Marquardtei: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Marquardtei''' in der [[Herrenberger Straße]] 34 heißt seit einigen Jahren [[Schnitzelakademie zur Marquardtei]].  
Die '''Marquardtei''' in der [[Herrenberger Straße]] 34 heißt seit einigen Jahren [[Schnitzelakademie zur Marquardtei]]. Sie wurde davor mehrere Jahre direkt vom [[Tübinger Studentenwerk]] betrieben, wird aber inzwischen an die Familie Uibel verpachtet.<ref>[http://www.stuwe-tuebingen.de/?Marquardtei Tübinger Studentenwerk e.V.]</ref> Seit 2009 existiert in der Gaststätte ein kostenfreier [[WLAN-Hotspots|WLAN-Hotspot]].


Die Gaststätte '''Marquardtei''' war früher die Brauereigaststätte der '''Brauerei G. Marquardt'''. Die Brauerei firmierte anfangs als ''Tübinger Hofbräu'', später auf einer Werbeansicht als ''Brauerei Marquardt'' und führte als ''Kgl. Hoflieferant'' das württembergische Wappen.<ref name="Dampf">[http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen0/firmadet3588.shtml Georg Marquardt, Brauerei]</ref>
[[Datei:Tübingen Marquardtei außen.jpg|mini|Marquardtei]]
[[Datei:Tübingen - Brauerei Marquart um 1920.jpg|mini|Brauerei Marquardt um 1920. Man sieht hier auch die beiden ehemaligen Biergärten: der untere vorn an der Straße und der obere links oben hinter dem Schornstein, teilweise überdacht. - Das noch erhaltene Gasthaus ist vorn rechts.]


1904 wurde eine Dampfpumpe durch Kuhn/Maschinenfabrik in Esslingen geliefert. Am 16. November 1905 war wohl der Baubeginn einer [[Dampfmaschinen|Dampfmaschine]] durch Kuhn/Maschinenfabrik Esslingen.<ref name="Dampf"/>


Georg Marquardt war von 1907 bis 1921 Brauerei-Besitzer. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Brauerei geschlossen und 1925<ref>[http://www.aktiensammler.de/br/archiv_regionen_detail.asp?AREA=700&ID=154834 Stuttgarter Hofbräu Vorzugsaktie]</ref> von Stuttgarter Hofbräu gekauft. Weiter existierte noch die Marquardtei als gastronomischer Betrieb. Die ehemalige Brauerei selber wurde schon in den frühwn 1970er Jahren abgerissen. Auf dem Brauereigelände wirde ein modernes Wohn- und Geschäftszentrum mit Nanz, Klavier Vögele, Kreissparkasse, chinesischem Restaurant und einer Apotheke sowie einer Tiefgarage errichtet.


Die [[Herzog Ulrich (Gaststätte)|Gaststätte Herzog Ulrich]] wurde [[1902]] ebenfalls von der Brauerei gebaut<ref>[http://tuepedia.de/images/f/ff/Herzog-ulrich-eingang.jpg www.tuepedia.de/images/f/ff/Herzog-ulrich-eingang.jpg]</ref>.
== Geschichte ==
Die Gaststätte '''Marquardtei''' war früher die Brauereigaststätte der '''[[Brauerei G. Marquardt]]'''. Das Gebäude wurde [[1910]] von dem Tübinger Architekten [[Franz Bärtle]] erbaut und ist außen wie innen weitgehend original erhalten geblieben.
 
Die Vorgeschichte reicht bis ca. [[1818]] zurück, als der Büchsenmacher Karl Nisch aus Tirol an der Herrenberger Straße ein Gartenhaus kaufte. Gegen behördliche Widerstände baute er es zum Wohnhaus um. Bald kam eine kleine Wirtschaft hinzu, die vom Volksmund den Namen Büchsenkneipe erhielt. Sie wurde auch Stammlokal korporierter Studenten, die sich "Bixiers" nannten, was von Büchsenkeipe abgeleitet ist. (Die Französierung des Namens entsprach einer damaligen Gepflogenheit, vor allem in Studentenkreisen.) Noch heute nennen sich die Mitglieder der [[Germania|Burschenschaft Germania]] Bixiers. 
 
