Madeere-Beck

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Madeere-Beck war der Spitzname von Carl Forstbauer, einem Tübinger Gastwirt, der weil er einen gezuckerten Krätzer als »Madeira« verzapft hatte, von den Studenten »Madeere-Beck« getauft worden war und seitdem im Volksmund so genannt wurde.[1] Bruno Wille schrieb in seinem Buch Glasberg (1920) folgendes über ihn:

"Das Haus lag dicht gegenüber dem Chorschiff der Stiftskirche [Neckargasse 1 ½] und war ein uraltes Kleinbürgernest. Mit vorgekragten Stockwerken, krummen, rissigen Balken und einem steilen, schadhaften Ziegeldach. An der Außenwand war in Stein gemeißelt: Dies haws ward 1493 erbawt. – Ein daneben befindliches Holzschild nannte die »Bäckerei von Forstbauer«. Gebacken freilich wurde hier nicht, bloß Backware verkauft. Dazu Getränk, das mit Nachsicht zu genießen war. Weil der Beck einmal – vor Jahrzehnten – einen gezuckerten Krätzer als »Madeira« verzapft hatte, war er von den Studenten »Madeere-Beck« getauft, und so hieß er seitdem im Volksmunde. Wer das Haus zum Madeere-Beck betreten wollte, stieg vom schmalen Bürgersteig ein paar Steinschwellen empor und war nun in einer Nische. Rechts führte die Tür zur Gaststube, wo der Madeere-Beck, ein gebeugtes Männlein mit wirrem Grauhaar, den Marktleuten seine Wecken auftischte, dazu Schwartemage, Backsteinkäs und einen sauren, desto mehr angepriesenen Moscht. Links bei der Hauspforte war das Fenster, hinter dem die Madeere-Beckin zu sitzen pflegte, eine knochige Alte mit einem hängenden Kropf. Ihre fischartig vorstehenden Augen lugten durch die Scheibe nach der Kundschaft. Dem Mädle, das Brot holen wollte, reichte sie durch die Fensterklappe den Brotlaib und strich das Geld vom Außenbrett ein.
Des Hauses Haupttür war aus schwerem Holz, mit großköpfeten Nägeln beschlagen. Ueber der Eisenklinke befand sich ein Klopfer aus Eisen, wie er in alter Zeit statt der Klingel diente – eine Art Hammer, mit dem man pochte, daß es durchs Haus dröhnte. Vom dunklen Hausflur, der eine Falltür zum Keller hatte, gelangte man auf abenteuerliche Weise zu den oberen Stockwerken. Aus wackligen Steinplatten war die Treppe gefügt, ähnlich einer Wengert-Steige. Nahezu ohne Licht, bog sie nach links, und die auf dieser Seite schmalen Stufen machten das Emporsteigen für den Uneingeweihten bedenklich. Wenn die Hand nach einem Geländer tastete, fand sich nur ein Strick – mittels dieses urwüchsigen Anhaltes mochte man sich emporarbeiten. Die ersten Bewohner des Oberhauses, die sich bemerkbar machten – durch Laute und durch Duft – waren eine Kuh, ein Schwein und ein paar Gänse, untergebracht in einem finstern Stalle, der hier im ersten Stockwerk lag. Wand an Wand mit solch wirtschaftlicher Einquartierung, nach der Straße zu, hatte das madeerebecksche Ehepaar seine Privaträume. Sie dienten zugleich als Speicher für Mehl, Bohnen, Erbsen und getrocknetes Obst. Vor den Fenstern hingen an Schnüren Maiskolben, schön gelbe Reihen, an dicke Halsketten aus Bernstein mahnend.."[2]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]