falschen Papieren, bis er 1943 verhaftet wurde. Dieser Verhaftung konnte er aber entkommen. Bis Kriegsende lebte er versteckt im Untergrund und war aktiv in der französischen Widerstandsbewegung (Maquis) tätig. 1945 kehrte er mit seiner Familie und seinen Schwiegereltern nach Héricourt in seine, längst von den Deutschen geplünderte Wohnung, zurück. Dort konnte er 1951 als einziger aus Deutschland stammender Jude ein eigenes Textilgeschäft eröffnen. Egon und Odette hatten zwei Söhne: Alain Marx, geboren am 12. Oktober 1943, und Yves Marx, geboren am 14. Dezember 1945. Alain studierte politische Wissenschaft und Yves war im Textilwarengeschäft seines Vaters tätig. Er sollte der Nachfolger seines Vaters in diesem Geschäft werden, war aber um 1965, beim Militär eingezogen als der Vater völlig unerwartet am 28. Oktober 1965 in Héricourt gestorben ist. Mit seiner Ehefrau Odette ist er im jüdischen Friedhof von Belfort beerdigt (mündliche Auskunft). Sein Geschäft (unter der Adresse: Etablissement E. Marx, 16, Vaubourg de Besançon Héricourt) existiert heute nicht mehr.
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| {{SortKey|Herrenberger Straße 77}}[[Herrenberger Straße]] 77
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| Scholz, Gustav<br />(*1916; gest. 1940)
|rowspan="2" | {{nowrap|{{SortKey|Hirschgasse1}}[[Hirschgasse]] 1}}<br />{{Coordinate||Latitude=48.52043|Longitude=9.05439|type=landmark}}<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]-->
| Gustav Scholz wurde am 23.06.1916 in Tübingen geboren. Seine Eltern Feodor und Maria Scholz stammen aus dem Bezirk Breslau und waren Schriftsetzer. Bis 1921 lebte die Familie in der Herrenberger Straße 77, bevor sie ohne Gustav nach Stuttgart zogen. Der fünfjährige Gustav war da bereits seit 2 Jahren in einer Heilanstalt in Schussenried eingewiesen worden, da er unter Epilepsie litt. Am 1.07.1940 wurde er in die Anstalt Liebenau verlegt. Drei Wochen späte, am 22.07.1940, wurde er in die Vernichtungsanstalt Grafeneck eingeliefert und noch am selben Tag im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
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| {{SortKey|Hirschauer Straße2}}[[Hirschauer Straße]] 2
| Finckh, Heinrich<br />(*1903; gest. 1940)
| Heinrich Ernst Eugen Finckh wurde am 7.05.1903 in Wiesensteig oder Tübingen (vgl. Broschüre) als Sohn des Forstmeisters Karl Julius Alfred Finckh und Berta Adelheid Finckh (geb. Knorr) geboren. Er hatte zwei Brüder und eine Schwester: Heinrich Walter (*27.12.1000), Max (*8.12.1909)und Luise (*4.12.1898). Der Großvater war Wilhelm Friedrich Finckh war Obertribunalrat in Tübingen, der Urgroßvater Wilhelm Friedrich Philipp Kuhn Oberjustizrat. Die Familie wohnte in der Hirschauer Straße 2. Von 1909 bis 1917 besuchte Heinrich Finckh die Lateinschule in Gaildorf. Von 1917 bis 1920 die Schule in (Schwäbisch?) Hall. Er beschreibt sich 1920 selber als an einer "Gemütsverstimmung" leidend. Der Vater stuft das als Depression ein und weißt den Sohn vom 12.07. bis 7.08.1920 in die Nervenklinik ein. Dach beschreibt er sich als "erholt". Vermutlich hat er Ostern 1921 seine Matura (heute Abitur) bestanden. Er studierte danach Architektur und war dann Diplom-Ingenieur und Architekt. In einem Arztbericht vom 10.09.1929 wird beschrieben, dass er Stimmen höre und dass er sich allein und von keinen gemocht empfindet. Er bekommt die Diagnose Schizophrenie, die sich aus heutiger Sicht nicht umbedingt bestätigen lässt. Am 18.01.1930 wird er in Christophsbad in Göppingen in die Heilanstalt als "unheilbar" aufgenommen. Am 26.06.1940 wird er nach Weißenau verlegt. Von dort erfolgt eine Anfrage an den Bürgermeister in Tübingen bezüglich der erbbiologischen Bestandsaufnahme der Anstaltsinsassen und ihrer "Sippen" - so die damalige Ausdrucksweise. Der Heilanstalt soll eine Auskunft über die gesundheitlichen Verhältnisse in körperlicher und geistiger Beziehung über die Familie Finckh/Knorr und deren Verwandtschaft gegeben werden. Am 5.12.1940 wird Heinrich Finckh nach Grafeneck verlegt und mutmaßlich noch am selben Tag im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
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|rowspan="2" | {{nowrap|{{SortKey|Hirschgasse1}}[[Hirschgasse]] 1}}<br />{{Coordinate||Latitude=48.52043|Longitude=9.05439|type=landmark}}<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />-->[[Datei:Stolpersteine Rosalie Weil Tübingen Hirschgasse 1.jpg|100px]]
| Weil, Rosalie<br />(*1871; gest. 1940)
| Weil, Rosalie<br />(*1871; gest. 1940)
| Rosalie Herrmann wurde am 20. August 1871 in Stuttgart in einer jüdischen Familie geboren. Am 9. April 1896 heiratete sie in Stuttgart Sigmund Weil und zog mit ihm am 26. Januar 1903 nach Tübingen. Dort wurde Sigmund Weil zusammen mit seinem Bruder Albert Teilhaber am Verlag der „Tübinger Chronik“. Heimwehkrank nach Stuttgart, wurde sie bereits am 13. November 1903 in die Heil- und Pflegeanstalt Schussenried eingeliefert; die Ehe wurde am 1. Mai 1907 geschieden. Am 9. Juli 1940 wurde sie mit einem Transport von 75 Patienten aus Schussenried in die Tötungsanstalt Grafeneck gebracht, wo sie der „Euthanasie“-Aktion „T4“ zum Opfer fiel.
| Rosalie Herrmann wurde am 20. August 1871 in Stuttgart in einer jüdischen Familie geboren. Am 9. April 1896 heiratete sie in Stuttgart Sigmund Weil und zog mit ihm am 26. Januar 1903 nach Tübingen. Dort wurde Sigmund Weil zusammen mit seinem Bruder Albert Teilhaber am Verlag der „Tübinger Chronik“. Heimwehkrank nach Stuttgart, wurde sie bereits am 13. November 1903 in die Heil- und Pflegeanstalt Schussenried eingeliefert; die Ehe wurde am 1. Mai 1907 geschieden. Am 9. Juli 1940 wurde sie mit einem Transport von 75 Patienten aus Schussenried in die Tötungsanstalt Grafeneck gebracht, wo sie der „Euthanasie“-Aktion „T4“ zum Opfer fiel.
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| rowspan="3" | {{SortKey|Holzmarkt2}}[[Holzmarkt]] 2<br />
| rowspan="2" | {{SortKey|Holzmarkt2}}[[Holzmarkt]] 2<br />
{{Coordinate||Latitude=48.520310|Longitude=9.055555|type=landmark}}<br />[[Datei:Haus in Tübingen Am Holzmarkt 2.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine Tübingen Am Holzmarkt 2 Fam Katz.jpg|100px]]
{{Coordinate||Latitude=48.520310|Longitude=9.055555|type=landmark}}
| Katz, Dr. Julius<br />(*1887; gest. 1948)
| Katz, Dr. Julius<br />(*1887; gest. 1948)
| Julius Katz war der Sohn von Max Katz (1850–1917) und dessen Ehefrau Johanna Katz, geborene Hayum (1862–1939). Max Katz war Kaufmann in seinem Weißwarengeschäft am Tübinger Holzmarkt 2. „Weißware“ war eine ehemals weit verbreitete Bezeichnung für Unterwäsche. Max Katz war ein angesehener Tübinger Bürger, was sich unter anderem daraus ableiten lässt, dass er von 1909 bis 1917 auch Synagogenvorsteher war. Julius Katz, geboren am 11. Mai 1887 in Tübingen, besuchte die Grundschule in Tübingen und danach das Uhland-Gymnasium. Anschließend studierte er Jura in Berlin, Heidelberg und Tübingen. Ab 1913 war er am Tübinger Landgericht tätig. Er wohnte zu der Zeit in der Kaiserstraße 6, heute ist es das Haus Doblerstraße 6. Julius Katz war der Neffe vom Anwalt Dr. Simon Hayum und hat mit diesem zusammen in der Kanzlei in der Uhlandstraße 15 gearbeitet, als er seine Zulassung 1913 erhalten hatte. Nachdem Julius Katz „freiwillig“ seine Zulassung beim Landgericht aufgegeben hatte, wurde er am 12. Dezember 1935 aus der Liste der Rechtsanwälte beim Landgericht Tübingen gelöscht. Das Wort „freiwillig“ ist hier sehr zwiespältig zu sehen: zwar gab der jüdische Jurist Katz die Zulassung auf eigenes Betreiben zurück – Hintergrund war aber selbstverständlich der zunehmende Druck, den die Nationalsozialisten auf Juden ausübten. Bis zu einem Berufsverbot für jüdische Anwälte war es nicht weit – das wusste Julius Katz und kam ihnen somit aktiv zuvor. In humaneren Zeiten hätte ein erfolgreicher Jurist jedoch niemals „freiwillig“ eine Zulassung abgegeben. Dass sein Lebenswille dadurch jedoch nicht gebrochen wurde, zeigt seine Emigration in die Schweiz (Oktober 1935), gemeinsam mit seiner Frau Wilma, geborene Schloss. Hier studierte Julius Katz das Schweizer recht, machte noch einmal ein juristisches Examen und wurde 1938 als Rechtsanwalt in Zürich zugelassen. Dennoch schien er sich selbst in der neutralen Schweiz nicht sicher zu fühlen. 1941 emigrierte er weiter nach Los Angeles in die USA. nach Aneignung der nötigen Sprachkenntnisse konnte er als einfacher Buchhalter und Buchrevisor tätig sein. Am 18. März 1948 ist er dort an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Seine Frau Wilma lebte noch bis in den 1970er Jahren und korrespondierte noch 1974 mit Lilli Zapf.
| Julius Katz war der Sohn von Max Katz (1850–1917) und dessen Ehefrau Johanna Katz, geborene Hayum (1862–1939). Max Katz war Kaufmann in seinem Weißwarengeschäft am Tübinger Holzmarkt 2. „Weißware“ war eine ehemals weit verbreitete Bezeichnung für Unterwäsche. Max Katz war ein angesehener Tübinger Bürger, was sich unter anderem daraus ableiten lässt, dass er von 1909 bis 1917 auch Synagogenvorsteher war. Julius Katz, geboren am 11. Mai 1887 in Tübingen, besuchte die Grundschule in Tübingen und danach das Uhland-Gymnasium. Anschließend studierte er Jura in Berlin, Heidelberg und Tübingen. Ab 1913 war er am Tübinger Landgericht tätig. Er wohnte zu der Zeit in der Kaiserstraße 6, heute ist es das Haus Doblerstraße 6. Julius Katz war der Neffe vom Anwalt Dr. Simon Hayum und hat mit diesem zusammen in der Kanzlei in der Uhlandstraße 15 gearbeitet, als er seine Zulassung 1913 erhalten hatte. Nachdem Julius Katz „freiwillig“ seine Zulassung beim Landgericht aufgegeben hatte, wurde er am 12. Dezember 1935 aus der Liste der Rechtsanwälte beim Landgericht Tübingen gelöscht. Das Wort „freiwillig“ ist hier sehr zwiespältig zu sehen: zwar gab der jüdische Jurist Katz die Zulassung auf eigenes Betreiben zurück – Hintergrund war aber selbstverständlich der zunehmende Druck, den die Nationalsozialisten auf Juden ausübten. Bis zu einem Berufsverbot für jüdische Anwälte war es nicht weit – das wusste Julius Katz und kam ihnen somit aktiv zuvor. In humaneren Zeiten hätte ein erfolgreicher Jurist jedoch niemals „freiwillig“ eine Zulassung abgegeben. Dass sein Lebenswille dadurch jedoch nicht gebrochen wurde, zeigt seine Emigration in die Schweiz (Oktober 1935), gemeinsam mit seiner Frau Wilma, geborene Schloss. Hier studierte Julius Katz das Schweizer recht, machte noch einmal ein juristisches Examen und wurde 1938 als Rechtsanwalt in Zürich zugelassen. Dennoch schien er sich selbst in der neutralen Schweiz nicht sicher zu fühlen. 1941 emigrierte er weiter nach Los Angeles in die USA. nach Aneignung der nötigen Sprachkenntnisse konnte er als einfacher Buchhalter und Buchrevisor tätig sein. Am 18. März 1948 ist er dort an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Seine Frau Wilma lebte noch bis in den 1970er Jahren und korrespondierte noch 1974 mit Lilli Zapf.
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| Katz, Johanna<br />(*1862; gest. 1939)
|rowspan="10" | {{nowrap|{{SortKey|HolzmarktNeueStraße}}[[Holzmarkt]] / [[Neue Straße]]}}<br />{{Coordinate||Latitude=48.52044|Longitude=9.05648|type=landmark}}<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]-->
| Johanna Katz, geborene Hayum, wurde am 5. Oktober 1862 in Hechingen geboren. Am 22.3.1886 heiratete sie Max Katz (*1850) in Bad Cannstatt. Er führte mit seinem Brunder Heinrich bis ca. 1912 ein namhaftes Geschäft für Weißwaren in Tübingen Nach vielen Jahren am Holzmarkt zog die Familie Katz 1909 und 1912 in die damalige Kaiserstraße (heute [[Doblerstraße]]) um und löste dabei das Geschäft auf. Max Katz starb am 1.9.1917 und wurde auf dem [[Jüdischer Friedhof Wankheim|Wankheimer Friedhof]] begraben. Durch den Boykott der jüdischen Kanzlei ihres Sohns Julius Katz, bei der er in Existenznot geriet, floh dieser 1935 in die Schweiz. Darauf verließ auch Johanna mam 14.12.1935 mit 73 Jahren Tübingen und fand bei ihrer Tochter Thelma Schloss in Heilbronn Unterkunft. 1938 wurde ihr Schwiegersohn Wilhelm Schloss in das KZ Dachau eingeliefert und dort misshandelt. Johanna floh deshalb noch im selben Jahr in die Schweiz um bei ihren Sohn Julius und ihrer Schwiegertochter Wilma Schutz zu suchen. Sie starb im nächsten Jahr am 14.2.1939 in Zürich.
