Zum Adler
Das Hotel und Restaurant "Zum Adler" war eine Traditionsgaststättte an der Lustnauer Adler-Kreuzung. Die Räume der ehemaligen Gaststätte wurden ab 1980 als Wienerwald-Restaurant mit Straßenverkauf genutzt. Ab 2010 waren dort das HendlHouse bzw. von 2015 bis 2020 die Hendl Burg, jeweils mit ähnlichem Angebot in "modernerer" Aufmachung. Danach folgten verschiedene Gastronomien anderer Art.
Geschichtliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Gasthaus Zum Adler wurde 1774 erstenmals erwähnt. In den Anfangsjahren fand ein häufiger Besitzerwechsel statt unter anderem Wilhelm Fischer. Max Jope richtete 1921 im Obergeschoss des Adlers einen ersten Nähsaal ein. Ab Oktober 1928 führte die Familie August Motteler den Gasthof nebst einer Metzgerei. Willy Motteler verkaufte 2007 den Adler.
In der Schlacht bei Lustnau half 1819 der Forstwissenschaftler Johann Hundeshagen, zusammen mit dem Rektor der Universität, Professorenkollegen und Studenten, andere, von Lustnauer Bauern im Gasthof Adler inhaftierte Kommilitonen durch Erstürmung des Gebäudes zu befreien. Die beiden Tübinger Studenten waren zuvor in einer Kutsche aus Bebenhausen kommend in eine Schafherde gefahren, worauf sich mit dem Schäfer und ihm zu Hilfe kommenden Lustnauer Bauern eine regelrechte Schlägerei entwickelte. In deren Verlauf wurde mindestens einer der Studenten von den Bauern im Gasthof Zum Adler eingesperrt. Hundeshagen eilte mit einigen Professorenkollegen nach Lustnau, um den Studenten gewaltsam zu befreien, wobei Scheiben und Mobiliar zu Bruch gingen. Nach der geglückten Befreiung gab es eine Siegesfeier zu Ehren des "Helden von Lustnau" in den Tübinger Kneipen.[1]
1925 ereignete sich die "Zweite Lustnauer Schlacht", in die mit Robert Wilbrandt ebenfalls ein Professor der Tübinger Wirtschaftsfakultät, allerdings unfreiwillig, verstrickt war.[2][3]
Umgangssprachliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Tübinger Redeweisen „Du kannst mich im Adler treffen, am hintersten Tisch“ oder „Du kannst mich im Adler in Lustnau treffen“ sind eine lokale Umschreibung des weiter verbreiteten Schwäbischen Grußes „Legg me am Arsch“ oder des etwas weniger derben „Du kannst mir den Buckel hinunterrutschen.“[4]
Nach einer Urteilsbegründung dient der Schwäbische Gruß dazu,
- um an ein Gespräch anzuknüpfen
- um eine ins Stocken geratene Unterhaltung wieder in Fluss zu bringen
- um einem Gespräch eine neue Wendung zu geben
- um ein Gespräch endgültig abzubrechen[4]
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Helmut Marcon, Heinrich Strecker und Günter Randecker: 200 Jahre Wirtschafts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen: Leben und Werk der Professoren: die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen und ihre Vorgänger (1817-2002). Franz Steiner Verlag, 2004, Seite 50.
- ↑ Helmut Marcon: Lebenswege voller Überraschungen: Einblicke in die Lebensgeschichte von 192 Tübinger Professoren sowie »200 Jahre Wirtschafts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Leben und Werk der Professoren Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen und ihre Vorgänger (1817-2002)« in zwei Bänden, herausgegeben und bearbeitet von Helmut Marcon und Heinrich Strecker unter Mitarbeit von Günter Randecker im Auftrag der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen, Stuttgart 2004.
- ↑ Ralph Lange: Von der ,Affäre Gumbel' zum ,Fall Wilbrandt': Die ,Lustnauer Schlacht', S. 29-54: Ein Beitrag zur politischen Kultur der Universität Tübingen in der Weimarer Republik. Im Sommer 1925 hatten sozialistische Studenten den Heidelberger Privatdozenten Julius Emil Gumbel zu einem Vortrag nach Tübingen eingeladen. Während die Universität mit administrativen Mitteln versuchte, das Auftreten des bekannten Pazifisten zu unterbinden, griffen nationalistische Studenten zur Gewalt. In Lustnau kam es zur Straßenschlacht. Der Nationalökonom Robert Wilbrandt, der für Gumbel eingetreten war, wurde zum Sündenbock gemacht.
- ↑ 4,0 4,1 Verwendung des Schwäbischen Grußes auf Wikipedia