Platz des unbekannten Deserteurs
Schild - vor Ort seit 15. Okt. 2008
Boulesspiel auf dem Deserteursplatz
Oberbürgermeister Boris Palmer und Susa Hübel vom Forum Französisches Viertel bei der Ansprache zur Namensverleihung
Blick von Südwesten auf den Platz (Juli 2008)
Blick von Südwesten (November 2010)
Blick von Nordwesten (Dezember 2007)

Der Platz des unbekannten Deserteurs liegt am östlichen Ende des Französischen Viertels. Sein Name erinnert an das Schicksal von Deserteure die in der damaligen Kaserne oder im nahe gelegenen Wald kurz vor Ende des 2. Weltkriegs (nur 3 Monate und einem Tag später) erschossen wurden. Trotz intensiver Suche konnten lange keine Personennamen oder Akteneinträge zu dem Vorgang gefunden werden. Die Namen wurden 2020 am veröffentlicht.


Die nicht mehr unbekannten Namen hingerichteten[1]

In einer Veranstaltung am 7. Februar 2020 dem Platz nahegelegenem Werkstadthaus wurden die Ergebnisse der Nachforschungen vom Publizist und Heimatgeschichtsforscher Udo Grausam von ihm selber veröffentlicht. Er habe die Namen der beiden Deserteure über alte Akten die im Besitz der Stadt Tübingen sind selber herausgefunden und die Veranstaltung wegen dem 75 Jahrestag ihrer Erschießung am 7. Februar 1945 bewußt gewählt:


(die Verweise mit dem Namen der Hingerichteten führt zu weiteren Infos zu den Opfern)

Die beiden in der selben Einheit dienenden, jedoch offenbar in verschiedenen Kompanien, des Festungs-Maschinengewehr-Bataillons 39, das zum Schluss im Elsass bei Colmar kämpfte. Sie wurden vom Gericht der 465 Division, Zweigstelle Stuttgart zum Tode verurteilt. Die Gerichtsakten sind nicht mehr Erhalten, es gibt nur eine Meldung darüber an den Oberbefehlshaber des Ersatzheeres, Heeresrechtsabteilung in Gera. Gustav Tafel wurde laut einem Dokument die sogenannte Feigheit vor dem Feinde vorgeworfen. Also eine mutmaßliche Befehlsverweigerung. Man kann nur annehmen, das Alfred Geier aus dem selben Grund zum Tode verurteilt wurde.

Laut den nachträglich vom Standesamt Tübingen auf Wunsch der Angehörigen nach Kriegsende ausgestellten Sterbeurkunden wurden die beiden am 7. Februar 1945 in der Hindenburg-Kaserne um 8 Uhr erschossen. Sie wurde anschließend nicht auf den für Kriegsopfer vorgesehenen Bergfriedhof sondern, wie offenbar andere damals als unehrenhafte Soldaten, auf dem Friedhof Lustnau begraben. Von dort wurden später (23. November 1945 Gustav Tafel; 1948 Alfred Geier) die Gebeine zu deren Heimat-Friedhöfen überführt. Die Namen der beiden wurde später dann auch in ihren Heimatorten auf den dortigen Kriegsgedenktafeln vermerkt. In Ehning offenbar erst nachträglich, denn die alphabetische Einsortierung für Gustav Tafel ist dort zwischen einem Herrn Schwarz und einem Herrn Schweizer.

Lage

An der Kreuzung von Mirabeauweg, Wankheimer Täle und Französischer Allee. Am Platz anliegende Bauten, Läden, Betriebe finden sich mit ihren Adressen auf diesen Seiten. Auf dem Platz laden einige Bänke zum Verweilen ein, außerdem eignet er sich gut zum Boules-Spielen.


Offizielle Platzbenennung im Oktober 2008

Am 21. Oktober 2008 um 15 Uhr hat der Platz ohne Namen diesen Status verloren und von Oberbürgermeister Boris Palmer den Namen "Platz des unbekannten Deserteurs" verliehen bekommen. Susa Hübel vom Forum Französisches Viertel hatte sich für diesen Namen eingesetzt und hielt eine Rede (hier klicken: Reden im Wortlaut), in der sie die Gründe und das Zustandekommen des Namens-Vorschlags im Viertel erläuterte.


Blick aus der Luft

Die Karte wird geladen …


Begründung zur Namensvergabe (bitte nicht ändern - Stadtdokument)

In der Begründung für den Gemeinderat vom Mai 2007 heißt es - Quelle gefunden hier im Internet - (bitte keine Änderungen einfügen, nur Links):


1. Anlass / Problemstellung

Die Straßen im Französischen Viertel sind in den vergangenen Jahren vom Gemeinderat mit Namen versehen und dem Baufortschritt entsprechend von der Verwaltung nummeriert worden. Vor diesem Hintergrund hält es die Verwaltung für angebracht, nunmehr auch die beiden Plätze, den zentral gelegenen Platz zwischen der Panzerhalle, der Aixer Straße und dem Wennfelder Garten und den kleineren Platz am Ende der Französischen Allee, zwischen den Straßen Wankheimer Täle und Mistralweg, zu benennen. Beiden Plätzen sind keine Hausnummern zugeordnet, Adressänderung bei den privaten Anwohnern sind somit nicht notwendig.