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|rowspan="10" | {{nowrap|{{SortKey|HolzmarktNeueStraße}}[[Holzmarkt]] / [[Neue Straße]]}}<br />{{Coordinate||Latitude=48.52044|Longitude=9.05648|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine Tübingen Ecke Holzmarkt Neue Strasse Fam Opperheim und Schäfer.jpg|100px]]
| Oppenheim, Jakob<br />(*1874; gest. 1947)
| Oppenheim, Jakob<br />(*1874; gest. 1947)
| Jakob Oppenheim wurde am 27. April 1874 in Bebra/Hessen geboren und kam 1905 nach Tübingen. Er war verheiratet mit Karoline Oppenheim, geb. Seemann aus dem fränkischen Aschbach. In Tübingen kamen 1907 sein Sohn Heinz und 1911 seine Tochter Gertrud zur Welt. Jakob Oppenheim war einer der erfolgreichsten und angesehensten Kaufleute in Tübingen. Er übernahm 1906 das Damenkonfektions- und Aussteuergeschäft „Eduard Degginger u. Co.“ in der Neuen Straße 16; der Name wurde abgeändert in „Eduard Degginger Nachfolger“. Später kaufte er von der Stadt Tübingen das frühere Offizierskasino [[Neue Straße]] 1, ließ es großzügig umbauen und verlegte sein Geschäft dorthin. Gesellschafter wurde sein Schwager Albert Schäfer, der 1911 nach Tübingen kam. Die Firma war für eine Stadt wie Tübingen in dieser Branche ein ungewöhnlich großes und repräsentatives Geschäft. Nach großen Einbußen während des Ersten Weltkrieges kam es Mitte der zwanziger Jahre zu einem erheblichen Aufschwung; entsprechend stiegen der Umfang des Geschäftes und das Ansehen seiner Inhaber. Von 1914 bis 1925 war Jakob Oppenheim Synagogenvorsteher und von 1925 bis 1934 Gemeinde und Stiftungspfleger der Tübinger jüdischen Gemeinde. Schon ab 1930 machte sich der zunächst schleichende , später offene Boykott jüdischer Geschäfte, flankiert von SA Posten vor dem Geschäftshaus bemerkbar und brachte erhebliche Einbußen, die seiner Firma sehr schadeten und schließlich die Firma in den Ruin trieben. Unter enormem politischen Druck vermietete er zunächst sein Geschäft an den NSDAP-Stadtrat Karl Haidt und 1937 wurde bereits der Name „Eduard Degginger Nachfolger“ im Handelsregister gelöscht. Wiederholt fanden Verhöre von Seiten der Gestapo in Stuttgart statt und machten die Ausreise aus Deutschland unvermeidlich. Als letzte der Tübinger Juden gelang ihm und seiner Frau Karoline 1940 die Flucht über Genua in die USA. Der als Fracht aufgegebene Hausrat kam nie am Bestimmungsort an. Jakob Oppenheim lebte in Cleveland/Ohio mit gebrochenem Herzen, wie sein Sohn Heinz schreibt. Er starb dort am 5. März 1947.  
| Jakob Oppenheim wurde am 27. April 1874 in Bebra/Hessen geboren und kam 1905 nach Tübingen. Er war verheiratet mit Karoline Oppenheim, geb. Seemann aus dem fränkischen Aschbach. In Tübingen kamen 1907 sein Sohn Heinz und 1911 seine Tochter Gertrud zur Welt. Jakob Oppenheim war einer der erfolgreichsten und angesehensten Kaufleute in Tübingen. Er übernahm 1906 das Damenkonfektions- und Aussteuergeschäft „Eduard Degginger u. Co.“ in der Neuen Straße 16; der Name wurde abgeändert in „Eduard Degginger Nachfolger“. Später kaufte er von der Stadt Tübingen das frühere Offizierskasino [[Neue Straße]] 1, ließ es großzügig umbauen und verlegte sein Geschäft dorthin. Gesellschafter wurde sein Schwager Albert Schäfer, der 1911 nach Tübingen kam. Die Firma war für eine Stadt wie Tübingen in dieser Branche ein ungewöhnlich großes und repräsentatives Geschäft. Nach großen Einbußen während des Ersten Weltkrieges kam es Mitte der zwanziger Jahre zu einem erheblichen Aufschwung; entsprechend stiegen der Umfang des Geschäftes und das Ansehen seiner Inhaber. Von 1914 bis 1925 war Jakob Oppenheim Synagogenvorsteher und von 1925 bis 1934 Gemeinde und Stiftungspfleger der Tübinger jüdischen Gemeinde. Schon ab 1930 machte sich der zunächst schleichende , später offene Boykott jüdischer Geschäfte, flankiert von SA Posten vor dem Geschäftshaus bemerkbar und brachte erhebliche Einbußen, die seiner Firma sehr schadeten und schließlich die Firma in den Ruin trieben. Unter enormem politischen Druck vermietete er zunächst sein Geschäft an den NSDAP-Stadtrat Karl Haidt und 1937 wurde bereits der Name „Eduard Degginger Nachfolger“ im Handelsregister gelöscht. Wiederholt fanden Verhöre von Seiten der Gestapo in Stuttgart statt und machten die Ausreise aus Deutschland unvermeidlich. Als letzte der Tübinger Juden gelang ihm und seiner Frau Karoline 1940 die Flucht über Genua in die USA. Der als Fracht aufgegebene Hausrat kam nie am Bestimmungsort an. Jakob Oppenheim lebte in Cleveland/Ohio mit gebrochenem Herzen, wie sein Sohn Heinz schreibt. Er starb dort am 5. März 1947.  
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|rowspan="2" | {{Anker|K}}{{nowrap|{{SortKey|Kelternstraße8}}[[Kelternstraße]] 8}}<br />
|rowspan="2" | {{Anker|K}}{{nowrap|{{SortKey|Kelternstraße8}}[[Kelternstraße]] 8}}<br />{{Coordinate||Latitude=48.52295|Longitude=9.05088|type=landmark}}
<br />[[Datei:Kelternstrasse.jpg|100px]]<br /><br /><!--[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]--><br />{{Coordinate||Latitude=48.52295|Longitude=9.05088|type=landmark}}
<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]-->
| Pagel, Charlotte<br />(*1894; gest. 1943)
| Pagel, Charlotte<br />(*1894; gest. 1943)
| Charlotte Pagel wurde am 29. September 1894 als Tochter des bekannten Medizinhistorikers Julius Leopold Pagel und seiner Frau Marie, geb. Labaschin, in Berlin geboren. Sie war die Schwester von Dr. Albert und Dr. Walter Pagel. Da ihr jüngerer Bruder Walter 1926 in Tübingen eine Assistenzarztstelle als Prosektor am [[Anatomie|Anatomischen Institut der Universität]] annahm, kam Charlotte Pagel mit ihrem kranken Bruder Albert 1927 nach Tübingen; sie wohnten in der [[Kelternstraße]] 8. Charlotte Pagel versorgte und pflegte ihren Bruder, der an einer chronischen Krankheit litt. Zeitzeugen haben die Geschwister Pagel als liebenswürdige Nachbarn in Erinnerung behalten und erzählen, wie Charlotte arme Kinder in der Hölderlinschule mit Vesperbroten versorgte. Ihr Bruder Walter schreibt, sie sei der beste und liebevollste Mensch gewesen, sehr schön und von großer Musikalität; auf eine Karriere als Sängerin und auf eine eigene Familie habe sie verzichtet, um ihren hilflosen Bruder zu versorgen. Beide Geschwister wurden am 20. August 1942 in der Kelternstraße abgeholt und am 23. August von Stuttgart aus nach Theresienstadt deportiert, am 23. Januar 1943 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden.  
| Charlotte Pagel wurde am 29. September 1894 als Tochter des bekannten Medizinhistorikers Julius Leopold Pagel und seiner Frau Marie, geb. Labaschin, in Berlin geboren. Sie war die Schwester von Dr. Albert und Dr. Walter Pagel. Da ihr jüngerer Bruder Walter 1926 in Tübingen eine Assistenzarztstelle als Prosektor am [[Anatomie|Anatomischen Institut der Universität]] annahm, kam Charlotte Pagel mit ihrem kranken Bruder Albert 1927 nach Tübingen; sie wohnten in der [[Kelternstraße]] 8. Charlotte Pagel versorgte und pflegte ihren Bruder, der an einer chronischen Krankheit litt. Zeitzeugen haben die Geschwister Pagel als liebenswürdige Nachbarn in Erinnerung behalten und erzählen, wie Charlotte arme Kinder in der Hölderlinschule mit Vesperbroten versorgte. Ihr Bruder Walter schreibt, sie sei der beste und liebevollste Mensch gewesen, sehr schön und von großer Musikalität; auf eine Karriere als Sängerin und auf eine eigene Familie habe sie verzichtet, um ihren hilflosen Bruder zu versorgen. Beide Geschwister wurden am 20. August 1942 in der Kelternstraße abgeholt und am 23. August von Stuttgart aus nach Theresienstadt deportiert, am 23. Januar 1943 weiter nach Auschwitz, wo sie ermordet wurden.  
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|rowspan="5" | {{nowrap|{{SortKey|Keplerstraße5}}[[Keplerstraße]] 5}}<br />
|rowspan="5" | {{nowrap|{{SortKey|Keplerstraße5}}[[Keplerstraße]] 5}}<br />
<br />[[Datei:Keplerstrasse.jpg|100px]]<br /><<br />[[Datei:Keplerstraße 5, Stolperstein Therese Kappenmacher.jpg|100px]]<br />[[Datei:Keplerstraße 5, Stolperstein Clara Pollak.jpg|100px]]<br />[[Datei:Keplerstraße 5, Stolperstein Mathilde Pollak.jpg|100px]]<br />[[Datei:Keplerstraße 5, Stolperstein Selma Pollak.jpg|100px]]<br />
{{Coordinate||Latitude=48.52654|Longitude=9.06104|type=landmark}}<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]-->
{{Coordinate||Latitude=48.52654|Longitude=9.06104|type=landmark}}
|Pollak, Rosa<br />(*1898; überlebte)
|Pollak, Rosa<br />(*1898; überlebte)
| Rosa Pollak wurde am 30. Juni 1898 in Olnhausen an der Jagst als dritte von sechs Schwestern geboren. Sie verbrachte ihre Jugendjahre in Tübingen in der Rümelinstraße 2. Darüber schreibt ihre Schwester Recha rückblickend: „Aber Tübingen war für uns junge Mädchen ein Paradies und wir hatten eine wundervolle Jugendzeit.“ 1922 heiratete Rosa den jüdischen Haigerlocher Kaufmann Benno Kappenmacher. In Haigerloch kam drei Jahre später auch ihre Tochter Therese zur Welt. Nach neun Jahren Ehe verunglückte Rosas Mann tödlich und sie zog mit ihrer Tochter zurück nach Tübingen zu ihrer verwitweten Mutter und ihrer ledigen Schwester in die Keplerstraße 5. 1935 zog Rosa Kappenmacher weiter zu ihrer Schwester Clara nach Karlsruhe. Von dort floh sie zusammen mit ihrer 10-jährigen Tochter noch im selben Jahr nach Palästina. Als erste der Schwestern verließ sie ihr Heimatland unfreiwillig. 1951 emigrierte sie mit ihrer Tochter und ihrer Schwester Selma aus Israel nach New York, um ihre Mutter Pauline nochmals zu sehen, die bald darauf starb. Rosa Pollak heiratete ein zweites Mal, den aus Lohr am Main stammenden A. Strauss.  
| Rosa Pollak wurde am 30. Juni 1898 in Olnhausen an der Jagst als dritte von sechs Schwestern geboren. Sie verbrachte ihre Jugendjahre in Tübingen in der Rümelinstraße 2. Darüber schreibt ihre Schwester Recha rückblickend: „Aber Tübingen war für uns junge Mädchen ein Paradies und wir hatten eine wundervolle Jugendzeit.“ 1922 heiratete Rosa den jüdischen Haigerlocher Kaufmann Benno Kappenmacher. In Haigerloch kam drei Jahre später auch ihre Tochter Therese zur Welt. Nach neun Jahren Ehe verunglückte Rosas Mann tödlich und sie zog mit ihrer Tochter zurück nach Tübingen zu ihrer verwitweten Mutter und ihrer ledigen Schwester in die Keplerstraße 5. 1935 zog Rosa Kappenmacher weiter zu ihrer Schwester Clara nach Karlsruhe. Von dort floh sie zusammen mit ihrer 10-jährigen Tochter noch im selben Jahr nach Palästina. Als erste der Schwestern verließ sie ihr Heimatland unfreiwillig. 1951 emigrierte sie mit ihrer Tochter und ihrer Schwester Selma aus Israel nach New York, um ihre Mutter Pauline nochmals zu sehen, die bald darauf starb. Rosa Pollak heiratete ein zweites Mal, den aus Lohr am Main stammenden A. Strauss.  
