Öhrn
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Der Öhrn ist ein 9,45 × 6 m großer und 3,8 m hoher Raum im 2. Stock des Rathaus. Es handelt sich um den ehemaligen Empfangsraum des Hofgerichts und der Stadt mit auf die Wände gemalten „Gerechtigkeitsbildern“ von 1596 in „dräuendem Anthrazit und Grau.“[1]
Vor der Renovierung des Rathauses ab 2012 bröckelte hier schon der Putz.[2] Der Begriff "Öhrn" bedeutet "Vorraum, Hausflur" (vgl. "Ern")[3] und stammt vielleicht von "ähre", was „freier, ebener Platz, innerer Hofraum, Tenne“ bedeutet.[4][5] Der Öhrn liegt zwischen der Großen Gerichtsstube (heute Kleiner Sitzungssaal und Trauzimmer) und der Kleinen Gerichtsstube (heute Amtszimmer des Oberbürgermeisters). Der große Saal des ehemaligen Hofgerichts befindet sich im 3. Obergeschoss.
Die Wandgemälde stammen von Jacob Züberlein (1556–1607), der spätestens ab 1580 in Tübingen wohnte.[6][7] Die acht Fresken behandeln je vier Themen der biblischen und römischen Geschichte. Allegorien der Klugheit und Gerechtigkeit sind jeweils über den Eingängen zu jeder Gerichtsstube angebracht.[7] Die Gerechtigkeitsbilder sollten die „gerechten Richter“ und Ratsmitglieder auf ihre hohen Pflichten hinweisen und die Gemeinde repräsentieren.[7]
1596 bekam Züberlein von der Stadt den Auftrag, den Öhrn auszumalen. Es ist nicht bekannt, wer die zu malenden Szenen wählte. Als Vorlagen dienten die Holzschnitte von Tobias Stimmer, die als Illustrationen zum Neuen Testament in der Übersetzung des Erasmus von Rotterdam und zu Von Ankunft und Ursprung des römischen Reichs von Titus Livius und Lucius Florus (Straßburg 1575), sowie zu Jüdischen Geschichten von Flavius Josephus (Straßburg 1574) erschienen waren.[7] In einem Fall (Gleichnis vom Splitter und Balken im Auge) kopierte er ein Gemälde von Heinrich Füllmaurer.[8] Die historischen und biblischen Gemälde Züberleins bilden fünf Paare, die beispielhafte Verhaltensweisen gegenüber Mensch, Vaterland, Gott und Staat veranschaulichen. Jedes Bildpaar zeigt sowohl gerechtes, als auch tadelnswertes Verhalten. Im Einzelnen werden also Nächstenliebe und Überheblichkeit, Landesverrat und Vaterlandstreue, Gottesfurcht und Gotteslästerung, Despotie und Rechtsstaatlichkeit gegenübergestellt. Die Freskogemälde, die ausschließlich mit schwarzen und grauen Tönen ausgeführt sind, erinnern nicht nur durch die Farbgestaltung an die Vorlagen. Ähnlich wie diesen fehlt es ihnen an Perspektive. Die einzelnen Szenen:
- 1. Christus und Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh. 4,9)
- 2. Das Gleichnis vom Splitter und Balken im Auge (Lk. 6,41)
- 3. Die Bestrafung des treulosen Schulmeisters von Falerii durch Camilius (Livius V, Jahr 361)
- 4. Der Kampf des Titus Manlius mit dem Gallier auf der Tiberbrücke (Livius VII, Jahr 394)
- 5. Abrahams Opfer (1. Mose 22,12)
- 6. Davids Kampf mit Goliath (1. Sam 17,45)
- 7. König Lucius Tarquinius Superbus beauftragt durch einen Boten seinen Sohn Sextus Tarquinius, die Patrizier der Stadt Gabii zu vernichten (Livius I, Jahr 219)
- 10. Berufung des Lucius Quintus vom Pfluge weg zu den Staatsgeschäften (Livius III, Jahr 295)[7]
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ http://www.gea.de/region+reutlingen/tuebingen/schmuckstueck+tuebinger+rathaus+fertig+saniert.4544700.htm
- ↑ http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Im-und-am-Tuebinger-Rathaus-broeckelt-es-197489.html
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Ern
- ↑ http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.auf-gut-schwaebisch-viele-bezeichnungen-fuer-den-hausflur.de3cadaf-6cc9-4944-876c-5282e546c72e.html
- ↑ https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB&lemid=A02284
- ↑ https://de.wikipedia.org/wiki/Rathaus_T%C3%BCbingen#Architektur
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Rudolf Huber: Das Rathaus von Tübingen, 1956, S. 8–13.
- ↑ Andrea Bachmann: Tübinger Straßen: Die Füllmaurerstraße. In: „Tagblatt-Anzeiger“, 17. März 2010.
- ↑ de.wikipedia.org/wiki/Jacob_Züberlein