Neckarwöhrd: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Tübinger '''Wöhrd''' oder '''Neckarwöhrd''' (andere, z.T. frühere Schreibweisen: Wert, Wörth, Weerth ...) bezeichnet die Niederung entlang des [[Neckar]]s im Bereich der Stadt. Man unterscheidet den ''Oberen Wöhrd'' oberhalb (westlich) der [[Alleenbrücke]] und [[Derendinger Allee]], den ''Mittleren Wöhrd'' von dort bis zur [[Neckarbrücke]], also der Bereich  der [[Neckarinsel]] und des [[Park am Anlagensee|Parks am Anlagensee]], und unterhalb (östlich) davon der ''Untere Wöhrd''. Der letztere wird allerdings heute ''"Wert"'' genannt, so im Stadtteil [[Au/Unterer Wert]].
[[Datei:Unterer Wöhrd mit Schafen und Blick auf Neckarfront 1904.jpg|thumb|right|300px|Unterer Wöhrd mit [[Schafe]]n und Blick auf die [[Neckarfront]], [[1904]]]]


Bis zur Regulierung des Neckars [[1910]] bis [[1911]] war dies eine häufig von Hochwasser überschwemmte Flussaue mit mehreren Armen und Inseln, die im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Lage und Verlauf änderten. Das ausgedehnte Gelände wurde hauptsächlich als fruchtbares Wiesen- und Weideland (Allmende) genutzt. Im unteren Bereich befand sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch ein großer Exerzierplatz.  
Der Tübinger '''Wöhrd''' oder '''[[Neckarwöhrd]]''' (andere, z.T. frühere Schreibweisen: Wert, Wörth, Weerth ...) bezeichnet die Niederung entlang des [[Neckar]]s im Bereich der Stadt. Man unterscheidet den ''Oberen Wöhrd'' oberhalb (westlich) der [[Alleenbrücke]] und [[Derendinger Allee]], den ''Mittleren Wöhrd'' von dort bis zur [[Neckarbrücke]], also der Bereich  der [[Neckarinsel]] und des [[Park am Anlagensee|Parks am Anlagensee]], und unterhalb (östlich) davon den ''[[Unterer Wert|Unteren Wöhrd]]''. Der letztere wird jedoch heute ''Wert'' genannt, so im Stadtteil [[Au/Unterer Wert]].  


Besondere Bedeutung für Tübingen hatten die Auen mit ihren Alleen auf dem Oberen und Mittleren Wöhrd als Spazier- und Erholungsgebiet. 1819 wurden die [[Platanenallee|Platanen-]], [[Kastanienallee|Kastanien-]] und [[Akazienallee]] gepflanzt. Davon existiert gegenwärtig nur noch die Platanenallee.
Eine besondere Rarität auf dem Oberen Wöhrd ist noch heute die [[Alte Lindenallee]], die schon [[1508]] gepflanzt wurde und somit die älteste Baumanlage Tübingens ist. Sie wurde allerdings durch zwei Verkehrsbauten im 20. Jahrhundert (Ammertalbahn und B 28) zerschnitten und um über ein Drittel dezimiert.


An dem Bau der [[Ammertalbahn]] entzündete sich 1907-09 der sogenannte "Tübinger Alleenstreit" zwischen der Stadtverwaltung und Universitätsangehörigen, besonders dem Kunsthistoriker Konrad Lange. Mit einer Verzögerung wurde dann [[1910]] das strittige Teilstück der Bahn zwischen Bahnhof und Weststadt unter "weitestmöglicher Schonung" der Landschaft vollendet.  
== Geschichte und Entwicklung ==
Bis zur [[Neckarregulierung|Regulierung des Neckars]] [[1910]] bis [[1911]] war dies eine häufig von Hochwasser überschwemmte ''Flussaue'' mit mehreren Armen und Inseln, die im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Lage und Verlauf änderten. Das ausgedehnte Gelände wurde hauptsächlich als fruchtbares Wiesen- und Weideland (Allmende) genutzt. Im unteren Bereich befand sich von [[1875]] bis Anfang des [[20. Jahrhundert]]s ein großer Schieß- und Exerzierplatz, der dann auf die [[Waldhäuser Ost|Waldhäuser Hochfläche]] verlegt wurde, vor allem weil man hier den Platz für den neuen [[Güterbahnhof]] brauchte.  