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|rowspan="2" | {{nowrap|{{SortKey|Keplerstraße9}}[[Keplerstraße]] 9}}<br />
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{{Coordinate||Latitude=48.52672|Longitude=9.06054|type=landmark}}<br />[[Datei:Keplerstraße 9, Stolperstein Pauline Pollak.jpg|100px]]<br />
{{Coordinate||Latitude=48.52672|Longitude=9.06054|type=landmark}}<br /><!--[[Datei:ääHAusÄä.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:öööStolperstein(e)äää.jpg|100px]]-->
| Pollak, Pauline<br />(*1868; gest. 1951)
| Pollak, Pauline<br />(*1868; gest. 1951)
| Pauline Pollak, geb. Heidelberger, wurde am 28. Mai 1868 in Markelsheim bei Mergentheim/Hohenlohe geboren. 1892 heiratete sie Leopold Pollak, der in Olnhausen an der Jagst 26 Jahre lang Lehrer und Kantor war. Dort wurden zwischen 1895 und 1906 sechs Töchter geboren: Recha, Martha, Rosa, Clara, Mathilde und Selma. Die zweitälteste, Martha, wanderte bereits 1912 als 15-Jährige in die USA aus und heiratete dort Justin Loewenberger. 1914 siedelte die Familie nach Tübingen um, in die Rümelinstraße 2. Bevor sie Olnhausen verließen, machte der damalige Götz von Berlichingen dem Kantor Pollak einen Abschiedsbesuch. Die Kinder der beiden hatten oft miteinander gespielt. Auch in Tübingen arbeitete Leopold Pollak als Lehrer und Kantor bis zu seinem Tod 1923. Er wurde auf dem Wankheimer Friedhof beerdigt. Die Witwe zog mit ihren noch drei unverheirateten Töchtern in die Keplerstraße 5 um. Hier lebte sie von 1925 bis 1935, seit 1931 auch mit ihrer Enkelin Therese. Als die zwei zuletzt noch bei ihr lebenden Töchter aus Deutschland fliehen mussten, zog sie 1935 nach Karlsruhe zu ihrer Tochter Clara. Doch während eines Besuchs 1940 bei ihrer in Würzburg verheirateten Tochter Mathilde wurde Clara mit ihrer Familie deportiert. So musste Pauline Pollak bei Mathilde bleiben. Am 22. September 1942 wurde sie mit der Familie ihrer Tochter, die zwei Kinder hatte, nach Theresienstadt deportiert. 1945 wurden sie alle durch die Rote Armee befreit und emigrierten ein Jahr später nach New York. Dort starb sie 1951, nachdem sich ihr Wunsch erfüllt hatte, alle ihre noch lebenden Töchter nochmals zu sehen.  
| Pauline Pollak, geb. Heidelberger, wurde am 28. Mai 1868 in Markelsheim bei Mergentheim/Hohenlohe geboren. 1892 heiratete sie Leopold Pollak, der in Olnhausen an der Jagst 26 Jahre lang Lehrer und Kantor war. Dort wurden zwischen 1895 und 1906 sechs Töchter geboren: Recha, Martha, Rosa, Clara, Mathilde und Selma. Die zweitälteste, Martha, wanderte bereits 1912 als 15-Jährige in die USA aus und heiratete dort Justin Loewenberger. 1914 siedelte die Familie nach Tübingen um, in die Rümelinstraße 2. Bevor sie Olnhausen verließen, machte der damalige Götz von Berlichingen dem Kantor Pollak einen Abschiedsbesuch. Die Kinder der beiden hatten oft miteinander gespielt. Auch in Tübingen arbeitete Leopold Pollak als Lehrer und Kantor bis zu seinem Tod 1923. Er wurde auf dem Wankheimer Friedhof beerdigt. Die Witwe zog mit ihren noch drei unverheirateten Töchtern in die Keplerstraße 5 um. Hier lebte sie von 1925 bis 1935, seit 1931 auch mit ihrer Enkelin Therese. Als die zwei zuletzt noch bei ihr lebenden Töchter aus Deutschland fliehen mussten, zog sie 1935 nach Karlsruhe zu ihrer Tochter Clara. Doch während eines Besuchs 1940 bei ihrer in Würzburg verheirateten Tochter Mathilde wurde Clara mit ihrer Familie deportiert. So musste Pauline Pollak bei Mathilde bleiben. Am 22. September 1942 wurde sie mit der Familie ihrer Tochter, die zwei Kinder hatte, nach Theresienstadt deportiert. 1945 wurden sie alle durch die Rote Armee befreit und emigrierten ein Jahr später nach New York. Dort starb sie 1951, nachdem sich ihr Wunsch erfüllt hatte, alle ihre noch lebenden Töchter nochmals zu sehen.  
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| Hirsch, Paula<br />(*1897; gest. 1942)
| Hirsch, Paula<br />(*1897; gest. 1942)
| Paula Hirsch war die jüngste Tochter von Gustav Hirsch und eine Schwester von Leopold Hirsch, dem Platzhalter des traditionsreichen Herrenkonfektionsgeschäfts in der Kronenstraße 6. Sie wurde 1897 dort geboren, wuchs im elterlichen Wohn- und Geschäftshaus auf und wohnte dort bis 1933 bei ihrem Vater, Gustav Hirsch, den sie nach dem Tod ihrer Mutter (1915) umsorgte. Nach dem Tod ihres Vaters wohnte sie für kurze zeit bei ihrem Bruder Leopold am Holzmarkt 1. Beruflich war sie in der Pflege tätig. Ab Sommer 1934 war sie ein halbes Jahr Pflegerin in Heidelberg. 1934 war sie für kurze Zeit bei ihrem Schwager Ludwig Bauer, dem Vater von Fritz Bauer, in Stuttgart wohnhaft. Nach einem kurzen Aufenthalt bei Verwandten in Ladenburg bei Mannheim wurde sie in das Landheim für Frauen und Mädchen in Reichenberg/Murr eingewiesen und lebte dort bis 1941. Das Landheim gehörte der evangelischen Gesellschaft. Der Grund ihrer Heimeinweisung bestand darin, dass sie ledige und alleinerziehende Mutter war. Sie hatte 1925 den unehelichen Sohn Erich bekommen. Beide wurden am 27. November 1941 zunächst nach Stuttgart-Killesberg und dann am 1. Dezember 1941 in einem Transport von 1000 jüdischen Menschen nach Riga deportiert. Alle Frauen mit Kindern wurden dort im Hochwald am 26. März 1942 ermordet. 1965, auf die späteren Nachfragen von Lilli Zapf hin ließ das Polizeipräsidium nur lapidar verlauten, die Meldeunterlagen seien im Jahr 1944 „durch Kriegseinwirkung zerstört“ worden. Mit Sicherheit muss man davon ausgehen, dass wie in anderen Fällen auch die Akten und Unterlagen vernichtet worden waren, um die Spuren der Deportation und Ermordung zu verwischen. 1965 war über eine Mitteilung des Pfarrers Majer-Leonhard, dem Leiter der Hilfsstelle für rassenverfolgte bei der evangelischen Gesellschaft in Stuttgart weiter zu erfahren: „Fräulein Paula Hirsch war im Landheim Reichenberg der evangelischen Gesellschaft bis 1941 untergebracht. Fräulein Anne Hahn (jetzt im Ruhestand) kann sich noch daran erinnern, dass Fräulein Hirsch über die Gendarmeriestation Oppenweiler die Aufforderung erhalten hat, sich mit ihrem etwa 16-jährigen Sohn Erich in Stuttgart einzufinden. Aus den Akten ist zu entnehmen, dass sich Fräulein Hirsch am 27. November 1941 im Judensammellager Killesberg einfinden musste. Dieser Transport ging nach Riga.“ (Lilli Zapf, S. 199f.)
| Paula hirsch war die jüngste Tochter von Gustav Hirsch und eine Schwester von Leopold Hirsch, dem Platzhalter des traditionsreichen Herrenkonfektionsgeschäfts in der Kronenstraße 6. Sie wurde 1897 dort geboren, wuchs im elterlichen Wohn- und Geschäftshaus auf und wohnte dort bis 1933 bei ihrem Vater, Gustav Hirsch, den sie nach dem Tod ihrer Mutter (1915) umsorgte. Nach dem Tod ihres Vaters wohnte sie für kurze zeit bei ihrem Bruder Leopold am Holzmarkt 1. Beruflich war sie in der Pflege tätig. Ab Sommer 1934 war sie ein halbes Jahr Pflegerin in Heidelberg. 1934 war sie für kurze Zeit bei ihrem Schwager Ludwig Bauer, dem Vater von Fritz Bauer, in Stuttgart wohnhaft. Nach einem kurzen Aufenthalt bei Verwandten in Ladenburg bei Mannheim wurde sie in das Landheim für Frauen und Mädchen in Reichenberg/Murr eingewiesen und lebte dort bis 1941. Das Landheim gehörte der evangelischen Gesellschaft. Der Grund ihrer Heimeinweisung bestand darin, dass sie ledige und alleinerziehende Mutter war. Sie hatte 1925 den unehelichen Sohn Erich bekommen. Beide wurden am 27. November 1941 zunächst nach Stuttgart-Killesberg und dann am 1. Dezember 1941 in einem Transport von 1000 jüdischen Menschen nach Riga deportiert. Alle Frauen mit Kindern wurden dort im Hochwald am 26. März 1942 ermordet. 1965, auf die späteren Nachfragen von Lilli Zapf hin ließ das Polizeipräsidium nur lapidar verlauten, die Meldeunterlagen seien im Jahr 1944 „durch Kriegseinwirkung zerstört“ worden. Mit Sicherheit muss man davon ausgehen, dass wie in anderen Fällen auch die Akten und Unterlagen vernichtet worden waren, um die Spuren der Deportation und Ermordung zu verwischen. 1965 war über eine Mitteilung des Pfarrers Majer-Leonhard, dem Leiter der Hilfsstelle für rassenverfolgte bei der evangelischen Gesellschaft in Stuttgart weiter zu erfahren: „Fräulein Paula Hirsch war im Landheim Reichenberg der evangelischen Gesellschaft bis 1941 untergebracht. Fräulein Anne Hahn (jetzt im Ruhestand) kann sich noch daran erinnern, dass Fräulein Hirsch über die Gendarmeriestation Oppenweiler die Aufforderung erhalten hat, sich mit ihrem etwa 16-jährigen Sohn Erich in Stuttgart einzufinden. Aus den Akten ist zu entnehmen, dass sich Fräulein Hirsch am 27. November 1941 im Judensammellager Killesberg einfinden musste. Dieser Transport ging nach Riga.“ (Lilli Zapf, S. 199f.)
| 2020-07-13
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| Hirsch, Arthur
| (Hirsch, Arthur)
| '''Für Arthur Hirsch wurde bereits 2009 ein Stolperstein in Stuttgart in der Hospitalstraße verlegt.''' Arthur Hirsch, Gustav Hirschs zweiter Sohn, wurde 1886 in Tübingen geboren. Er wuchs zwar in der Kronenstraße 6 auf, zog jedoch bald zu seinen Verwandten in Stuttgart. In den Quellen von Lilli Zapf und der Geschichtswerkstatt Tübingen taucht sein Name nicht auf. In der Reichspogromnacht von 1938 wurde er von Stuttgart nach Dachau deportiert und dort am 8. Dezember ermordet. Weitere biographische Informationen können der Website Stolpersteine Stuttgart entnommen werden.
| ''Für Arthur Hirsch wurde bereits 2009 ein Stolperstein in Stuttgart in der Hospitalstraße verlegt.'' Arthur Hirsch, Gustav Hirschs zweiter Sohn, wurde 1886 in Tübingen geboren. Er wuchs zwar in der Kronenstraße 6 auf, zog jedoch bald zu seinen Verwandten in Stuttgart. In den Quellen von Lilli Zapf und der Geschichtswerkstatt Tübingen taucht sein Name nicht auf. In der Reichspogromnacht von 1938 wurde er von Stuttgart nach Dachau deportiert und dort am 8. Dezember ermordet. Weitere biographische Informationen können der Website Stolpersteine Stuttgart entnommen werden.
| 2020-07-13
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| {{Anker|M}}{{SortKey|Mauerstraße2}}[[Mauerstraße]] 2
| Hartmaier, Ferdinand<br />(*1919; gest. 1940)
| Ferdinand Hartmaier wurde in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4", wahrscheinlich am 2.10.1940, ermordet.
| 2022-06-24
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|rowspan="2" | {{Anker|M}}{{nowrap|{{SortKey|Mauerstraße25}}[[Mauerstraße]] 25}}<br />
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| Reinauer, Sofie<br />(*1864; gest. 1952)
| Reinauer, Sofie<br />(*1864; gest. 1952)
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| 2018-07-10
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| {{SortKey|Moltkestraße24}}[[Moltkestraße]] 24
| Kollmann, Koloman<br />(*1903; gest. 1940)
| Kolomann Kollman wurde am 9.09.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
| 2022-06-24
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|rowspan="3" | {{Anker|N}} {{SortKey|Nauklerstraße31}}[[Nauklerstraße]] 31<br />
|rowspan="3" | {{Anker|N}} {{SortKey|Nauklerstraße31}}[[Nauklerstraße]] 31<br />
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| 2020-07-13
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| {{SortKey|Neustadtgasse3}}[[Neustadtgasse]] 3<br />
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| Zeeb, Ferdinand (*1894; gest. 1954)
| Ferdinand Zeeb war im Widerstand und der KPD. Er wurde 1933 in "Schutzhaft" genommen. Direkt nach dem Krieg wird er Polizeiangestellter und 1946 KPD Gemeinderatsmitglied und von 1947 bis 1952 Landtagsabgeordneter der KPD im württembergischenLandtag im Kloster Bebenhausen.
