Eduard Spranger

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Eduard Spranger ca. 1920
Verleihung der goldenen Bürgermedaille an Eduard Spranger (Mitte) durch Oberbürgermeister Hans Gmelin (rechts) 1962

Eduard Spranger (* 27. Juni 1882 als Franz Ernst Eduard Schönenbeck[1] in Berlin-Lichterfelde; † 17. September 1963 in Tübingen) war ein Geisteswissenschaftler, der in der Nachkriegszeit ab 1946 als ordentlicher Professor für historische Philosophie bis zur Emeritierung 1950 in Tübingen lehrte, und sich auf interdisziplinäre Weise mit Psychologie, Pädagogik und Philosophie beschäftigte. Für seine wissenschaftlichen Leistungen und die Zeit vor 1945 gibt es hier einen ausführlichen Artikel bei Wikipedia.

Zeit in Tübingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Krieg war er kurzzeitig in der kommissarischen Verwaltung der Berliner Humboldt-Universität tätig, nahm dann aber den Ruf an die Universität Tübingen an, der wohl von Theodor Heuss und Carlo Schmid unterstützt oder angeregt wurde. Als Verehrer von Hölderlin hatte er da schon einen Bezug, den er beim ersten Besuch in Tübingen 1904 erstmals als "Wallfahrer" während des Studiums erfahren hat.[2] Sein Wohnhaus lag in der Rümelinstraße 12[3]

Das Staatskommissariat für die politische Säuberung Tübingen-Lustnau beurteilte Spranger im Mai 1949 als „nicht betroffen“, er gilt als nicht belastet. Es wird festgestellt, dass er in keiner als verbrecherisch erklärten Organisation Mitglied war. Erstaunlich ist aber der Satz: „Es liegt auch keine materielle politische Belastung durch schriftstellerische oder Lehr- bzw. Vortragstätigkeit vor“, denn Spranger hatte den Nationalsozialismus mit zahlreichen Reden und Aufsätzen ideologisch unterstützt.

1948 wurde Iring Fetscher Assistent bei Eduard Spranger, bei dem er 1950 mit einer Arbeit über Hegels Lehre vom Menschen promoviert wurde.

Walter Jens war von Spranger sehr angetan, er erschien ihm „wie die Inkarnation eines großen Jahrhunderts. “Er entdeckt bei ihm die besten preußischen Eigenschaften: „Fritzische Unerschrockenheit, die zarte Pedanterie Arnimischer Sätze, aktuarisch und graziös, den Berliner Bekennermut Fichtes und Fontanes märkischen Witz.“

Spranger war 1948 an der Konzeption des Leibniz Kollegs in der Brunnenstraße beteiligt. Auf Initiative der französischen Militärregierung wurde das Leibniz Kolleg am 2. Februar 1948 eröffnet. Ziel war, der studierenden Nachkriegsgeneration ein neues, basisdemokratisches Verständnis zu vermitteln. Persönlichkeiten wie Theodor Heuss, Romano Guardini, Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker u. a. wirkten bei der Konzeption des Studienganges entscheidend mit.

Er war Teilnehmer in einem so genannten Mittwochsclub, der ca. 1950 nach Berliner Vorbild entstand, in dem Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete und andere Intellektuelle sich zu Vorträgen mit anschließenden Diskussionen trafen. Dieser Gesprächskreis traf sich einmal im Monat, anfangs in der Wohnung eines Mitglieds, später im Restaurant „Kaiser“ (Kirchgasse 6). Gelehrte der Universität kamen hier mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik zusammen. der Politologie Theodor Eschenburg,, der Theologe Romano Guardini, der Historiker Rudolf Stadelmann, der Biochemiker Adolf Butenandt, der Jurist Wilhelm Gallas, Strafrechtstheoretiker, der Schriftsteller und Journalist Hans Wenke, der Verleger Hermann Leins, General Hans Speidel, Lehrbeauftragter an der Uni, der Tübinger Oberbürgermeister Wolfgang Mühlberger, diverse Vertreter der Wirtschaft.

Er war gut vernetzt und korrespondierte mit einer Vielzahl von Personen aus verschiedensten Bereichen, unter anderem mit Oswald Spengler und Albert Schweitzer, der ihn auch in Tübingen besuchte.

Spranger wird 1950 emeritiert, hält aber bis 1958 gut besuchte Lehrveranstaltungen. Nachfolger auf seinem Lehrstuhl wird Otto Friedrich Bollnow. Auf Einladung Adenauers, vermutlich vermittelt durch Theodor Heuss, hielt Spranger 1951 die Festrede zum zweiten Jahrestag der Bundesrepublik Deutschland im Haus des Deutschen Bundestages zum Thema „Deutschland und Europa“.

1952 Erhalt des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband durch Theodor Heuss. Er bekam 1962 die Goldene Bürgermedaille der Stadt Tübingen verliehen.

Spranger stirbt 1963 im Alter von 81 Jahren, zur Trauerfeier im Festsaal der Universität erscheint viel Prominenz aus Bund und Land. Theodor Eschenburg und Kurt Georg Kiesinger halten eine Rede. Spranger ist auf dem Stadtfriedhof neben seiner Frau beerdigt Nach ihm ist die Eduard-Spranger-Straße in der Nordstadt benannt.

Knoten am Straßenschild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang der 2020er Jahre wurden die auf ihn bezogenen Straßennamensschilder mit einem Knoten versehen, um auf seine Verstrickungen in der Zeit des Nationalsozialismus aufmerksam zu machen.[4] Spranger war kein NSdAP-Mitglied, äußerte in privaten Briefwechseln auch Kritik an der nationalsozialistischen Regierung, war aber durchgehend bis 1945 als Professor an der Humboldt-Universität in Berlin tätig, außerdem reiste er 1937 im Auftrag der Regierung als wissenschaftlicher Leiter des Japanisch-Deutschen Kulturinstituts für ein Jahr nach Japan. In einem Buch von 2009 beurteilt Benjamin Ortmeyer Sprangers Rolle in der NS-Zeit so: "Ob mit oder ohne Überzeugung: Spranger unterstützte […] terminologisch den Nationalsozialismus […]"[5]. Vom Staatskommissariat für politische Säuberung wurde er als „unbelastet“ eingestuft.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alban Schraut: Biografische Studien zu Eduard Spranger. 2007, S. 352.
  2. Artikel in den Tübinger Blättern 1964 kurz nach seinem Tod
  3. Vortrag von Prof. Steffen-Peter Ballstaedt am 20. März 2024 über Eduard Spranger im Genealogischen Arbeitskreis Tübingen
  4. https://www.tuebingen.de/35727.html#/41582
  5. Benjamin Ortmeyer: Mythos und Pathos statt Logos und Ethos. 2009, S. 303 f. - ausführlicher dazu auch im Kapitel dazu im Wikipedia-Artikel