Neuromanik

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Hagellocher Kirche, Ostwand
Turnerschaft Hohenstaufia, Ansicht von Südwesten

Die Neuromanik, auch Neoromanik genannt, ist ein europäischer Kunststil des Historismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert, der auf die Kunstepoche der Romanik im Hochmittelalter zurückgriff.

Wegbereiter der Neuromanik in Deutschland und im europaweiten Rahmen waren in den 1820er-Jahren mit grundlegenden Veröffentlichungen Heinrich Hübsch und Rudolf Wiegmann, welche die Romanik als dem eigenen Land angemessener beurteilten. Als typische Erkennungsmerkmale romanischer Bauten gelten Rundbögen, Rundbogenfenster, Säulen mit blockartigen Kapitellen und Wände mit betont wuchtigen Steinmassen. Grundrisse und Baukörper folgen einfachen geometrischen Formen.[1]

Das 1861 publizierte Eisenacher Regulativ erlaubte als Stil für den protestantischen Kirchenbau neben der altchristlichen Basilika die mittelalterlichen Stile der Romanik und Gotik. Der Höhepunkt der Neuromanik ist 1891 mit dem Wiesbadener Programm über den evangelischen Kirchenbau anzusetzen. Der Stil reicht über das Ende des eigentlichen Historismus um die Jahrhundertwende hinaus bis vereinzelt in die 1920er-Jahre. Die Bautätigkeit der Neuromanik hatte ihren Schwerpunkt im Kirchenbau. Durch die Industrialisierung gab es in den stark wachsenden Städten dazu ein reiches Betätigungsfeld.

Auch im Profanbau ist dieser Stil zu finden. Burgen und Schlösser wurden "rekonstruiert" oder gänzlich neu gebaut. Als sich die französische Herkunft der lange Zeit als „altdeutsch“ betrachteten Gotik erwiesen hatte, wurde im wilhelminischen Deutschland die Neuromanik als „echter“ deutscher Stil zunehmend auch für öffentliche Profanbauten wie Postämter, Regierungsgebäude oder Verkehrsbauten verwendet. Die Zeit der Romanik des Mittelalters fiel zu einem großen Teil mit der Stauferzeit zusammen, die im 19. Jahrhundert in Deutschland glorifiziert wurde.

Stilistisch griff man nicht nur auf die Formelemente der Romanik in Westeuropa zurück, sondern verwendete auch die prächtigeren Formen des byzantinischen Stils. Auch in der Konstruktion der Kirchen blieb man nicht bei romanischen Grundrissen, sondern verwendete die fortschrittlicheren Prinzipien der Gotik, erkennbar an Kreuzrippengewölben und rechteckigen Grundflächen der Joche. - Auch im Altarbau spricht man von Neuromanik.

Es entstanden auch Übergangs- oder Kombinationsformen, z.B. mit der Neugotik und dem Neubarock. Mit dem Rundbogenstil gibt es Überschneidungen, er ist von der Neuromanik nicht genau abgrenzbar.


Tübingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beispiele für Neuromanik in Tübingen sind:

Ev. Kirche Hagelloch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1903/04 von Baurat Theophil Frey. Trotz ihrer Schlichtheit im Inneren kann sie als ein typisches Beispiel für diesen Stil im Kirchenbau gelten.


Kath. St.-Pankratius-Kirche in Bühl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1902 von Joseph Cades. Der Architekt deutet im Innenraum einen Übergang zur Neugotik an.


Haus der Studentenverbindung Turnerschaft Hohenstaufia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1902 von Adolf Schiedt. Der Architekt erinnert mit diesem Bau bewusst an eine staufische Kaiserpfalz, nicht ohne den modernen Bedürfnissen eines Verbindungshauses Rechnung zu tragen, so durch den Saal- und Terrassenvorbau im Norden.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Elmar Worgull: Steinerne Geometrie. Das gleichseitige Dreieck als Bauprinzip für die romanische Kirche des Augustiner-Chorherrenstift in Frankenthal, Worms 2005

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]