Einsiedel

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Einsiedel
Kfurt-einsiedel-3.jpg
Juni 2018


Oberhalb des Neckars nördlich von Kirchentellinsfurt und rund 2,5 km östlich von Pfrondorf gelegen, ist eine ca. 2 km im Durchmesser große Lichtung im Schönbuch-Wald, die Einsiedel heißt.


Erste Besiedelung vor 1482[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wurde auf Einsiedel ein römischer Münzenschatz ausgegraben. Daher nimmt man an, dass dort ein römischer Gutshof gestanden haben muss. Die überschwemmungssichere Hochebene mit recht fruchtbarem Boden diente sicher schon damals als Ackerfläche.

Bereits 1280 wird Einsiedel urkundlich erwähnt. Auf Grund des Namens ist anzunehmen, dass dort eine Einsiedelei stand.[1]

Das Schloss und das Kloster[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Katholische Tagungs- und Veranstaltungsstätte Schloss Einsiedel (privat)

1482 ließ Graf Eberhard im Bart sich dort ein Jagdschloss bauen. Von diesem sind nur noch die Reste eines Wohnturmes erhalten. Das heute als katholische Tagungs- und Veranstaltungsstätte bestehende Gebäude ist ein Anbau von 1619 (Baumeister Heinrich Schickhardt).

Im Jahre 1492 gründete Graf Eberhard im Bart ein Kloster nach seinen Vorstellungen. Dort lebten, arbeiteten und beteten einfache Bürger, Adlige und kirchliche Brüder als Mönche von allen drei Ständen unter einem Dach. Dies war damals revolutionär. In diesem Stift St. Peter wollte der Graf und spätere Herzog begraben werden. So geschah es auch nach seinem Tod am 25. Februar 1496 in Schloss Hohentübingen. Das Stift Einsiedel wurde nach der Reformation 1534 aufgehoben und die Gebäude nach einem Brand 1580 zum Bau des Collegium illustre zum großen Teil abgetragen. Herzog Eberhard wurde 1537 in die Tübinger Stiftskirche umgebettet, in der nun nach dem Willen von Herzog Ulrich im Chorraum die Grablege des württembergischen Herrscherhauses angelegt wurde.[2]

Der Weißdorn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Graf Eberhard im Bart 1468 von seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land zurückkehrte, pflanzte er einen mitgebrachten Weißdorn-Trieb im Hof des Schlosses Einsiedel an. Dieser Baum ist durch verschiedene Gemälde und Überlieferungen nachgewiesen. Ludwig Uhland schrieb ein Gedicht darüber. Als der Baum später zu ausladend wurde, wurden seine Äste mit steinernen Säulen abgestützt. Diese stehen noch heute im Hof und an der Durchgangsstraße, als Bänke zweckentfremdet. Der derzeitige Weißdorn an der selben Stelle soll ein direkter Nachkomme des historischen sein.


Lustschloss und Alleen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Achsen der Alleen in einem Luftbild rekonstruiert. Blick nach Süden. Im Hintergrund Kirchentellinsfurt, der Neckar mit dem Baggersee und der Wasserhochbehälter des Neckar-Kraftwerkes. Das braune Gebäude in der Nähe des Schnittpunktes der Alleen ist die große, hölzerne Feldscheune (2004)
Kirchtentellinsfurter Allee

Um das Jahr 1765 bis 1770 ließ Herzog Karl Eugen von Württemberg auf Einsiedel ein anscheinend nur in Fachwerkbauweise gebautes Lustschloss im Stil der Stuttgarter Solitude bauen. Ob es je ganz fertiggestellt wurde ist zweifelhaft. Jedoch zeugen von dieser Anlage die strahlenförmigen Alleen (heute zum Teil nur einfach Wege) im 30°-Winkel, die wahrscheinlich zum Teil durch den Bau des Wasserkraft-Hochbehäters am südlichen Lichtungsrand und durch zwei (?) verloren gegangene Wege gestört ist. Reste des Schlosses, das im Zentrum der fächerförmigen Alleen vermutet wird, dort wo heute eine riesige Holzfeldscheune steht, gibt es nicht. Bereits auf Bildern um 1900 sieht man schon die große hölzerne Feldscheune an dieser Stelle.[3]

Die auf dem Bild rechts durch schwarze Striche eingezeichneten Allee-Achsen wurden durch die vorhandenen Straßen und Wege rekonstruiert und lediglich verlängert. Eine Achse, die zur linken unteren Bildecke führen würde, fehlt, da es keinen sichtbaren Punkt für die Existenz dieser Achse mehr gibt. Die nach rechts unten zeigende West-Nord-West Achse ist als Weg/Allee verschwunden. Aber eine kleine Brücke über den Graben westlich der Durchgangsstraße lässt die Lage einfach auffinden.[4] Die Allee die von Dettenhausen kommend ("Bebenhauser Allee") nach Einsiedel führt gerade durch den Schnittpunkt der Achsen auf das Tor des Schlosses Einsiedel zu. Dieses war laut den erhaltenen Plänen des Lustschlosses und der Alleen die Hauptachse und durchschnitt das Lustschloss das quer dazu stand genau in der Mitte.[5]

Auf Satelliten-Aufnahmen, abrufbar in Google Earth mit Aufnahme-/Bereitstellungsdatum 31.12.2013 und 11.04.2016 zeichnen sich an der Schnittstelle der Verlängerung der noch bestehenden Rübgarter und Bebenhäuser Alleen deutlich der Grundriß des Schlosses ab, der ovale Zentralbau und wohl auch teilweise Gartenanlagen scheinen erkennbar.

