Carl Wüst, vorne rechts mit weißem Helmbusch, und seine Kameraden des neugegründeten Tübinger Pompier-Corps

Leben und Wirken

Carl Wüst wurde 1845 als Turnlehrer für die bereits 6 Jahre bestehende Gymnastische Anstalt der Universität Tübingen eingestellt. Bis dahin standen die Turnübungen unter Aufsicht des Universitäts-Fechtlehrers, dessen Eignung, Kenntnis und Verfügbarkeit allerdings beschränkt waren. Außerdem sollte er Schwimmuntericht geben.[1]

Carl Wüst hatte bereits erste pädagogische Erfahrungen an der Taubstummenschule in Frankfurt gesammelt. Dort hatte er auch die Turnanstalt des Turnexperten August Ravenstein besucht. Wüst war ein vielseitiger und gebildeter Mann voller Schaffenskraft und war in Tübingen hoch angesehen. Er unterrichtete nicht nur Turnen an der Universität und an den Gymnasien, sondern war auch an der Gründung von Vereinen beteiligt, unter anderem der Tübinger Gesellschaft „Frohsinn“.[1] Zusammen mit dem Vorsitzenden des Schwäbischen Turnerbundes Theodor Georgii war er außerdem Gründungsmitglied des ursprünglich als Turnerfeuerwehr organisierten Tübinger Pompier-Corps.[2]

Politische Aktivitäten und Wertewandel

Da zu Wüsts Zeit das Turnen politischen Charakter hatte, blieb auch Wüst eine eher unrühmliche Rolle in der Revolution des Jahres 1848. Er gehörte zu den Turnern Tübingens, „welche es sich nicht nehmen ließen, bei der Erkämpfung der gewünschten Freiheit mitzuhelfen“. Wüst folgte dem Aufruf an die schwäbischen Turner vom 20. März 1848 beim Turntag in Essligen, zu den Waffen zu greifen. Die Folge für Wüst waren 70 Tage Festungsarrest. Nachdem es wieder ruhiger zuging und sich das Turnen von einer Art politischer Bewegung weg hin zu neuen Formen der Leibesübung bewegte, gestaltete Karl Wüst diesen Umbruch nicht mehr aktiv mit.[1]

Die „Gymnastische Anstalt“ wurde 1859 in „Universitätsturnanstalt“ umbenannt. Tübingen erhielt 1883 eine neue Universitäts-Turnhalle, und Tübinger Studenten gründeten den „Cricket- und Lawn-Tennis-Club“ mit eigenem Spielplatz für englische Spiele. Die politische Relevanz des Turnens und somit die Zeit der „alten Turner“ war zu diesem Zeitpunkt bereits endgültig vorbei.

Nachfolge

Nach der Pensionierung Wüsts als Leiter der Turnanstalt im Jahr 1895, wurde Paul Sturm dessen hauptamtlicher Nachfolger.

Quellen