Auch als eine Art Kompensation wurde anschließend dort der Parkbereich erweitert, und neue Alleen wurden gepflanzt, so ein doppelreihiges Kastanienrondell um einen neuen ovalen Festplatz (heute Alter Festplatz), eine neue Lindenallee als zentrale Achse ("Jahnallee") und weitere (Eichen, Platanen, Pappeln, Akazien ...).
[[Datei:Tübingen und der Wöhrd.JPG|thumb|right|300px|Tübingen und der Wöhrd um 1800. Kupferstich von J. G. Gerhardt ausgestellt im [[Stadtmuseum]]]]
Besondere Bedeutung für Tübingen hatten die Auen mit ihren Alleen auf dem Oberen und Mittleren Wöhrd als Spazier- und Erholungsgebiet. Im Hungerjahr [[1817]] gab es einen Konflikt um die Wöhrdwiese, als die Bauern diese als Weide für ihr hungerndes Vieh nutzen wollten. Das [[Neckartor]] blieb anfangs geschlossen, da die Studenten und Dozenten der Universität den Wöhrd als Fecht- und Lektüreplatz sowie als Spazierweg nicht aufgeben wollten. Das Tor konnte dem Druck der wütenden Bauern und Weingärtner aber nicht standhalten, gab nach und somit den Weg zum Wöhrd frei.  


Später und bis heute wurden, vornehmlich westlich  davon, auch mehrere Sportanlagen, Sportplätze, das [[Freibad]] und zuletzt die [[Paul-Horn-Arena]] gebaut.  
[[1819]] oder bald danach wurden die [[Platanenallee|Platanen-]], [[Kastanienallee|Kastanien-]], [[Akazienallee|Akazien-]] und vermutlich auch die [[Weidenallee]] gepflanzt. Davon existiert gegenwärtig noch die Platanenallee.  
 
Im Westen geht der Obere Wöhrd in die ''Weilheimer Wiesen'' mit dem  (neuen) [[Festplatz]] über. Diese sind im Flächennutzungsplan der Stadt bis zum Weilheimer ''Landgraben'' als potenzielle Erweiterungsfläche für Sport und Erholung vorgesehen.  
Eine besondere Rarität auf dem Oberen Wöhrd stellt noch heute die [[Alte Lindenallee]] dar, die schon [[1508]] gepflanzt wurde und die älteste Baumanlage Tübingens ist. Sie wurde allerdings durch zwei Verkehrsbauten im 20. Jahrhundert ([[Ammertalbahn]] und [[B 28]]) zerschnitten und um etwa die Hälfte dezimiert.


An dem Bau der [[Ammertalbahn]] entzündete sich 1907 - ca. 1910 der sogenannte "[[Hermann Haußer#Heimatschutzstreit und „Alleengezänk“|Tübinger Alleenstreit]]" zwischen der [[Stadtverwaltung]] unter [[Hermann Haußer]] und Universitätsangehörigen, besonders dem Professor der Kunstwissenschaft [[Konrad Lange]] und dem Professor der Volkswirtschaft Carl Fuchs. Mit einer Verzögerung wurde dann [[1910]] das strittige Teilstück der Bahn zwischen [[Hauptbahnhof|Haupt-]] und [[Westbahnhof]] unter "weitestmöglicher Schonung" der Landschaft vollendet.


Auch als eine Art Kompensation wurde anschließend dort der Parkbereich erweitert, und  neue Alleen wurden gepflanzt, so ein doppelreihiges Kastanienrondell um einen neuen ovalen Festplatz (heute [[Alter Festplatz]]), eine neue [[Lindenallee]], wohl ungefähr anstelle der ehemaligen [[Weidenallee]], als zentrale Achse ("[[Jahnallee]]") und weitere Bäume ([[Eiche]]n, Platanen, Pappeln, Akazien, [[Buche]]n, Ahorne etc. ...).


Später und bis heute wurden,  vornehmlich südwestlich davon, auch mehrere Sportplätze, das [[Freibad]], das [[Hotel am Bad]] und zuletzt die [[Paul Horn-Arena|Paul Horn - Arena]] gebaut.


