Bearbeiten von „Tübinger Vertrag“
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[[Bild:Kofi Annan TuebingerVertrag.jpg| | [[Bild:Kofi Annan TuebingerVertrag.jpg|thumb|400px|Am [[5. Dezember]] [[2003]] wird [[Kofi Annan]] (zweiter von links) bei einem Stadtbesuch im Beisein von Oberbürgermeisterin [[Brigitte Russ-Scherer]] (dritte von links) das Original des Tübinger Vertrages im [[Rathaus]] gezeigt. Quelle: http://www.tuebingen.de/25_24176.html]] | ||
Mit dem am [[8. Juli]] [[1514]] zwischen den württembergischen Landständen und [[Herzog Ulrich]] geschlossene '''Tübinger Vertrag''' sicherte sich Ulrich die Unterstützung der so genannten Ehrbarkeit (Patriziat) bei der Niederschlagung des Bauernaufstands des [[Armer Konrad|Armen Konrad]]. | Mit dem am [[8. Juli]] [[1514]] zwischen den württembergischen Landständen und [[Herzog Ulrich]] geschlossene '''Tübinger Vertrag''' sicherte sich Ulrich die Unterstützung der so genannten Ehrbarkeit (Patriziat) bei der Niederschlagung des Bauernaufstands des [[Armer Konrad|Armen Konrad]]. | ||
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In dem '''Tübinger Vertrag''' verpflichtete sich Herzog Ulrich, Fragen der Steuererhebung, von Landesverteidigung und Kriegswesen sowie den Verkauf von Landesteilen nur mit Zustimmung der Landstände zu regeln. Außerdem wurde die ''„grundherrliche Abzugssteuer“'' abgeschafft, was nun die freie Ausreise ermöglichte. Der Vertrag sicherte allen Bewohnern bei Strafprozessen ein ordnungsgemäßes Verfahren zu. Im Gegenzug verpflichteten sich die Landstände für mindestens 40 Jahre, für die Schulden des Herzogs aufzukommen. Der Vertrag sicherte im Ergebnis die Privilegien der Ehrbarkeit. | In dem '''Tübinger Vertrag''' verpflichtete sich Herzog Ulrich, Fragen der Steuererhebung, von Landesverteidigung und Kriegswesen sowie den Verkauf von Landesteilen nur mit Zustimmung der Landstände zu regeln. Außerdem wurde die ''„grundherrliche Abzugssteuer“'' abgeschafft, was nun die freie Ausreise ermöglichte. Der Vertrag sicherte allen Bewohnern bei Strafprozessen ein ordnungsgemäßes Verfahren zu. Im Gegenzug verpflichteten sich die Landstände für mindestens 40 Jahre, für die Schulden des Herzogs aufzukommen. Der Vertrag sicherte im Ergebnis die Privilegien der Ehrbarkeit. | ||
Dieser häufig als die ''„württembergische Magna Carta“'' bezeichnete Text gilt als das wichtigste Verfassungsdokument im Herzogtum | Dieser häufig als die ''„württembergische Magna Carta“'' bezeichnete Text gilt als das wichtigste Verfassungsdokument im Herzogtum Württemberg. | ||
Tübingen, als Ort des Vertragsschlusses, darf seither die württembergischen Geweihstangen in seinem [[Wappen|Stadtwappen]] führen. | Tübingen, als Ort des Vertragsschlusses, darf seither die württembergischen Geweihstangen in seinem [[Wappen|Stadtwappen]] führen. | ||
Der Vertrag wurde erst am [[30. Dezember]] [[1805]] infolge des Staatsstreichs des Kurfürsten (König) | Der Vertrag wurde erst am [[30. Dezember]] [[1805]] infolge des Staatsstreichs des Kurfürsten (König) Friedrichs von Württemberg faktisch aufgehoben. Er eignete sich die ständischen Kassen und das Archiv der Stände gewaltsam an. Am [[31. Dezember]] [[1805]] wurden die Städte und Ämter zur bedingungslosen Unterordnung unter die Organe der Regierung und zur Ablieferung der Steuern, an diese angewiesen. Damit endete die ständische Verfassung Württembergs und es begann die 14jährige absolute Herrschaft der Könige von Württemberg. | ||
== Original Text == | |||
Des allerdurchleuchtigsten, grossmechtigsten fürsten und herren hern Maximilian von gots gnaden romischen kaysers zu allen zyten merers des rychs etc. | Des allerdurchleuchtigsten, grossmechtigsten fürsten und herren hern Maximilian von gots gnaden romischen kaysers zu allen zyten merers des rychs etc. | ||
