Luftangriffe
Erster Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 12. Oktober 1916: Luftangriffe auf Tübingen während des Ersten Weltkrieges. 5 Tote. In der Hirschgasse werden Häuser beschädigt.
Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Eine nach dem Zweiten Weltkrieg erstellte Bilanz sprach von "lediglich" 82 bei verschiedenen Fliegerangriffen total zerstörten Gebäuden.[1]
- Im Jahr 2003 ergab eine Auswertung neu freigegebener Luftbilder der Alliierten aus den Jahren 1944 und 1945 eine stärkere Belastung als "gemeinhin erinnert wurde"[2]. Zitat:
Es fand ein Abgleich mit den bekannten historischen Aufzeichnungen über Luftangriffe statt. Es wurden Sprengbombentrichter und soweit als möglich auch Trichter von Jagdbomber-Einsätzen, Granaten und potenziellen Blindgängern erfasst.
Insgesamt wurden 1209 Einschlagstellen ermittelt. Als Hauptbereiche für Bombardierungen und Beschüsse kristallisierten sich die Umgebung der Hindenburgkaserne und der Güterbahnhof (inklusive Schaffhausenstraße, Bismarckstraße und ehem. Neckarwerk) heraus. Die für das Loretto-Areal vorgesehenen Bomben trafen die Umgebung der Galgenbergstraße. Weitere Bereiche konzentrierter Bombardements lagen zwischen der Kreuzung B27/B28 bis zum Hornbach-Baumarkt und überraschenderweise in der Neckaraue zwischen Weilheim und Bühl.[3]
Seit dieser Neukartierung gibt es in einigen Bereichen im Raum Tübingen strengere Auflagen bei Baumaßnahmen, was die Prüfung auf eventuell nötige Kampfmittelbeseitigung betrifft.
- Am 15. März 1944 wurden das Uhlandhaus an der Eberhardsbrücke und seine nähere Umgebung bei einem Luftangriff zerstört. Auch das Steintürmchen auf dem mittleren Pfeiler der Eberhardsbrücke wurde dabei zerstört, in dem bis zur kriegsbedingten Einschmelzung im Jahr 1942 das bronzene Graf Eberhard-Denkmal stand. Als britische Kampfflieger, die Stuttgart im Visier gehabt hatten, kurz vor 23 Uhr von deutschen Jägern bedroht wurden, mussten sie Ballast loswerden und klinkten über dem Österberg eine schwere Luftmine und zwei oder drei Phosphorbrandbomben aus. Die an der nordöstlichen Ecke des Uhlandhauses eingeschlagene Luftmine hatte eine solche Sprengkraft, dass alle Mauern aus dem Fachwerk des "Pomona"-Hauses schräg gegenüber herausgedrückt wurden. Die Häuser in der Mühlstraße 1 und 3 sowie das Betzsche Haus in der Mühlstraße 6 und das Haus der Burschenschaft Germania wurden von Phosphorbrandbomben getroffen.[4] Am nächsten Morgen filmte der Tübinger Schreiner Richard Nill die zerstörten Gebäude mit seiner Schmalfilmkamera und tat etwas zu jener Zeit Verbotenes: Er dokumentierte die rauchenden Trümmer und Aufräumarbeiten rund ums Neckartor. Seine Aufnahmen schlummerten jahrzehntelang in einem alten Reisekoffer, der 2003 ins Stadtarchiv gelangte. Er dokumentierte die Folgen des nächtlichen Bombardements: Der gewaltige Luftdruck hatte im großen Umkreis Fenster und Wände der Häuser eingedrückt sowie die Dächer abgedeckt. Die Trümmer, vor allem Holzbalken, Ziegelschutt, Glassplitter, Möbel und Hausrat lagen in den Straßen und blockierten vorerst den Verkehr über die Neckarbrücke. Überall stieg Rauch auf: Eine gespenstische Szenerie mit ein paar Menschen, die sich an die Aufräumarbeiten machten. Nill kletterte auf den Ruinen herum, um die besten Blickwinkel für seine Schwenks zu bekommen. Offenbar hat ihn niemand davon abgehalten. Der Schwarzweißfilm ist beklemmend und wirkt auf den Betrachter viel unmittelbarer als die Fotos, die man bislang kannte.[5]
- In der Nacht auf den 16. März 1944 hatten rund 100 britische Lancaster-Bomber 2.500 Tonnen Luftminen, Sprengbomben, Stabbrand- und Phosphorbomben über Kusterdingen abgeworfen.[6] Drei Menschen sind dabei ums Leben gekommen, 144 Gebäude wurden zerstört, davon 93 Wohnhäuser. Das Ziel der insgesamt über 860 englischen Bomber war eigentlich Stuttgart gewesen.[7] Wegen der schlechten Sicht und einigen vor Stuttgart abgeworfenen Bomben, an deren Feuer sich die nachfolgenden Flieger orientierten, wurden damals aber neben anderen Orten weit um Stuttgart herum auch Kusterdingen, Wankheim, und Tübingen getroffen. 2009 wurden auf dem Gelände vor der Ortseinfahrt beim Bau eines Kreisverkehrs insgesamt sieben Bomben, die seit dem Luftangriff auf Kusterdingen im Zweiten Weltkrieg im Boden lagen, von den Baumaschinen aufgedeckt und mussten vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft und geborgen werden. [8]
