Bearbeiten von „Weinbau“
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[[Datei:Woche-47-2010.jpg| | [[Datei:Woche-47-2010.jpg|thumb|right|500px|Weinberge hinter [[Unterjesingen]]]] | ||
[[Datei:Woche-37-2007.jpg| | [[Datei:Woche-37-2007.jpg|thumb|300px|Reifende Trauben (im Hintergrund [[Wurmlinger Kapelle]]) ]] | ||
Früher war der '''Weinbau''' ein wichtiges Standbein von Landwirtschaft und Wirtschaft, heute ist Wein aus Tübingen eher ein Nischen-Produkt. | Früher war der '''Weinbau''' ein wichtiges Standbein von Landwirtschaft und Wirtschaft, heute ist Wein aus Tübingen eher ein Nischen-Produkt. | ||
== Zur Geschichte des Weinbaus in Tübingen == | == Zur Geschichte des Weinbaus in Tübingen == | ||
[[Datei:Weinlese im Weinberg Gartenstr 7.jpg|thumb|right|300px|Weinlese im Weinberg der Gartenstraße 7. Dargestellt sind die Mutter des Fotographen Paul Sinner sowie Theodor, Hermann und Karl Sinner, Babette, der Weingärtner und dessen Sohn sowie ein photographischer Angestellter mit Schreckschusspistole, 1875.]] | |||
[[Datei:Weinlese im Weinberg Gartenstr 7.jpg| | |||
Ende des [[15. Jahrhundert]]s wurde auf fast 400 Hektar Wein von hoher Qualität angebaut, [[2009]] waren es in der Nähe der Innenstadt von Tübingen noch zwei. | Ende des [[15. Jahrhundert]]s wurde auf fast 400 Hektar Wein von hoher Qualität angebaut, [[2009]] waren es in der Nähe der Innenstadt von Tübingen noch zwei. | ||
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== Besonderheiten == | == Besonderheiten == | ||
[[Datei:Quer zum Hang gezogener Wein.jpg| | [[Datei:Quer zum Hang gezogener Wein.jpg|thumb|right|300px|Ungewöhnlicherweise quer zum Hang gezogener Wein unterhalb der [[Wurmlinger Kapelle]]]] | ||
[[Datei:Sinner-Gartenstraße-Wohnhaus Karl Heigelin-1868.jpg| | [[Datei:Sinner-Gartenstraße-Wohnhaus Karl Heigelin-1868.jpg|thumb|right|300px|Weinberge in der [[Gartenstraße]] beim Wohnhaus von Karl Heigelin, 1868 ]] | ||
=== Querreihen === | === Querreihen === | ||
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sie ... nach der aufsteigenden Richtung des Berges geführt werden ... hier ist aber gerade | sie ... nach der aufsteigenden Richtung des Berges geführt werden ... hier ist aber gerade | ||
das Umgekehrte beobachtet, die Bögen sind nämlich alle so gestellt, dass sie eine ziemlich | das Umgekehrte beobachtet, die Bögen sind nämlich alle so gestellt, dass sie eine ziemlich | ||
geschlossene grüne Wand bilden, die immer quer über den Weinberg läuft ...“ | geschlossene grüne Wand bilden, die immer quer über den Weinberg läuft ...“ Deshalb | ||
sieht man die Querreihen heute noch an der [[Wurmlinger Kapelle]], wo heute der Tübinger Weinbauer Anton Brenner seinen „Rote Kapelle“ genannten Rotwein anbaut.<ref name="EcoRouge">[http://static.twoday.net/antonBrenner/files/Karte-Nov-Rueckseite.pdf Flaschenetiketten der Weine "Rote Kapelle" und "EcoRouge" von Anton Brenner.]</ref> | |||
=== Pilzresistente Reben === | === Pilzresistente Reben === | ||
In den Weinbergen im Tübinger | In den Weinbergen im Tübinger Buckenloh wachsen noch alte, pilzresistente Reben, z.B. | ||
