Pressels Gartenhaus: Unterschied zwischen den Versionen

Aus TUEpedia
Wechseln zu:Navigation, Suche
Keine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(13 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
'''Pressels Gartenhaus''' ist aus [[Hermann Hesse]]s Erzählung “In Pressels Gartenhaus” bekannt, in der über einen Ausflug der Tübinger Dichter [[Wilhelm Waiblinger]], [[Eduard Mörike]] und [[Friedrich Hölderlin]] im Jahr [[1823]] berichtet wird.
[[Datei:Pressels Gartenhaus.png|mini|Pressels Gartenhaus laut einer Recherche der [http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/LXV198_39_1952_1/0052 Tübinger Blätter] oberhalb vom heutigen [[Schlatterhaus]]]]  
[[File:Tübingen 2014 by-RaBoe 068.jpg|mini|An der Stelle des Hauses mit dem Türmchen nimmt man das ehemalige Gartenhaus an]]  


Johann Gottfried Pressel, nach dem die [[Gottfried-Pressel-Straße]] benannt ist, hatte vor [[1830]] den sog. Ploucquet’schen Garten an der Stelle der späteren [[Anatomie]] gepachtet. Dort stand das von Wilhelm Waiblinger bewohnte Gartenhaus.  
'''Pressels Gartenhaus''' ist aus [[Hermann Hesse]]s 1914 erschienener Erzählung “Im Pressel'schen Gartenhaus” bekannt, in der über einen Ausflug der Tübinger Dichter [[Wilhelm Waiblinger]], [[Eduard Mörike]] und [[Friedrich Hölderlin]] im Jahr [[1823]] berichtet wird.
 
Johann Gottfried Pressel, nach dem der [[Gottfried-Pressel-Weg]] benannt ist, hatte vor [[1830]] den sog. Ploucquet’schen Garten an der Stelle der späteren [[Anatomie]] gepachtet. Dort stand das von Wilhelm Waiblinger bewohnte [[Gartenhäuschen|Gartenhaus]].
 
Ganz in der Nähe ist ein später von der [[Stuttgardia|Studentenverbindung Stuttgardia]] erworbenes Grundstück, das Pressel zu einem Teil 1830 von den Weingärtnern Sebastian Jakob Brüssel und Johann David Waiblinger und zum andern Teil 1831 vom Weingärtner Jacob Waiblinger gekauft hatte. Die gelegentlich geäußerte Vermutung, das von Hesse beschriebene Gartenhaus könnte auf dem Stuttgardia-Grundstück gestanden haben, lässt sich nicht belegen. Pressel baute nach dem Erwerb der Grundstücke dort 1832 ein zweistöckiges Garten- bzw. Wohnhaus. Nach seinem Tod ging das Grundstück an die Witwe, 1855 an die Kinder und 1861 an den Oberhelfer Theodor Pressel, der es 1872 nach seiner Ernennung zum Dekan in Schorndorf an Katharina, die Frau des Kaminfegers Ammermüller, verkaufte. Diese heiratete nach dem Tod ihres Mannes den Kaminfeger Robert Stotz. 1882/83 wurde das Wohnhaus um einen Stock erhöht sowie verlängert, außerdem errichtete Stotz einen Schuppen. 1884/85 erwarb Johannes Kocher, Diener bzw. Präparator am [[Mineralogische Schau- und Lehrsammlung|mineralogischen Institut]], das Grundstück. Er verkaufte davon 1887 8,35ar an den Privatier Dr. Traugott Ludwig, der darauf 1888/89 das [[Verbindungshäuser|Corpshaus]] der [[Corps Franconia Tübingen|Franconia]] errichten ließ und 1891 dieses Grundstück an die Aktiengesellschaft Frankenhaus weitergab. Kocher veräußerte 1888/89 von seinem Grundstück weitere 8,91ar an Professor [[Christoph Friedrich Hegelmaier]].
<ref>[http://www.stuttgardia.info/geschichte/vom-25-jubilaeum-bis-zum-ausbruch-des-ersten-weltkriegs/das-stuttgardia-grundstuck-vor-1894/ Das Stuttgardia Grundstück vor 1894.]</ref>
 
