Rathaus

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Blick auf Marktplatz mit Rathaus

Das Tübinger Rathaus direkt am Marktplatz im Herzen der Altstadt wurde in kleinerer Form 1435 erbaut und immer wieder um- und angebaut. Im Querhausgiebel ist die historische Astronomische Uhr. Die aus Beton gefertigten Arkaden-Stützen (1960er Jahre) sind die modernste große Veränderung an diesem Haus.

Vor dem Rathaus steht seit 1617 der von Heinrich Schickhardt geschaffene Renaissance-Marktbrunnen, der nach der dominierenden Figur in der Mitte Neptunbrunnen genannt wird.

Eine Webcam ist in einer der kleinen Gauben untergebracht.

Sehenswertes

Bacchantin an der Südost-Ecke des Rathauses

Das Rathaus von 1435 war anfangs eine Markthalle für die Bäcker, Metzger und Salzhändler. Es ist heute vierstöckig und verziert durch eine von Johannes Stöffler geschaffene astronomische Uhr von 1511, die den Lauf der Gestirne und die Mondphasen zeigt. Die Fassade erhielt ihr heutiges Gesicht 1877 zum 400jährigen Jubiläum der Universität (Neorenaissance): Im 1. Obergeschoss drei Allegorien (Gerechtigkeit, Ackerbau und Wissenschaft), darüber sechs Medaillons verdienter Männer der Stadt (Breuning, Osiander, Dann, Huber, Cotta und Uhland) sowie unter der Astronomischen Uhr Graf Eberhard V. im Bart, der Gründer der Universität. An der Südseite zur Haaggasse gibt es ältere, wohl barocke Fassadenmalerei und an der Ecke die Figur einer frivolen Bacchantin.[1]

Im 1. Obergeschoss des Rathauses ist der Sitzungssaal mit alemannischem Fachwerk (vom 16.-19. Jhdt. Sitz des Hofgerichts), im 2. Obergeschoss der alte Empfangssaal (Öhrn) mit Fresken und Grisaillen (Gerechtigkeitsbilder des 16. Jahrhunderts) und der farbige Kleine Sitzungssaal, sowie der Große Sitzungssaal. In der Kleinen Gerichtsstube (heute Amtszimmer des Oberbürgermeisters) gibt es eine Stuckdecke der Brüder Brill aus dem Jahr 1760.[1]

Das Glockenspiel

Das Glockenspiel im Rathaus schlägt aufgrund von Anwohnerprotesten seit 1988 nur um 9, 12, 16 und 18 Uhr.[2]

Hier kann man es hören: www.tuebingen.de

Die Gemäldegalerie

Im Rathaus gibt es eine neugehängte Gemäldegalerie der ehemaligen Oberbürgermeister seit dem Zweiten Weltkrieg. Dort hängen Ölgemälde von Viktor Renner, Adolf Hartmeyer, Wolfgang Mülberger, Hans Gmelin, Eugen Schmid und Brigitte Russ-Scherer.[3]

Geschichte

Das Rathaus und der Marktplatz im Jahr 1902
Turm und Uhrengiebel
  • 1435: Das Haus wurde erbaut,[4] allerdings nur dreistöckig[5]
  • 1508: Erste Renovierung.[4] Ein Stockwerk wurde aufgesetzt[5]
  • 1510 oder 1511: die Astronomische Uhr von Johannes Stöffler wurde in einem Erker im ersten Obergeschoss eingebaut, wo heute die Kanzel ist[2][5]
  • 1543: Das Haus wurde vergrößert[4]
  • 1598: Der Ziergiebel wurde ergänzt[6]
  • 1692: Eine weitere Renovierung[4]
  • 1849: Die astronomische Uhr kam an einen Ziergiebel im vierten Stock[2]
  • 1876/1877: Noch eine Renovierung,[6] die man vom Marktplatz aus sieht [5]
  • 1910 (?): Großer Anbau an der Rückseite
  • 1965-1969: Die verkleideten Holzpfosten auf Natursteinsockeln der Arkade wurden durch Beton ersetzt. Eine neue Sandsteinwand bildet den Abschluss der Fassade im EG unter der Arkade[6]
  • Am 15. Januar 1981 wurde die historische Zierfassade der Rathausfront von Unbekannten durch rote und grüne Farbbeutel beschädigt. Erst im Oktober 1998 (sic!) wurden die jahrelang weithin sichtbaren Farbkleckse für 30.000 DM entfernt.[7]