die „Oberlin Noir“. Schlitzohrige Gôgen haben die von den Nationalsozialisten verteufelten Hybriden über das Dritte Reich gerettet. Statt sie auszurotten, schnitten sie die Reben nur ab. Sie konnten also neu austreiben. Heute werden die pilzwiderstandsfähigen Reben anderswo neu entdeckt. Die neuen Sorten wie „Regent“ oder „Merzling“ sind oft weniger resistent und schmecken ungewöhnlicher als die Züchtungen des Elsässers Oberlin, die heute noch in den besten Weinbergen Burgunds zu finden sind. | die „Oberlin Noir“. Schlitzohrige Gôgen haben die von den Nationalsozialisten verteufelten Hybriden über das Dritte Reich gerettet. Statt sie auszurotten, schnitten sie die Reben nur ab. Sie konnten also neu austreiben. Heute werden die pilzwiderstandsfähigen Reben anderswo neu entdeckt. Die neuen Sorten wie „Regent“ oder „Merzling“ sind oft weniger resistent und schmecken ungewöhnlicher als die Züchtungen des Elsässers Oberlin, die heute noch in den besten Weinbergen Burgunds zu finden sind. | ||
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[[Datei:Altstadtbesen Brenner Haaggasse 22.jpg|thumb|right|Haaggasse 22 in den [[1930]]er Jahren. Heute Altstadtbesen Brenner]] | [[Datei:Altstadtbesen Brenner Haaggasse 22.jpg|thumb|right|Haaggasse 22 in den [[1930]]er Jahren. Heute Altstadtbesen Brenner]] | ||
Anton Brenner und seine Familie betreiben ihren Altstadt-Besen seit 2006 als Familienbetrieb in der [[Haaggasse]] 22. In alter Besentradition kann man hier sein Viertele schlotzen (trinken) und ein anständiges Vesper zu sich nehmen. Dabei rückt man im Besen eng zusammen. Ungeniert zu anderen auf die Bank sitzen und neue und oft interessante Leute kennernlernen, ist das Geheimnis der Besenwirtschaften. Da kommen dann oft sehr unterschiedliche Menschen zusammen, vom Studenten über den alten Tübinger Gôgen bis zum “Neigschmeckten”. Und manchmal kommt auch Prominenz, das Tübinger Wochenblatt zitierte am 14. Februar 2009 die Meldung der Stuttgarter Zeitung: "Wenn der Alt-Grüne Rezzo Schlauch seinen Ministerpräsidenten und jung-schwarzen Freund Günther Oettinger in die Besenwirtschaft vom Sohn des tiefroten Stadtrats Anton Brenner in die Haaggasse einlädt, dann freut das jeden Tübinger Lokalpatrioten natürlich. Zumal die "Stuttgarter Zeitung darüber berichtet."<ref>[http://www.tuebinger-wein.de/index.htm Altstadtbesen Tübingen der Familie Brenner]</ref> | |||
[http://www.besentermine.de/schonbuch.html Adressen und Termine von Besenwirtschaften in der Gegend von Tübingen] | [http://www.besentermine.de/schonbuch.html Adressen und Termine von Besenwirtschaften in der Gegend von Tübingen] | ||
== Ökonomische Fakten == | == Ökonomische Fakten == | ||
Die große Armut der | Die große Armut der Gôgen hatte mehrere Ursachen. Zum einen ist im Raum Tübingen die Erzeugung hochwertiger Weine aufgrund der Bodenbeschaffenheit nicht möglich, wodurch niemals hohe Preise für Tübinger Wein zu erzielen waren. Auch die heute von Hobbywinzern oder im Nebenerwerb angebauten Reben erreichen trotz moderner Hilfsmittel und Kunstdüngung meist keine hohe Qualität. | ||
Zum anderen sorgte die in Württemberg übliche [[Realteilung]] für Bewirtschaftungsflächen, die über die Generationen immer kleiner wurden. Im 19. Jahrhundert stand einer Gôgenfamilie im Durchschnitt eine Fläche von lediglich 3 bis 5 [[Morgen (Einheit)|Morgen]] (= ca. 1 bis 1,5 [[Hektar]]) zur Verfügung, was zur Ernährung einer Familie kaum ausreichte. Eine Ausweitung der Rebflächen war nicht möglich, da nur die ohnehin schon vollständig genutzten Südhänge für den Weinbau geeignet waren.