| 2022-06-24
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| {{Anker|P}} {{SortKey|Payerstraße12}}[[Payerstraße]] 12<br />
{{Coordinate||Latitude=48.5264907|Longitude=9.0657294|type=landmark}}
| Schwarz, Ernst Walter  (*1902; gest. 1940)
| Ernst Walter Schwarz wurde am 1.10.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
| 2022-06-24
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| {{Anker|S}} {{SortKey|Schönbergstraße 1}}[[Schönbergstraße]] 1<br />
| {{Anker|S}} {{SortKey|Schönbergstraße 1}}[[Schönbergstraße]] 1<br />
[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Schönbergstraße 1.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Schönbergstraße 1 - Walter Löwenstein.jpg|100px]]<br />
{{Coordinate||Latitude=48.513077|Longitude=9.060127|type=landmark}}<br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Schönbergstraße 1.JPG|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine in der Tübinger Schönbergstraße 1 - Walter Löwenstein.jpg|100px]]
{{Coordinate||Latitude=48.513077|Longitude=9.060127|type=landmark}}
| Löwenstein, Walter  (* 1908)
| Löwenstein, Walter  (* 1908)
| Walter Löwenstein<ref name="elk-wuert" /><!-- Siehe auch Eintrag unter Hechinger Straße 9-->
| Walter Löwenstein<ref name="elk-wuert" /><!-- Siehe auch Eintrag unter Hechinger Straße 9-->
| 2011-11-25
| 2011-11-25
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|rowspan="4" | {{nowrap|{{SortKey|Stauffenbergstrasse27}}[[Stauffenbergstraße]] 27}}<br />
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| Steinhilber, Anna  (*1884; gest. 1940)
| Anna Steinhilber, geb. Röhm,  wurde am 27.09.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
| 2022-06-24
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| Bernheim, Adolph<br />(*1880; gest. 1966)
| Bernheim, Adolph<br />(*1880; gest. 1966)
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| 2011-11-25
| 2011-11-25
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|rowspan="6" | {{Anker|U}} {{SortKey|Uhlandstraße2}}[[Uhlandstraße]] 2<br />
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| (Weil, Albert)
| Schaal, Gertrud (* 1900; gest. 1940)
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Will man eine Biografie Albert Weils schreiben, so kommt man nicht daran vorbei, sich mit der Geschichte der Tübinger Chronik zu befassen. Fast 30 Jahre war Albert Weil der Besitzer der Zeitung und hat sie in dieser Zeit maßgeblich geprägt. Da er selbst nicht als Redakteur tätig war und zurückhaltend lebte, gibt es kaum Quellen zu seiner Person. Und dennoch war die Tübinger Zeit für seinen Lebensweg entscheidend. Albert Weil wurde am 22. Januar 1862 in Ellwangen geboren. Durch den väterlichen Betrieb – sein Vater Leopold war der Gründer der „Jagstzeitung“ in Ellwangen – wurden er und sein um ein Jahr jüngerer Bruder Sigmund schon früh mit der Führung einer Zeitung vertraut. Nach Tübingen kamen die Brüder Weil, als in Ellwangen die Konkurrenz gegen die Jagstzeitung zu groß wurde und gleichzeitig der erkrankte Verleger der „Tübinger Chronik“ einen Nachfolger suchte. Gemeinsam kauften die Brüder, nachdem sie die Ellwanger Zeitung verkauft hatten, das Tübinger Geschäft im Jahr 1903. Das genaue Datum der Eheschließung wissen wir nicht, es muss um 1890 gewesen sein, als er die Bad Buchauer Fabrikantentochter Frieda Moos heiratete. Im Jahr 1892 wurde die älteste Tochter des Paares geboren. Vier weitere Töchter folgten. Im Sommer 1903 zog Albert Weil mit seiner Frau Frieda und den fünf Töchtern nach Tübingen. Kurz darauf kam das sechste Kind des Ehepaares, der Sohn Hermann, in Tübingen zur Welt. Albert Weil machte sich sogleich daran, in die Tübinger Chronik, die zu der Zeit noch in der Hirschgasse 1 (heute Betten-Hottmann) ihre Verlagsräume hatte, zu investieren, um die Auflage der Zeitung zu erhöhen. Die räumliche enge der Altstadt setzte hier allerdings schnell Grenzen und zwang ihn dazu, nach einem neuen Firmengebäude Ausschau zu halten. Nach mehreren Standortwechseln sollte es nun ein endgültiger Umzug werden. Albert Weil kaufte das Grundstück in der Uhlandstraße. Bereits im Frühjahr 1905 konnte mit dem Neubau begonnen werden und im Herbst des gleichen Jahres fand der Umzug statt. Die Familie zog in den zweiten Stock ein. Albert Weil zeichnete sich durch eine am Fortschritt orientierte Verlagsführung aus. neben Setzmaschinen wurde auch eine neue Rotationsmaschine in Betrieb genommen. Die Zahl der Abonnenten stieg kontinuierlich und bereits 1930 erfolgte der Anbau auf der Neckarseite. Inhaltlich orientierte sich die Chronik an der Mittelschicht Tübingens und vermied es, über das jüdische Gemeindeleben zu berichten. Lediglich Berichte über Personen (Geburtstage usw.) waren in der Zeitung zu finden. Sowohl der politisch Linke als auch der rechte Flügel wurden von der Berichterstattung ausgeblendet. Die liberale Mitte bestimme die Berichterstattung. Diese inhaltliche Ausrichtung zeigt, wie wenig sich Albert Weil über sein Jüdischsein definierte, stattdessen war er ein assimilierter Tübinger Bürger. Die Absurdität der nationalsozialistischen Rassenpolitik, die diese Assimilation gezielt und brutal zerstörte, zeigt sich in diesem Beispiel ganz besonders. Bereits zum Richtfest des Neubaus in der Uhlandstraße bezeichnete der Architekt Fischer das Gebäude als ein solches, „in dem täglich ein beträchtliches Stück Arbeit für das Gemeinwohl, für die Verbreitung der Volksbildung geleistet würde.“ (Tübinger Chronik, 17. Juli 1905). Der Verleger fühlte sich in der Pflicht, den Leser so zu informieren, dass er „stets auf der Höhe der Zeit“ war, so wurde es in einer Eigenwerbung formuliert. Neue Abonnenten wurden mit der Möglichkeit geworben, eine sogenannte„Abonnentenversicherung“ abzuschließen. es handelte sich dabei um eine Art Lebensversicherung, die bei tödlichem Unfall 3000 Reichsmark zahlte. Trotz seiner zentralen Rolle innerhalb der Tübinger Bürgergesellschaft mehrten sich seit dem Jahr 1929 die antisemitischen Angriffe auf Albert Weil. Er wurde als jüdische Person, aber auch als Verantwortlicher der „Tübinger Chronik“ diffamiert. Vor allem von den Tübinger Burschenschaften wurden Verunglimpfungen gegen Albert Weil verbreitet. Diese Angriffe wurden im Lokalteil der Zeitung ebenso ignoriert wie die zunehmenden Auftritte der Nationalsozialisten. Als die Nationalsozialisten 1930 bei den Reichstagswahlen hohe Gewinne erzielten und der antisemitische Druck auf den Verleger zunahm, entschloss er sich zum Verkauf der Zeitung. „Ich warte nicht, bis mir die Nazis alles wegstehlen“, so wird er aus der Erinnerung zitiert. Jetzt konnte er noch einen guten Verkaufspreis aushandeln und dafür Sorge tragen, dass sein Sohn Hermann zu seinem Nachfolger eingesetzt wurde. Albert Weil zog im Juli 1931 mit seiner Frau Frieda und seiner zweitältesten Tochter Fanny in die Schweiz nach Baden bei Zürich. Hier wollte er, der seit Jahren an einem schwachen Herzen litt, seinen ruhigen Lebensabend verbringen. Sein „schwaches Herz“ mag sich durch den stetig wachsenden antisemitischen Druck verschlechtert haben – wenn diese Hetze nicht überhaupt als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand Albert Weils gesehen werden kann. Hermann Weil musste schließlich im Frühjahr 1933 dem Druck der Nazis weichen und seine Arbeit in der Chronik aufgeben. Allen sechs Kindern des Ehepaares Weil gelang die rechtzeitige Flucht. Sie konnten in diesen Jahren durch ihren Vater finanziell unterstützt werden und so die schwierige Zeit auf verschiedenen Kontinenten überleben. Allerdings mussten die beiden Enkelkinder aus der ersten Ehe der ältesten Tochter Martha als Opfer beklagt werden. Werner starb nach dem Todesmarsch nach Groß-rosen, Margarethe ging mit der Familie ihres Mannes nach Holland, wurde gemeinsam mit Mann und Schwiegereltern nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Albert Weil starb vier Jahre nach seiner Frau am 29. Juni 1946 im Israelischen Altersasyl in Lengnau in der Schweiz. Ihm blieb es erspart, von den Nazis ermordet zu werden. Seinen Lebensweg haben sie dennoch zerstört, indem sie ihm seine weitere Berufsausübung als kritischer, engagierter Verleger unmöglich machten.
| Gertrud Schaal, geb. Mosapp
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| 2022-06-24
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| (Weil, Frieda)
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Frieda Weil wurde am 20. Juni 1872 als Frieda Moos in Bad Buchau am Federsee geboren. Sie stammte aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie. Um 1890 heiratete sie Albert Weil aus Ellwangen. 1892 wurde die älteste Tochter geboren. Als sie 1903 mit Ihrem Ehemann nach Tübingen zog, hatte die einunddreißigjährige bereits fünf Töchter geboren. Ihr sechstes Kind, der Sohn Hermann, kam nur ein paar Wochen nach dem Umzug in Tübingen zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. In Tübingen gehörte Frieda Weil als Ehefrau des Gründers der Tübinger Chronik sicherlich zur oberen Schicht der jüdischen Familien. Somit kann man davon ausgehen, dass auch sie Mitglied des Jüdischen Frauenvereins war, der sich 1924 ebenso wie in Berlin auch in Tübingen gründete und 1938 von der Gestapo aufgelöst wurde. In Tübingen, ebenso wie an anderen Orten, verstand sich der Verein als eine karitative Einrichtung, die Bedürftigen half, um sie nicht der öffentlichen Wohlfahrtspflege zu überlassen. Außerdem war Frieda Weil sicherlich mit dem großen Haushalt beschäftigt, war es doch in den jüdischen Familien den Frauen überlassen, die Kinder zu erziehen und das haus gesellschaftlich zu führen. Im Juni 1931 zogen Frieda und Albert Weil begleitet von der letzten noch unverheirateten Tochter Fanny ins Exil nach Baden/Ch. Hier starb Frieda am 17. Dezember 1942 im israelitischen Altersheim in Lengnau/Ch. Einzig ihr Mann und ihre Tochter Fanny waren noch in ihrer nähe. Was mag sie zu dieser Zeit bereits erfahren haben von den schwierigen Lebenswegen der Verfolgung ihrer Kinder? Wir wissen heute, dass eine Enkelin und ein Schwiegersohn in Auschwitz ermordet wurden und ein Enkelsohn im KZ Groß–Rosen. Die Tochter Martha überlebte in Belgien in einem Versteck. Die Tochter Vera konnte aus dem Lager Gurs/Frankreich fliehen und überleben. Die Töchter Hedwig und Else im Exil in USA und Israel überlebten und der einzige Sohn Hermann die schwere Zeit im afrikanischen Exil überstanden hat.
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| (Weil, Fanny)
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Fanny Weil wurde am 20. Dezember 1895 als drittes von sechs Kindern des Ehepaares Albert und Frieda Weil in Ellwangen geboren. 1903 zog die Familie nach Tübingen. Hier verlebte Fanny Weil ihre Kindheit und Jugend, über deren Einzelheiten nichts bekannt ist. Auf Fotos ist sie immer wieder im Familienverbund abgelichtet, häufig auch mit ihrer Nichte Ingeborg (Measures), deren Lieblingstante sie war. Als die Eltern sich wegen zunehmender antisemitischer Übergriffe 1931 zur Emigration in die Schweiz entschlossen, ging sie mit ihnen und blieb bis zum Tod des Vaters 1946 dort. Danach zog sie zu ihrer Schwester Hedwig in die USA (new York). Lilli Zapf berichtet, ohne genauere Quellen zu nennen, dass sie dort nach Jahren schwerer Tätigkeit starb. Sie blieb unverheiratet.
