Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus TUEpedia
Wechseln zu:Navigation, Suche
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen''' entstand im Januar [[1983]] und wurde im April [[2001]] aufgelöst. Sie geht auf ein ehemaliges Max-Planck-Institut für Aeronomie zurück, das während des [[2. Weltkrieg|zweiten Weltkrieges]] aus dem von Bomben bedrohten Friedrichshafen auf eine abgelegene Waldwiese in der Rasthalde bei Ravensburg-Weißenau verlegt worden war.<ref>[http://www.uni-tuebingen.de/neuropsychologie/Chr_Weissenau1.htm Die Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen.]</ref>  
Die '''Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen''' befasste sich ab [[1955]] <!-- oder 1956 (?) --!> mit [[Astronomie]] und ab [[1983]] mit Neuropsychologie. Sie wurde im April [[2001]] aufgelöst. Sie geht auf ein ehemaliges Max-Planck-Institut für Aeronomie zurück, das während des [[2. Weltkrieg|zweiten Weltkrieges]] aus dem von Bomben bedrohten Friedrichshafen auf eine abgelegene Waldwiese in der Rasthalde bei Ravensburg-Weißenau verlegt worden war.<ref>[http://www.uni-tuebingen.de/neuropsychologie/Chr_Weissenau1.htm Die Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen.]</ref>  


==Metereologische Höhenmesstechnik und Hagelforschung==
==Metereologische Höhenmesstechnik und Hagelforschung==


In Weißenau wurde bis zum Tod des damaligen Direktors, Prof. Erich Regener (* 12. November 1881; † 27. Februar 1955), unter anderem an der Entwicklung von Höhenmesstechniken z.B. mit Hilfe von Ballonen und V2-Raketen gearbeitet. Regener hatt unterstützt vom Reichsluftfahrtministerium am 1. Januar 1938 in Friedrichshafen am Bodensee die private Forschungsstelle für Physik der Stratosphäre gegründet, die am 30. Mai 1938 in die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft eingegliedert wurde. Nach der Zerstörung des Instituts bei einem alliierten Luftangriff im Jahre 1944 setzte Regener seine Forschungsarbeit in provisorischen Gebäuden in Weißenau fort, aus dem 1952 das Max-Planck-Institut für Physik der Stratosphäre hervorging. Dieses Institut ist eine der beiden Wurzeln des heutigen Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.
In Weißenau wurde bis zum Tod des damaligen Direktors, Prof. Erich Regener (* 12. November 1881; † 27. Februar 1955), unter anderem an der Entwicklung von Höhenmesstechniken z.B. mit Hilfe von Ballonen und V2-Raketen gearbeitet. Regener hatte unterstützt vom Reichsluftfahrtministerium am 1. Januar 1938 in Friedrichshafen am Bodensee die private Forschungsstelle für Physik der Stratosphäre gegründet, die am 30. Mai 1938 in die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft eingegliedert wurde. Nach der Zerstörung des Instituts bei einem alliierten Luftangriff im Jahre 1944 setzte Regener seine Forschungsarbeit in provisorischen Gebäuden in Weißenau fort, aus dem 1952 das Max-Planck-Institut für Physik der Stratosphäre hervorging. Dieses Institut ist eine der beiden Wurzeln des heutigen Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.
   
   
Regeners Forschungen zur Stratosphäre waren auch für die Raketentechniker um Wernher von Braun von Interesse. Um die Flugbahn der Raketen berechnen zu können, benötigte man genaue Daten. In einem gemeinsamen Projekt mit der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde entwickelte Regener neue Instrumente, die mit einer A4-Rakete in eine Höhe von 50 km transportiert werden sollten. Dort sollte die ''Regener-Tonne'' genannte Instrumentenkapsel abgesprengt werden und an einem Fallschirm zur Erde zurückkehren. Bis zum Kriegsende kam es aber nur zu einem erfolgreichen Probeflug mit einer Attrappe der Regener-Tonne.
Regeners Forschungen zur Stratosphäre waren auch für die Raketentechniker um Wernher von Braun von Interesse. Um die Flugbahn der Raketen berechnen zu können, benötigte man genaue Daten. In einem gemeinsamen Projekt mit der Heeresversuchsanstalt in Peenemünde entwickelte Regener neue Instrumente, die mit einer A4-Rakete in eine Höhe von 50 km transportiert werden sollten. Dort sollte die ''Regener-Tonne'' genannte Instrumentenkapsel abgesprengt werden und an einem Fallschirm zur Erde zurückkehren. Bis zum Kriegsende kam es aber nur zu einem erfolgreichen Probeflug mit einer Attrappe der Regener-Tonne.<ref>[http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Regener Erich Regener] auf Wikipdia.</ref>


