Eckhaus am Neckartor: Unterschied zwischen den Versionen
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Dieser Bauplatz hat natürlich eine lange Geschichte, es standen hier mehrere Vorgängerbauten. | |||
Allen Gebäuden gemeinsam war der Stadtmauerturm, an den sie jeweils angebaut waren und der bis heute, mal niedriger, mal höher, erhalten blieb. | Allen Gebäuden gemeinsam war der Stadtmauerturm, an den sie jeweils angebaut waren und der bis heute, mal niedriger, mal höher, erhalten blieb. | ||
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Es folgte die Kunstmühle von Louis Schnaith in einem stattlichen Gründerzeit-Neubau mit Mansardwalmdach. Er hatte ab Straßen-Niveau | Es folgte die Kunstmühle von Louis Schnaith in einem stattlichen Gründerzeit-Neubau mit Mansardwalmdach. Er hatte ab Straßen-Niveau vier Geschosse, wenn man die Unter- und Dachebenen mitrechnet, acht. Der Turm wurde dabei aufgestockt. | ||
Die Mühle wurde 1899 in die "Tübinger Schwimmhalle" umgebaut, die sich auch "Ludwigsbad" nannte. Es war das erste Tübinger Hallenbad. | Die Mühle wurde 1899 in die "Tübinger Schwimmhalle" umgebaut, die sich auch "Ludwigsbad" nannte. Es war das erste Tübinger Hallenbad. | ||
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In den 1920er Jahren schließlich eröffnete hier das vegetarische "Café Pomona". | In den 1920er Jahren schließlich eröffnete hier das vegetarische "Café Pomona". | ||
Das Haus wurde 1944 durch eine | Das Haus wurde 1944 durch eine alliierte Luftmine teilzerstört. <ref>''Die Mühlstraße in Tübingen. Zierde der Stadt?'' Materialien einer Ausstellung, bearbeitet von Bernhard Sterra. Kulturamt Tübingen, 1990 </ref> | ||
==Neubau 1952== | ==Neubau 1952== | ||
„Nach [[Kriegsende]] 1945 stand das schwer beschädigte Pomona-Gebäude noch jahrelang als Trümmerkulisse am Neckartor. In der Ruine betrieb das Reisebüro Reder ein Verkehrsbüro im Auftrag der Stadt. | „Nach [[Kriegsende]] 1945 stand das schwer beschädigte Pomona-Gebäude noch jahrelang als Trümmerkulisse am Neckartor. In der Ruine betrieb das Reisebüro Reder ein Verkehrsbüro im Auftrag der Stadt. | ||
Ende 1947 | Ende 1947 lagen noch immer Trümmer herum, ragten Ruinen auf. Ihre Beseitigung geriet zu einer lokalpolitischen Posse, bei der sich der Gemeinderat und die Verwaltung gegenseitig die Schuld zuschoben. Obwohl der Schutt noch in den Straßen lag, wurde ein Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Neckartores ausgeschrieben. Die prämierten Entwürfe der Architekten Karl Wägenbaur (2. Preis), Ernst Liedecke (3. Preis) sowie der angekauften Projekte von Karl Weidle, Ulrich Reinhardt und Ernst Breitling wurden Ende Dezember 1947 in der Kepler-Oberschule (heute -Gymnasium) ausgestellt und fanden reges Interesse. Über die Zukunft des Bauskeletts erhitzten sich noch jahrelang die Gemüter: Während die einen dort bereits Parkplätze sahen, wollten andere geschichtsbeflissene Tübinger die Ruine abreißen und originalgetreu wieder aufbauen. Diesem langjährigen Streit, der sich auch wegen eines fehlenden Baulandgesetzes in die Länge zog, setzte der Gemeinderat am Rosenmontag ein Ende. Mit großer Mehrheit stimmte er einem Vertrag mit dem Eigentümer Rilling zu, der diesen zum Abbruch und Neubau des Gebäudes nach den Plänen des Architekten Liedicke verpflichtete. Zur Entschädigung winkte die Stadt mit 80 000 Mark Zuschuss und einem zinsgünstigen Darlehen von 70 000 Mark.“ <ref>''Udo Rauch, Antje Zacharias (Hg.): Sieben Jahre Landeshauptstadt. Tübingen und Württemberg-Hohenzollern 1945 bis 1952.'' Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt, 2002</ref> | ||