In den Tübinger Blättern 1952 veröffentlichte Forschungen belegen nachvollziehbar, dass der in Hesses Gedicht gemeinte Presselsche Gartenthurm an der Stelle des heutigen Gebäudes [[Österbergstraße]] 4 (früher 2 1/2) oberhalb des [[Schlatterhaus]]es stand. Dieses Grundstück hatte Pressel ebenfalls erworben. Das Gartenhäuschen muss spätestens 1880 abgerissen worden sein, als die nachfolgenden Häuser gebaut wurden. Auch das heute noch bestehende Wohnhaus Österbergstraße 4 hat ein kleines Türmchen. <ref>[http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/LXV198_39_1952_1/0052 Tübinger Blätter 1952]</ref>


Ganz in der Nähe ist ein später von der [[Studentenverbindungen|Studentenverbindung]] [[Akademische Gesellschaft Stuttgardia Tübingen|Stuttgardia]] erworbenes Grundstück, das Pressel zu einem Teil 1830 von den Weingärtnern Sebastian Jakob Brüssel und Johann David Waiblinger und zum andern Teil 1831 vom Weingärtner Jacob Waiblinger gekauft hatte. Die gelegntlich geäßerte Vermutung, das von Hesse beschriebene Gartenhaus könnte auf dem Stuttgardia-Grundstück gestanden haben, lässt sich nicht belegen. Pressel baute nach dem Erwerb der Grundstücke dort 1832 ein zweistöckiges Garten- bzw. Wohnhaus. Nach seinem Tod ging das Grundstück an die Witwe, 1855 an die Kinder und 1861 an den Oberhelfer Theodor Pressel, der es 1872 nach seiner Ernennung zum Dekan in Schorndorf an Katharina, die Frau des Kaminfegers Ammermüller, verkaufte. Diese heiratete nach dem Tod ihres Mannes den Kaminfeger Robert Stotz. 1882/83 wurde das Wohnhaus um einen Stock erhöht sowie verlängert, außerdem errichtete Stotz einen Schuppen. 1884/85 erwarb Johannes Kocher, Diener bzw. Präparator am [[Mineralogische Sammlung|mineralogischen Institut]], das Grundstück. Er verkaufte davon 1887 8,35ar an den Privatier Dr. Traugott Ludwig, der darauf 1888/89 das [[Verbindungshäuser|Corpshaus]] der [[Corps Franconia Tübingen|Franconia]] errichten ließ und 1891 dieses Grundstück an die Aktiengesellschaft Frankenhaus weitergab. Kocher veräußerte 1888/89 von seinem Grundstück weitere 8,91ar an Professor Hegelmaier.
<ref>[http://www.stuttgardia.info/geschichte/vom-25-jubilaeum-bis-zum-ausbruch-des-ersten-weltkriegs/das-stuttgardia-grundstuck-vor-1894/ Das Stuttgardia Grundstück vor 1894.]</ref>


== Wilhelm Friedrich Waiblinger: An Hölderlin ==
== Wilhelm Friedrich Waiblinger: An Hölderlin ==
{{Zitat|
<poem>Komm herauf,
Jammerheiliger!
Blick auf
Mit Deinem irren Auge,
Deiner Jugendschöne,
Deines Kinderherzens
Offnem Nebelgrab.
Komm herauf,
Schwanke hinan den Fusspfad,
Über Herbstgesträuch-Abhang;
Mein Gartenhäuschen,
Jammerheiliger,
Komm, es wartet Dein!


Komm herauf,
[...]
Jammerheiliger!
Blick auf
Mit Deinem irren Auge,
Deiner Jugendschöne,
Deines Kinderherzens
Offnem Nebelgrab.  
Komm herauf,
Schwanke hinan den Fusspfad,
Über Herbstgesträuch-Abhang;
Mein Gartenhäuschen,
Jammerheiliger,
Komm, es wartet Dein!


[...]
Steige hinan die Treppe,
Öffn' es wieder,
Das windgebrochene Fenster!
Deine Stadt liegt unten,
Und die treuen Weiden
Sind noch grün im Herbst.</poem>
|Wilhelm Friedrich Waiblinger}}


Steige hinan die Treppe,
Öffn' es wieder,
Das windgebrochene Fenster!
Deine Stadt liegt unten,
Und die treuen Weiden
Sind noch grün im Herbst,


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Albrecht Kelletat: [http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/LXV198_39_1952_1/0049 Pressels Gartenthurm auf dem Österberg.] Tübinger Blätter, Nr. 39, 1952, Seite: 48-53.
* Albrecht Kelletat: [http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/LXV198_39_1952_1/0049 Pressels Gartenthurm auf dem Österberg.] ''[[Tübinger Blätter]]'', Nr. 39, 1952, Seite: 48-53.  
* [http://lobhudeleien.blogspot.com/2016/04/hermann-hesse-im-presselschen-gartenhaus.html''Im Presselschen Gartenhaus''], Einführung in Hesses Novelle bei blogspot.com


