Bearbeiten von „Reden zur Platzbenennung am Platz des unbekannten Deserteurs am 21.10.2008“
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[[Bild:EinweihungPlatzdes unbekanntDeserteurs2.jpg| | [[Bild:EinweihungPlatzdes unbekanntDeserteurs2.jpg|thumb|200px|[[Oberbürgermeister]] [[Boris Palmer]] und Susa Hübel vom [[Forum Französisches Viertel]] bei der Ansprache zur Namensverleihung]] | ||
Am | Am 21. Oktober 2008 wurden anlässlich der Platzbenennung zwei Reden gehalten: | ||
* 1. [[Oberbürgermeister]] [[Boris Palmer]] | * 1. [[Oberbürgermeister]] [[Boris Palmer]] | ||
* 2. Susa Hübel vom [[Forum Französisches Viertel]] | * 2. Susa Hübel vom [[Forum Französisches Viertel]] | ||
Sie werden hier dokumentiert - (bitte respektiert das Dokument und macht keine Änderungen). | Sie werden hier dokumentiert - (bitte respektiert das Dokument und macht keine Änderungen). | ||
== 2. Rede | == 2. Rede anlässlich der Einweihung des [[Platz des unbekannten Deserteurs|Platzes des unbekannten Deserteurs]] am 21.10.2008 von Susa Hübel vom [[Forum Französisches Viertel]] == | ||
Ich möchte mich bei der [[Stadt Tübingen]] für die Gelegenheit bedanken, hier als engagierte Bürgerin aus der Stadtteilvertretung [[Forum Französisches Viertel]] sprechen zu können. Ich möchte mich bei dem [[Tagblatt]]-Redakteur Hans-Joachim Lang bedanken, der durch seine Artikel zur Geschichte des Nationalsozialismus sehr viel zur Tübinger Erinnerungskultur beiträgt. Ich möchte mich auch bei denjenigen bedanken, die die Initiative zur Namensnennung mit ihrer Unterschrift, ihrer Recherche und durch das Einbringen des Themas im [[Gemeinderat]] vorangebracht haben. | Ich möchte mich bei der [[Stadt Tübingen]] für die Gelegenheit bedanken, hier als engagierte Bürgerin aus der Stadtteilvertretung [[Forum Französisches Viertel]] sprechen zu können. Ich möchte mich bei dem [[Tagblatt]]-Redakteur Hans-Joachim Lang bedanken, der durch seine Artikel zur Geschichte des Nationalsozialismus sehr viel zur Tübinger Erinnerungskultur beiträgt. Ich möchte mich auch bei denjenigen bedanken, die die Initiative zur Namensnennung mit ihrer Unterschrift, ihrer Recherche und durch das Einbringen des Themas im [[Gemeinderat]] vorangebracht haben. | ||
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"Die NS-Militärjustiz fällte laut Hochrechnungen etwa 30.000 Todesurteile; davon wurden etwa 23.000 auch vollstreckt. Insgesamt sind etwa 350.000 bis 400.000 Soldaten desertiert. Das macht bei rund 18,2 Mio. Soldaten aller Bereiche eine Desertionsquote von rund 2 %. In der Praxis wurde Desertion auch mit Verbringung in ein Strafgefangenenlager/KZ geahndet. In der Spätphase des Krieges konnte die Möglichkeit zur Begnadigung bestehen, welche als Bedingung an den Einsatz in einer militärischen Bewährungseinheit geknüpft war, wobei dort bestimmte militärische Leistungen erbracht wurden mussten. Solche Einsätze wurden von Zeitzeugen auch als „Selbstmordkommando“ bezeichnet."(Quelle: [http://de.Wikipedia.org]) | "Die NS-Militärjustiz fällte laut Hochrechnungen etwa 30.000 Todesurteile; davon wurden etwa 23.000 auch vollstreckt. Insgesamt sind etwa 350.000 bis 400.000 Soldaten desertiert. Das macht bei rund 18,2 Mio. Soldaten aller Bereiche eine Desertionsquote von rund 2 %. In der Praxis wurde Desertion auch mit Verbringung in ein Strafgefangenenlager/KZ geahndet. In der Spätphase des Krieges konnte die Möglichkeit zur Begnadigung bestehen, welche als Bedingung an den Einsatz in einer militärischen Bewährungseinheit geknüpft war, wobei dort bestimmte militärische Leistungen erbracht wurden mussten. Solche Einsätze wurden von Zeitzeugen auch als „Selbstmordkommando“ bezeichnet."(Quelle: [http://de.Wikipedia.org]) | ||