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|rowspan="6" | {{Anker|U}} {{SortKey|Uhlandstraße2}}[[Uhlandstraße]] 2<br />[[Datei:Uhlandstrasse2.jpg|100px]]<br />
<br />[[Datei:Stolpersteine Tübingen Uhlandstrasse 2 Fam Weil.jpg|100px]]<br />
{{Coordinate||Latitude=48.518397|Longitude=9.057680|type=landmark}}
| Weil, Hermann<br />(*1903; gest. 1973)
| Weil, Hermann<br />(*1903; gest. 1973)
| Hermann Weil, geboren am 11. Juli 1903 war das sechste Kind des Ehepaares Albert und Frieda Weil. Da er der einzige Sohn der Familie war, führte er traditionsgemäß das Werk seines Vaters fort und übernahm die Tübinger Chronik nach dem Ausscheiden des Vaters. Nach der Schulzeit in Tübingen lebte Hermann zunächst einige Jahre in Köln, wo er auch seine Frau Luise, geb. Chur, eine Nichtjüdin heiratete und wo die gemeinsame Tochter Ingeborg geboren wurde. Nach der Rückkehr nach Tübingen in den späten zwanziger Jahren arbeitete er zunächst gemeinsam mit dem Vater im Unternehmen und wurde nach dem Verkauf 1930 für zehn Jahre als Geschäftsführer eingesetzt. Allerdings bereitete der Druck der nationalsozialistischen Konkurrenz und das „Gesetz zur Gleichschaltung der Presse“ Hermann Weils Tätigkeit ein schnelles Ende. Bereits 1931 nahmen die Angriffe auf die Familie und auf die Zeitung stark zu. Der Name Hermann Weils war sicher deshalb bereits seit November 1930 gänzlich aus dem Impressum gestrichen und er selbst 1933 aus dem Unternehmen entlassen. Auch die Wohnung über der Zeitung musste die Familie unverzüglich räumen. Da Hermann Weil als ortsbekannter Bürger auch auf der Straße Anfeindungen ausgesetzt war, zog er über eine kurze Zwischenstation in Stuttgart-Sillenbuch mit seiner Familie zu den Eltern in die Schweiz. Hab und Gut mussten in Tübingen weit unter Wert verkauft werden. In der Schweiz stieß Hermann Weil auf eine Anzeige einer Schweizer Familie, die einen Partner für einen Landkauf in Arusha/Tanganjika (dem heutigen Tansania) suchte. Albert Weil wollte seinem Sohn einen Neustart in Afrika ermöglichen und stellte das Kaufgeld zur Verfügung. So kam es, dass Hermann Weil mit Frau und Kind bereits 1933 aufbrach, um sich in Tanganjika mit dem Bau und der Anlage einer Farm/Kaffeeplantage eine neue Existenz aufzubauen. Harte Anfangsjahre waren zu überstehen, tragen doch gepflanzte Kaffeepflanzen erst nach vier Jahren die ersten Früchte. Unsichere finanzielle Zukunft und wiederkehrende Malariaerkrankungen setzten der Familie schwer zu. Als sich dann die ersten Erfolge abzeichneten, war in Europa der 2. Weltkrieg ausgebrochen. Im englischen Mandatsgebiet Tanganjika wurden alle Deutschen interniert, die Farm als feindliches Auslandsvermögen enteignet. obwohl Hermann Weil nach einer Woche als inzwischen staatenloser Jude wieder entlassen wurde, erhielt er seine Farm erst nach Kriegsende in einem völlig verwahrlosten Zustand zurück. Zum zweiten Mal stand die Familie vor dem wirtschaftlichen Aus. Die Ländereien wurden verkauft und Hermann Weil nahm eine leitende Stelle bei einer englischen Kaffeefirma an, die er bis 1963 innehatte. Nachdem seine Frau Luise 1959 starb, heiratete er 1960 eine Cousine seiner Frau. Mit ihr zog er 1963 zurück nach Deutschland. In Köln fand er nun zum letzten Mal wieder eine Heimat. Er nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an und erhielt eine kleine rente. Sein schlechter Gesundheitszustand wurde allerdings nicht als „verfolgungsbedingt“ anerkannt. In einem Vergleich wurde der Verlust des Tübinger Hausrates entschädigt und eine einmalige Rentennachzahlung gewährt. Hermann Weil starb am 13. Februar 1973 in Burscheid bei Köln. In einem Brief an Lilli Zapf schrieb Hermann Weil 1964: „Sie werden verstehen, dass ich über mein persönliches Ergehen innerhalb meines Vaterlandes und über mein außergewöhnliches Schicksal während der dreißig Jahre in Afrika vor der Öffentlichkeit schweigen möchte. Die Erlebnisse dieser Jahre würden ohnehin Bände füllen, und es ist unmöglich, auch nur den Versuch zu machen, sie in Kürze zu schildern.“ (L. Zapf S. 173)
| Hermann Weil, geboren am 11. Juli 1903 war das sechste Kind des Ehepaares Albert und Frieda Weil. Da er der einzige Sohn der Familie war, führte er traditionsgemäß das Werk seines Vaters fort und übernahm die Tübinger Chronik nach dem Ausscheiden des Vaters. Nach der Schulzeit in Tübingen lebte Hermann zunächst einige Jahre in Köln, wo er auch seine Frau Luise, geb. Chur, eine Nichtjüdin heiratete und wo die gemeinsame Tochter Ingeborg geboren wurde. Nach der Rückkehr nach Tübingen in den späten zwanziger Jahren arbeitete er zunächst gemeinsam mit dem Vater im Unternehmen und wurde nach dem Verkauf 1930 für zehn Jahre als Geschäftsführer eingesetzt. Allerdings bereitete der Druck der nationalsozialistischen Konkurrenz und das „Gesetz zur Gleichschaltung der Presse“ Hermann Weils Tätigkeit ein schnelles Ende. Bereits 1931 nahmen die Angriffe auf die Familie und auf die Zeitung stark zu. Der Name Hermann Weils war sicher deshalb bereits seit November 1930 gänzlich aus dem Impressum gestrichen und er selbst 1933 aus dem Unternehmen entlassen. Auch die Wohnung über der Zeitung musste die Familie unverzüglich räumen. Da Hermann Weil als ortsbekannter Bürger auch auf der Straße Anfeindungen ausgesetzt war, zog er über eine kurze Zwischenstation in Stuttgart-Sillenbuch mit seiner Familie zu den Eltern in die Schweiz. Hab und Gut mussten in Tübingen weit unter Wert verkauft werden. In der Schweiz stieß Hermann Weil auf eine Anzeige einer Schweizer Familie, die einen Partner für einen Landkauf in Arusha/Tanganjika (dem heutigen Tansania) suchte. Albert Weil wollte seinem Sohn einen Neustart in Afrika ermöglichen und stellte das Kaufgeld zur Verfügung. So kam es, dass Hermann Weil mit Frau und Kind bereits 1933 aufbrach, um sich in Tanganjika mit dem Bau und der Anlage einer Farm/Kaffeeplantage eine neue Existenz aufzubauen. Harte Anfangsjahre waren zu überstehen, tragen doch gepflanzte Kaffeepflanzen erst nach vier Jahren die ersten Früchte. Unsichere finanzielle Zukunft und wiederkehrende Malariaerkrankungen setzten der Familie schwer zu. Als sich dann die ersten Erfolge abzeichneten, war in Europa der 2. Weltkrieg ausgebrochen. Im englischen Mandatsgebiet Tanganjika wurden alle Deutschen interniert, die Farm als feindliches Auslandsvermögen enteignet. obwohl Hermann Weil nach einer Woche als inzwischen staatenloser Jude wieder entlassen wurde, erhielt er seine Farm erst nach Kriegsende in einem völlig verwahrlosten Zustand zurück. Zum zweiten Mal stand die Familie vor dem wirtschaftlichen Aus. Die Ländereien wurden verkauft und Hermann Weil nahm eine leitende Stelle bei einer englischen Kaffeefirma an, die er bis 1963 innehatte. Nachdem seine Frau Luise 1959 starb, heiratete er 1960 eine Cousine seiner Frau. Mit ihr zog er 1963 zurück nach Deutschland. In Köln fand er nun zum letzten Mal wieder eine Heimat. Er nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an und erhielt eine kleine rente. Sein schlechter Gesundheitszustand wurde allerdings nicht als „verfolgungsbedingt“ anerkannt. In einem Vergleich wurde der Verlust des Tübinger Hausrates entschädigt und eine einmalige Rentennachzahlung gewährt. Hermann Weil starb am 13. Februar 1973 in Burscheid bei Köln. In einem Brief an Lilli Zapf schrieb Hermann Weil 1964: „Sie werden verstehen, dass ich über mein persönliches Ergehen innerhalb meines Vaterlandes und über mein außergewöhnliches Schicksal während der dreißig Jahre in Afrika vor der Öffentlichkeit schweigen möchte. Die Erlebnisse dieser Jahre würden ohnehin Bände füllen, und es ist unmöglich, auch nur den Versuch zu machen, sie in Kürze zu schildern.“ (L. Zapf S. 173)
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| Ingeborg Weil, verheiratete Measures, wurde am 2. April 1925 in Köln geboren. Wenig später (genaues Datum nicht bekannt) zogen die Eltern Hermann Weil und Luise Weil, geborene Chur, mit ihrer kleinen Tochter zur Familie des Vaters nach Tübingen. Hier verlebte Inge, wie sie genannt wurde, im Kreise der Großfamilie glückliche Jahre, von den Schwestern des Vaters, der Großmutter und der Mutter liebevoll umsorgt. Auch die Auflösung des Hausstandes 1933, die überstürzte Flucht in die Schweiz und kurz darauf die Weiterreise nach Tanganjika waren für die Siebenjährige nach eigenen Aussagen „sehr aufregend und abenteuerlich (…), aber da meine Eltern dabei waren, war ich sehr glücklich.“ Nachdem die Familie ihre erste Bleibe auf der Farm nahe Arusha gefunden hatte, ging Ingeborg Weil in eine kleine Dorfschule, die von einer südafrikanischen Lehrerin geleitet wurde. Afrikaans war hier Unterrichtssprache und für Inge war es dadurch schwierig, dem Unterricht zu folgen. Stattdessen lernte sie hier sehr schnell Suaheli, die Sprache der Bewohner der Gegend. Hermann Weil und seiner Frau war die schulische Bildung ihrer Tochter wichtig und so schickten sie sie nach Ablauf eines Jahres auf eine deutsche Schule mit Internat nach Oldeani, 100 km von Arusha entfernt. Für Inge begann hier eine schwere zeit. Sie selbst bezeichnete sie später als die schlimmsten Jahre ihres Lebens. Sie hatte unter besonders schweren Malariaanfällen zu leiden, und zusätzlich wurde sie wegen ihres jüdischen Vaters von ihren deutschen MitschülerInnen diskriminiert und ausgegrenzt. Die deutschen Lehrer schwiegen, wohl aus Angst vor Repressalien nach ihrer Rückkehr ins nationalsozialistische Deutschland. Erst als nach ungefähr fünf Jahren ein Lehrer den Mut fand, Inges Eltern von den Schwierigkeiten zu berichten, holten diese sie sofort heim. Für Ingeborg Weil war damit im Alter von 14 Jahren die schulische Bildung beendet. Im September 1939 schien sich die wirtschaftliche Lage der Familie zu stabilisieren. Die erste Kaffeeernte konnte erfolgreich eingebracht werden. Inges Bruder Klaus wurde geboren. Mit dem Überfall der Nationalsozialisten auf Polen und dem Beginn des 2. Weltkrieges zogen aber wieder dunkle Wolken auf. Tanganjika war englisches Hoheitsgebiet und somit wurden alle Deutschen interniert. zwar wurde Hermann Weil als inzwischen Staatenloser nach einer Woche wieder aus dem Lager entlassen, vor der Beschlagnahmung ihrer Farm waren allerdings auch sie nicht geschützt. Die Familie wurde nach Oldeani geschickt, um dort auf einer Farm zu arbeiten. Zuvor wurde der Bruder Klaus noch in der Kirche in Arusha getauft. Auch Inge war getauft, weil ihr Vater kein praktizierender Jude und die Mutter evangelisch war. Später wurden beide Kinder auch konfirmiert. Von Oldeani aus wurde Inge zu einer befreundeten englischen Familie geschickt. Hier betreute sie das Kind der Familie und erhielt Unterricht in englischer Sprache. Seit dieser Zeit wurde englisch zu ihrer Alltagssprache. Auch in der eigenen Familie wurde zunehmend englisch gesprochen. 1943, Inge Weil war 18 Jahre alt, lernte sie einen Hauptmann der englischen Armee kennen. Mit ihm zog sie nach Kriegsende nach England. Dort wurde auch ihr Sohn Peter Measures geboren. Erst im September 1961, also nach 28 Jahren kam Ingeborg Measures zum ersten Mal wieder nach Tübingen, besuchte die Stätten ihrer Kindheit und traf alte Freunde der Familie. Bei einem späteren Besuch 1995 kam es auch zu einem Wiedersehen mit ihrem Freund aus Kindertagen, dem Schauspieler Walter Schultheiß. Bei diesem Besuch stellte Ingeborg Measures sich auch einem Interview mit der Tübinger Geschichtswerkstatt. Ingeborg Measures, geborene Weil, starb 2019 in London.
| Ingeborg Weil, verheiratete Measures, wurde am 2. April 1925 in Köln geboren. Wenig später (genaues Datum nicht bekannt) zogen die Eltern Hermann Weil und Luise Weil, geborene Chur, mit ihrer kleinen Tochter zur Familie des Vaters nach Tübingen. Hier verlebte Inge, wie sie genannt wurde, im Kreise der Großfamilie glückliche Jahre, von den Schwestern des Vaters, der Großmutter und der Mutter liebevoll umsorgt. Auch die Auflösung des Hausstandes 1933, die überstürzte Flucht in die Schweiz und kurz darauf die Weiterreise nach Tanganjika waren für die Siebenjährige nach eigenen Aussagen „sehr aufregend und abenteuerlich (…), aber da meine Eltern dabei waren, war ich sehr glücklich.“ Nachdem die Familie ihre erste Bleibe auf der Farm nahe Arusha gefunden hatte, ging Ingeborg Weil in eine kleine Dorfschule, die von einer südafrikanischen Lehrerin geleitet wurde. Afrikaans war hier Unterrichtssprache und für Inge war es dadurch schwierig, dem Unterricht zu folgen. Stattdessen lernte sie hier sehr schnell Suaheli, die Sprache der Bewohner der Gegend. Hermann Weil und seiner Frau war die schulische Bildung ihrer Tochter wichtig und so schickten sie sie nach Ablauf eines Jahres auf eine deutsche Schule mit Internat nach Oldeani, 100 km von Arusha entfernt. Für Inge begann hier eine schwere zeit. Sie selbst bezeichnete sie später als die schlimmsten Jahre ihres Lebens. Sie hatte unter besonders schweren Malariaanfällen zu leiden, und zusätzlich wurde sie wegen ihres jüdischen Vaters von ihren deutschen MitschülerInnen diskriminiert und ausgegrenzt. Die deutschen Lehrer schwiegen, wohl aus Angst vor Repressalien nach ihrer Rückkehr ins nationalsozialistische Deutschland. Erst als nach ungefähr fünf Jahren ein Lehrer den Mut fand, Inges Eltern von den Schwierigkeiten zu berichten, holten diese sie sofort heim. Für Ingeborg Weil war damit im Alter von 14 Jahren die schulische Bildung beendet. Im September 1939 schien sich die wirtschaftliche Lage der Familie zu stabilisieren. Die erste Kaffeeernte konnte erfolgreich eingebracht werden. Inges Bruder Klaus wurde geboren. Mit dem Überfall der Nationalsozialisten auf Polen und dem Beginn des 2. Weltkrieges zogen aber wieder dunkle Wolken auf. Tanganjika war englisches Hoheitsgebiet und somit wurden alle Deutschen interniert. zwar wurde Hermann Weil als inzwischen Staatenloser nach einer Woche wieder aus dem Lager entlassen, vor der Beschlagnahmung ihrer Farm waren allerdings auch sie nicht geschützt. Die Familie wurde nach Oldeani geschickt, um dort auf einer Farm zu arbeiten. Zuvor wurde der Bruder Klaus noch in der Kirche in Arusha getauft. Auch Inge war getauft, weil ihr Vater kein praktizierender Jude und die Mutter evangelisch war. Später wurden beide Kinder auch konfirmiert. Von Oldeani aus wurde Inge zu einer befreundeten englischen Familie geschickt. Hier betreute sie das Kind der Familie und erhielt Unterricht in englischer Sprache. Seit dieser Zeit wurde englisch zu ihrer Alltagssprache. Auch in der eigenen Familie wurde zunehmend englisch gesprochen. 1943, Inge Weil war 18 Jahre alt, lernte sie einen Hauptmann der englischen Armee kennen. Mit ihm zog sie nach Kriegsende nach England. Dort wurde auch ihr Sohn Peter Measures geboren. Erst im September 1961, also nach 28 Jahren kam Ingeborg Measures zum ersten Mal wieder nach Tübingen, besuchte die Stätten ihrer Kindheit und traf alte Freunde der Familie. Bei einem späteren Besuch 1995 kam es auch zu einem Wiedersehen mit ihrem Freund aus Kindertagen, dem Schauspieler Walter Schultheiß. Bei diesem Besuch stellte Ingeborg Measures sich auch einem Interview mit der Tübinger Geschichtswerkstatt. Ingeborg Measures, geborene Weil, starb 2019 in London.