Jedoch blieb das von Herzog Karl Eugen gegründete Gestüt bis zum Abriss der Bauten im Jahre 1965 zumindest baulich erhalten.[6] Der kopfsteingepflasterte Hof auf der Zufahrt zum Schloss Einsiedel zeugt noch davon.

Die heute dort stehenden eingeschossigen vier Wohnhäuser an der Ostseite des Kopfsteinpflaster-Hofes stehen dort, wo das Gestüt sein Hauptgebäude hatte.

Besitzverhältnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ganze Lichtung ging 1823 bis auf die Reste des Schlosses in den Privatbesitz des württembergischen Königs über und untersteht noch heute der herzoglich württembergischen Hofkammerverwaltung.[2] Diese hatte die Lichtung von 1926 bis 2012 an die Südzucker AG verpachtet, die dort zuletzt u.a. Saatversuche an Zuckerrüben durchführte. Zwischen den Rübenanpflanzungen wurden abwechselnd Winter- und Sommerweizen angepflanzt und zum Teil noch vor Ort zu Industrie-Alkohol verarbeitet.[4]

An den etwas vom Wald eingewachsenen Grenzsteinen des Klosters rund um die Lichtung ist zu sehen, dass sich das Gelände seit mehreren hundert Jahren nicht wesentlich verändert hat. Erkennbar sind die Grenzsteine an den Symbolen des Klosters Stift St. Peter: die gekreuzten Schlüssel des heiligen Petrus.[7][4]

Das Hofgut Einsiedel gehört heute zur Gemeinde Kirchentellinsfurt. Neben dem Verwalter des Hofes, leben noch weitere Menschen in den Gebäuden, die in den sechziger Jahren über die Fundamente des alten Gestütes gebaut wurden. Diese Häuser sind vermietet.[4]


Geplante Teststrecke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Automobilkonzern Daimler-AG hatte am 22.September 2011 der Presse mitgeteilt, das Haus Württemberg, in dessen Privatbesitz die Liegenschaft sich seit 1823 befindet, habe den Einsiedel zum Verkauf angeboten. Die Hochfläche auf Kirchentellinsfurter Gemarkung komme als einer von bisher vier möglichen Standorten für ein geplantes Prüf- und Technologiezentrum mit einer mehrere Kilometer langen Teststrecke in Betracht.

Problematisch für einen eventuellen Bau der Teststrecke war zum einen die erforderliche Genehmigung durch den Regierungspräsidenten für die Änderungen des Flächennutzungsplanes des innerhalb des Naturpark Schönbuch liegenden Geländes. Andererseits bildete sich kurz nach der Bekanntmachung der Pläne Widerstand in einzelnen Fraktionen des Kirchentellinsfurter Gemeinderates sowie in großen Teilen der Bevölkerung inbesondere im direkt angrenzenden Pfrondorf wo über 700 Unterschriften gegen die Einsiedel-Pläne gesammelt wurden.
Insbesondere der Widerstand FWV-Fraktion im Gemeinderat hatte dann den Projektleiter von Daimler Anfang Oktober dazu bewegen können, von den Planungen Abstand zu nehmen. Weitere Infos: Weblinks

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. "Der Einsiedel bei Tübingen" von Siegwalt Schiek (Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, Seite 11 (1982)
  2. 2,0 2,1 /de.wikipedia.org/wiki/Stift_St._Peter_(Einsiedel)
  3. "Der Einsiedel bei Tübingen" von Siegwalt Schiek (Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, Seite 22-27 (1982)
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Eigene Beobachtungen und Recherchen eines ehemaligen Anwohners von 2003 bis 2004: Benutzer:Qwave
  5. "Der Einsiedel bei Tübingen" von Siegwalt Schiek (Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, Seite 24f (1982)
  6. "Der Einsiedel bei Tübingen" von Siegwalt Schiek (Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, Seite 16f (1982)
  7. "Der Einsiedel bei Tübingen" von Siegwalt Schiek (Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, Seite 80f (1982)

So sieht's der Vogel heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Quelle der Allee-Namen und alten Verläufe: Topographische Wanderkarte für den Schwäbischen Albverein, M 1:50.000, Ausgabe 1941

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichtlicher Lehrpfad Einsiedel



Internet-Quellen und Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks zum Thema Teststrecke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]