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Nemlich und zum ersten söllent die landschaft für sich obgemeltem hertzog Ulrichen fünf jar lange die nesten ains jeden jars geben und raichen zway und zwaintzig tusend guldin, dartzu söllent im die prelaten, stift, clöster, ouch die ämpter Mümpelgart, Nürtingen, Plamont und Rychewylr ouch geben und raychen, als vil by denselben allen erraicht werden mag, und sölichs alles, so die angezögten fünf jar lang allenthalp, wie obstet, gefellt, söllent zu hertzog Ulrichs wachender schuld und zu stattlicher bezalung der gilten bewendt werden. Darnach und nach usgang der fünf jaren obgemelt söllent gemaine landschaft mit sampt den prelaten, stiften, clöstern, ouch den ämptern Mümpelgart, Nürtingen, Plawmont und Rychenwyler, so vil by denselben ämptern ouch erlangt werden mag, achtmal hundert tusend guldin houptguts zu ablösung der zins unnd gilten, damit das fürstenthumb beswert ist, uf sich nemen und bezalen, wie hernach folgt. Also das die landschaft für sich daran söllent geben zway und zwantzig tusend guldin aines yeden jars, so lang bis obangezögt summa, achtmal hundert tusend guldin bezalt und abgelöst ist. Daneben söllent die prelaten, stift, clöster und obbestimpt ämpter jedes jars geben, als vil by denselben allen erlangt werden mag. Und was also von den prelaten und ämptern jarlichs gefellt, das soll in die achtmal hundert tusent gnldin gerechnet und daran abgezogen, also was zu yeder zyt jars von solicher somm achtmal hundert tusent guldin der verschribnen gilten obbestimt abgelöst werden, dieselben söllent in hertzog Ulrichs seckel alltzyt gefallen. Und zu empfahung sölicher järlichen raychung, als nemlich der ersten fünf jaren, auch nachfolgender landsteur der achtmal hundert tusent guldin söllent sonder personen, so vormals mit ämptern ynnemens und usgebens nit beladen sind, von hertzog Ulrichen und der landschaft mit verpflichtung geordnet werden, solicher raychung der ersten fünf jare fürter zu den wachenden schulde und bezalung der gilten und nachmals die landsteuer zu ablosung der zins und gilten, damit das fürstenthumb beswert ist, und nit anders wahin trewlich zu wenden und zu keren und dernhalb alle jar gemeltem hertzog Ulrichen und der landschaft ufrichtlich redlich rechnung zu tund. Und hieruf soll hertzog Ulrich us sondern gnaden, die er zu siner landschaft tregt, den landschaden, so bisher im gebruch gewesen, yetzo abthun und nachlassen, also das der hinfüro nit mer hegert werden oder sein soll. Doch das dise nachlassung des landschadens und die bezalung der ersten zway und zwaintzig tusend guldin ains mit dem andern zugeen und beschehen. | Nemlich und zum ersten söllent die landschaft für sich obgemeltem hertzog Ulrichen fünf jar lange die nesten ains jeden jars geben und raichen zway und zwaintzig tusend guldin, dartzu söllent im die prelaten, stift, clöster, ouch die ämpter Mümpelgart, Nürtingen, Plamont und Rychewylr ouch geben und raychen, als vil by denselben allen erraicht werden mag, und sölichs alles, so die angezögten fünf jar lang allenthalp, wie obstet, gefellt, söllent zu hertzog Ulrichs wachender schuld und zu stattlicher bezalung der gilten bewendt werden. Darnach und nach usgang der fünf jaren obgemelt söllent gemaine landschaft mit sampt den prelaten, stiften, clöstern, ouch den ämptern Mümpelgart, Nürtingen, Plawmont und Rychenwyler, so vil by denselben ämptern ouch erlangt werden mag, achtmal hundert tusend guldin houptguts zu ablösung der zins unnd gilten, damit das fürstenthumb beswert ist, uf sich nemen und bezalen, wie hernach folgt. Also das die landschaft für sich daran söllent geben zway und zwantzig tusend guldin aines yeden jars, so lang bis obangezögt summa, achtmal hundert tusend guldin bezalt und abgelöst ist. Daneben söllent die prelaten, stift, clöster und obbestimpt ämpter jedes jars geben, als vil by denselben allen erlangt werden mag. Und was also von den prelaten und ämptern jarlichs gefellt, das soll in die achtmal hundert tusent gnldin gerechnet und daran abgezogen, also was zu yeder zyt jars von solicher somm achtmal hundert tusent guldin der verschribnen gilten obbestimt abgelöst werden, dieselben söllent in hertzog Ulrichs seckel alltzyt gefallen. Und zu empfahung sölicher järlichen raychung, als nemlich der ersten fünf jaren, auch nachfolgender landsteur der achtmal hundert tusent guldin söllent sonder personen, so vormals mit ämptern ynnemens und usgebens nit beladen sind, von hertzog Ulrichen und der landschaft mit verpflichtung geordnet werden, solicher raychung der ersten fünf jare fürter zu den wachenden schulde und bezalung der gilten und nachmals die landsteuer zu ablosung der zins und gilten, damit das fürstenthumb beswert ist, und nit anders wahin trewlich zu wenden und zu keren und dernhalb alle jar gemeltem hertzog Ulrichen und der landschaft ufrichtlich redlich rechnung zu tund. Und hieruf soll hertzog Ulrich us sondern gnaden, die er zu siner landschaft tregt, den landschaden, so bisher im gebruch gewesen, yetzo abthun und nachlassen, also das der hinfüro nit mer hegert werden oder sein soll. Doch das dise nachlassung des landschadens und die bezalung der ersten zway und zwaintzig tusend guldin ains mit dem andern zugeen und beschehen. | ||