Aus einer alten Chronik

Karl Klüpfel und Max Eifert berichteten 1849 folgendes:

"Es hatte sich bei der Ausdehnung der Stadt der jetzige Markt gebildet und zum Mittelpunkt derselben gestaltet, so daß das alte Rathhaus als zu entlegen und der Stadt nicht mehr würdig erschien. So wurde im Jahr 1433 ein Haus am Markt um dreißig Pfund Heller erkauft, und an seine Stelle das neue Rathhaus errichtet, dasselbe das noch heute als ein zwar formloses, aber viel enthaltendes ehrwürdiges Gebäude den Platz beherrscht.
Es umfaßte in seinen Stockwerken gleich im Anfang Räumlichkeiten zu den verschiedensten Zwecken. Es deckte einen Keller zu 300 Eimern, den der Spital, der seiner Lage wegen keinen hinreichenden Keller besitzen konnte, für sich in Anspruch nahm; zu ebener Erde war die Hauptmetzig; daneben eine Salzstube, und ein Waarenspeicher nebst einem kleinen Gefängnis. Den zweiten Stock bildete zum größten Theil die sogenannte Lederbühne, zunächst die Waaren-Niederlage für die Gerber, und zugleich ein Beweis für den Betrieb dieses Gewerbes; aber er wurde auch zu größeren Bürger-Versammlungen und Festlichkeiten benützt. Der dritte Stock enthielt die verschiedenen größeren und kleineren Raths- und Gerichtsstuben, umgeben von Gelassen zur Aufbewahrung städtischer Geräthschaften, der vierte endlich Magazine, und alles zusammen war sicherlich für die Zeit seiner Entstehung ein stattlicher Bau.
Vor dem Rathhaus dehnten sich auf dem Markt die Fleischbänke aus, an welche sich auch die Bäckerbänke mit den eigenthümlichen Tübinger Backwerken „Bubenschenkeln, Pfitzauf, Bretzeln, Kümmichern, Salzwecken u. s. w." anschlossen. Ohne Zweifel so alt als das Rathhaus ist der vor ihm stehende Brunnen, dessen Wasser aus dem entlegenen Heyland herangeleitet wird, und selbst das Neptunsbild, das ihn schmückt, scheint aus sehr alter Zeit zu seyn, da später ohne Zweifel von seiner Aufrichtung etwas gemeldet nwrden wäre. Weniger zum Schmuck des Marktes gereichte das neben dem Bronnen stehende städtische Wachthaus, und vor ihm unfern der Stätte, da damals noch der Kreis der Richter zum öffentlichen Gerichte zu sitzen pflegte, der Pranger, die Schandbühne, die sich sogar bis in unser Jahrhundert erhalten konnte.
Dagegen gab zur Verschönerung des Marktes und seiner Umgebung ein großer Brand Veranlassung, der, auch das neue Rathhaus bedrohend, im Jahr 1476 „am Marktaufgang in dem Hause eines gewissen Steigers, wo nachher das Wirthshaus zur Krone stand" (der Ueberlieferung nach das Kaufmann Hennenhofer gehörige Eckhaus) ausgekommen war, und achtzehn Wohnstätten in einer Flucht in Asche legte. Ihm verdankt der Markt seine jetzige Weite und Gestalt."[8]

Quellen

  1. 1,0 1,1 Stöppel Freizeit Medien: Stadtrundgang. Seite 80.
  2. 2,0 2,1 2,2 Zur Geschichte der astronomischen Uhr
  3. Wilhelm Triebold: Ex-OB Brigitte Russ-Scherer jetzt im Bilde - Schaut her, sie ist’s! Tagblatt, 7. August 2009.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Inschrift auf der Zierfassade
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Marktplatz
  6. 6,0 6,1 6,2 "Das Tübinger Stadtbild im Wandel", Stadt Tübingen • Kulturamt (1994), S.136, ISBN: 3-910090-11-7
  7. Tübinger Stadtchronik 1998
  8. Karl Klüpfel und Max Eifert: Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universität Tübingen, Band 1, 1849, Seite 72-73.