===Weiterführende Links===
[[Datei:Propeller Flugzeug.jpg|thumb|right|300px|Propellerflugzeug und Pilot mit einer illustrierten Zeitung]]


Im Südwesten geht der Obere Wöhrd in die [[Weilheimer Wiesen]] mit dem  (neuen) [[Festplatz]] über. Während des [[2. Weltkrieg]]es starteten und landeten dort Propellerflugzeuge.<ref>[http://www.phila3000.de/product_info.php/cPath/306_307/products_id/670941?osCsid=9d5a828d358c6c15095ffc38e7bffb24 Tuebingen Propellerflugzeug, Illustrierte Zeitung, alte Postkarte von 1942]</ref> Die Weilheimer Wiesen sind im heutigen Flächennutzungsplan der Stadt bis zum [[Landgraben]] als potenzielle Erweiterungsfläche für Sport, Freizeit und Erholung vorgesehen.


[http://www.alternative-liste.de/doks/lindenallee.pdf  "Der Tübinger Wöhrd und seine Alleen"] von [[Udo Rauch]], 2002/02 
==Quellen, weiterführende Links==
*[[Udo Rauch]]: ''Der Tübinger Wöhrd und seine Alleen'', 2002 (bis ca. 2015 veröff. bei [http://al.gruene.de/index.php?id=25 al.gruene.de])
*[[Wilfried Setzler]]: [http://schwaebischer-heimatbund.de/shb_in_eigener_sache/ueber_uns/geschichte/platanenstreit_i.html ''Zur Gründung des Schwäbischen Heimatbundes. Ein erster Erfolg: Die Platanenallee in Tübingen''], bei "Schwäbischer Heimatbund", 2009
*Wilfried Setzler: [http://schwaebischer-heimatbund.de/shb_in_eigener_sache/ueber_uns/geschichte/index.php?cid=637 ''Der Streit um die Tübinger Alleen und die Heimatschutzbewegung''], bei '"Schwäbischer Heimatbund'", 2009
*[http://de.wikipedia.org/wiki/Flussaue Wikipedia zu ''Flussaue'']  
*[https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_%28Landschaft%29 Wikipedia zu ''Wörth, Werder (Landschaft)'']  
*Literaturhinweis: Martin Kazmaier: ''Tübinger Spaziergänge''. Pfullingen, 1979 [http://www.gea.de/region+reutlingen/pfullingen+eningen+lichtenstein/als+der+spaziergang+in+mode+kam.3794676.htm GEA 2014]


[http://www.schwaebischer-heimatbund.de/shb_in_eigener_sache/unsere_zeitschrift/index.php?cid=635#anfang "Der Streit um die Tübinger Alleen und die Heimatschutzbewegung"] von [[Wilfried Setzler]],  bei ''Schwäbischer Heimatbund'' 2009/01
==Einzelnachweise==
<references />


[http://de.wikipedia.org/wiki/Flussaue Wikipedia zu "Flussaue"]


==Der Obere Wöhrd im Luftbild==
[[Datei:Tübingen - Alleenbrücke bei Hochwasser.jpg|thumb|right|300px|Der Obere Wöhrd  von Hochwasser überschwemmt (Foto vor 1945)]]
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[[Kategorie:Geschichte]] [[Kategorie:Grünanlagen]] [[Kategorie:Bäume]]
[[Kategorie:Landschaft]] [[Kategorie:Neckar]] [[Kategorie:Grünanlagen]] [[Kategorie:Geschichte]] [[Kategorie:Bäume]] [[Kategorie:Natur]] [[Kategorie:Zentrum]] [[Kategorie:Weststadt]] [[Kategorie:Au/Unterer Wert]]

Version vom 15. März 2018, 20:24 Uhr

Unterer Wöhrd mit Schafen und Blick auf die Neckarfront, 1904

Der Tübinger Wöhrd oder Neckarwöhrd (andere, z.T. frühere Schreibweisen: Wert, Wörth, Weerth ...) bezeichnet die Niederung entlang des Neckars im Bereich der Stadt. Man unterscheidet den Oberen Wöhrd oberhalb (westlich) der Alleenbrücke und Derendinger Allee, den Mittleren Wöhrd von dort bis zur Neckarbrücke, also der Bereich der Neckarinsel und des Parks am Anlagensee, und unterhalb (östlich) davon den Unteren Wöhrd. Der letztere wird jedoch heute Wert genannt, so im Stadtteil Au/Unterer Wert.


