Achatius Wolff

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Achatius Wolff war ein Tübinger Ratsverwandter, der im August 1693 während der Franzosenkriege für 3 Jahre von den Franzosen als Geisel genommen wurde. Über den Vorfall wird folgendermaßen berichtet:

"Auch im Mai des Jahrs 1693 ging eine vom Grafen Tallard drohende Gefahr noch glücklich vorüber; allein im August desselben Jahrs stand wirklich der Feind wieder vor den Thoren.

An einem Montag Abend erschien der Graf von Baliviere — Zeller nennt sogar Melac selbst — mit 300 Pferden zu Lustnau, nahm eine Stellung beim Gutleuthaus und berief die Vögte und Bürgermeister zu sich heraus. Da nahm man wieder seine Zuflucht zu [Johann] Osiander, der schon vorher mit der Oberleitung sämmtlicher Anstalten betraut worden war, und er schloß sich der Deputation, die zum Feinde hinauszog, an. Nun geschah es, entweder ohne Osianders Willen, wie ein Schreiben des Senats an den Herzog schließen läßt, oder, wie Osianders Biographen erzählen, auf seinen eigenen Rath und zur Unterstützung seiner Unterhandlungen, daß vom Schloß einige scharfe Schüsse gegen den Feind fielen, die bis zu seiner Stellung heranreichten. Während auf „des Benzen Acker" im Lustnauer Feld die Deputirten der Stadt mit dem feindlichen Feldherrn zusammentrafen, schlug eine Kugel mitten in die Hauptgruppe herein, und riß Osiandern die Perücke vom Kopf. Kaltblütig nahm er sie wieder auf, machte den General auf den Ernst der Vertheidigung aufmerksam, den er zu erproben haben würde, wenn er Feindliches gegen die Stadt unternehme, und machte durch seinen Muth und seine Unerschrockenheit in dem Maaße Eindruck auf ihn, daß derselbe gegen das Versprechen einer Contribution ohne weitere Versuche abzog, wenn auch mit der Drohung wieder zu kommen.

Es blieb bei der Drohung; selbst als ein Haufe französischer Marodeurs, die im Kloster zu Bebenhausen plünderten, dort von einer Streifparthie der Tübinger Besatzung und etlichen Bürgern überfallen, und drei derselben in den Sälen und auf dem Kranze des Kirchthurms selbst niedergehauen worden waren, wiederholte zwar Baliviere die Drohung, er werde Tübingen „aus der Zarge herausbrennen," und der Senat und Rath sandten flehentliche Bitten um Schutz an den Herzog.

Allein auch dießmal blieb es bei der Angst, schon am 18. Aug. zogen die Franzosen ganz aus dem Lande, nur war wiederum der Bürgermeister Achatius Wolff einer der Unglücklichen, die als Geisseln im Namen der Landschaft mitgegeben wurden, und dießmal, nach Metz geschleppt, drei Jahre lang alle Scheußlichkeiten einer grausamen Gefangenschaft zu erdulden hatten. Erst am 23. Jan. 1697 endlich durfte er zurückkehren, und da er erklärte, wie er sich schuldig befinde, nachdem ihm Gott wieder zu dem Seinigen verhelfen, seine Kräfte und noch übrige Lebenszeit zu des gemeinen Wesens Nutzen anzuwenden, trat er auch sein Rechnermeisteramt wieder an."[1]

Auch zuvor schon war Achatius Wolff bereits einmal von den Franzosen als Geisel genommen worden.

"Am 16. Dez. [1688] kündigte der General [Montclar] seinen Abzug auf den folgenden Tag an. Seine Leute, raubgewohnt, und mit dem Ertrag ihres Tübinger Aufenthaltes nicht zufrieden, erbaten sich zu guter Letze noch une petite liberté, d. h. eine Plünderung; allein Peysonel hielt sein Wort. In Gemeinschaft mit Osiander durchritt er selbst die Gassen bei Nacht, und half die Ordnung erhalten, und als er am Morgen auszog, gab er Osiandern noch zwölf Dragoner, um die Häuser zu durchsuchen, und die Marodeurs hinauszujagen. Mit sich fort nahm er nur als Geisseln für die 8000 noch zu bezahlende Gulden, den Gerichtsherrn Mendel und den Rathsherrn Achatius Wolf, welche nach Straßburg vorausgeschickt, 16 Wochen lang in Gefangenschaft zubringen mußten. Zwar als Peysonel schon in Herrenberg war, wohin Osiander auch dieser Stadt zum Schutz ihm nachritt, kam von Montclar Vorwurf und drohender Befehl, alsbald Anstalten zu gänzlichem Umsturz der Mauern von Tübingen zu machen, und nun mußten 100 Mann aufgeboten werden, um zurückzukehren und die Zerstörung zu vollenden. [...]

Im Sommer 1689 kamen auch die beiden Geisseln, Mendel und Wolf zurück, und erhielten nach gerichtlichem Beschluß wegen gehabter großer Lebensgefahr je 50 fl. Belohnung von der Stadt. „Umb willen aber Herr Prof. Osiander sich sowohl vor als in und nach dem französischen Quartier so Tags so Nacht bei der Stadt rühmlich gebrauchen lassen, also sollen ihm, vor seine gehabte große Bemühung pro clisoretione 12 Spezies Reichsthaler zugestellt werden; so beschlossen 13. Juli 1689." Eine rührende Gabe!"[2]

Quellen

  1. Karl Klüpfel und Max Eifert: Geschichte und Beschreibung der Stadt und Universität Tübingen. Band 1, L.F. Fues, 1849. Seite 179.
  2. Karl Klüpfel und Max Eifert, Seite 174f.