<ref name="Wiki">[http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B4g#.C3.96konomisches Ökonomisches zum Tübinger Weinbau] auf Wikipedia</ref> | Zum anderen sorgte die in Württemberg übliche [[Realteilung]] für Bewirtschaftungsflächen, die über die Generationen immer kleiner wurden. Im 19. Jahrhundert stand einer Gôgenfamilie im Durchschnitt eine Fläche von lediglich 3 bis 5 [[Morgen (Einheit)|Morgen]] (= ca. 1 bis 1,5 [[Hektar]]) zur Verfügung, was zur Ernährung einer Familie kaum ausreichte. Eine Ausweitung der Rebflächen war nicht möglich, da nur die ohnehin schon vollständig genutzten Südhänge für den Weinbau geeignet waren.<ref name="Wiki">[http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B4g#.C3.96konomisches Ökonomisches zum Tübinger Weinbau] auf Wikipedia</ref> | ||
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== Moderner Weinbau == | == Moderner Weinbau == | ||
=== Namen des Anbaugebiets und der Einzellagen === | === Namen des Anbaugebiets und der Einzellagen === | ||
Die Weinberge im Landkreis Tübingen sind heute Teil des bestimmten Anbaugebietes Württemberg und machen zusammen mit den Rebflächen im Kreis Reutlingen das Anbaugebiet „Oberer Neckar“ aus. Die Lagenbezeichnung gibt die Weinbergsrolle vor. Das gesamte Kreisgebiet ist großlagenfrei. Tübingen, [[Unterjesingen]] und [[Hirschau]] verwenden die (Einzel-)lagenbezeichnung | Die Weinberge im Landkreis Tübingen sind heute Teil des bestimmten Anbaugebietes Württemberg und machen zusammen mit den Rebflächen im Kreis Reutlingen das Anbaugebiet „Oberer Neckar“ aus. Die Lagenbezeichnung gibt die Weinbergsrolle vor. Das gesamte Kreisgebiet ist großlagenfrei. Tübingen, [[Unterjesingen]] und [[Hirschau]] verwenden die (Einzel-)lagenbezeichnung „Sonnenhalden“, [[Breitenholz]] „Hinterhalde“, [[Entringen]] „Pfaffenberg“, [[Rottenburg]], [[Wurmlingen]] und [[Wendelsheim]] und das sonstige [[Ammertal]] „Kapellenberg“.<ref name="Landratsamt" /> | ||
=== Steillagen === | === Steillagen === | ||
Die Reblagen sind überwiegend durch [[Trockenmauer]]n terrassierte Steillagen, deren Bewirtschaftung arbeitswirtschaftlich sehr aufwendig ist. Daraus ergibt sich, dass die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche mit | Die Reblagen sind überwiegend durch [[Trockenmauer]]n terrassierte Steillagen, deren Bewirtschaftung arbeitswirtschaftlich sehr aufwendig ist. Daraus ergibt sich, dass die durchschnittlich bewirtschaftete Fläche mit 12 ar sehr niedrig und die Zahl der Betriebe mit 273 sehr hoch ist. | ||
Etwa die Hälfte aller Weinbaubetriebe erzeugen Wein ausschließlich zur Selbstversorgung. Nur | Etwa die Hälfte aller Weinbaubetriebe erzeugen Wein ausschließlich zur Selbstversorgung. Nur acht Betriebe bewirtschaften Rebflächen mit einem Umfang von mehr als 30 ar. | ||
Diese erwerbsorientierten Weingärtner sind auf arbeitswirtschaftlich günstigere Verhältnisse angewiesen, d.h. eine Bearbeitung im Direktzug oder mindestens mit Seilzug muss möglich sein.<ref name="Landratsamt" /> | Diese erwerbsorientierten Weingärtner sind auf arbeitswirtschaftlich günstigere Verhältnisse angewiesen, d.h. eine Bearbeitung im Direktzug oder mindestens mit Seilzug muss möglich sein.<ref name="Landratsamt" /> | ||
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==Statistische Daten== | ==Statistische Daten== | ||
[[Datei:Kelternplatz-alt.jpg| | [[Datei:Kelternplatz-alt.jpg|thumb|right|300px|[[Schmiedtor-Kelter]] am [[Kelternplatz]] im Jahr [[1902]]. Foto vermutlich von Ferdinand Waiblinger.]] | ||
Martin Biastoch listet in seiner Dissertation von 1996 folgende Zahlen auf: | Martin Biastoch listet in seiner Dissertation von 1996 folgende Zahlen auf: | ||
