Kalebstraube

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Tübinger Weingärtner mit Kalebstraube um 1900
Kalebstraube im Fasnetsumzug in Rottenburg-Dettingen am 13.2.2011
Kalebstraube im Stadtmuseum. Dieses bemalte Eisenschild von 1738 entspricht dem sogeannten Stubenzeichen einer Zunft und wurde von den Weingärtnern als solches benutzt. Neben dem biblischen Motiv – der Geschichte von den mit der Riesentraube aus dem gelobten Land zurückkehrenden Kundschaftern Josua und Kaleb – sind die Namen von Zunftmeistern aufgebracht.[1]

Die Kalebstraube bildete den Mittelpunkt der Umzüge der Tübinger Weingärtner. Diese wurde aus aus vielen einzelnen Trauben zusammengebunden und wurde auf den Schultern zweier Männer getragen.

Diese Kalebstraube wurde dann am Ende des Umzugs verlost. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann sie einer dreimal hintereinander. Daraufhin bekam er den Beinamen Kaleb. Die Umzüge wurden zu Ehren des heiligen Urban bis Ende des 19. Jahrhunderts jeweils im Herbst durchgeführt. Dabei erschienen die Weingärtner in ihrer Tracht, gekennzeichnet durch eine rote Weste mit silberglänzenden Knöpfen. Dieser Brauch wurde seit 1936 wieder aufgenommen und ist auch heute noch gelegentlich bei Umzügen und Stadtfesten zu sehen.[2]

Religiöser Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kalebstraube spielt auf eine Erzählung aus dem 4. Buch Mose, Kapitel 13 und 14 an. Aus der Wüste Paran schickte Mose zwölf Kundschafter aus, die das Land erkunden sollten. Josua und Kaleb brachten von ihrem Erkundungsgang nach 40 Tagen eine Rebe mit einer Weintraube, die sie zu zweit auf einer Stange trugen. Sie berichteten von einem Land, in dem Milch und Honig flössen. Die anderen zehn Kundschafter wiegelten jedoch die Israeliten gegen Josua und Kaleb bzw. gegen Mose auf und behaupteten, das Land Kanaan sei uneinnehmbar, woraufhin die beiden ihre Kleider zerrissen und das Volk ermahnten, auf Gott zu vertrauen. Zur Strafe mussten die Israeliten in der Wüste umherziehen, bis alle Zweifler umgekommen waren. Kaleb aber gelangte ans Ziel.[3]

Die Traube war zunächst Sinnbild des Reichtums und Überflusses, wurde im Mittelalter außerdem zum Symbol des Erlösers am Kreuz. Viele Darstellungen der geschilderten Bibelszene zeigten später den vorderen Rebenträger als Vertreter des Judentums, das dem Christentum vorangeht, und den hinteren Träger als einen Heiden, der sich bekehren lässt und Christus nachfolgt.

Darstellungen der Szene waren zunächst meist in Kirchen und als Bibelillustrationen zu finden. Später wurden in Weinbaugebieten auch profane Gegenstände damit geschmückt und die religionsgeschichtliche Bedeutung der Szene geriet gegenüber dem Motiv der Freude und der gemeinsam getragenen Last wieder in den Hintergrund.[4]

Weingärtner-Liederkranz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Inventar des Vereins Weingärtner-Liederkranz von 1884 sind in bunter Mischung Klavier und Fahne, Tragbahre und Transparent, Urban-Bildnisse und ein Koffer, technische Utensilien aller Art aufgeführt; und schließlich heißt es: »1 Gestell zu einem Kalebstraube 2—3 Fuß eine Stange.«

Im Herbst dieses Jahres 1884 nahm der Verein am Gaufest des Landwirtschaftlichen Vereins teil. Schon vorher mußten Trauben gesammelt werden, und am Vorabend des Festes wurde die zentner schwere Kalebstraube in der Kelter zu sammengesetzt, »zu welchem der größte Theil der Mitglieder ihren Beitrag an Trauben lieferten«. Nach dem Fest mußte der Ausschuss noch einmal tätig werden — es ging nun um den Verkauf »des großen Trauben«, wobei sich in erster Linie Fotograf Sinner als Interessent meldete. Aber damit war die Sache noch nicht abgetan: am 20. Januar 1887, also zweieinhalb Jahre später, wurde der Beschluss gefasst, »die Fotografien der Costumierten Gruppen« von dem Fest im September 1884 zu kaufen, um sie als Dekoration im Vereinslokal anzubringen. Die Kalebstraube war also im Gespräch geblieben, und noch im gleichen Jahr wurde der Brauch erneuert und wurde auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder aufgenommen.[5]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]