Geschichte und Entwicklung

Bis zur Regulierung des Neckars 1910 bis 1911 war dies eine häufig von Hochwasser überschwemmte Flussaue mit mehreren Armen und Inseln, die im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Lage und Verlauf änderten. Das ausgedehnte Gelände wurde hauptsächlich als fruchtbares Wiesen- und Weideland (Allmende) genutzt. Im unteren Bereich befand sich von 1875 bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein großer Schieß- und Exerzierplatz, der dann auf die Waldhäuser Hochfläche verlegt wurde, vor allem weil man hier den Platz für den neuen Güterbahnhof brauchte.

Tübingen und der Wöhrd um 1800. Kupferstich von J. G. Gerhardt ausgestellt im Stadtmuseum

Besondere Bedeutung für Tübingen hatten die Auen mit ihren Alleen auf dem Oberen und Mittleren Wöhrd als Spazier- und Erholungsgebiet. Im Hungerjahr 1817 gab es einen Konflikt um die Wöhrdwiese, als die Bauern diese als Weide für ihr hungerndes Vieh nutzen wollten. Das Neckartor blieb anfangs geschlossen, da die Studenten und Dozenten der Universität den Wöhrd als Fecht- und Lektüreplatz sowie als Spazierweg nicht aufgeben wollten. Das Tor konnte dem Druck der wütenden Bauern und Weingärtner aber nicht standhalten, gab nach und somit den Weg zum Wöhrd frei.


1819 oder bald danach wurden die Platanen-, Kastanien-, Akazien- und vermutlich auch die Weidenallee gepflanzt. Davon existiert gegenwärtig noch die Platanenallee.

Eine besondere Rarität auf dem Oberen Wöhrd stellt noch heute die Alte Lindenallee dar, die schon 1508 gepflanzt wurde und die älteste Baumanlage Tübingens ist. Sie wurde allerdings durch zwei Verkehrsbauten im 20. Jahrhundert (Ammertalbahn und B 28) zerschnitten und um etwa die Hälfte dezimiert.

An dem Bau der Ammertalbahn entzündete sich 1907 - ca. 1910 der sogenannte "Tübinger Alleenstreit" zwischen der Stadtverwaltung unter Hermann Haußer und Universitätsangehörigen, besonders dem Professor der Kunstwissenschaft Konrad Lange und dem Professor der Volkswirtschaft Carl Fuchs. Mit einer Verzögerung wurde dann 1910 das strittige Teilstück der Bahn zwischen Haupt- und Westbahnhof unter "weitestmöglicher Schonung" der Landschaft vollendet.

Auch als eine Art Kompensation wurde anschließend dort der Parkbereich erweitert, und neue Alleen wurden gepflanzt, so ein doppelreihiges Kastanienrondell um einen neuen ovalen Festplatz (heute Alter Festplatz), eine neue Lindenallee, wohl ungefähr anstelle der ehemaligen Weidenallee, als zentrale Achse ("Jahnallee") und weitere Bäume (Eichen, Platanen, Pappeln, Akazien, Buchen, Ahorne etc. ...).

Später und bis heute wurden, vornehmlich südwestlich davon, auch mehrere Sportplätze, das Freibad, das Hotel am Bad und zuletzt die Paul Horn - Arena gebaut.

Propellerflugzeug und Pilot mit einer illustrierten Zeitung

Im Südwesten geht der Obere Wöhrd in die Weilheimer Wiesen mit dem (neuen) Festplatz über. Während des 2. Weltkrieges starteten und landeten dort Propellerflugzeuge.[1] Die Weilheimer Wiesen sind im heutigen Flächennutzungsplan der Stadt bis zum Landgraben als potenzielle Erweiterungsfläche für Sport, Freizeit und Erholung vorgesehen.

Quellen, weiterführende Links

Einzelnachweise


Der Obere Wöhrd im Luftbild

Der Obere Wöhrd von Hochwasser überschwemmt (Foto vor 1945)

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