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:*Der Rest ist Rosé, Weißherbst und Schiller. | :*Der Rest ist Rosé, Weißherbst und Schiller. | ||
Bereits 1880 war die Hopfenanbaufläche mit 948 Morgen größer als die Weinanbaufläche mit 330 Morgen. Mehr als die Hälfte des Ackerlands gehörte den Gôgen, der Rest gehörte dem evangelischen Stift, Handwerkern, Händlern, alteingesessenen Professorenfamilien, die die Gôgen für den Wein- und | Bereits 1880 war die Hopfenanbaufläche mit 948 Morgen größer als die Weinanbaufläche mit 330 Morgen. Mehr als die Hälfte des Ackerlands gehörte den Gôgen, der Rest gehörte dem evangelischen Stift, Handwerkern, Händlern, alteingesessenen Professorenfamilien, die die Gôgen für den Wein- und Hopfenanbau als Tagelöhner beschäftigten.<ref>Martin Biastoch: [http://books.google.de/books?id=A8Te_sZe4xUC&lpg=PA180&dq=Martin%20Biastoch%20umgangssprachlich%20gogen&hl=en&pg=PA180#v=onepage&q&f=false Tübinger Studenten im Kaiserreich.] Franz Steiner Verlag, 1996, Seite 180.</ref> | ||
Im Kreis Tübingen gibt es heute ca. 200 Hektar für den Weinbau geeignete Rebflächen, die in den örtlichen Rebenaufbauplänen ausgewiesen sind. Tatsächlich mit Reben bestockt waren [[2004]] noch 29,26 ha, weitere 6,47 ha gerodete Rebflächen können wiederbestockt werden und für 1,2 ha wurden Neuanpflanzungsrechte zugeteilt. Örtliche Schwerpunkte sind Unterjesingen, Hirschau, Wurmlingen, Wendelsheim und Breitenholz. Daneben wird Wein auch in Rottenburg, Tübingen, Entringen und Pfäffingen angebaut.<ref name="Landratsamt"> | Im Kreis Tübingen gibt es heute ca. 200 Hektar für den Weinbau geeignete Rebflächen, die in den örtlichen Rebenaufbauplänen ausgewiesen sind. Tatsächlich mit Reben bestockt waren [[2004]] noch 29,26 ha, weitere 6,47 ha gerodete Rebflächen können wiederbestockt werden und für 1,2 ha wurden Neuanpflanzungsrechte zugeteilt. Örtliche Schwerpunkte sind Unterjesingen, Hirschau, Wurmlingen, Wendelsheim und Breitenholz. Daneben wird Wein auch in Rottenburg, Tübingen, Entringen und Pfäffingen angebaut.<ref name="Landratsamt">[http://www.ammerbuch.de/pdf/Wein-Most-undBesenfuehrer2008.pdf Wein-, Most- und Besenfuehrer des Landratsamts Tübingen, Abteilung 40, Landwirtschaft, Baurecht und Naturschutz, 2008]</ref> | ||
== Ein Gôgen-Witz zum Thema == | == Ein Gôgen-Witz zum Thema == | ||
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==Weblinks== | ==Weblinks== | ||
* [http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Das-Aufleben-einer-nicht-einfachen-Tradition-_arid,83057.html Tagblatt-Artikel zur Weinbaugeschichte] | * [http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Das-Aufleben-einer-nicht-einfachen-Tradition-_arid,83057.html Tagblatt-Artikel zur Weinbaugeschichte] | ||
* Otto Buchegger: [http://www.tuepps.de/wein.html Der Wein und Tübingen] auf Tuepps | |||
== Quellen == | == Quellen == | ||
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==Siehe auch== | ==Siehe auch== | ||
*[[Geschichte#Weinbau in Tübingen|Geschichte: Weinbau in Tübingen]] | *[[Geschichte#Weinbau in Tübingen|Geschichte: Weinbau in Tübingen]] | ||
*[[Weinstuben]] | *[[Weinstuben]] | ||
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*[[Unterjesingen]] | *[[Unterjesingen]] | ||
*[[Wurmlingen]] | *[[Wurmlingen]] | ||
[[Kategorie:Wein|!]][[Kategorie:Gôgen]][[Kategorie:Landwirtschaft]][[Kategorie:Wirtschaft]][[Kategorie:Pflanzen | [[Kategorie:Wein|!]][[Kategorie:Gôgen]][[Kategorie:Landwirtschaft]][[Kategorie:Wirtschaft]][[Kategorie:Pflanzen]] |