Mut in anderer Form ist es aber auch, sich der eigenen Geschichte zu stellen. Sich zu erinnern, diejenigen zu rehabilitieren, die von der Militärjustiz als Deserteure verurteilt und hingerichtet wurden. Sie galten jahrzehntelang als Kriminelle, ihre Hinterbliebenen hatten keine Versorgungsansprüche. Erst 2002, -also 57 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges-, wurden Deserteure gemeinsam mit den Homosexuellen endlich vom Bundestag als Opfer der Militärjustiz anerkannt. Zugegebenermaßen - in Tübingen, dieser Stadt mit Inselcharakter - gehört nicht soviel Mut dazu sich hinzustellen um einen Platz zu benennen oder gegen einen Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Viel mehr Mut ist da doch in anderen Gegenden Deutschlands nötig, wo die braunen Horden marschieren, prügeln und zahlreiche Bürger, die Justiz und die Polizei auf dem rechten Auge blind zu sein scheinen. | Mut in anderer Form ist es aber auch, sich der eigenen Geschichte zu stellen. Sich zu erinnern, diejenigen zu rehabilitieren, die von der Militärjustiz als Deserteure verurteilt und hingerichtet wurden. Sie galten jahrzehntelang als Kriminelle, ihre Hinterbliebenen hatten keine Versorgungsansprüche. Erst 2002, -also 57 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges-, wurden Deserteure gemeinsam mit den Homosexuellen endlich vom Bundestag als Opfer der Militärjustiz anerkannt. Zugegebenermaßen - in Tübingen, dieser Stadt mit Inselcharakter - gehört nicht soviel Mut dazu sich hinzustellen um einen Platz zu benennen oder gegen einen Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Viel mehr Mut ist da doch in anderen Gegenden Deutschlands nötig, wo die braunen Horden marschieren, prügeln und zahlreiche Bürger, die Justiz und die Polizei auf dem rechten Auge blind zu sein scheinen. | ||
Tübingen schafft mit dieser Platzbenennung ein weiteres Element um einen lokalen Pfad der Erinnerung zu schaffen. Hierzu gehört die Tafel an der Stelle wo die ehemalige [[Synagoge]] stand, das | Tübingen schafft mit dieser Platzbenennung ein weiteres Element um einen lokalen Pfad der Erinnerung zu schaffen. Hierzu gehört die Tafel an der Stelle wo die ehemalige [[Synagoge]] stand, das Gräberfeld X auf dem [[Stadtfriedhof]], für die NS-Opfer der Anatomie, eine noch zu errichtende Erinnerungstafel an die ausgeschlossenen und "zwangsfreiwillig" ausgeschiedenen Gemeinderäte von KPD und SPD. | ||
Wir brauchen noch viele Denkmäler und erklärende Straßenschilder. Denn hier hat unsere Geschichte stattgefunden und wir sollen Sorge tragen, dass diese furchtbaren Ereignisse nicht vergessen werden bzw. andere Vorkommnisse erhellt werden. Wie das nichts sagende Straßenschild für den Tübinger Ehrenbürger Scheef, das verschweigt, welche unrühmliche Rolle dieser als Oberbürgermeister von 1928-1939 spielte, als der Gemeinderat gleichgeschaltet wurde. | Wir brauchen noch viele Denkmäler und erklärende Straßenschilder. Denn hier hat unsere Geschichte stattgefunden und wir sollen Sorge tragen, dass diese furchtbaren Ereignisse nicht vergessen werden bzw. andere Vorkommnisse erhellt werden. Wie das nichts sagende Straßenschild für den Tübinger Ehrenbürger Scheef, das verschweigt, welche unrühmliche Rolle dieser als Oberbürgermeister von 1928-1939 spielte, als der Gemeinderat gleichgeschaltet wurde. | ||
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Ich hoffe, dass der neue Namen dieses Platzes dazu beitragen wird, dass wir mit den Geschichtlichen Wunden umgehen lernen und diese gut versorgen. | Ich hoffe, dass der neue Namen dieses Platzes dazu beitragen wird, dass wir mit den Geschichtlichen Wunden umgehen lernen und diese gut versorgen. | ||
Ich danke für ihre Aufmerksamkeit. | Ich danke für ihre Aufmerksamkeit. | ||