Eiszeithöhlen (UNESCO Weltkulturerbe)

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Vogelherdhöhle im Lonetal
Museum der Universität Tübingen: Wildpferd aus Mammutelfenbein, Vogelherdhöhle, etwa 35.000 Jahre alt

Die Eiszeithöhlen an der Ach und der Lone auf der Schwäbischen Alb sind als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt worden, weil dort bis zu 43.000 Jahre alte Kunstwerke gefunden worden waren. Das UNESCO-Komitee hat am 9. Juli 2017 im polnischen Krakau beschlossen, die Höhlen Vogelherd, Bockstein, Hohlenstein-Stadel, Sirgenstein, Geißenklösterle und Hohle Fels zum Weltkulturerbe zu erklären. Im Museum Alte Kulturen im Schloss Hohentübingen werden 16 Ausstellungsstücke von bei den archäologischen Grabungen geborgenen Kunstschätzen aus diesen Höhlen ausgestellt.

Klassifikation als Weltkulturerbe

Mammut aus Mammutelfenbein, Vogelherdhöhle, etwa 35.000 Jahre alt

Die Experten der UNESCO klassifizierten die sechs Höhlen der Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb als Weltkulturerbe, weil sie von einer der frühesten figurativen Kunst weltweit zeugen und wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung der Kunst liefern. Die Höhlen rund um Blaubeuren im Alb-Donau-Kreis gelten als eines der derzeit wichtigsten Ausgrabungsstätten für auf Ur- und Frühgeschichte spezialisierte Archäologen. Unter anderem fanden Forscher dort die älteste bekannte Menschenfigur der Welt, die 40.000 Jahre alte Venus vom Hohlen Fels. Bei den Ausgrabungen, die seit den 1860er Jahren laufen, wurden auch acht Flöten aus Vogelknochen oder Mammutelfenbein gefunden.[1] Um den Status des Weltkulturerbes nicht zu gefährden, lehnte das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises einen Antrag des Stromkonzerns ENBW ab, bei der Bocksteinhöhle drei rund 200 Meter hohe Windräder zu bauen.[2]


„Wir sind hocherfreut über diese Nachricht: Die Auszeichnung würdigt jahrzehntelange archäologische und paläontologische Forschung an der Universität Tübingen“, sagte Rektor Professor Bernd Engler. „Sie zeigt zum wiederholten Male, dass Tübingen auf vielen Feldern exzellente Wissenschaft mit internationaler Ausstrahlung betreibt.“[3]

Als hochverdiente Auszeichnung bezeichnete Nicholas J. Conard, Professor für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie an der Universität Tübingen, die UNESCO-Entscheidung. Conard leitet die Geländearbeiten auf der Schwäbischen Alb seit 1996: „Die Funde aus den Eiszeithöhlen zeigen eine außergewöhnliche Schöpferkraft der ersten modernen Menschen. Tübinger Wissenschaftler haben sie mit viel Arbeit und Engagement erschlossen und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es ist für uns ein wichtiges Zeichen, dass diese weltweit einzigartige Fundlandschaft nun zum Weltkulturerbe zählt.“[3]

Der Direktor des Museums an der Universität Tübingen MUT, Professor Ernst Seidl, und das gesamte Team des MUT freuten sich sehr über diese Auszeichnung und gratulierten gemeinsam Nicholas J. Conard und den Kolleginnen und Kollegen der Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen sowie den Kolleginnen und Kollegen des Denkmalamtes Baden-Württemberg, des Archäologischen Landesmuseums und der beteiligten Museen in Blaubeuren, Ulm, Stuttgart und Niederstotzingen.[4] „Eine Universität, die gemeinsam mit ihrem Museum zentraler Teil eines UNESCO-Kulturerbeeintrags ist: Das gibt es weltweit nicht noch einmal“, sagte Seidl.[3]

"Die Auszeichnung ist eine große Ehre", schlussfolgerte Baden-Württembergs Grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. "Die einzigartigen Fundstätten auf der Schwäbischen Alb zeigen, dass die Wiege der Kunst und der Musik im Ach- und Lonetal zu finden ist", ergänzte er. Der UNESCO-Titel verpflichte Baden-Württemberg nun, dieses kulturelle Erbe der Menschheit zu erhalten, forderte Kretschmann.[5]

Die Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hob hervor: Dieses Erbe gelte es zu schützen und für nachfolgende Generationen zu bewahren. Die Welterbestätte repräsentiere die kulturelle Vielfalt und Geschichte des Bundeslandes. "Sie ist einzigartig, faszinierend und von überragender Bedeutung", sagte sie dazu.[5]

Archäologische Ausgrabung, Forschung und Erhaltung

In den Höhlen im Ach- und Lonetal haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universität Tübingen seit Anfang des 20. Jahrhunderts die ältesten Belege für figürliche Kunst, Musik und Glaubensvorstellungen des Menschen geborgen und erforscht. Die Tierfiguren und Schmuckstücke aus Mammut-Elfenbein, Figurinen wie die Venus vom Hohle Fels und Knochen-Flöten wurden während der letzten Eiszeit vor rund 40.000 Jahren hergestellt. Sie gelten als einmalige Zeugnisse der Menschheitsgeschichte.

Die meisten der Skulpturen aus Mammutelfenbein sind nicht größer als sechs Zentimeter. Sie stellen Tiere dar, die einst auf der Schwäbischen Alb lebten: Höhlenlöwen, Bären, Wisente und vor allem Mammuts sowie verschiedene Vögel. Eine Ausnahme ist der 31 cm große Löwenmensch, ein mystisches Mischwesen aus Mensch und Höhlenlöwe, das zugleich als älteste Darstellung eines Mannes gilt.

Die Fundstücke sind bis zu 43.000 Jahre alt und gehören zu den ältesten Zeugnissen für eine bewusste künstlerische Betätigung des frühen Menschen. Die wichtigsten Funde aus dem Bereich der Schwäbischen Alb können in Museen in Tübingen, Blaubeuren, Ulm, Niederstotzingen und Stuttgart besichtigt werden.

Weblinks

Quellen


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