== Quellen ==
== Quellen ==
<references/>
<references/>


[[Kategorie:Gartenhäuschen]]
[[Kategorie:Gartenhäuschen]] [[Kategorie:Gedicht]] [[kategorie:Literatur]] [[kategorie:Österberg]]

Aktuelle Version vom 6. März 2024, 01:52 Uhr

Pressels Gartenhaus laut einer Recherche der Tübinger Blätter oberhalb vom heutigen Schlatterhaus
An der Stelle des Hauses mit dem Türmchen nimmt man das ehemalige Gartenhaus an

Pressels Gartenhaus ist aus Hermann Hesses 1914 erschienener Erzählung “Im Pressel'schen Gartenhaus” bekannt, in der über einen Ausflug der Tübinger Dichter Wilhelm Waiblinger, Eduard Mörike und Friedrich Hölderlin im Jahr 1823 berichtet wird.

Johann Gottfried Pressel, nach dem der Gottfried-Pressel-Weg benannt ist, hatte vor 1830 den sog. Ploucquet’schen Garten an der Stelle der späteren Anatomie gepachtet. Dort stand das von Wilhelm Waiblinger bewohnte Gartenhaus.

Ganz in der Nähe ist ein später von der Studentenverbindung Stuttgardia erworbenes Grundstück, das Pressel zu einem Teil 1830 von den Weingärtnern Sebastian Jakob Brüssel und Johann David Waiblinger und zum andern Teil 1831 vom Weingärtner Jacob Waiblinger gekauft hatte. Die gelegentlich geäußerte Vermutung, das von Hesse beschriebene Gartenhaus könnte auf dem Stuttgardia-Grundstück gestanden haben, lässt sich nicht belegen. Pressel baute nach dem Erwerb der Grundstücke dort 1832 ein zweistöckiges Garten- bzw. Wohnhaus. Nach seinem Tod ging das Grundstück an die Witwe, 1855 an die Kinder und 1861 an den Oberhelfer Theodor Pressel, der es 1872 nach seiner Ernennung zum Dekan in Schorndorf an Katharina, die Frau des Kaminfegers Ammermüller, verkaufte. Diese heiratete nach dem Tod ihres Mannes den Kaminfeger Robert Stotz. 1882/83 wurde das Wohnhaus um einen Stock erhöht sowie verlängert, außerdem errichtete Stotz einen Schuppen. 1884/85 erwarb Johannes Kocher, Diener bzw. Präparator am mineralogischen Institut, das Grundstück. Er verkaufte davon 1887 8,35ar an den Privatier Dr. Traugott Ludwig, der darauf 1888/89 das Corpshaus der Franconia errichten ließ und 1891 dieses Grundstück an die Aktiengesellschaft Frankenhaus weitergab. Kocher veräußerte 1888/89 von seinem Grundstück weitere 8,91ar an Professor Christoph Friedrich Hegelmaier. [1]

In den Tübinger Blättern 1952 veröffentlichte Forschungen belegen nachvollziehbar, dass der in Hesses Gedicht gemeinte Presselsche Gartenthurm an der Stelle des heutigen Gebäudes Österbergstraße 4 (früher 2 1/2) oberhalb des Schlatterhauses stand. Dieses Grundstück hatte Pressel ebenfalls erworben. Das Gartenhäuschen muss spätestens 1880 abgerissen worden sein, als die nachfolgenden Häuser gebaut wurden. Auch das heute noch bestehende Wohnhaus Österbergstraße 4 hat ein kleines Türmchen. [2]


Wilhelm Friedrich Waiblinger: An Hölderlin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Komm herauf,
Jammerheiliger!
Blick auf
Mit Deinem irren Auge,
Deiner Jugendschöne,
Deines Kinderherzens
Offnem Nebelgrab.
Komm herauf,
Schwanke hinan den Fusspfad,
Über Herbstgesträuch-Abhang;
Mein Gartenhäuschen,
Jammerheiliger,
Komm, es wartet Dein!

[...]

Steige hinan die Treppe,
Öffn' es wieder,
Das windgebrochene Fenster!
Deine Stadt liegt unten,
Und die treuen Weiden
Sind noch grün im Herbst.

Wilhelm Friedrich Waiblinger


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]