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Schwabenhaus

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Schwabenhaus (seit 1900)
Tübingen - Gartenstraße 12 - Schwabenhaus - Ansicht über den Neckar.jpg
AdresseGartenstraße 12
72074 Tübingen
ArchitektEisenlohr & Weigle
Früheres Haus des Corps Suevia Tübingen in der Gartenstraße 12
Nordseite mit Eingang an der Gartenstraße

Das erste Corpshaus der Suevia war ein gekauftes Haus in der Neckarhalde 66, das von 1885 bis 1900 vom Corps genutzt wurde. Bald reichte der Platz nicht mehr aus und es wurde ein neues Haus direkt am Neckarufer gebaut, das unter dem Namen Schwabenhaus bekannt wurde. Es wurde im Jahr 1900 vom Stuttgarter Architekturbüro Eisenlohr & Weigle auf dem Grundstück der vormaligen Hallerschen Badeanstalt errichtet. 1913 erfolgte eine Aufstockung des Seitenflügels durch Franz Bärtle, nach dessen Plänen schon im Jahr zuvor die Pergola am Neckarufer ausgeführt worden war.[1] [2]

Das Gebäude in der Gartenstraße 12 war von 1900 bis 1936 das Corpshaus der Suevia Tübingen, heute (2025) ist es Sitz der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Tübingen. Seit 1952 nutzt Suevia ein neues Haus in der Kleiststraße 12. [3] [4]

Frühe Geschichte des Hauses[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Architektenzeichnung der Südansicht von 1900
Schwabenhaus und Umgebung, um 1910

Aufgrund des Drucks der Nationalsozialisten musste Suevia 1936 den Aktivenbetrieb einstellen. Der Altherrenverein beschloss, das Haus trotz der ungewissen Lage nicht zu verkaufen. 1940 wurden die Räumlichkeiten von der Wehrmacht beschlagnahmt, die sie als Kasino nutzte und ab 1942 als Heereslazarett für sehbehinderte und erblindete Soldaten mietete.

Das Haus wurde schwer beschädigt, als in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1944 eine Luftmine bei der Neckarbrücke einschlug. Die Soldaten des Lazaretts konnten die Schäden wieder reparieren.

Nach Kriegsende beschlagnahmte das französische Militär das Haus und nutzte es unter anderem als Unteroffizierskasino. Nach der Rückgabe für die zivile Nutzung zog im Herbst 1949 das Kaiser-Wilhelm-Institut (später Max-Planck-Institut) für ausländisches und internationales Privatrecht in das Haus ein. [5]

Am 28. Juli 1950 erwarb die Stadt Tübingen das benachbarte Neckarmüllerei-Anwesen, um dort notwendige bauliche Veränderungen im Sinne des damaligen Stadtbauplans durchzusetzen. Der Plan sah vor, das gesamte Neckarmüllereigelände mit einem Hotel- und Geschäftskomplex zu bebauen. 1953 kaufte die Stadt zur Umsetzung dieses Plans deshalb auch das Schwabenhaus für 55.000 Mark vom Verein alter Tübinger Schwaben. Eine Bürgerinitiative verhinderte jedoch das große Bauprojekt. [6]

Nutzung als Jugendclub und Brand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schwabenhaus prägte als Jugendclub für viele Jahre die Tübinger Jugendlichen. Gegen Mitte des Jahres 1959 wurde das seit einiger Zeit leerstehende Schwabenhaus vom Jugendsozialwerk jeden Montag geöffnet. Wöchentlich trafen sich 40 bis 50 Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren, mit ausreichend Platz für zahlreiche Aktivitäten. Das Schwabenhaus wurde damit das erste Jugendhaus Tübingens. [7]

Für die ersten „Clubler“, wie sich die neu angesiedelten Schwabenhäusler nannten, waren neben der neu errichteten Kellerbar vor allem gemeinsame Unternehmungen die Highlights ihrer Jugendclubzeit. Im Mai 1963 übernahm der 25-jährige Manfred "Manne" Sailer die Leitung im Jugendhaus. Im Haus fanden neben Bandwettbewerben, Spielemittagen, Modeschauen, Sporttreffen, Filmabenden und Wohltätigkeitsbällen fanden auch kooperative Events mit dem Amerika-Haus, der Lebenshilfe oder dem evangelischen Mädchenwerk statt. [8]

Im Jahr 1968 wurde ein weiterer in der Tübinger Bevölkerung umstrittener Bebauungsplan von der Stadtverwaltung genehmigt, wonach das Schwabenhaus sowie die benachbarte Neckarmüllerei abgerissen und einer Finanzgruppe zur Errichtung eines Geschäftszentrums zur Verfügung gestellt werden sollten. Eine Bürgerinitiative verzögerte die Pläne der Stadt, konnte den Abriss der Traditionswirtschaft neben dem Schwabenhaus im Jahr 1971 jedoch nicht verhindern. Heute befindet sich anstelle der alten Neckarmüllerei dort die 1991 neuerbaute Gasthausbrauerei „Neckarmüller“. Trotz seiner Bedeutung für die Jugendlichen der Region wurden dem etablierten Jugendclub bereits 1967 die Räume im Schwabenhaus schriftlich durch die Stadt gekündigt, damit diese den Bebauungsplan durchsetzen konnte. Im folgenden „Übergangsbetrieb“ war eine zukunftsgerichtete Arbeit sowie das Anwerben neuer Mitarbeitender unter den ständigen Abbruchdrohungen der Stadt kaum mehr möglich. [9]