Bereits [[1823]] verkaufte Nisch sein Gartenhaus an den Bierwirt Johann Friedrich Schnaith, der daneben ein zweistöckiges Wohnhaus und einige Jahre später noch ein Brauhaus errichtete. In den [[1840]]er Jahren wurde die Brauerei von einem Herrn Reiß geführt. Zwischen 1860 und 1874 wurde auf dem Gelände ein ''Sommertheater'' veranstaltet. Die Brauerei wurde [[1887]] von Georg Marquardt übernommen, der sie zur [[Brauerei G. Marquardt]] ausbaute, um 1900 die größte in Tübingen. Der Name des Bieres war ''Tübinger Hofbräu''. Wegen der vielen Pferde-Fuhrwerke, die hier Station machten, erhielt die Gaststätte in dieser Zeit vom Volksmund den Beinamen "Bahnhof von [[Hagelloch]]".
 
Einige Jahre nach Marquardts Tod wurde die Brauerei [[1921]] von der ''Stuttgarter Hofbräu AG'' gekauft. Es ist nicht bekannt, ob und bis wann danach hier noch Bier gebraut wurde. Die Gastwirtschaft '''Marquardtei''' exisitierte aber weiter, bis heute. Sie wurde jahrzehntelang (bis 1945) von Eugenie Lenz geführt, die 1903 zunächst als Bedienstete begann und dann lange als Wirtin und Inhaberin die "Seele" des Betriebs war.
 
Nach einer Nutzung durch die Franzosen war von 1949 bis 1970 Hermann Lindenschmid aus Lustnau der Wirt. 1970 wurden die Brauereigebäude abgerissen. Auch zwei schöne Biergärten, die sehr beliebt waren, wurden beseitigt, was viele Ältere noch heute bedauern. Auf dem Gelände wurde ein großes modernes Wohn- und Geschäftszentrum errichtet. Nach einem griechischen Wirt wurde das Lokal [[1979]] an das [[Tübinger Studentenwerk]] verpachtet, das es bald kaufte. Besonders beliebt in dieser Zeit waren die vielen Kartoffelvariationen. [[2005]] übernahm das Ehepaar Uibel die Gaststätte. <ref>Artikel im Schwäbischen Tagblatt, 21. Oktober 2006 (ausgehängt im Gastraum der Marquardtei)</ref>
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<ref>eine Führung des Schwäbischen Heimatbunds am 22. Juli 2017 </ref>
<ref>Paul Löffler: ''Die alte Marquardtei'', in: Tübinger Chronik, 4. Februar 1926  </ref>
 
== Kunstraum H. Fischer ==
Im Erdgeschoss des Marquardtei-Gebäudes (früher [[Klavier-Vögele]]) gibt es einen [[Heinrich Fischer]] gewidmeten Kunstraum, in dem Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit haben, sich durch die Präsentation ihrer Werke und Fähigkeiten der Öffentlichkeit vorzustellen. Er hatte von 1976 bis zu seinem Tode Ende Juli 2005 in der Marquardtei gewohnt und gearbeitet.<ref>[http://www.elisabeth-barth.de/Leben.html Heinrich Fischer]</ref>  




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== Weblinks ==
*[http://www.bierschilder.de/daten/gr/2818_1.jpg Historisches Emaille-Schild]
*[http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Suche?search=brauerei+marquardtei+ Foto von 1909 des einstigen Brauereiwagens der Marquardtei mit Johannes Schneider am Steuer]
*Herkunft des Namens Bixiers, in: [https://books.google.de/books?id=0K4R4zq1ICkC&pg=PA104&lpg=PA104&dq=bixiers&source=bl&ots=AiH2dvBNU5&sig=wtQGgHzYb1qZzzr978VL0UhzrXw&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjDx6aXj6DVAhUCPRQKHS0OCTMQ6AEIYzAI#v=onepage&q=bixiers&f=false Theodor Heuss: ''Aufbruch im Kaiserreich: Briefe 1892–1917''], S. 104 (Fußnote).


[[Kategorie:Ehemalige Gastronomie]]
[[Kategorie:Gastronomie]]
[[Kategorie:Restaurant]]
[[Kategorie:Nichtraucherlokal]]
[[Kategorie:Gewerbe]]
[[Kategorie:Weststadt]]

Version vom 25. August 2019, 16:58 Uhr

Die Marquardtei in der Herrenberger Straße 34 heißt seit einigen Jahren Schnitzelakademie zur Marquardtei. Sie wurde davor mehrere Jahre direkt vom Tübinger Studentenwerk betrieben, wird aber inzwischen an die Familie Uibel verpachtet.[1] Seit 2009 existiert in der Gaststätte ein kostenfreier WLAN-Hotspot.