- Der Klosterhof in Pfrondorf (ehemals Blaihofstraße 2) brannte in der Bombennacht vom 15. auf den 16. April 1944 infolge eines Bombenangriffes ab. Außerdem wurden zehn Wohnhäuser und elf Scheuern in Brand gesetzt. Zehn Scheuern brannten nieder. Insgesamt wurden über 100 Gebäude beschädigt.[9]
- Während des Zweiten Weltkriegs wurde Derendingen nur geringfügig zerstört und es gab keine Toten. Die evangelische St.-Gallus-Kirche wurde allerdings bei einem Luftangriff am 19. Oktober 1944 stark beschädigt. Am 19. Oktober 1944 zwischen 20.10 und 22.28 Uhr wurden eine Mine und vier Sprengbomben über Derendingen abgeworfen. Der Luftdruck deckte das Kirchendach ab und drückte die Fenster ein. Der Chor war mit Schutt und Glassplittern übersät. Wilfried Bacher schrieb in der 1981 zur damaligen Kirchenrenovierung erschienenen Festschrift: "Der Christusfigur im Chor wurden beide Hände abgeschlagen. Auch die Orgel wurde stark beschädigt, das Gehäuse aufgerissen und Pfeifen ausgehoben. Das Zifferblatt der Uhr und die Zeiger waren herabgestürzt und das motorisierte Geläute zerstört. Kurzum, die Kirche bot einen trostlosen Anblick".[10]
- Der Güterbahnhof mit seinen Gleisanlagen und der östliche Teil der Hindenburgkaserne wurden am 18. April 1944 getroffen. Ein Gebäude der Hindenburgkaserne ist auf alten Luftbildern deutlich zerstört zu erkennen. Viele Bombenkrater im Bereich des heutigen Mistralweges und des Wankheimer Täles. Am 21. Juli 2015 wurde eine 115kg schwere Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg auf dem Güterbahnhofareal entdeckt und - nach umfangreichen Evakuierungsmaßnahmen - erfolgreich entschärft.[11]
- Im Gemeinde- und Staatswald des Schönbuchs kam es 1944 durch "Notabwürfe" von Bomben feindlicher Flugzeuge zu erheblichen Sachschäden insbesondere bei Breitenholz.[12]
- Der Speichersee des Pumpspeicherwerks auf dem Österberg wurde bei einem Bombenangriff im Jahr 1944 beschädigt und später eingeebnet.
- Am 2. April 1945 führte die 320th Bombardment Group zwei Missionen durch, mit dem Ziel, die Kasernen und durch Brandbomben ein Versorgungsgebiet zu zerstören. Dabei wurden 27 Flugzeuge eingesetzt.[13] Dabei kam es zu erheblichen Zerstörungen.[14] [15]
- Der Betrieb des Autohaus Seeger in der Reutlinger Straße 72 wurde 1945 durch einen Luftangriff schwer beschädigt.[16]
- Bei rund 550 Fliegeralarmen in Tübingen kam es 1945 nur zu 8 tatsächlichen Luftangriffen. 22 mal musste die Feuerwehr Überlandhilfe leisten.[17]
- Der australische Bomberpilot Reginald Bain überlebte einen Flugzeugabsturz und besuchte 2003 Tübingen.[18]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tübingen im Luftkrieg. Tübinger Blätter, Tübingen, Nr.39 1952, Seite 41.
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Tübingen bei Kriegsende
- ↑ Ratsdokument 2003_304 bei Tübingen.de
- ↑ Ratsdokument 2003_304 bei Tübingen.de
- ↑ Helmut Hornbogen: Tübinger Dichterhäuser. Verlag Schwäbisches Tagblatt, 1989. Seite 82.
- ↑ Udo Rauch: Als die Bilder auch in Tübingen das Laufen lernten
- ↑ Vortrag zu den Geschehnissen am 16. März 1944 beim Geschichtsverein Kusterdingen
- ↑ Liste der Bombenangriffe auf Stuttgart unter: wwww.schutzbauten-stuttgart.de
- ↑ Artikel über Bombenfunde in Kusterdingen
- ↑ Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Pfrondorf.
- ↑ Luftkampf 1944 über Derendingen
- ↑ Tagblatt-Artikel mit BildernTagblatt-Video mit Interviews
- ↑ Gäubote: Chronik Breitenholz.
- ↑ 320th Bomb Group - 1945 Missions
- ↑ Final Mission Report 543
- ↑ Final Mission Report 544
- ↑ Geschichte des Autohauses Seeger
- ↑ Geschichte der freiwilligen Feuerwehr Tübingen
- ↑ www.rtf1.de