Nachdem seinem Nachfolger ein neues Institut in Lindau/Harz gestiftet wurde, verblieben einige der Abteilungen in Weißenau. Diese wurden dem [[Astronomisches Institut|Astronomischen Institut]] der Universität Tübingen zugeordnet, da die Universitäten Konstanz und Ulm damals noch nicht existierten.
1949 übernahm die Max-Planck-Gesellschaft die Forschungsstelle, die 1952 zum Max-Planck-Institut für Physik der Stratosphäre wurde. Mit der Berufung des Göttinger Professors Julius Bartels 1955 zum neuen Direktor ging die Verlagerung des Instituts an den Standort Lindau am Harz einher, wo bereits das Institut für Ionosphärenforschung ansässig war. Nach dem Umzug des Instituts in den Harz, verblieben einige der Abteilungen in Weißenau. Diese wurden dem [[Astronomisches Institut|Astronomischen Institut]] der Universität Tübingen zugeordnet, da die Universitäten Konstanz und Ulm damals noch nicht existierten.


== Spöit-Brain Forschung ==
== Arbeitsgruppe Experimentelle und Klinische Neuropsychologie ==


[[Bruno Preilowski|Professor Dr. Bruno Preilowski]] zog [[1983]] mit seinen Mitarbeitern in die Räume des astronomischen Instituts und ehemaligen Max-Planck-Instituts für Aeronomie bei Ravensburg-Weißenau. Nach vierjähriger, vergeblicher und für die Beteiligten frustrierenden Bemühungen, Räume in Tübingen zu finden, ergaben sich durch die Pensionierung des Hagelforschers Professor Mühleisen, Räumlichkeiten in der Außenstelle in Weißenau, die für die Arbeitsgruppe von Preilowski nutzbar gemacht werden konnten. Ausschlaggebend dafür, der provisorischen Auslagerung nach Ravensburg-Weissenau zuzustimmen, war das Angebot des Neurochirurgen Professor Reulen und des Neurologen Professor von Büdingen vom St. Elisabethenkrankenhaus, Forschung und Lehre im Bereich der Klinischen Neuropsychologie zu unterstützen. Beide waren und sind auf ihren Fachgebieten international bekannt und ihr Interesse und kollegiale Unterstützung waren eine große Hilfe für die geplanten Unternehmungen in der neu orientierten Außenstelle.Aus einer als provisorisch geplanten Unterbringung wurde ein längerfristiges Experiment, dessen Ergebnisse unterschiedlich bewertet werden. Er kam 1972 aus dem Labor des berühmten Neurobiologen [http://de.wikipedia.org/wiki/Roger_Sperry Roger W. Sperry] am California Institute of Technology an die Universität Konstanz. In Sperrys Labor hatte er mit sogenannten ''[http://de.wikipedia.org/wiki/Split_BrainSplit-Brain]'' Patienten gearbeitet. Aber auch mit Rhesusaffen, an denen die Techniken der ''Split-Brain'' Operation zur Therapie von schweren, medikamentös nicht zu beherrschenden Epilepsien entwickelt wurden.  
[[Bruno Preilowski|Professor Dr. Bruno Preilowski]] zog [[1983]] mit seinen Mitarbeitern in die Räume des astronomischen Instituts und ehemaligen Max-Planck-Instituts für Aeronomie bei Ravensburg-Weißenau. Nach vierjähriger, vergeblicher und für die Beteiligten frustrierenden Bemühungen, Räume in Tübingen zu finden, ergaben sich durch die Pensionierung des Hagelforschers Professor Mühleisen, Räumlichkeiten in der Außenstelle in Weißenau, die für die Arbeitsgruppe von Preilowski nutzbar gemacht werden konnten. Ausschlaggebend dafür, der provisorischen Auslagerung nach Ravensburg-Weissenau zuzustimmen, war das Angebot des Neurochirurgen Professor Reulen und des Neurologen Professor von Büdingen vom St. Elisabethenkrankenhaus, Forschung und Lehre im Bereich der Klinischen Neuropsychologie zu unterstützen. Beide waren und sind auf ihren Fachgebieten international bekannt und ihr Interesse und kollegiale Unterstützung waren eine große Hilfe für die geplanten Unternehmungen in der neu orientierten Außenstelle.Aus einer als provisorisch geplanten Unterbringung wurde ein längerfristiges Experiment, dessen Ergebnisse unterschiedlich bewertet werden. Er kam 1972 aus dem Labor des berühmten Neurobiologen [http://de.wikipedia.org/wiki/Roger_Sperry Roger W. Sperry] am California Institute of Technology an die Universität Konstanz. In Sperrys Labor hatte er mit sogenannten ''[http://de.wikipedia.org/wiki/Split_BrainSplit-Brain]'' Patienten gearbeitet. Aber auch mit Rhesusaffen, an denen die Techniken der ''Split-Brain'' Operation zur Therapie von schweren, medikamentös nicht zu beherrschenden Epilepsien entwickelt wurden.  
Zeile 17: Zeile 17:
Sperry hatte 1981 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie für seine Arbeiten zur Gehirnasymmetrie erhalten, deren Ergebnisse über die unterschiedlichen sich ergänzenden Funktionen der beiden Gehirnhälften heute schon Teil des Allgemeinwissens geworden sind. Preilowskis Beitrag bestand aus der Beschreibung von bislang unbekannten Funktionen der vorderen Anteile des Balkens (''Corpus callosum''), eines dicken Nervenfaserbündels, das die beiden Großhirnhälften unmittelbar miteinander verbindet.  
Sperry hatte 1981 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie für seine Arbeiten zur Gehirnasymmetrie erhalten, deren Ergebnisse über die unterschiedlichen sich ergänzenden Funktionen der beiden Gehirnhälften heute schon Teil des Allgemeinwissens geworden sind. Preilowskis Beitrag bestand aus der Beschreibung von bislang unbekannten Funktionen der vorderen Anteile des Balkens (''Corpus callosum''), eines dicken Nervenfaserbündels, das die beiden Großhirnhälften unmittelbar miteinander verbindet.  


