Zimmertheater Tübingen

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Zimmertheater
Zimmertheater-tuebingen-2019.jpg
Theater
AdresseBursagasse 16
72070 Tübingen
Telefon07071.9273-33
Webhttps://www.zimmertheater-tuebingen.de/
BetreiberZimmertheater Tübingen GmbH
Lesung im Zimmertheater
Der winzige Zuschauerraum
Szenische Lesung zum 100. Todestag von Alois Alzheimer im Alzheimer-Auditorium am 9.12.2015

Das Tübinger Zimmertheater liegt an der berühmten malerischen Neckarfront, nur wenige Meter vom Hölderlinturm entfernt, in der Bursagasse 16. 1958 fand hier die freie Theatergruppe Thespiskarren eine feste Bühne. Nachdem das Theater zunächst als eingetragener Verein existierte, wurde es in den 70er Jahren in eine GmbH umgewandelt. Hauptgesellschafter ist die Stadt Tübingen.

Gespielt wird in zwei Räumen, dem Gewölbe mit maximal 80 Plätzen und dem Zimmer mit ungefähr 60 Plätzen. Auch das Foyer wurde immer wieder für Lesungen und kleine Konzerte genutzt.

Geschichte

Mit John Osbornes Blick zurück im Zorn wurde am 6. Dezember 1958 zum ersten Mal das Zimmer bespielt - und damit das Zimmertheater als Zimmertheater "der thespiskarren" eröffnet. "Steile Treppen führen vom Foyer zum Theaterraum im Untergeschoss", schrieb das Schwäbische Tagblatt, "Kein Vorhang, nur Zentimeter trennen die erste Reihe des Zuschauerraums von der Rampe." Die Inszenierung des ersten Zimmertheater-Intendanten Heinz E. Johst galt der Presse damals als theatralischer Paukenschlag - endlich hatte sich auch im süddeutschen Raum ein Theater an die neue englische Dramatik gewagt.

Von 1960 bis 1967 leiteten sieben verschiedene Persönlichkeiten das Zimmertheater, manchmal nur für wenige Wochen, ehe dann mit Salvatore Poddine das Zimmertheater zu seiner bislang blühendsten Phase fand. Poddine begann seine Laufbahn als Solotänzer in Crankos Stuttgarter Ballett, ehe er als Pantomime in Tübingen auftrat - ab Oktober 1967 war er dann Intendant des Zimmertheaters. Seine größten Erfolge feierte Poddine in Tübingen mit drei zeitgenössischen Inszenierungen - von Peter Weiss' Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats..., Peter Handkes Das Mündel will Vormund sein sowie Michel de Ghelderodes Ballade vom Großen Makabren. Der Erfolg reichte weit über die Grenzen Tübingens hinaus - und Poddine gastierte mit seinem Ensemble in ganz Europa. 1971 wurde mit Die Ballade vom großen Makabren das Gewölbe als zweite Bühne eröffnet. Zwischenzeitlich gab es auch eine weitere Spielstätte in der Bursagasse 2. Der erfolgreichste Intendant des Zimmertheaters hatte allerdings den tragischsten aller Abgänge - er nahm sich im Kellergewölbe der Bursagasse 2 das Leben. Übergangsweise leitete daraufhin George Tabori, der hier gerade die Uraufführung seiner Clowns inszenierte, das Zimmertheater.

Weitere europäische Erfolge erlebte das Theater am Neckar unter dem Intendanten Helfrid Foron, der das Haus von 1972 bis 1979 leitete. In der Spielzeit 1977/78 gastierte das Zimmertheater mit Dario Fos Farce "Nicht alle Diebe kommen zu Schaden" weit verstreut in Europa: u. a. in Stuttgart, Berlin, Paris, Zürich, Liechtenstein, Liège, Malmö, Stockholm, Göteborg, Oslo, Bergen, Helsinki und Kopenhagen. Auch Siegfried Bühr, Hartmut Wickert, Thomas Bockelmann und Crescentia Dünßer / Otto Kukla konnten sowohl in Tübingen als auch jenseits der Stadtgrenzen an diese Erfolge anknüpfen. Arbeiteten all diese Intendanten mit einem festen Ensemble, sollte sich dies 1998 ändern.

Unter dem Intendanten Klaus Metzger (1996-2002) und der Intendantin Vera Sturm (2002-2007) konnte man indes ebenso etablierte wie renommierte Theaterschaffende am Zimmertheater hören und sehen. Zu Lesungen, Soloabenden und Inszenierungen kamen Theatergrößen wie Peter Stein, Bruno Ganz, Edith Clever, Therese Affolter, Walter Schmidinger, Angela Winkler, Hermann Beil oder Verena Buss.

Diese Abkehr vom festen Ensemble zu einem Spielplan der oft mit Stars der deutschsprachigen Theaterszene gespickt wurde, sowie die enge Verquickung mit der damaligen Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer war von den Tübingern zwiespältig beobachtet worden. Das mehrmals angekündigte "Europäische Sommertheater-Festival" musste immer wieder wegen Finanzproblemen abgesagt werden und das traditionsreiche Tübinger Sommertheater musste unter Federführung des Zimmertheaters in den Jahren 2002/2003 im hartnäckig anvisierten Schlosshof entfallen. Erst 2004 konnte der von Sturm umbenannte "1.Tübinger Theatersommer" unter besonderen Auflagen zum Schutz der im Schlosskeller beheimateten Fledermauspopulation stattfinden.

Die Intendanten Axel Krauße (seit 2007) und Christian Schäfer (2007-2013)[1] knüpften allerdings wieder an alte Traditionen an: sie starteten 2007 unter dem Spielzeitmotto "an die Arbeit" mit einem festen, jungen Ensemble und einem haupsächlich aus Ur- und Erstaufführungen bestehenden Spielplan. 2009 verursachte der schlechte Kartenverkauf der Sommertheaterproduktion des Zimmertheaters eine dringende finanzielle Unterstützung durch die Stadt Tübingen um die drohende Insolvenz abzuwenden.(siehe Weblinks) 2009 war das Zimmertheater erstmals bei den Ruhrfestspielen vertreten - mit Werner Fritschs "Bring mir den Kopf von Kurt Cobain". 2010 erneut mit der deutschsprachigen Erstaufführung "Zastrozzi" von dem kanadischen Dramatiker George F. Walker und mit der Uraufführung "Die Lieb-Haberin" von Zimmertheater-Hausautor Joachim Zelter.[2]

Siehe auch

Tübinger Sommertheater

Einzelnachweise

Weblinks