| 2020-07-13
| 2020-07-13
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| Weil, Albert
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Will man eine Biografie Albert Weils schreiben, so kommt man nicht daran vorbei, sich mit der Geschichte der Tübinger Chronik zu befassen. Fast 30 Jahre war Albert Weil der Besitzer der Zeitung und hat sie in dieser Zeit maßgeblich geprägt. Da er selbst nicht als Redakteur tätig war und zurückhaltend lebte, gibt es kaum Quellen zu seiner Person. Und dennoch war die Tübinger Zeit für seinen Lebensweg entscheidend. Albert Weil wurde am 22. Januar 1862 in Ellwangen geboren. Durch den väterlichen Betrieb – sein Vater Leopold war der Gründer der „Jagstzeitung“ in Ellwangen – wurden er und sein um ein Jahr jüngerer Bruder Sigmund schon früh mit der Führung einer Zeitung vertraut. Nach Tübingen kamen die Brüder Weil, als in Ellwangen die Konkurrenz gegen die Jagstzeitung zu groß wurde und gleichzeitig der erkrankte Verleger der „Tübinger Chronik“ einen Nachfolger suchte. Gemeinsam kauften die Brüder, nachdem sie die Ellwanger Zeitung verkauft hatten, das Tübinger Geschäft im Jahr 1903. Das genaue Datum der Eheschließung wissen wir nicht, es muss um 1890 gewesen sein, als er die Bad Buchauer Fabrikantentochter Frieda Moos heiratete. Im Jahr 1892 wurde die älteste Tochter des Paares geboren. Vier weitere Töchter folgten. Im Sommer 1903 zog Albert Weil mit seiner Frau Frieda und den fünf Töchtern nach Tübingen. Kurz darauf kam das sechste Kind des Ehepaares, der Sohn Hermann, in Tübingen zur Welt. Albert Weil machte sich sogleich daran, in die Tübinger Chronik, die zu der Zeit noch in der Hirschgasse 1 (heute Betten-Hottmann) ihre Verlagsräume hatte, zu investieren, um die Auflage der Zeitung zu erhöhen. Die räumliche enge der Altstadt setzte hier allerdings schnell Grenzen und zwang ihn dazu, nach einem neuen Firmengebäude Ausschau zu halten. Nach mehreren Standortwechseln sollte es nun ein endgültiger Umzug werden. Albert Weil kaufte das Grundstück in der Uhlandstraße. Bereits im Frühjahr 1905 konnte mit dem Neubau begonnen werden und im Herbst des gleichen Jahres fand der Umzug statt. Die Familie zog in den zweiten Stock ein. Albert Weil zeichnete sich durch eine am Fortschritt orientierte Verlagsführung aus. neben Setzmaschinen wurde auch eine neue Rotationsmaschine in Betrieb genommen. Die Zahl der Abonnenten stieg kontinuierlich und bereits 1930 erfolgte der Anbau auf der Neckarseite. Inhaltlich orientierte sich die Chronik an der Mittelschicht Tübingens und vermied es, über das jüdische Gemeindeleben zu berichten. Lediglich Berichte über Personen (Geburtstage usw.) waren in der Zeitung zu finden. Sowohl der politisch Linke als auch der rechte Flügel wurden von der Berichterstattung ausgeblendet. Die liberale Mitte bestimme die Berichterstattung. Diese inhaltliche Ausrichtung zeigt, wie wenig sich Albert Weil über sein Jüdischsein definierte, stattdessen war er ein assimilierter Tübinger Bürger. Die Absurdität der nationalsozialistischen Rassenpolitik, die diese Assimilation gezielt und brutal zerstörte, zeigt sich in diesem Beispiel ganz besonders. Bereits zum Richtfest des Neubaus in der Uhlandstraße bezeichnete der Architekt Fischer das Gebäude als ein solches, „in dem täglich ein beträchtliches Stück Arbeit für das Gemeinwohl, für die Verbreitung der Volksbildung geleistet würde.“ (Tübinger Chronik, 17. Juli 1905). Der Verleger fühlte sich in der Pflicht, den Leser so zu informieren, dass er „stets auf der Höhe der Zeit“ war, so wurde es in einer Eigenwerbung formuliert. Neue Abonnenten wurden mit der Möglichkeit geworben, eine sogenannte„Abonnentenversicherung“ abzuschließen. es handelte sich dabei um eine Art Lebensversicherung, die bei tödlichem Unfall 3000 Reichsmark zahlte. Trotz seiner zentralen Rolle innerhalb der Tübinger Bürgergesellschaft mehrten sich seit dem Jahr 1929 die antisemitischen Angriffe auf Albert Weil. Er wurde als jüdische Person, aber auch als Verantwortlicher der „Tübinger Chronik“ diffamiert. Vor allem von den Tübinger Burschenschaften wurden Verunglimpfungen gegen Albert Weil verbreitet. Diese Angriffe wurden im Lokalteil der Zeitung ebenso ignoriert wie die zunehmenden Auftritte der Nationalsozialisten. Als die Nationalsozialisten 1930 bei den Reichstagswahlen hohe Gewinne erzielten und der antisemitische Druck auf den Verleger zunahm, entschloss er sich zum Verkauf der Zeitung. „Ich warte nicht, bis mir die Nazis alles wegstehlen“, so wird er aus der Erinnerung zitiert. Jetzt konnte er noch einen guten Verkaufspreis aushandeln und dafür Sorge tragen, dass sein Sohn Hermann zu seinem Nachfolger eingesetzt wurde. Albert Weil zog im Juli 1931 mit seiner Frau Frieda und seiner zweitältesten Tochter Fanny in die Schweiz nach Baden bei Zürich. Hier wollte er, der seit Jahren an einem schwachen Herzen litt, seinen ruhigen Lebensabend verbringen. Sein „schwaches Herz“ mag sich durch den stetig wachsenden antisemitischen Druck verschlechtert haben – wenn diese Hetze nicht überhaupt als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand Albert Weils gesehen werden kann. Hermann Weil musste schließlich im Frühjahr 1933 dem Druck der Nazis weichen und seine Arbeit in der Chronik aufgeben. Allen sechs Kindern des Ehepaares Weil gelang die rechtzeitige Flucht. Sie konnten in diesen Jahren durch ihren Vater finanziell unterstützt werden und so die schwierige Zeit auf verschiedenen Kontinenten überleben. Allerdings mussten die beiden Enkelkinder aus der ersten Ehe der ältesten Tochter Martha als Opfer beklagt werden. Werner starb nach dem Todesmarsch nach Groß-rosen, Margarethe ging mit der Familie ihres Mannes nach Holland, wurde gemeinsam mit Mann und Schwiegereltern nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Albert Weil starb vier Jahre nach seiner Frau am 29. Juni 1946 im Israelischen Altersasyl in Lengnau in der Schweiz. Ihm blieb es erspart, von den Nazis ermordet zu werden. Seinen Lebensweg haben sie dennoch zerstört, indem sie ihm seine weitere Berufsausübung als kritischer, engagierter Verleger unmöglich machten.
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| Weil, Frieda
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Frieda Weil wurde am 20. Juni 1872 als Frieda Moos in Bad Buchau am Federsee geboren. Sie stammte aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie. Um 1890 heiratete sie Albert Weil aus Ellwangen. 1892 wurde die älteste Tochter geboren. Als sie 1903 mit Ihrem Ehemann nach Tübingen zog, hatte die einunddreißigjährige bereits fünf Töchter geboren. Ihr sechstes Kind, der Sohn Hermann, kam nur ein paar Wochen nach dem Umzug in Tübingen zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. In Tübingen gehörte Frieda Weil als Ehefrau des Gründers der Tübinger Chronik sicherlich zur oberen Schicht der jüdischen Familien. Somit kann man davon ausgehen, dass auch sie Mitglied des Jüdischen Frauenvereins war, der sich 1924 ebenso wie in Berlin auch in Tübingen gründete und 1938 von der Gestapo aufgelöst wurde. In Tübingen, ebenso wie an anderen Orten, verstand sich der Verein als eine karitative Einrichtung, die Bedürftigen half, um sie nicht der öffentlichen Wohlfahrtspflege zu überlassen. Außerdem war Frieda Weil sicherlich mit dem großen Haushalt beschäftigt, war es doch in den jüdischen Familien den Frauen überlassen, die Kinder zu erziehen und das haus gesellschaftlich zu führen. Im Juni 1931 zogen Frieda und Albert Weil begleitet von der letzten noch unverheirateten Tochter Fanny ins Exil nach Baden/Ch. Hier starb Frieda am 17. Dezember 1942 im israelitischen Altersheim in Lengnau/Ch. Einzig ihr Mann und ihre Tochter Fanny waren noch in ihrer nähe. Was mag sie zu dieser Zeit bereits erfahren haben von den schwierigen Lebenswegen der Verfolgung ihrer Kinder? Wir wissen heute, dass eine Enkelin und ein Schwiegersohn in Auschwitz ermordet wurden und ein Enkelsohn im KZ Groß–Rosen. Die Tochter Martha überlebte in Belgien in einem Versteck. Die Tochter Vera konnte aus dem Lager Gurs/Frankreich fliehen und überleben. Die Töchter Hedwig und Else im Exil in USA und Israel überlebten und der einzige Sohn Hermann die schwere Zeit im afrikanischen Exil überstanden hat.
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| Weil, Fanny
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Flucht in die Schweiz schon im Jahr 1931.''' Fanny Weil wurde am 20. Dezember 1895 als drittes von sechs Kindern des Ehepaares Albert und Frieda Weil in Ellwangen geboren. 1903 zog die Familie nach Tübingen. Hier verlebte Fanny Weil ihre Kindheit und Jugend, über deren Einzelheiten nichts bekannt ist. Auf Fotos ist sie immer wieder im Familienverbund abgelichtet, häufig auch mit ihrer Nichte Ingeborg (Measures), deren Lieblingstante sie war. Als die Eltern sich wegen zunehmender antisemitischer Übergriffe 1931 zur Emigration in die Schweiz entschlossen, ging sie mit ihnen und blieb bis zum Tod des Vaters 1946 dort. Danach zog sie zu ihrer Schwester Hedwig in die USA (new York). Lilli Zapf berichtet, ohne genauere Quellen zu nennen, dass sie dort nach Jahren schwerer Tätigkeit starb. Sie blieb unverheiratet.
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| {{SortKey|Uhlandstraße10b}}[[Uhlandstraße]] 10b
| Mayer, Hermine<br />(*1864; gest. 1940)
| Hermine Mayer wurde am 24.05.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
| 2022-06-24
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|rowspan="5" | {{SortKey|Uhlandstraße15}}[[Uhlandstraße]] 15<br />
|rowspan="5" | {{SortKey|Uhlandstraße15}}[[Uhlandstraße]] 15<br />
[[Datei:Gebäude Uhlandstrasse 15 Tübingen.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine Hayum Tübingen Uhlandstraße 15.jpg|100px]]<br />{{Coordinate||Latitude=48.517722|Longitude=9.055870|type=landmark}}
{{Coordinate||Latitude=48.517722|Longitude=9.055870|type=landmark}}
| Hayum, Dr. Simon<br />(*1867; überlebte)
| Hayum, Dr. Simon<br />(*1867; überlebte)
| [[Simon Hayum]] wurde am 27. Januar 1867 in der Goldschmiedstraße, nahe der Synagoge, im alten, jüdischen Teil [[Hechingen]]s geboren als sechstes und jüngstes Kind der Eheleute Heinrich und Auguste Hayum, geborene Freiburger. Die Familie entstammte seit Generationen dem kleinbürgerlichen Milieu jüdischer Kleinhändler. Simon Hayum hat sich dazu zeitlebens bekannt. Vier Jahre nach Simons Geburt wurden die deutschen Juden gleichgestellte Staatsbürger mit allen Rechten. So wuchs das Kind einerseits im Bewusstsein moderner Emanzipationsbestrebungen auf, andererseits befolgten die Hechinger Juden sehr streng die Sabbathruhe, das Thora-Studium und die koscheren Speiseregeln. Das Elternhaus stellte eine enge Verknüpfung dar von familiärer Verbundenheit, religiöser Moral und Tradition, die zum aufrichtigen Leben und zur Toleranz anhielt. Simon besuchte nach Volks- und Realschule in Hechingen, unterstützt von Verwandten, das Gymnasium in Stuttgart. er studierte dann in Berlin, Leipzig und Tübingen Jura und ließ sich schließlich 1892 als Rechtsanwalt in Tübingen nieder, zuerst in der Kronen-, dann, ab 1905, in der Uhlandstraße 15. Die Emanzipation schien gelungen. Das zeigt auch 1897 die Heirat mit Hermine Weil, Tochter einer Bankiersfamilie ebenfalls aus Hechingen. Er war erfolgreich im Beruf, sah sich als Vertreter der „kleinen Leute“ und ihrer Rechte. 1913 war Julius Katz, der Sohn seiner Schwester Johanna, als Kompagnon der Kanzlei beigetreten, 1929 auch Simons Sohn Heinz. Sie waren die größte Kanzlei Tübingens mit hohem Ansehen. Politisch gehörte sein Engagement seit seiner Studienzeit der Freisinnigen Volkspartei, der späteren DDP mit dem Ziel weiterer Demokratisierung. Die Partei war linksliberal. Gesellschaftlich integrierte sich der humanistisch gebildete Mann, der täglich auch lateinische Zitate verwendete, immer mehr. Er wurde Mitte der 1890er Jahre Mitglied der [[Museumsgesellschaft]], 1898 des Bürgervereins, war als Obmann des Bürgerausschusses bis 1912 befasst mit der Haushaltsführung der Stadt. In dieser Funktion stieß er unter anderem den Bau des [[Uhlandbad]]es an. 1919 wurde er Gemeinderat. Simon Hayum gehörte so der Gründergeneration an, die erst nach der Jahrhundertwende in führende Positionen aufrückte und das öffentliche Leben mitbestimmte. Er kämpfte für eine demokratische Republik, für volle politische Gleichberechtigung, für die Wahrung des Friedens und für eine Sozialpolitik mit sozialliberalem Akzent. Simon Hayum blieb zeitlebens seinem Glauben treu, las oftmals abends im Talmud. Er prägte auch von den Anfängen der Republik bis in die zeit des NS die jüdische Landesvertretung Württemberg als Vizepräsident, dann als Präsident bis 1935. Es gab auch schon vor 1933 antisemitische Vorfälle in Tübingen, und Hayum, als Vorsitzender des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, setzte sich mit diesen sozusagen qua Amtes auseinander. Aber in seinem Rückblick von 1939 schienen sie ihm marginal, man hatte immerhin noch die Möglichkeit gehabt, rechtlich dagegen vorzugehen. 1929/30 destabilisierte sich die Welt und mit ihr die junge Demokratie. Die Stunde der militanten Rechten war gekommen, und ab 1933 wurde es auch für Leute wie ihn existentiell bedrohlich. Seine Situation veränderte sich schlagartig. Als Gemeinderat trat er selbst am 31. März 1933 zurück, um dem Ausschluss zuvorzukommen. Bereits einen Tag später, am 1. April 1933 wurde Hayums Kanzlei boykottiert. Die aufgepflanzten SA-Posten brandmarkten seine Kanzlei als jüdisch. Er bemerkte: „es kann uns nichts mehr passieren, wir sind bewacht.“ Nach einer Stunde zogen die SA-Leute ab und man konnte wieder normal arbeiten. Es blieb noch ruhig in Tübingen, aber dies war auch die einzige jüdische Kanzlei. Es folgte kurz danach das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ am 7. April 1933, das die Entlassung jüdischer Beamter, das Gesetz über „die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“, das die Entziehung der Zulassung für Rechtsanwälte ermöglichte. Simon Hayum trat 1934 zugunsten seines Sohnes von seiner Zulassung zurück, und die Auftragslage der als jüdisch stigmatisierten Kanzlei wurde immer prekärer, so dass schließlich Simons Neffe und Partner Julius Katz 1935 in die Schweiz auswanderte und 1938 sein Sohn Heinz mit Familie in die USA emigrierte, trotz immer noch vorhandener Zulassung. Lange jedoch zögerten Simon Hayum und seine Frau, trotz konkreter Bedrohung zum Beispiel seines Schwiegersohns Louis Koppel in Dortmund, das Land zu verlassen, das ihnen in Tübingen „Heimat“ war und wo in Hechingen noch die alte Mutter wohnte. Sie lebten zurückgezogen und kapselten sich ein. Erst nach dem Novemberpogrom 1938 wurde ihnen deutlich, dass ein Verbleiben nicht mehr möglich war. Bereits kurz danach, Mitte Dezember, hatte Julius Katz die Einreisevisa für die Schweiz besorgt. Bruder Joseph, dort längst ansässig, stellte die notwendige Bürgschaft. Gewarnt durch einen anonymen Anruf (wahrscheinlich seines ehemaligen Parteifreundes, Oberbürgermeister [[Adolf Scheef]] - spätere Äußerung Hayums) entschied sich schließlich das Ehepaar Hayum am 2. Februar 1939 zur Flucht in die Schweiz und entzog sich damit der angekündigten Verhaftung.