''Split-Brain'' bezeichnet den Zustand eines gteilten Gehirn nach der neurochirurgischen Durchtrennung des ''Corpus callosum'', das die beiden Hirnhemisphären miteinander verbindet. Den Eingriff selbst bezeichnet man als ''Callosotomie''. Sie wird heute nur selten, als letzte Lösung zur Behandlung der Epilepsie angewandt. Durch die Durchtrennung des ''Corpus callosum'' soll verhindert werden, dass sich Anfälle von einer Hirnhälfte in die andere ausbreiten. Infolgedessen ist das Risiko für Stürze und daraus resultierende Verletzungen verringert. Die Häufigkeit von epileptischen Anfällen kann durch diese Operation deutlich reduziert werden.<ref>[http://de.wikipedia.org/wiki/Split_Brain Split Brain] auf Wikipedia.</ref><ref name="fuiks">Fuiks et al.: ''Seizure outcome from anterior and complete corpus callosotomy.'' J Neurosurg. 1991 Oct, PMID 2002370</ref><ref name="oguni">Oguni et al.: ''Anterior callosotomy in the treatment of medically intractable epilepsies: a study of 43 patients with a mean follow-up of 39 months.'' Ann Neurol. 1991 Sep, PMID 1952824</ref>  
''Split-Brain'' bezeichnet den Zustand eines gteilten Gehirn nach der neurochirurgischen Durchtrennung des ''Corpus callosum'', das die beiden Hirnhemisphären miteinander verbindet. Den Eingriff selbst bezeichnet man als ''Callosotomie''. Sie wird heute nur selten, als letzte Lösung zur Behandlung der Epilepsie angewandt. Durch die Durchtrennung des ''Corpus callosum'' soll verhindert werden, dass sich Anfälle von einer Hirnhälfte in die andere ausbreiten. Infolgedessen ist das Risiko für Stürze und daraus resultierende Verletzungen verringert. Die Häufigkeit von epileptischen Anfällen kann durch diese Operation deutlich reduziert werden.<ref>[http://de.wikipedia.org/wiki/Split_Brain Split Brain] auf Wikipedia.</ref><ref name="fuiks">Fuiks et al.: ''Seizure outcome from anterior and complete corpus callosotomy.'' J Neurosurg. 1991 Oct, PMID 2002370</ref><ref name="oguni">Oguni et al.: ''Anterior callosotomy in the treatment of medically intractable epilepsies: a study of 43 patients with a mean follow-up of 39 months.'' Ann Neurol. 1991 Sep, PMID 1952824</ref>  


Preilowski konnte er als erster nachweisen, daß auch die rechte Hemisphäre der ''Split-Brain'' Patienten nichtsprachliche, emotionale Funktionen besitzt, die auf typisch menschliches Bewußtsein schließen lassen. An der Universität Konstanz hatte er ein Labor aufgebaut, in dem wie in Sperrys Arbeitsgruppe die Möglichkeit bestand, zwischen dem Labor und der Klinik hin- und herzuwechseln und Untersuchungen sowohl mit Tieren als auch Menschen durchzuführen.
Preilowski konnte er als erster nachweisen, daß auch die rechte Hemisphäre der ''Split-Brain'' Patienten nichtsprachliche, emotionale Funktionen besitzt, die auf typisch menschliches Bewußtsein schließen lassen. An der Universität Konstanz hatte er ein Labor aufgebaut, in dem wie in Sperrys Arbeitsgruppe die Möglichkeit bestand, zwischen dem Labor und der Klinik hin- und herzuwechseln und Untersuchungen sowohl mit Tieren als auch Menschen durchzuführen.

Version vom 5. Mai 2012, 07:15 Uhr

Die Außenstelle Weißenau der Universität Tübingen befasste sich ab 1955