Bis auf die unteren Geschosse wurde auch der Turm abgetragen, aber wieder aufgestockt, aus Proportionsgründen um ein Geschoss niedriger als beim Vorgängerbau. | Bis auf die unteren Geschosse wurde auch der Turm abgetragen, aber wieder aufgestockt, aus Proportionsgründen um ein Geschoss niedriger als beim Vorgängerbau. Um den Turm wurde erstmals eine Wendeltreppe angebracht, die eine praktische öffentliche Verbindung zum [[Zwingel]] darstellt. Mit dem Spitzgiebel zur Südseite gliedert sich der Neubau auch optisch in die Giebelhäuserreihe der [[Neckarfront]] ein. | ||
1953 eröffnete das Café Armleder (''nach anderer Quelle erst 1975''). In den 1990er Jahren folgte das "Neckarbistro", bis nach einer Übergangszeit mit der Bar [[Neckarmaier]] Ende 2011 das [[Café Restaurant Bellevue]] seine Pforten öffnete. | 1953 eröffnete das Café Armleder (''nach anderer Quelle erst 1975''). In den 1990er Jahren folgte das "Neckarbistro", bis nach einer Übergangszeit mit der Bar [[Neckarmaier]] Ende 2011 das [[Café Restaurant Bellevue]] seine Pforten öffnete. | ||
==Alte Abbildungen== | |||
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Datei:Neckartor.jpg| | Datei:Die Brücke zu Tübingen von J W Stör um 1735.jpg|Die Brücke zu Tübingen um 1753, Walkmühle mit Turm oberhalb der Brücke | ||
Datei:Tübingen_Kinematograf_1915.jpg |[[Kino Metropol]] | File:Louis Aickelin Neckarbrücke und Neckarfront Salzpapierabzug 1855.jpg|Neckarbrücke, Salzpapierabzug 1855 | ||
Datei:Neckartor.jpg|Neckartor von Osten (19. Jhdt.) | |||
File:Sinner-Tübingen-Neckartor-Walkmühle- um 1875.jpg|Links die alte Walkmühle (um 1875) | |||
Datei:Tübingen_Kinematograf_1915.jpg |Das 1881 gebaute Haus, Foto 1915: [[Kino Metropol]], später Tübinger Lichtspiele [[TüLi]] | |||
File:Tübingen um 1917.jpg|Neckarbrücke um 1917 | |||
Datei:Abriss-bei-Neckargasse-Mühlstraße-1952.png|Abriss der Ruine 1952 | Datei:Abriss-bei-Neckargasse-Mühlstraße-1952.png|Abriss der Ruine 1952 | ||
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==Quellen== | ==Quellen== | ||
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Version vom 26. Februar 2012, 21:45 Uhr
Das Eckhaus Neckargasse 22 / Eberhardsbrücke bildet den östlichen Abschluss der Neckarfront und ist ein markanter Blickfang an der Neckarbrücke.
Das heutige Haus wurde 1952 erbaut und beherbergt im ersten Stock das Café Restaurant Bellevue. Im Erdgeschoss befindet sich die Apotheke am Neckartor und und darunter das Restaurant La Torre. In den oberen Stockwerken sind Arzt- und Anwaltspraxen.
Dieser Bauplatz hat natürlich eine lange Geschichte, es standen hier mehrere Vorgängerbauten. Allen Gebäuden gemeinsam war der Stadtmauerturm, an den sie jeweils angebaut waren und der bis heute, mal niedriger, mal höher, erhalten blieb.
Walkmühle
Direkt am Neckar gelegen, war die Walkmühle die unterste der Mühlen am Ammerkanal, von dem ein Arm hier - damals wie heute - in den Neckar mündet und dem Bau seine erste Bestimmung gab. Wann hier zuerst eine Walkmühle errichtet wurde, ist nicht bekannt. Erstmals schriftlich erwähnt ist sie 1544, als sie von einem Walkmüller namens Martin Laupheim betrieben wurde.
Die Mühle wurde in der Folgezeit vielfach erweitert. Nach dem Rückgang der Erträge der Stadtmühlen seit den 1820er Jahren wegen der Konkurrenz der automatisierten Kunstmühlen wurden die vier städtischen Mahlmühlen 1835 an Privat verkauft. Das Gebäude wurde schließlich 1880 abgebrochen.