| Simon Hayum wurde am 27. Januar 1867 in der Goldschmiedstraße, nahe der Synagoge, im alten, jüdischen Teil Hechingens geboren als sechstes und jüngstes Kind der Eheleute Heinrich und Auguste Hayum, geborene Freiburger. Die Familie entstammte seit Generationen dem kleinbürgerlichen Milieu jüdischer Kleinhändler. Simon Hayum hat sich dazu zeitlebens bekannt. Vier Jahre nach Simons Geburt wurden die deutschen Juden gleichgestellte Staatsbürger mit allen Rechten. So wuchs das Kind einerseits im Bewusstsein moderner Emanzipationsbestrebungen auf, andererseits befolgten die Hechinger Juden sehr streng die Sabbathruhe, das Thora-Studium und die koscheren Speiseregeln. Das Elternhaus stellte eine enge Verknüpfung dar von familiärer Verbundenheit, religiöser Moral und Tradition, die zum aufrichtigen Leben und zur Toleranz anhielt. Simon besuchte nach Volks- und Realschule in Hechingen, unterstützt von Verwandten, das Gymnasium in Stuttgart. er studierte dann in Berlin, Leipzig und Tübingen Jura und ließ sich schließlich 1892 als Rechtsanwalt in Tübingen nieder, zuerst in der Kronen-, dann, ab 1905, in der Uhlandstraße 15. Die Emanzipation schien gelungen. Das zeigt auch 1897 die Heirat mit Hermine Weil, Tochter einer Bankiersfamilie ebenfalls aus Hechingen. Er war erfolgreich im Beruf, sah sich als Vertreter der „kleinen Leute“ und ihrer Rechte. 1913 war Julius Katz, der Sohn seiner Schwester Johanna, als Kompagnon der Kanzlei beigetreten, 1929 auch Simons Sohn Heinz. Sie waren die größte Kanzlei Tübingens mit hohem Ansehen. Politisch gehörte sein Engagement seit seiner Studienzeit der Freisinnigen Volkspartei, der späteren DDP mit dem Ziel weiterer Demokratisierung. Die Partei war linksliberal. Gesellschaftlich integrierte sich der humanistisch gebildete Mann, der täglich auch lateinische Zitate verwendete, immer mehr. Er wurde Mitte der 1890er Jahre Mitglied der Museumsgesellschaft, 1898 des Bürgervereins, war als Obmann des Bürgerausschusses bis 1912 befasst mit der Haushaltsführung der Stadt. In dieser Funktion stieß er unter anderem den Bau des Uhlandbades an. 1919 wurde er Gemeinderat. Simon Hayum gehörte so der Gründergeneration an, die erst nach der Jahrhundertwende in führende Positionen aufrückte und das öffentliche Leben mitbestimmte. Er kämpfte für eine demokratische Republik, für volle politische Gleichberechtigung, für die Wahrung des Friedens und für eine Sozialpolitik mit sozialliberalem Akzent. Simon Hayum blieb zeitlebens seinem Glauben treu, las oftmals abends im Talmud. Er prägte auch von den Anfängen der Republik bis in die zeit des NS die jüdische Landesvertretung Württemberg als Vizepräsident, dann als Präsident bis 1935. Es gab auch schon vor 1933 antisemitische Vorfälle in Tübingen, und Hayum, als Vorsitzender des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, setzte sich mit diesen sozusagen qua Amtes auseinander. Aber in seinem Rückblick von 1939 schienen sie ihm marginal, man hatte immerhin noch die Möglichkeit gehabt, rechtlich dagegen vorzugehen. 1929/30 destabilisierte sich die Welt und mit ihr die junge Demokratie. Die Stunde der militanten Rechten war gekommen, und ab 1933 wurde es auch für Leute wie ihn existentiell bedrohlich. Seine Situation veränderte sich schlagartig. Als Gemeinderat trat er selbst am 31. März 1933 zurück, um dem Ausschluss zuvorzukommen. Bereits einen Tag später, am 1. April 1933 wurde Hayums Kanzlei boykottiert. Die aufgepflanzten SA-Posten brandmarkten seine Kanzlei als jüdisch. Er bemerkte: „es kann uns nichts mehr passieren, wir sind bewacht.“ Nach einer Stunde zogen die SA-Leute ab und man konnte wieder normal arbeiten. Es blieb noch ruhig in Tübingen, aber dies war auch die einzige jüdische Kanzlei. Es folgte kurz danach das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ am 7. April 1933, das die Entlassung jüdischer Beamter, das Gesetz über „die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“, das die Entziehung der Zulassung für Rechtsanwälte ermöglichte. Simon Hayum trat 1934 zugunsten seines Sohnes von seiner Zulassung zurück, und die Auftragslage der als jüdisch stigmatisierten Kanzlei wurde immer prekärer, so dass schließlich Simons Neffe und Partner Julius Katz 1935 in die Schweiz auswanderte und 1938 sein Sohn Heinz mit Familie in die USA emigrierte, trotz immer noch vorhandener Zulassung. Lange jedoch zögerten Simon Hayum und seine Frau, trotz konkreter Bedrohung zum Beispiel seines Schwiegersohns Louis Koppel in Dortmund, das Land zu verlassen, das ihnen in Tübingen „Heimat“ war und wo in Hechingen noch die alte Mutter wohnte. Sie lebten zurückgezogen und kapselten sich ein. Erst nach dem Novemberpogrom 1938 wurde ihnen deutlich, dass ein Verbleiben nicht mehr möglich war. Bereits kurz danach, Mitte Dezember, hatte Julius Katz die Einreisevisa für die Schweiz besorgt. Bruder Joseph, dort längst ansässig, stellte die notwendige Bürgschaft. Gewarnt durch einen anonymen Anruf entschied sich schließlich das Ehepaar Hayum am 2. Februar 1939 zur Flucht in die Schweiz und entzog sich damit der angekündigten Verhaftung.
| 2020-07-13
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[[Datei:Gebäude Uhlandstrasse 16 Tübingen.jpg|100px]]<br /><br />[[Datei:Stolpersteine Fam Dessauer Uhlandstrasse 16 Tübingen.jpg|100px]]<br />
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| Dessauer, Adolf<br />(*1852; gest. 1939)
| Dessauer, Adolf<br />(*1852; gest. 1939)
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| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Stuttgart ihr letzter deutscher Wohnort war.''' Lucie Clara wurde am 1. Februar 1894 in Tübingen geboren. Sie erlebte eine schöne und unbeschwerte Kindheit mit ihren vier älteren Geschwistern und ihren Eltern, Adolf und Lenchen Dessauer in der Neckargasse und ab 1903 in der Uhlandstraße 16. Ihre Familie war gutbürgerlich, was gut an ihrem damaligen Wohnsitz zu erkennen ist, nämlich ein Haus in der Uhlandstraße, das sehr groß und zentral gelegen ist. Das Haus steht heute immer noch. Adolf Dessauer war Optiker und Graveur und sehr engagiert in der jüdischen Gemeinde Tübingen, wie auch als ehrenamtlicher Richter beim Amts- und Landgericht. Die Familie war also sowohl in jüdischen Kreisen als auch in nicht-jüdische Kreisen sehr hoch angesehen. Vor allem Lucies Vater lebte sehr streng religiös, was sich natürlich auch auf die Familie übertrug und sie deshalb augenscheinlich als sehr traditionsreich und religiös galten. Jude und Tübinger Bürger zu sein war in dieser zeit offenbar kein Widerspruch. Durch diesen traditionsbewussten Hintergrund gehörten vermutlich viele jüdische Feste und Traditionen schon sehr früh zu Lucie Claras Leben. Wahrscheinlich trafen die judenfeindlichen Gesetze der Nationalsozialisten die Familie Dessauer besonders, auch in ihrer Lebensweise. Lucie lernte in ihrer Kindheit Klavier spielen und erhielt Gesangsunterricht. Außerdem sang sie gerne und mit viel Begeisterung in einem Chor mit. Musik war ein großer Teil ihres Lebens, von Anfang an. Später machte sie eine Ausbildung als Kinderbetreuerin und arbeitete in einem Kinderhort. Als Lucie 24 Jahre alt war, lernte sie ihren zukünftigen Ehemann kennen, der ein sehr entfernter Verwandter war. Sie heirateten am 12. Juni 1919. Hermann Levi, ihr Ehemann, war Buchhändler und Antiquar aus Stuttgart. Dort übernahm er die Familienbuchhandlung R. Levi, und das frisch verheiratete Ehepaar lebte fortan in Stuttgart. 1920 erblickte Suse das licht der Welt und vier Jahre später, 1924, ihre kleine Schwester Agathe. Die junge Familie wohnte weiterhin in Stuttgart in der Werastraße. Lucie Levi wurde nach ihrer Heirat und der Geburt der beiden Kinder Hausfrau. Sie wirkte allerdings in vielen Wohltätigkeitsbereichen mit, weswegen sie hoch angesehen war. eben weil ihre Familie so religiös war, hatte sie auch Anschluss zum jüdischen Frauenverein und beteiligte sich mit regem Engagement. Als 1933 mit der Machtergreifung Hitlers die Lage für jüdische Familien in Deutschland immer gefährlicher wurde, wanderten die beiden Töchter der Familie zwischen 1933 und 1939 nach Palästina aus. Dass Lucie und Hermann noch rechtzeitig fliehen konnten, lag nur an einem glücklichen Zufall. Lucie war nämlich in ihrer Jugend mit einer jungen Frau befreundet gewesen, die später Eberhart Stähle heiratete. Dieser Herr Stähle bekleidete eine hohe Stelle in der nationalsozialistischen Partei. Die alte Freundin von Lucie, deren Name nicht bekannt ist, ließ durch ihren Mann eine Nachricht senden, dass das Ehepaar Levi sofort aus Deutschland ausreisen müsse, denn sonst würde ihnen Schlimmes widerfahren. Lucie und Hermann hörten auf die Freundin und verließen Deutschland in richtung Palästina im Frühjahr 1939. Nach wenigen Wochen erreichten die beiden Haifa und reisten von dort aus nach Tel Aviv. Die Töchter stießen hier wieder zur Familie dazu. Da Hermann Levi keine feste Stelle in Tel Aviv finden konnte, zog die Familie auf das Land. In der Zwischenzeit heiratete Suse, und 1944 wurde Lucies erstes Enkelkind geboren, Edna. Lucie und Hermann lebten in einem kleinen Haus, umgeben von Obstbäumen und Gemüsebeeten für den Eigenbedarf. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie nun, anders als in Stuttgart, mit Musikunterricht. Lucie gab Klavierstunden und Hermann Geigenunterricht. Die Umstellung von einem bürgerlichen Leben in Deutschland zu einem Leben in einem kleinen Haus in Palästina war sicherlich nicht einfach für die beiden. Aber augenscheinlich haben sie es gut geschafft. Ihre Enkelin Edna erzählt immer noch von wunderschönen und unbeschwerten Schulferien auf dem Land bei ihren Großeltern und von den leckeren deutschen Gerichten, die Lucie zubereitete. Nach dem Krieg erfuhr Lucie, dass keiner ihrer Geschwister die NS-zeit und die Konzentrationslager überlebt hatte. Dies muss eine schwere Zeit für sie gewesen sein. Gott sei Dank hatte sie ihre Familie, die ihr wahrscheinlich in dieser schweren zeit zur Seite gestanden ist. 1957 wurde Lucie zum zweiten Mal Großmutter, als Ariel, der Sohn von Suse geboren wurde. Zwischen 1955 und 1965 reisten Lucie und Hermann jeden Sommer in die Schweiz und nach Deutschland, um dort lebende Verwandte und Freunde zu besuchen. Lucie Levi starb 1969 mit 75 Jahren in Karkur-Tel Schalom in Israel in einem Pflegeheim. Ihre letzten drei Jahre waren von schwerer Krankheit gezeichnet. Sie hinterließ ihren Mann, zwei Töchter, einen Schwiegersohn und zwei Enkel. Ihre Enkelin Edna Klagsbrunn lebt bis heute in Israel und freut sich sehr, dass an ihre Großmutter Lucie erinnert wird.