2. Sachstand

.... Die Namensgebung für den kleineren Platz am Ende der Französischen Allee (Planskizze Nr. 2), geht auf eine Initiative von Bewohnern zurück, die in den zurückliegenden Jahren sukzessive Hinweisen nachgegangen sind, die auf die Erschießungen von Deserteuren im Umfeld des damaligen Kasernenbereichs hingedeutet haben und das Ergebnis in irgend einer Form öffentlich sichtbar machen wollten. Das Stadtarchiv der Universitätsstadt Tübingen hat zu diesem Thema intensiv recherchiert und das Ergebnis in der Kommission zur Kultur des Erinnerns am 19.04.07 vorgestellt. Wie dabei beschrieben, konnten bei umfangreichen Recherchen bei Behörden, Archiven und Zeitzeugen sowohl nach Namen als auch nach sterblichen Überresten jedoch nur wenige belegbare Details gefunden werden. Auch der genaue Ort, an dem Hinrichtungen stattgefunden haben, konnte nicht einwandfrei geklärt werden. Lediglich die Erschießung eines Gönningers, der aus der Burgholzkaserne geflüchtet war und in Ludwigsburg hingerichtet wurde, scheint belegbar; zu der Hinrichtung eines Oberleutnants namens Blos, von der Zeitzeugen berichteten, konnten keine Unterlagen aufgefunden werden. Das einzige schriftliche Zeugnis legte der verstorbene Bruder der Historikerin Johanna Petersmann, Paul Wurster, ab, der ebenfalls in der fraglichen Zeit Rekrut in der Burgholzkaserne gewesen war. Er berichtete schriftlich - leider undatiert - von einer Hinrichtung. Dies hat er offenbar auch seinem Vater mündlich mitgeteilt, der den Vorgang am 7. Februar 1945 wiederum in seinem Tagebuch notiert hat. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass unterschiedliche, teilweise auch widersprüchliche Erinnerungen von Zeitzeugen, die sicherlich auf die lange Zeitspanne zurückzuführen sind, auf die Hinrichtungen hinweisen, konkrete Sachverhalte oder Namen von Getöteten konnten jedoch nicht ermittelt werden. Es ist jedoch unstrittig, dass in der Nähe der Kaserne Hinrichtungen stattgefunden haben. Der Vorschlag, den Platz entsprechend diesem historischen Aspekt zu benennen, wurde im Forum Französisches Viertel intensiv diskutiert. Bei einer Umfrage haben sich bei ca. 130 Rückmeldungen knapp die Hälfte der Befragten für die Namen „Deserteurs-Platz“ bzw. „Platz der Deserteure“ entschieden. Es äußerten jedoch auch mehrere Bewohner die Befürchtung, dass diese Begriffe mit zu starken negativen Assoziationen behaftet sind. Ein Meinungsbild in der Sitzung des FORUMs vom 24.5. ergab eine knappe Zustimmung zu dem Namen „Platz des unbekannten Deserteurs“, verbunden jedoch mit der Anregung, vor Ort auch eine Erläuterung der historischen Aspekte anzubringen.


3. Lösungsvarianten

Alternativ könnte der kleinere Platz auch als „Mirabeauplatz“ benannt werden. Damit wäre ein Name gefunden, der nicht die dargestellten Assoziationen hervorruft. Andererseits wäre damit auch die Chance vertan, in der ehemaligen Kaserne auf diesen Aspekt der lokalen Geschichte hinzuweisen.


4. Vorschlag der Verwaltung

Die Verwaltung schlägt vor, die Bezeichnung „Französischer Platz“ für den im Lageplan mit 1) bezeichneten Platz zu beschließen. Weiterhin wird vorgeschlagen für den Platz mit der Kennzeichnung 2) den Namen „ Platz des unbekannten Deserteurs“ zu wählen. Dieser Name stellt aus Sicht der Verwaltung einen Kompromiss dar, in dem er einerseits den geschichtlichen Hintergrund berücksichtigt, dem Betrachter andererseits die Möglichkeit einer persönlichen Einschätzung des Geschehens einräumt.


5. Links

Photos and English translation of sign at http://sites-of-memory.de/main/tuebingendeserters.html


Quellen

  1. Veranstaltung am 7. Februar 2020 mit den Nachforschungsergebnissen von Udo Grausam im Werkstadthaus Tübingen