Beim "Landschaden" handelte es sich um eine außerordentliche Steuer, die sich sehr drückend auswirkte, weil Steuergrund und Steuerhöhe der Ermessensfreiheit des Herzogs überlassen waren. | |||
Der houptkrieg halben, so die zu rettung land, leut und siner herzog Ulrichs verwandten, zu handhabung siner ober- und herlicheit, ouch gerechtigkait, hilf und haltung siner aynung bisher angenomen und beschlossen, und der ihenen, so er fürter seins gefallens dem fürstenthumb zu gut annemen und thun mag, fürgenomen wölten werden, so soll das geschehen mit rat und wissen gemeiner landschaft. Würde aber hertzog Ulrich usserhalb der obgemelten stück ainich krieg fürnemen und yemand us freundschaft oder sunst fürschub oder hilf thun, so soll dasselbig geschehen mit rat, wissen und willen gemainer landschaft, sover anders hertzog Ulrich von inen hilf haben wölt. Und sol in allen stücken hertzog Ulrich wie sine voreltern die liferung geben, desglychen die landschaft mit iren lyben, fürung und anderm dienen, wie von alter herkomen und by hertzog Ulrichs voreltern ouch geschehen ist, alles ungevarlich. | Der houptkrieg halben, so die zu rettung land, leut und siner herzog Ulrichs verwandten, zu handhabung siner ober- und herlicheit, ouch gerechtigkait, hilf und haltung siner aynung bisher angenomen und beschlossen, und der ihenen, so er fürter seins gefallens dem fürstenthumb zu gut annemen und thun mag, fürgenomen wölten werden, so soll das geschehen mit rat und wissen gemeiner landschaft. Würde aber hertzog Ulrich usserhalb der obgemelten stück ainich krieg fürnemen und yemand us freundschaft oder sunst fürschub oder hilf thun, so soll dasselbig geschehen mit rat, wissen und willen gemainer landschaft, sover anders hertzog Ulrich von inen hilf haben wölt. Und sol in allen stücken hertzog Ulrich wie sine voreltern die liferung geben, desglychen die landschaft mit iren lyben, fürung und anderm dienen, wie von alter herkomen und by hertzog Ulrichs voreltern ouch geschehen ist, alles ungevarlich. | ||
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Das alles zu warem urkund haben wir dises unsers gütlichen vertrags und spruchs zwen briefe glychs luts ufrichten, mit unsern Cristofeln hern zu Limpburg als kayserlicher majestat mitgesandter rate, Wilhalm bischof zu Strassburg, Hugen bischofen zu Costantzs, Schenck Valentin herr zu Erbach, Pettern von Ufsess thombhern, Plyckhern Landtschaden anhangenden insigeln, mangelshalp diser zyt unser andern insigeln, jedem tail deren ainen ubergeben lassen zu Tüwingen uf sampstag sankt Kylian des hailigen bischofs und marterers tag nach der geburt Cristi unsers lieben herren im fünfzehen hundertsten und vierzehenden jaren.<ref>[http://www.verfassungen.de/de/bw/wuertt1514.htm www.verfassungen.de/de/bw/wuertt1514.htm]</ref> | Das alles zu warem urkund haben wir dises unsers gütlichen vertrags und spruchs zwen briefe glychs luts ufrichten, mit unsern Cristofeln hern zu Limpburg als kayserlicher majestat mitgesandter rate, Wilhalm bischof zu Strassburg, Hugen bischofen zu Costantzs, Schenck Valentin herr zu Erbach, Pettern von Ufsess thombhern, Plyckhern Landtschaden anhangenden insigeln, mangelshalp diser zyt unser andern insigeln, jedem tail deren ainen ubergeben lassen zu Tüwingen uf sampstag sankt Kylian des hailigen bischofs und marterers tag nach der geburt Cristi unsers lieben herren im fünfzehen hundertsten und vierzehenden jaren.<ref>[http://www.verfassungen.de/de/bw/wuertt1514.htm www.verfassungen.de/de/bw/wuertt1514.htm]</ref> | ||
== Literatur == | == Literatur == | ||
"Der Tübinger Vertrag und die Rolle Tübingens beim Aufstand des Armen Konrad 1514" von Andreas Schmauder (Verlag Thorbecke in Ostfildern) 2008. ISBN 978-3-7995-5510-4 | |||
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