| '''Kein Stolperstein in Tübingen, da Stuttgart ihr letzter deutscher Wohnort war.''' Lucie Clara wurde am 1. Februar 1894 in Tübingen geboren. Sie erlebte eine schöne und unbeschwerte Kindheit mit ihren vier älteren Geschwistern und ihren Eltern, Adolf und Lenchen Dessauer in der Neckargasse und ab 1903 in der Uhlandstraße 16. Ihre Familie war gutbürgerlich, was gut an ihrem damaligen Wohnsitz zu erkennen ist, nämlich ein Haus in der Uhlandstraße, das sehr groß und zentral gelegen ist. Das Haus steht heute immer noch. Adolf Dessauer war Optiker und Graveur und sehr engagiert in der jüdischen Gemeinde Tübingen, wie auch als ehrenamtlicher Richter beim Amts- und Landgericht. Die Familie war also sowohl in jüdischen Kreisen als auch in nicht-jüdische Kreisen sehr hoch angesehen. Vor allem Lucies Vater lebte sehr streng religiös, was sich natürlich auch auf die Familie übertrug und sie deshalb augenscheinlich als sehr traditionsreich und religiös galten. Jude und Tübinger Bürger zu sein war in dieser zeit offenbar kein Widerspruch. Durch diesen traditionsbewussten Hintergrund gehörten vermutlich viele jüdische Feste und Traditionen schon sehr früh zu Lucie Claras Leben. Wahrscheinlich trafen die judenfeindlichen Gesetze der Nationalsozialisten die Familie Dessauer besonders, auch in ihrer Lebensweise. Lucie lernte in ihrer Kindheit Klavier spielen und erhielt Gesangsunterricht. Außerdem sang sie gerne und mit viel Begeisterung in einem Chor mit. Musik war ein großer Teil ihres Lebens, von Anfang an. Später machte sie eine Ausbildung als Kinderbetreuerin und arbeitete in einem Kinderhort. Als Lucie 24 Jahre alt war, lernte sie ihren zukünftigen Ehemann kennen, der ein sehr entfernter Verwandter war. Sie heirateten am 12. Juni 1919. Hermann Levi, ihr Ehemann, war Buchhändler und Antiquar aus Stuttgart. Dort übernahm er die Familienbuchhandlung R. Levi, und das frisch verheiratete Ehepaar lebte fortan in Stuttgart. 1920 erblickte Suse das licht der Welt und vier Jahre später, 1924, ihre kleine Schwester Agathe. Die junge Familie wohnte weiterhin in Stuttgart in der Werastraße. Lucie Levi wurde nach ihrer Heirat und der Geburt der beiden Kinder Hausfrau. Sie wirkte allerdings in vielen Wohltätigkeitsbereichen mit, weswegen sie hoch angesehen war. eben weil ihre Familie so religiös war, hatte sie auch Anschluss zum jüdischen Frauenverein und beteiligte sich mit regem Engagement. Als 1933 mit der Machtergreifung Hitlers die Lage für jüdische Familien in Deutschland immer gefährlicher wurde, wanderten die beiden Töchter der Familie zwischen 1933 und 1939 nach Palästina aus. Dass Lucie und Hermann noch rechtzeitig fliehen konnten, lag nur an einem glücklichen Zufall. Lucie war nämlich in ihrer Jugend mit einer jungen Frau befreundet gewesen, die später Eberhart Stähle heiratete. Dieser Herr Stähle bekleidete eine hohe Stelle in der nationalsozialistischen Partei. Die alte Freundin von Lucie, deren Name nicht bekannt ist, ließ durch ihren Mann eine Nachricht senden, dass das Ehepaar Levi sofort aus Deutschland ausreisen müsse, denn sonst würde ihnen Schlimmes widerfahren. Lucie und Hermann hörten auf die Freundin und verließen Deutschland in richtung Palästina im Frühjahr 1939. Nach wenigen Wochen erreichten die beiden Haifa und reisten von dort aus nach Tel Aviv. Die Töchter stießen hier wieder zur Familie dazu. Da Hermann Levi keine feste Stelle in Tel Aviv finden konnte, zog die Familie auf das Land. In der Zwischenzeit heiratete Suse, und 1944 wurde Lucies erstes Enkelkind geboren, Edna. Lucie und Hermann lebten in einem kleinen Haus, umgeben von Obstbäumen und Gemüsebeeten für den Eigenbedarf. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie nun, anders als in Stuttgart, mit Musikunterricht. Lucie gab Klavierstunden und Hermann Geigenunterricht. Die Umstellung von einem bürgerlichen Leben in Deutschland zu einem Leben in einem kleinen Haus in Palästina war sicherlich nicht einfach für die beiden. Aber augenscheinlich haben sie es gut geschafft. Ihre Enkelin Edna erzählt immer noch von wunderschönen und unbeschwerten Schulferien auf dem Land bei ihren Großeltern und von den leckeren deutschen Gerichten, die Lucie zubereitete. Nach dem Krieg erfuhr Lucie, dass keiner ihrer Geschwister die NS-zeit und die Konzentrationslager überlebt hatte. Dies muss eine schwere Zeit für sie gewesen sein. Gott sei Dank hatte sie ihre Familie, die ihr wahrscheinlich in dieser schweren zeit zur Seite gestanden ist. 1957 wurde Lucie zum zweiten Mal Großmutter, als Ariel, der Sohn von Suse geboren wurde. Zwischen 1955 und 1965 reisten Lucie und Hermann jeden Sommer in die Schweiz und nach Deutschland, um dort lebende Verwandte und Freunde zu besuchen. Lucie Levi starb 1969 mit 75 Jahren in Karkur-Tel Schalom in Israel in einem Pflegeheim. Ihre letzten drei Jahre waren von schwerer Krankheit gezeichnet. Sie hinterließ ihren Mann, zwei Töchter, einen Schwiegersohn und zwei Enkel. Ihre Enkelin Edna Klagsbrunn lebt bis heute in Israel und freut sich sehr, dass an ihre Großmutter Lucie erinnert wird.
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| Zydower, Hans-Julius<br />(*1907; Fluch 1935, gest. 1939 Palästina)
| Hans-Julius Zydower
| 2022-06-24
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| Georg Weil wurde am 1. April 1900 als Sohn des Bankiers Siegmund Weil und seiner Frau Paula in Tübingen geboren. Nach der Ele- mentarschule besuchte er das humanistische Uhland-Gymnasium in Tübingen und schloss 1918 mit dem Abitur ab. Für kurze zeit wurde er zum Wehrdienst eingezogen und studierte nach der Entlassung vom Wehrdienst in Tübingen und Heidelberg zunächst einige Semester Medizin, danach Staatswissenschaften in Freiburg und Tübingen. Während des Studiums bereitete er sich auf seinen Beruf als Bankier vor und volontierte zunächst in der Firma seines Vaters, später bei Jakob S. h. Stern in Frankfurt am Main und bei der Reichskreditgesellschaft in Berlin. 1927 schloss er sein Studium mit der Dissertation: „Über das Wesen der Wirtschaftsstufen“ ab und promovierte an der Tübinger Universität sehr erfolgreich zum Dr. rer. pol.. 1928 wurde Dr. Georg Weil offiziell Generalbevollmächtigter der Bankkommandite Siegmund Weil in Tübingen. Die große Bankkrise der dreißiger Jahre sah er kommen und verstand es, mit seinem Vater Siegmund Weil klug und voraussehend, die Bank über die schwierigen Zeiten hinweg zu retten. Genauso vorausschauend und umsichtig handelte er später bei der „Gleichschaltung“ der Bank Ende 1933. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Tübingen im Frühjahr 1933 gehörte die sehr angesehene, jüdische Privatbank zu den ersten Opfern wirtschaftlicher Vernichtung in Tübingen. Öffentliche Diffamierungen und Hetzkampagnen gegen die Integrität der Inhaber, sowie der Druck des Gemeinderats zur „Arisierung“ der Bank, führten zur Auflösung der gesamten städtischen Geschäftsverbindungen der Stadt Tübingen zum Bankhaus Weil. Um die Bank zu retten, wurde die Bankkommandite Weil mit dem Tübinger Stammhaus und der Filiale in Hechingen von Georg Weil in eine Aktiengesellschaft umgewandelt mit dem Namen „Württembergisch-Hohenzollerische Privatbank A.G“, die bewusst die Tradition der Regionalbank fortsetzen sollte. Der neu angestellte Bankdirektor Richard Beck und andere Teilhaber hatten die Aktienmehrheit und bildeten auch den Vorstand des neuen Bankunternehmens. Die früheren Firmenchefs Siegmund Weil und Georg Weil mussten auf ihre Vorstandsposten verzichten und waren aber noch im Aufsichtsrat vertreten. Trotz vieler Zugeständnisse hatte die Bank für die Familie Weil keine Zukunft, alle vertraglich vereinbarten Verpflichtungen gegenüber Siegmund und Georg Weil wurden nicht eingehalten. Georg Weil emigrierte 1933 zunächst in die Schweiz und von dort nach Kew Gardens/Brooklyn, N.Y./ USA. 1948 strengte Georg Weil ein Restitutionsverfahren an, um die Zwangsarisierung des Bankhauses Weil rückgängig zu machen; es kam 1953 zum Vergleich zwischen Georg und Paula Weil einerseits und den angeklagten Aktionären, das Bankhaus wurde zurückgegeben. Georg Weil war nun wieder Mehrheitsaktionär und im Aufsichtsrat der Bank. 1953 kehrte er zurück in die Schweiz, wo er in Basel, später in Zürich als Präsident der Schweizer Niederlassung einer amerikanischen Brokerfirma tätig war und versuchte, mit der Bank wieder Fuß zu fassen in Tübingen, was sich aufgrund verschiedener, ungünstiger Umstände schwierig gestaltete. 1955 entschloss er sich, seine Aktienmehrheit an die Frankfurter Großbank „Commerz- und Creditbank“ zu verkaufen. 1958 wurde die Privatbank von der Commerz- und Creditbank AG. ganz übernommen, als Tübinger Filiale geführt und von der Wilhelmstrasse 22 in die Poststraße 4 verlegt. 1967 siedelte Georg Weil endgültig in die USA über und wählte Piedmont in Kalifornien als Domizil. Georg Weil verstarb dort am 28. September 1972 an einem Herzleiden. Er war mit einer Amerikanerin verheiratet, die nach dem Tode ihres Mannes Piedmont verließ und nach South Carolina umzog.
| Georg Weil wurde am 1. April 1900 als Sohn des Bankiers Siegmund Weil und seiner Frau Paula in Tübingen geboren. Nach der Ele- mentarschule besuchte er das humanistische Uhland-Gymnasium in Tübingen und schloss 1918 mit dem Abitur ab. Für kurze zeit wurde er zum Wehrdienst eingezogen und studierte nach der Entlassung vom Wehrdienst in Tübingen und Heidelberg zunächst einige Semester Medizin, danach Staatswissenschaften in Freiburg und Tübingen. Während des Studiums bereitete er sich auf seinen Beruf als Bankier vor und volontierte zunächst in der Firma seines Vaters, später bei Jakob S. h. Stern in Frankfurt am Main und bei der Reichskreditgesellschaft in Berlin. 1927 schloss er sein Studium mit der Dissertation: „Über das Wesen der Wirtschaftsstufen“ ab und promovierte an der Tübinger Universität sehr erfolgreich zum Dr. rer. pol.. 1928 wurde Dr. Georg Weil offiziell Generalbevollmächtigter der Bankkommandite Siegmund Weil in Tübingen. Die große Bankkrise der dreißiger Jahre sah er kommen und verstand es, mit seinem Vater Siegmund Weil klug und voraussehend, die Bank über die schwierigen Zeiten hinweg zu retten. Genauso vorausschauend und umsichtig handelte er später bei der „Gleichschaltung“ der Bank Ende 1933. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Tübingen im Frühjahr 1933 gehörte die sehr angesehene, jüdische Privatbank zu den ersten Opfern wirtschaftlicher Vernichtung in Tübingen. Öffentliche Diffamierungen und Hetzkampagnen gegen die Integrität der Inhaber, sowie der Druck des Gemeinderats zur „Arisierung“ der Bank, führten zur Auflösung der gesamten städtischen Geschäftsverbindungen der Stadt Tübingen zum Bankhaus Weil. Um die Bank zu retten, wurde die Bankkommandite Weil mit dem Tübinger Stammhaus und der Filiale in Hechingen von Georg Weil in eine Aktiengesellschaft umgewandelt mit dem Namen „Württembergisch-Hohenzollerische Privatbank A.G“, die bewusst die Tradition der Regionalbank fortsetzen sollte. Der neu angestellte Bankdirektor Richard Beck und andere Teilhaber hatten die Aktienmehrheit und bildeten auch den Vorstand des neuen Bankunternehmens. Die früheren Firmenchefs Siegmund Weil und Georg Weil mussten auf ihre Vorstandsposten verzichten und waren aber noch im Aufsichtsrat vertreten. Trotz vieler Zugeständnisse hatte die Bank für die Familie Weil keine Zukunft, alle vertraglich vereinbarten Verpflichtungen gegenüber Siegmund und Georg Weil wurden nicht eingehalten. Georg Weil emigrierte 1933 zunächst in die Schweiz und von dort nach Kew Gardens/Brooklyn, N.Y./ USA. 1948 strengte Georg Weil ein Restitutionsverfahren an, um die Zwangsarisierung des Bankhauses Weil rückgängig zu machen; es kam 1953 zum Vergleich zwischen Georg und Paula Weil einerseits und den angeklagten Aktionären, das Bankhaus wurde zurückgegeben. Georg Weil war nun wieder Mehrheitsaktionär und im Aufsichtsrat der Bank. 1953 kehrte er zurück in die Schweiz, wo er in Basel, später in Zürich als Präsident der Schweizer Niederlassung einer amerikanischen Brokerfirma tätig war und versuchte, mit der Bank wieder Fuß zu fassen in Tübingen, was sich aufgrund verschiedener, ungünstiger Umstände schwierig gestaltete. 1955 entschloss er sich, seine Aktienmehrheit an die Frankfurter Großbank „Commerz- und Creditbank“ zu verkaufen. 1958 wurde die Privatbank von der Commerz- und Creditbank AG. ganz übernommen, als Tübinger Filiale geführt und von der Wilhelmstrasse 22 in die Poststraße 4 verlegt. 1967 siedelte Georg Weil endgültig in die USA über und wählte Piedmont in Kalifornien als Domizil. Georg Weil verstarb dort am 28. September 1972 an einem Herzleiden. Er war mit einer Amerikanerin verheiratet, die nach dem Tode ihres Mannes Piedmont verließ und nach South Carolina umzog.
| 2020-07-13
| 2020-07-13
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| {{SortKey|Wilhelmstraße87}}[[Wilhelmstraße]] 87<br />
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| Ruf, Sofie  (*1868; gest. 1940)
| Sofie Ruf wurde am 11.12.1940 in Grafeneck im Rahmen der "Aktion T4" ermordet.
| 2022-06-24
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==Quellen==
==Quellen==
* Broschüre zur Stolpersteinverlegung am 13. Juli 2020
* Broschüre zur Stolpersteinverlegung am 13. Juli 2020
* Broschüre zur Stolpersteinverlegung am 24. Juni 2022
<references/>
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