Ein aus ungeklärten Umständen entstandene Schwelbrand im Inneren des Schwabenhaus machte die Räume in der Nacht zum 17. April 1972 unbenutzbar. Auch die folgenden polizeilichen Untersuchungen erbrachten keine Erkenntnisse. Daraufhin konnten die Jugendlichen ihren Jugendclub nicht mehr nutzen und stellten ein Ultimatum an die Stadt mit der Forderung der Renovierung sowie der Bereitstellung von Ersatzräumlichkeiten. Da die Stadt dem ersten Ultimatum nicht nachkam, wurde Oberbürgermeister Hans Gmelin ein erneutes Ultimatum zum 22. Juni 1972 gestellt. Die Jugendlichen rechneten nicht damit, dass die Stadt ihrem zweiten Ultimatum nachkommt, weswegen sie für den Tag nach dem Ultimatum ein Konzert mit der Agitprop-Band "Ton Steine Scherben" um Rio Reiser organisierten. Nach dem Konzert besetzten die Jugendlichen ein leerstehendes Haus in der Karlstraße 13, um es als neuen Jugendclub zu nutzen. Das sogenannte Epplehaus existiert als selbstverwaltetes Jugendzentrum bis heute. [10]

Neuere Hausgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Brand wollte die Stadt endlich abreißen, um ihren Bebauungsplan durchzusetzen. Widerstand gegen den Abriss des Schwabenhauses kam von einer Bürgerinitiative und dem Landesdenkmalamt. Die Behörde sah in dem Gebäude ein erhaltenswertes Kulturdenkmal: „Es ist dem französischen Rokokostil nachempfunden und steht im positiven Gegensatz zu den teutonischen Trutzburgen der übrigen Verbindungshäuser“. Es stelle „einen wichtigen Beitrag des Historismus mit leichten Jugendstileinflüssen“ dar und sei aufgrund seiner „kulturgeschichtlichen und heimatkundlichen Bedeutung“ ins Denkmalbuch einzutragen. Der lang andauernde Streit wurde sowohl mit politischen, als auch mit juristischen Mitteln ausgetragen. Die Stadt Tübingen klagte auf Abbruch und verlor auch in der Revision beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim. Die Klage wurde auch in Revision abgewiesen. Die Sanierung des Gebäudes konnte Ende 1976 beginnen. Am 15. August 1978 wurde das Gebäude an die Volkshochschule übergeben, die es fast 20 Jahre nutzte.[11]

Seit 1998 ist die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Tübingen im Schwabenhaus untergebracht.

Von 2015 bis 2017 wurde das architektonische Kleinod von der Besitzerin, der Stadt Tübingen, aufwändig renoviert: „Dabei wurden teilweise die ursprünglichen Raumzuschnitte wieder hergestellt. So bekam der Saal, Herzstück des Gebäudes, seinen alten Eingang wieder, der bei offener Saaltür eine lange Blickachse von der Gartenstraße durch Eingangshalle und Saal bis zum Neckar erlaubt. Eine ehemalige Balkonloge im 1.Obergeschoss wurde freigelegt, von der man durch ein großes Rundbogenfenster spektakuläre Einblicke in den Saal hat. Das 1. Obergeschoss wurden von Trennmauern befreit und zum Hauptbibliotheksraum mit 4 Arbeitsplätzen umgestaltet, das Untergeschoss durch einen Parkettboden raumakustisch aufgewertet. Im gesamten Haus wurden Elektrik, Saalbelüftung, Heizungen und Sanitäranlagen erneuert und modernen Standards angepasst...“ [12]

Das Corps Suevia benutzt das Schwabenhaus ebenfalls weiterhin für Feierlichkeiten zu besonderen Anlässen.[13]

Zur Historie des Schwabenhaus ist ein ausführliches Kapitel im Sachbuch "Wir hol'n jetzt unser Haus!" über das Jugendzentrum Epplehaus zu finden. [14]


Neckarfront mit Stiftskirche und Schwabenhaus zur blauen Stunde.jpg
Schwabenhaus rechts mit Neckarfront im Hintergrund

Schwabenhaus im Oktober
Schneebedecktes Schwabenhaus
Großer Kneipsaal des Corps Suevia Tübingen im Haus in der Gartenstr. 12, ca. 1900
Auf demselben Grundstück befand sich vorher die Neckar-Badeanstalt von Julius Haller, 1868 (siehe auch Bildbeschreibung)

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. kirchenmusikhochschule.de/ Gebäude
  2. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  3. Arnold Sieveking, Wilhelm Girardet, Vladimir Freiherr von Schnurbein, Nicolaus Fallmeier: Eckdaten zur Corpsgeschichte Suevia Tübingens - zur Geschichte der Schwabenhäuser. in: Wilhelm G. Neusel (Hrsg.): Kleine Burgen, große Villen - Tübinger Verbindungshäuser im Porträt, Tübingen 2009, S. 232-241, ISBN 978-3-924123-70-3
  4. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  5. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  6. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  7. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  8. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  9. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  10. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  11. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.
  12. kirchenmusikhochschule.de/ Gebäude
  13. Schwabenhaus auf Wikipedia
  14. Elias Raatz: "Bis zum Brand meine zweite Heimat" - Seit 1900: Die Geschichte des Schwabenhaus. In: Elias Raatz, Lucius Teidelbaum (Hrsg.): Wir hol'n jetzt unser Haus! Über 50 Jahre Tübinger Jugendzentrum Epplehaus zwischen Hausbesetzung, Selbstverwaltung und Subkultur (= Edition Analyse & Subkultur). Dichterwettstreit deluxe, Villingen-Schwenningen/Tübingen 2025, ISBN 978-3-9880903-5-5, S. 16–20.