Bau von 1881
Es folgte die Kunstmühle von Louis Schnaith in einem stattlichen Gründerzeit-Neubau mit Mansardwalmdach. Er hatte ab Straßen-Niveau vier Geschosse, wenn man die Unter- und Dachebenen mitrechnet, acht. Der Turm wurde dabei aufgestockt.
Die Mühle wurde 1899 in die "Tübinger Schwimmhalle" umgebaut, die sich auch "Ludwigsbad" nannte. Es war das erste Tübinger Hallenbad.
Aber dies wurde schon bald geschlossen und in das gehobene "Café-Restaurant Ludwigsbad" in der ehemaligen Badehalle umgewandelt.
Auch das bestand nicht allzu lang. 1908 wurde hier das erste Tübinger Kino, das "Metropol", eingerichtet.
In den 1920er Jahren schließlich eröffnete hier das vegetarische "Café Pomona".
Das Haus wurde 1944 durch eine alliierte Luftmine teilzerstört. [1]
Neubau 1952
„Nach Kriegsende 1945 stand das schwer beschädigte Pomona-Gebäude noch jahrelang als Trümmerkulisse am Neckartor. In der Ruine betrieb das Reisebüro Reder ein Verkehrsbüro im Auftrag der Stadt. Ende 1947 lagen noch immer Trümmer herum, ragten Ruinen auf. Ihre Beseitigung geriet zu einer lokalpolitischen Posse, bei der sich der Gemeinderat und die Verwaltung gegenseitig die Schuld zuschoben. Obwohl der Schutt noch in den Straßen lag, wurde ein Architektenwettbewerb zur Neugestaltung des Neckartores ausgeschrieben. Die prämierten Entwürfe der Architekten Karl Wägenbaur (2. Preis), Ernst Liedecke (3. Preis) sowie der angekauften Projekte von Karl Weidle, Ulrich Reinhardt und Ernst Breitling wurden Ende Dezember 1947 in der Kepler-Oberschule (heute -Gymnasium) ausgestellt und fanden reges Interesse. Über die Zukunft des Bauskeletts erhitzten sich noch jahrelang die Gemüter: Während die einen dort bereits Parkplätze sahen, wollten andere geschichtsbeflissene Tübinger die Ruine abreißen und originalgetreu wieder aufbauen. Diesem langjährigen Streit, der sich auch wegen eines fehlenden Baulandgesetzes in die Länge zog, setzte der Gemeinderat am Rosenmontag ein Ende. Mit großer Mehrheit stimmte er einem Vertrag mit dem Eigentümer Rilling zu, der diesen zum Abbruch und Neubau des Gebäudes nach den Plänen des Architekten Liedicke verpflichtete. Zur Entschädigung winkte die Stadt mit 80 000 Mark Zuschuss und einem zinsgünstigen Darlehen von 70 000 Mark.“ [2]
Bis auf die unteren Geschosse wurde auch der Turm abgetragen, aber wieder aufgestockt, aus Proportionsgründen um ein Geschoss niedriger als beim Vorgängerbau. Um den Turm wurde erstmals eine Wendeltreppe angebracht, die eine praktische öffentliche Verbindung zum Zwingel darstellt. Mit dem Spitzgiebel zur Südseite gliedert sich der Neubau auch optisch in die Giebelhäuserreihe der Neckarfront ein.
1953 eröffnete das Café Armleder (nach anderer Quelle erst 1975). In den 1990er Jahren folgte das "Neckarbistro", bis nach einer Übergangszeit mit der Bar Neckarmaier Ende 2011 das Café Restaurant Bellevue seine Pforten öffnete.
Alte Abbildungen
Das 1881 gebaute Haus, Foto 1915: Kino Metropol, später Tübinger Lichtspiele TüLi
- Tübingen um 1917.jpg
Neckarbrücke um 1917
Weblinks
- Café Restaurant Bellevue, auch mit einer Bilderserie des Gebäudes und seiner Vorgänger
Quellen
- 1 oder 2 neue Bilder (von der Brücke und von der Neckarinsel aus) erwünscht -