Marquardtei
Brauerei Marquardt um 1920. Man sieht hier auch die beiden ehemaligen Biergärten: der untere vorn an der Straße und der obere links oben hinter dem Schornstein, teilweise überdacht. - Das noch erhaltene Gasthaus ist vorn rechts.


Geschichte

Die Gaststätte Marquardtei war früher die Brauereigaststätte der Brauerei G. Marquardt. Das Gebäude wurde 1910 von dem Tübinger Architekten Franz Bärtle erbaut und ist außen wie innen weitgehend original erhalten geblieben.

Die Vorgeschichte reicht bis ca. 1818 zurück, als der Büchsenmacher Karl Nisch aus Tirol an der Herrenberger Straße ein Gartenhaus kaufte. Gegen behördliche Widerstände baute er es zum Wohnhaus um. Bald kam eine kleine Wirtschaft hinzu, die vom Volksmund den Namen Büchsenkneipe erhielt. Sie wurde auch Stammlokal korporierter Studenten, die sich "Bixiers" nannten, was von Büchsenkeipe abgeleitet ist. (Die Französierung des Namens entsprach einer damaligen Gepflogenheit, vor allem in Studentenkreisen.) Noch heute nennen sich die Mitglieder der Burschenschaft Germania Bixiers.

Bereits 1823 verkaufte Nisch sein Gartenhaus an den Bierwirt Johann Friedrich Schnaith, der daneben ein zweistöckiges Wohnhaus und einige Jahre später noch ein Brauhaus errichtete. In den 1840er Jahren wurde die Brauerei von einem Herrn Reiß geführt. Zwischen 1860 und 1874 wurde auf dem Gelände ein Sommertheater veranstaltet. Die Brauerei wurde 1887 von Georg Marquardt übernommen, der sie zur Brauerei G. Marquardt ausbaute, um 1900 die größte in Tübingen. Der Name des Bieres war Tübinger Hofbräu. Wegen der vielen Pferde-Fuhrwerke, die hier Station machten, erhielt die Gaststätte in dieser Zeit vom Volksmund den Beinamen "Bahnhof von Hagelloch".

Einige Jahre nach Marquardts Tod wurde die Brauerei 1921 von der Stuttgarter Hofbräu AG gekauft. Es ist nicht bekannt, ob und bis wann danach hier noch Bier gebraut wurde. Die Gastwirtschaft Marquardtei exisitierte aber weiter, bis heute. Sie wurde jahrzehntelang (bis 1945) von Eugenie Lenz geführt, die 1903 zunächst als Bedienstete begann und dann lange als Wirtin und Inhaberin die "Seele" des Betriebs war.

Nach einer Nutzung durch die Franzosen war von 1949 bis 1970 Hermann Lindenschmid aus Lustnau der Wirt. 1970 wurden die Brauereigebäude abgerissen. Auch zwei schöne Biergärten, die sehr beliebt waren, wurden beseitigt, was viele Ältere noch heute bedauern. Auf dem Gelände wurde ein großes modernes Wohn- und Geschäftszentrum errichtet. Nach einem griechischen Wirt wurde das Lokal 1979 an das Tübinger Studentenwerk verpachtet, das es bald kaufte. Besonders beliebt in dieser Zeit waren die vielen Kartoffelvariationen. 2005 übernahm das Ehepaar Uibel die Gaststätte. [2] [3] [4] [5]

Kunstraum H. Fischer

Im Erdgeschoss des Marquardtei-Gebäudes (früher Klavier-Vögele) gibt es einen Heinrich Fischer gewidmeten Kunstraum, in dem Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit haben, sich durch die Präsentation ihrer Werke und Fähigkeiten der Öffentlichkeit vorzustellen. Er hatte von 1976 bis zu seinem Tode Ende Juli 2005 in der Marquardtei gewohnt und gearbeitet.[6]


Quellen

  1. Tübinger Studentenwerk e.V.
  2. Artikel im Schwäbischen Tagblatt, 21. Oktober 2006 (ausgehängt im Gastraum der Marquardtei)
  3. Udo Rauch: Aus der Geschichte der Weststadt, in: Bürgerinitiative Weststadt... (PDF), S. 2 ff.
  4. eine Führung des Schwäbischen Heimatbunds am 22. Juli 2017
  5. Paul Löffler: Die alte Marquardtei, in: Tübinger Chronik, 4. Februar 1926
  6. Heinrich Fischer

Weblinks