Kiomars Javadi

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Der 20-jährige iranische Flüchtling Kiomars Javadi wird am 19. August 1987 nach einem angeblichen, nie bewiesenem Ladendiebstahl im heute nicht mehr existierenden Pfannkuch Supermarkt in der Karlstraße von Angestellten des Discounters durch einen minutenlangen Würgegriff erstickt. Etliche Menschen schauten dabei zu. Zuvor war er beschimpft und im Keller mit einem Gummiknüppel von einem Angestellten geschlagen worden. Er konnte sich aus dem Keller befreien und floh in den Hinterhof in der Wöhrdstraße. Dort erwischten ihn drei Supermarktangestellte. Weiter kamen hinzu.

"Er wurde mit Hilfe des Filialleiters gepackt und auf den Boden geworfen und mit dem Gesicht nach unten festgehalten. Der 18-jährige Lehrling Andreas U. nahm das Opfer in den Würgegriff, während der Filialleiter ihm mit einem „schmerzhaften Hebelgriff aus der Karatetechnik“, die Beine verdrehte. Insgesamt 18 Minuten lang wurde Kiomars nicht aus dem Würgegriff freigegeben. Dies geschah vor den Augen von mindestens 15 gaffenden Zuschauer/innen (nach anderen Berichten sogar 30). Bis auf ein älteres Ehepaar fühlte sich keiner genötigt Kiomars zu helfen und einzuschreiten.

[...]

Laut Gerichtsmediziner Volker Schmidt war Kiomars Javadi bereits nach vier bis sechs Minuten tot gewesen. Die beiden Täter hatten also die meiste Zeit nur noch einen Toten im Würgegriff. Nach 18 Minuten traf die Polizei ein und legte dem Toten noch Handschellen an bis der Krankenwagen kam.

Der Notarzt Dr. Warth berichtete: „Der Befund bei Übernahme war, dass der Patient weite, lichtstarre Pupillen hatte. Es bestand Herzstillstand, Atemstillstand. Er war bereits klinisch tot.”

[...]

Am 30. Juni 1988 wurde nach einem kurzen Prozess das Urteil gegen die beiden Pfannkuch-Mitarbeiter verkündet. Die beiden Täter bekamen eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde."

Vor Gerichten sollen die Beschuldigten sogar gesagt haben, dass es gar kein Ladendiebstahl gewesen sei. An dem angeblich vom Opfer benutzten Einkaufswagen, sehr untypisch einen solchen beim Ladendiebstahl zu verwenden, fanden sich auch tatsächlich keine Fingerabdrücke des Opfers.

Das milde Urteil und das keiner der Zeugen Zivilcourage zeigte und dem Opfer half, führte auch lange nach der Tat zu heftigen Diskussionen in Tübingen. Es gibt bis heute keine Gedenktafel für dieses Opfer von offensichtlicher rassistischen Gewalt. Auch im Prozess wurden "die wahrscheinlich rassistischen Hintergründe und ein bedingter Tötungsvorsatz" nicht angesprochen.


Film

Der 20 minütige Schwarzweiß Film "18 Minuten Zivilcourage" (1991) des Javadi-Freund und Filmemacher Rahim Shirmahd dokumentierte die Ereignisse.


Quellen